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AnerkenntnisurteilSo verdienen Sie die Einigungsgebühr ohne Probleme

Abo-Inhalt22.10.20245 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| Vor einem Anerkenntnis in laufenden Klageverfahren treffen die Parteien häufig außergerichtliche Absprachen. In der Folge ergeht ein Anerkenntnisurteil. Bei der anschließenden Kostenfestsetzung steht oft die Frage im Raum, ob eine Einigungsgebühr geltend gemacht werden kann. Dieser Beitrag erläutert, worauf Sie dabei achten können. |

1. Allgemeiner Kostengrundsatz: Erstattungsfähigkeit

Die Erstattungsfähigkeit von Kosten setzt zunächst deren vorherige Entstehung voraus. Im Klartext heißt das: Was nicht entstanden ist, kann auch nicht festgesetzt werden.

2. Das sind die Voraussetzungen der Einigungsgebühr

Für das Entstehen der Einigungsgebühr spielt es zunächst keine Rolle, ob die Parteien eine gerichtliche oder außergerichtliche Einigung treffen. Nr. 1000 Abs. 1 VV RVG regelt, dass die Einigungsgebühr nicht entsteht, wenn der Hauptanspruch anerkannt (oder auf ihn verzichtet) wird. Der Ausschluss der Einigungsgebühr gilt allerdings nur bei einem „reinen“ Anerkenntnis. Sofern das Anerkenntnis mit Nebenabreden verbunden ist, entsteht eine Einigungsgebühr (vgl. BeckOK RVG/Sefrin, 64. Ed. 1.9.2024, RVG VV 1000 Rn. 25). Das ist beispielsweise bei einer Vereinbarung der Fall, dass der Anspruch per Anerkenntnisurteil tituliert und im Gegenzug Ratenzahlung bewilligt wird.

Ausgangsfall

Das Gericht erlässt ein Anerkenntnisurteil (AU). Danach wird B dazu verurteilt, 5.000 EUR nebst Zinsen an den Kläger K zu zahlen und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Im Kostenfestsetzungsantrag macht K u. a. eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1, Nr. 1003 VV RVG geltend. Zur Begründung legt er ein Schreiben vor, wonach die Parteien vorher eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen haben und B den geltend gemachten Anspruch anerkennt. B bestreitet dies. Zu Recht?
Lösung: Nein. Denn B hat im Vorfeld zum AU erklärt, dass vor dem Hintergrund der Ratenzahlungsvereinbarung ein Anerkenntnis erfolgen kann. Damit ist das Entstehen der Einigungsgebühr gemäß § 104 Abs. 2 S. 1 RVG von K glaubhaft gemacht.
Merke | Im Kostenfestsetzungsverfahren müssen sich die Tatsachen, die für die Festsetzung der beantragten Gebühren maßgeblich sind, nicht ohne weitere Erhebungen aus der Gerichtsakte ergeben oder unstreitig sein. Es genügt Glaubhaftmachung. Erforderlich ist nur, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen (BGH RVG prof. 07, 109). Zur Glaubhaftmachung können alle Beweismittel unter Einschluss der eidesstattlichen Versicherung verwendet werden (§ 294 Abs. 1 ZPO).

3. Nur Kosten des Rechtsstreits sind erstattungsfähig

Für die Erstattungsfähigkeit und damit Festsetzungsfähigkeit der Einigungsgebühr ist entscheidend, dass es sich um Kosten des Rechtsstreits handelt.

Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs (Einigung) gehören nur dann zu den Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien – zumindest konkludent – eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Das muss sich aus der Einigung ableiten lassen. Denn den Parteien ist es nach § 98 S. 1 ZPO unbenommen, etwas anderes zu vereinbaren und die Vergleichskosten in die Kosten des Rechtsstreits einzubeziehen. Das kann ausdrücklich z. B. dadurch geschehen, dass sie in einem außergerichtlichen Vergleich zwar eine Aufhebung der Kosten gegeneinander in Aussicht nehmen, die Entscheidung darüber aber insgesamt dem Gericht überlassen (vgl. dazu BGH NJW 07, 835).

Ohne eine Vereinbarung werden die Kosten des außergerichtlichen Vergleichs nach § 98 S. 1 ZPO verteilt – und zwar unabhängig davon, wie die gerichtliche Kostengrundentscheidung lautet. Der Rechtsanwalt kann die Einigungsgebühr dann nur von seinem Mandanten einfordern.

Merke | In der abweichenden Kostenregelung müssen die Vergleichs- und Einigungskosten nicht notwendig besonders angesprochen werden (OLG Köln OLG-Report 07, 31). Es müssen aber hinreichende Anhaltspunkte gegeben sein, dass die Parteien die Kosten des Vergleichs bzw. der Einigung als Kosten des Rechtsstreits behandeln wollen:
  • Bei den Kosten eines gerichtlichen Vergleichs ist dies regelmäßig anzunehmen, weil er zu dem eigentlichen Prozessgeschehen gehört, dessen Kosten von den Parteien gewöhnlich als Einheit angesehen werden.
  • Bei einem außergerichtlichen Vergleich – wie im Ausgangsfall – gehört dies aber gerade nicht zum Prozessgeschehen. Deshalb kann hier auch nicht ohne weitere Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass die Parteien die Kosten eines solchen Vergleichs abweichend von der gesetzlichen Regelung nach § 98 ZPO als Kosten des Rechtsstreits behandeln wollen. Vielmehr ist hier davon auszugehen, dass die Parteien bei der gesetzlichen Regelung bleiben.

4. In diesen Fällen scheidet eine Festsetzung aus

Es lässt sich kein Einigungsvertrag ableiten, wenn die Kommunikation der Parteien daraus bestand, dass der Beklagte erklärt,

  • dass er den Anspruch anerkennt und
  • die Forderung ratenweise begleichen will.

Die Folge ist: Die Einigungsgebühr ist nicht entstanden und damit auch nicht festsetzbar.

Es lässt sich ein Einigungsvertrag ableiten, wenn die Kommunikation der Parteien daraus bestand,

  • dass der Beklagte erklärt,
    • dass er den Anspruch anerkennt und
    • die Forderung ratenweise begleichen will und
  • der Kläger im Gegenzug auf eine Vollstreckung verzichtet, soweit die Raten gezahlt werden.

Die Folge ist: Die Einigungsgebühr ist entstanden, aber nicht festsetzbar, da es an einer Kostenregelung fehlt. Nach § 98 ZPO gelten die Kosten der Einigung als gegeneinander aufgehoben.

Es lässt sich ein Einigungsvertrag ableiten, wenn die Kommunikation der Parteien daraus bestand,

  • dass der Beklagte erklärt,
    • dass er den Anspruch anerkennt und
    • die Forderung ratenweise begleichen will und
  • der Kläger im Gegenzug auf eine Vollstreckung verzichtet,
    • soweit die Raten gezahlt werden und
    • die Kosten der Einigung vom Beklagten übernommen werden.

Die Folge ist: Die Einigungsgebühr ist entstanden. Es ist auch eine Kostenregelung vorhanden. Allerdings ist die Einigungsgebühr nicht festsetzbar, da die Kosten der Einigung keine Kosten des Rechtsstreits sind.

5. Nur in diesem Fall kann eine Festsetzung erfolgen

Es lässt sich ein Einigungsvertrag ableiten, wenn die Kommunikation der Parteien daraus bestand,

  • dass der Beklagte erklärt,
    • dass er den Anspruch anerkennt und
    • die Forderung ratenweise begleichen will und
  • der Kläger im Gegenzug auf eine Vollstreckung verzichtet,
    • soweit die Raten gezahlt werden,
    • die Kosten der Einigung vom Beklagten übernommen werden und
    • das Gericht hierüber entscheidet.

Die Folge ist: Die Einigungsgebühr ist entstanden. Es ist auch eine Kostenregelung vorhanden. Die Einigungsgebühr ist auch festsetzbar, da es sich um Kosten des Rechtsstreits handelt.

Praxistipp | Bei einer außergerichtlichen Einigung sollten Sie stets die Vergleichskosten mitregeln, z. B. mit folgender Musterformulierung:
„Die Parteien tragen ihre vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten für die Vertretung im Rechtsstreit trägt der Beklagte. Dies gilt auch für die Kosten der außergerichtlichen Einigung. Diese trägt ebenfalls der Beklagte.“

AUSGABE: RVGprof 11/2024, S. 193 · ID: 50195207

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