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Strafprozess
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RechtsmittelprüfungSind mehrere Anwälte für die Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH erforderlich?
| Wird in dem beim BGH geführten Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde ein dort zugelassener Rechtsanwalt beauftragt, ist nach Ansicht des OLG München für die Erstattung zusätzlicher Gebühren für den zweitinstanzlichen Anwalt grundsätzlich kein Raum. |
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Im Streitfall beantragte die Klägerin die Erstattung einer 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3400 VV RVG, weil ihr zweitinstanzlicher Prozessbevollmächtigter im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH tätig geworden ist. Dieser habe Korrespondenz mit den Anwälten und dem BGH geführt, rechtliche Prüfungen vorgenommen und die Erwiderung mit dem BGH-Anwalt abgestimmt. Das Gericht lehnte den Antrag mit dem Hinweis auf § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO ab. Danach sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit erstattungsfähig, wie sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen. Die Einschaltung eines Verkehrsanwalts sei im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht erforderlich.
Die Klägerin legte Beschwerde ein und argumentierte, dass die Tätigkeit ihres Anwalts notwendig gewesen sei, um die Erwiderung vorzubereiten. Die Rechtspflegerin half der Beschwerde nicht ab und stufte die Tätigkeiten als allgemeinen Prozessaufwand ein. Das OLG München bestätigte diese Entscheidung, da die Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Anwaltskosten nicht erfüllt sind (15.10.24, 11 W 1554/24 e, Abruf-Nr. 245889).
Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung ist richtig. Das Kostenrecht verlangt eine sparsame Prozessführung. Jede Prozesspartei ist daher verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Fall ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (vgl. BGH NJW 12, 2734). Im Einzelnen ist dabei Folgendes zu beachten:
Die Kosten eines zweitinstanzlichen Anwalts im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem BGH sind in der Regel nicht erstattungsfähig, wenn ein beim BGH zugelassener Anwalt tätig wird. Dies entspricht der BGH-Rechtsprechung, wonach die Einzeltätigkeit eines beim BGH nicht zugelassenen Rechtsanwalts grundsätzlich nicht erstattungsfähig ist, wenn ein „BGH-Verfahrensbevollmächtigter“ bestellt wird.
Eine Tätigkeit des zweitinstanzlichen Rechtsanwalts in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kann zur Entstehung einer Gebühr führen, wenn sie
- mehr als geringfügig ist und
- über eine reine Annextätigkeit i. S. v. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG hinausgeht.
Voraussetzung ist jedoch, dass die Tätigkeit sinnvoll und notwendig ist, insbesondere im Zusammenhang mit der Mandatierung eines beim BGH zugelassenen Anwalts.
Die Tätigkeiten müssen einen direkten Einfluss auf die Entscheidung oder Mandatierung eines BGH-Anwalts haben.
Die Prüfung von Rechtsmitteln durch mehrere Anwälte ist nur einmal erstattungsfähig (§ 91 Abs. 2 S. 2 ZPO). Eine Gebühr für einen „Verkehrsanwalt“ nach Nr. 3400 VV RVG ist ausgeschlossen, da im Verfahren vor dem BGH lediglich Rechtsfragen behandelt werden und eine direkte Korrespondenz zwischen Mandant und BGH-Anwalt die notwendigen Tätigkeiten abdeckt.
Beachten Sie | Besondere Umstände, die eine zusätzliche Einschaltung des zweitinstanzlichen Anwalts rechtfertigen würden, wie z. B. Sprachbarrieren oder Sachverhalte ohne BGH-Anwalt, lagen hier nicht vor.
Für die Praxis bedeutet dies, dass die Hinzuziehung eines zweitinstanzlichen Anwalts im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem BGH sorgfältig abgewogen werden sollte. Nur wenn dessen Tätigkeit über eine reine Annextätigkeit hinausgeht und einen direkten Einfluss auf die Entscheidung oder Mandatierung eines BGH-Anwalts hat, kann sie unter Umständen als notwendig angesehen werden. Anderenfalls besteht das Risiko, dass die dadurch entstehenden Kosten nicht erstattet werden.
AUSGABE: RVGprof 2/2025, S. 32 · ID: 50274847