FeedbackAbschluss-Umfrage

FamilienrechtElterliche Sorge: Gleichzeitige Abänderung des Umgangsvergleichs erhöht den Verfahrenswert

Abo-Inhalt27.01.20253 Min. LesedauerVon Wolf Schulenburg, geprüfter Rechts- und Notarfachwirt, Berlin

| Holt das Gericht im Verfahren über die elterliche Sorge auch ein Sachverständigengutachten zur Umgangsregelung ein, wird nach Ansicht des OLG Brandenburg neben dem Verfahrenswert für die elterliche Sorge ein gesonderter Verfahrenswert für das Umgangsrecht festgesetzt. |

Sachverhalt

Im Streitfall beantragte der Antragsteller die Übertragung von Teilen der elterlichen Sorge (Wert: 4.000 EUR) für das gemeinsame minderjährige Kind auf sich. Das FamG holte daraufhin ein Sachverständigengutachten ein, und zwar zum einen zu der Frage der Betreuungs- und Erziehungsfähigkeit eines jeden Elternteils und zum anderen zu der Frage, welche Umgangsregelung am ehesten dem Kindeswohl entspricht. Anschließend entschied das FamG nicht nur über Teile der elterlichen Sorge, sondern änderte auch einen zwischen den Eltern bestehenden Umgangsvergleich (Wert: 4.000 EUR) ab. Das OLG Brandenburg setzte deshalb den Verfahrenswert auf 8.000 EUR fest (23.8.24, 13 WF 136/24, Abruf-Nr. 245888).

Entscheidungsgründe

In seiner Begründung weist das OLG darauf hin, dass es sich bei der Regelung des Umgangsrechts in einem Verfahren der elterlichen Sorge um mehrere Kindschaftssachen handele. Die Werte für die elterliche Sorge (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG) und das Umgangsrecht (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG) seien daher nach § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu addieren (BeckOK KostR/Neumann FamGKG § 45 Rn. 53; OLG Nürnberg NJW 20, 2280). Diese Entscheidung begründeten die Richter wie folgt:

  • Ein Umgangsverfahren kann grundsätzlich von Amts wegen eingeleitet werden. Die Erörterung des Umgangs im Verfahren der elterlichen Sorge stellt faktisch die amtswegige Einleitung eines solchen Verfahrens und seine Verbindung mit dem Verfahren zur elterlichen Sorge dar. Denn das FamG müsse gemäß § 156 Abs. 2 FamFG über den Umgang eine Sachprüfung vornehmen, weil die Umgangsregelung oder gerichtliche Billigung einer Umgangsregelung eine Kindeswohlprüfung erfordere und in seinen Wirkungen einer (streitigen) gerichtlichen Entscheidung zum Umgangsrecht zumindest gleichstehe (BGH FamRZ 19, 1616).
  • Darüber hinaus hat das FamG hier nicht nur ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten darüber eingeholt, welche Umgangsregelung zur bestmöglichen Wahrung des Wohles des Kindes angezeigt sei, sondern auch den Umgang in seinem verfahrensabschließenden Beschluss geregelt. Damit hat es von Amts wegen eine entsprechende Kindeswohlprüfung durchgeführt.

Relevanz für die Praxis

Mit seiner Entscheidung folgt das OLG Brandenburg der aktuellen Rechtsprechung und Literatur: Bei Geltendmachung oder Verbindung verschiedener Gegenstände in demselben familiengerichtlichen Verfahren findet eine Werteaddition statt (OLG Zweibrücken AGS 21, 236; OLG Koblenz AGS 17, 130, NK-GK/H. Schneider, 3. Aufl., § 45 FamGKG Rn. 12).

Doch wie schon die bisherige Rechtsprechung beachtet auch das OLG Brandenburg bei der Einleitung des Umgangsverfahrens nicht das Verfahrensrecht. Danach gilt: Die Verfahrenserweiterung eines Antragsverfahren (elterliche Sorge) mit einem von Amts wegen einleitbaren Verfahren (Umgangsrecht) in unzulässig (N. Schneider in seiner Anm. zu OLG Zweibrücken, AGS 21, 236). Dies bedeutet:

  • In einem Antragsverfahren bestimmen die Beteiligten den Verfahrensstoff, sodass seine Erweiterung von Amts wegen unzulässig ist.
  • Wird ein Umgangsverfahren von Amts wegen eingeleitet, handelt es sich um ein selbstständiges Verfahren. Die Folgen sind:
    • Das Gericht muss eine neue Sache aufrufen und ein neues Aktenzeichen anlegen.
    • Gerichtsgebühren fallen damit getrennt in beiden Verfahren an.
    • Die Verfahren können zwar nachträglich verbunden werden – das hat aber allenfalls Auswirkungen auf die Anwaltsgebühren.
  • Beachten Sie | In diesem Fall scheidet eine Werteaddition nach § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG aus, da das Gericht in beiden Verfahren isoliert die Verfahrenswerte mit je 4.000 EUR festsetzt. Zu einem Fall, wie dem vom OLG Brandenburg entschiedenen, kommt es also gar nicht mehr. Denn eine Beschwerde des Rechtsanwalts nach § 32 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. § 59 FamGKG auf Erhöhung des Verfahrenswerts ist wegen der getrennten Wertfestsetzung unzulässig. Der Anwalt ist durch die (insoweit dann richtige) Wertfestsetzungen für die Gerichtsgebühren in beiden Verfahren auch in seinen Gebühren gebunden (§ 32 Abs. 1 RVG). Eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG ist unzulässig (vgl. Leserforum RVG prof. 25, 27).
Merke | Das Kostenrecht ist Folgerecht (des Verfahrensrechts). Kostenrechtlich kann der Anwalt gegen diese Entscheidung nicht weiter vorgehen, da es nun einmal verfahrensrechtlich so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Der Anwalt sollte in einer solchen Konstellation das Gericht frühzeitig auf die im Beitrag genannten Aufzählungspunkte hinweisen, damit das Gericht getrennte Verfahren eröffnet bzw. führt, die es ggf. dann nachträglich verbinden kann.

AUSGABE: RVGprof 2/2025, S. 29 · ID: 50277328

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte