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LeserserviceWas muss die Rechtsschutzversicherung bei nur einem Versicherungsnehmer von mehreren Auftraggebern erstatten?

Abo-Inhalt29.09.20242 Min. Lesedauer

| Frage: Wir haben zwei Mandanten in einem zivilrechtlichen Rechtsstreit vertreten. Die Mandanten wurden gesamtschuldnerisch verklagt und so auch verurteilt. Ein Mandant ist rechtsschutzversichert. Ich habe daher gegenüber der Rechtsschutzversicherung die Vergütung für das Verfahren für diesen Mandanten ohne Erhöhung der Verfahrensgebühr nach der Nr. 1008 VV RVG eingefordert. Die Rechtsschutzversicherung hat aber nur die Hälfte dieser Vergütung gezahlt und verweist auf die Gesamtschuldnerhaftung der beiden Streitgenossen. Ist dieses Vorgehen der Rechtsschutzversicherung richtig? |

Antwort von Wolf Schulenburg, geprüfter Rechts- und Notarfachwirt (Berlin): Nein. Der Versicherer hat nicht das Innenverhältnis der Auftraggeber untereinander und das Außenverhältnis zum Anwalt beachtet.

Zwar muss der Versicherer seinen Versicherungsnehmer nur in dem Umfang von der Anwaltsvergütung freistellen, in dem dieser im Innenverhältnis – zwischen ihm und dem anderen Streitgenossen – für die Kosten des Anwalts aufkommen muss (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 26. Aufl., Nr. 1008 VV RVG Rn. 393). Im Zweifel besteht bei der Gesamtschuld eine kopfteilige Haftung. Deshalb müssen sich hier beide Streitgenossen die Kosten des gemeinsamen Anwalts teilen. Der Versicherer muss dann tatsächlich auch nur die Hälfte erstatten.

Wird der Versicherungsnehmer vom Rechtsanwalt aber – wie hier – über diesen hälftigen Anteil hinaus gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 RVG in Anspruch genommen, muss der Versicherer den gesamten Betrag erstatten, für den der Versicherungsnehmer dem Anwalt gegenüber haftet (vgl. Müller-Rabe, a. a. O., Rn. 394). Zahlt der Versicherer, geht in diesem Fall der Ausgleichsanspruch des rechtsschutzversicherten Auftraggebers gegen den anderen Streitgenossen auf den Versicherer über. Im Klartext bedeutet dies: Das Risiko, ob der Ausgleichsanspruch beim anderen Streitgenossen realisierbar ist, trägt der Versicherer (vgl. Müller-Rabe, a. a. O., Rn. 395).

Für den nicht rechtsschutzversicherten und daher ausgleichspflichtigen Streitgenossen ändert sich an dem wirtschaftlichen Ergebnis nichts: An den Anwalt hat er die noch offene Differenz zur Gesamtvergütung (hier: Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG und USt Nr. 7008 VV RVG) zu zahlen und der Rechtsschutzversicherung den Betrag zu erstatten, der sich aus dem hälftigen Betrag der Gesamtvergütung für jeden Streitgenossen abzüglich der vorgenannten Zahlung an den Anwalt ergibt.

Praxistipp | Das Verhalten des Versicherers ist im Übrigen selbst nach eigener Auffassung falsch: Wenn die Versicherung der Ansicht ist, dass sie nur die Hälfte zahlen muss, muss sie die Hälfte der gesamten Vergütung leisten. Dazu gehört dann aber auch die nach Nr. 1008 VV RVG zu berücksichtigende Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG (ggf. inkl. anteiliger Umsatzsteuer).

AUSGABE: RVGprof 10/2024, S. 171 · ID: 50107223

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