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KostenfestsetzungDarauf sollten Sie im Insolvenzfall achten

Abo-Inhalt30.08.20244 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| Immer wieder tragisch: Der Mandant betreibt nach einem gewonnenen Prozess gegen den erstattungspflichtigen Gegner die Kostenfestsetzung, doch dieser beantragt ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen. Dies hat Auswirkungen auf die Kostenfestsetzung. |

1. Diese Grundsätze gelten nach dem BGH

Für die Praxis sind folgende zwei BGH-Entscheidungen wichtig:

  • Ein Kostenfestsetzungsverfahren für die Kosten der Vorinstanzen ist auch unterbrochen, wenn die Unterbrechungswirkung erst in einem späteren Rechtszug eintritt und die Kostengrundentscheidung somit nicht rechtskräftig wird (BGH 29.6.05, XII ZB 195/04).
  • Das Kostenfestsetzungsverfahren wird durch die Insolvenz eines Verfahrensbeteiligten unterbrochen, auch wenn zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung die Kostengrundentscheidung bereits rechtskräftig ist (BGH 15.5.12, VIII ZB 79/11).
Merke | Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners (Erstattungspflichtiger) auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 InsO), das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen. Die Folge ist: Der Schuldner verliert die Prozessführungsbefugnis, soweit die Insolvenzmasse betroffen ist. Der Rechtsstreit kann nicht ohne Beteiligung des Insolvenzverwalters fortgeführt werden. Dies gilt auch für das Kostenfestsetzungsverfahren, weil dieses ein selbstständiges, nach § 103 Abs. 2 ZPO an das Verfahren des ersten Rechtszugs angegliedertes Verfahren ist.

Die Unterbrechung (§§ 240, 249 ZPO) soll den Verfahrensbeteiligten und dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit geben, sich auf die durch die Insolvenz einer Partei eingetretene Veränderung der Sachlage einzustellen. Zwar ist der Kostenerstattungsanspruch bei Vorliegen eines Titels (Kostengrundentscheidung) bereits dem Grunde nach gegeben. Die Höhe steht jedoch erst aufgrund des – ggf. streitig zu führenden – Kostenfestsetzungsverfahrens fest. Dem Verwalter ist daher Gelegenheit zu geben, sich hinsichtlich des Verfahrens sachkundig zu machen und die Aufnahme des Verfahrens zu prüfen. In beiden Fällen bleibt dem Gläubiger (Erstattungsberechtigter) nichts anderes übrig, als seine Kostenforderungen zur Insolvenztabelle anzumelden (§ 174 InsO) und auf eine quotale Befriedigung zu hoffen.

2. Insolvenzverwalterprozess: Masseunzulänglichkeit anzeigen

Davon ist der Fall zu unterscheiden, dass ein Prozess gegen den Insolvenzverwalter geführt und gewonnen wird. Im Falle eines Obsiegens des Gläubigers sind folgende Konstellationen zu beachten:

a) Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach Rechtshängigkeit

Wird die Klage rechtshängig und zeigt der Insolvenzverwalter erst danach die sog. Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO an, handelt es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch der gegen den Insolvenzverwalter obsiegenden Partei um eine Altmasseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1, § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO).

Eine (Alt-)Masseverbindlichkeit ist nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO in dem Zeitpunkt „begründet“ worden, in dem der Insolvenzverwalter den Rechtsgrund hierfür gelegt hat. Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten ist also bereits mit der Zustellung der Klage und damit vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit aufschiebend bedingt entstanden. Auf den jeweiligen Entstehungszeitpunkt der angefallenen Gebühren kommt es nicht an. Die Vollstreckung wegen des Kostenerstattungsanspruchs ist somit gemäß § 210 InsO unzulässig. Für den Altmassegläubiger (Erstattungsberechtigten) besteht daher kein Rechtsschutzinteresse, einen Kostenfestsetzungsbeschluss (KFB) als Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zu erlangen, den er von Gesetzes wegen nicht durchsetzen kann (BGH 17.3.05, IX ZB 247/03; BGH 2.5.19, IX ZB 67/18).

b) Anzeige der Masseunzulänglichkeit vor Rechtshängigkeit

Wird die Klage erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) rechtshängig, handelt es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch der gegen den Insolvenzverwalter obsiegenden Partei um eine Neumasseverbindlichkeit (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Der Anspruch ist erst nach der Anzeige entstanden. Macht der Insolvenzverwalter mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zulässigen Beweismitteln glaubhaft, dass gegenüber den Neumassegläubigern Masseunzulänglichkeit eingetreten ist, fehlt das Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines KFB. Wegen des nach § 210 InsO angeordneten Vollstreckungsverbots besteht kein Rechtsschutzinteresse für einen KFB, aus dem nicht mehr vollstreckt werden darf.

c) Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach einem KFB

Anders stellt sich die Situation dar, wenn bereits ein KFB vorliegt und danach durch den Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit angezeigt wird. In diesem Fall ist der ergangene KFB auf eine sofortige Beschwerde hin aufzuheben, soweit im Wege der Zwangsvollstreckung noch kein Sicherungsrecht erwirkt wurde (BGH 2.5.19, IX ZB 67/18). Dem KFB fehlt das Rechtsschutzinteresse, wenn die Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach seinem Erlass geltend gemacht wird, ohne dass bis dahin eine Vollstreckung erfolgte. Wegen des durch § 210 InsO angeordneten Vollstreckungsverbots besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für den Fortbestand eines KFB, aus dem noch nicht vollstreckt wurde und aus dem künftig auch nicht mehr vollstreckt werden darf.

Praxistipp | Um die Aufhebung des KFB als Vollstreckungstitel zu verhindern, sollte der erstattungsberechtigte Gläubiger unverzüglich die Zwangsvollstreckung gegen den Insolvenzverwalter als Schuldner betreiben. Er muss allerdings die Wartefrist nach § 798 ZPO beachten. Danach darf aus einem KFB, der nicht auf das Urteil gesetzt ist, die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn der Schuldtitel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt ist. Erfolgt die Vollstreckung nach Ablauf der zweiwöchigen Wartefrist und zeigt der Insolvenzverwalter erst danach die Masseunzulänglichkeit an, wird das entstandene Pfändungspfandrecht nicht vom Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO erfasst.

AUSGABE: RVGprof 9/2024, S. 157 · ID: 50107458

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