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Familienrecht„Fallstricke“ bei der Unterhaltsabänderung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens erkennen

Top-BeitragAbo-Inhalt27.04.202413 Min. LesedauerVon Wolf Schulenburg, geprüfter Rechts- und Notarfachwirt, Berlin

| Prüft der Rechtsanwalt außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens die Möglichkeit der Abänderung einer titulierten Unterhaltsverpflichtung seines Mandanten, entscheidet nicht nur der Auftrag des Mandanten, sondern auch die weitere Tätigkeit des Anwalts über die Höhe der anwaltlichen Vergütung. Um eine angemessene Abgeltung seiner Tätigkeit zu erreichen, sollte der Anwalt insbesondere die vergütungsrechtlichen Grundlagen und ihre „Fallstricke“ kennen. Der folgende Beitrag klärt auf, worauf es ankommt. |

1. Auftrag des Mandanten ist entscheidend

Bei der Tätigkeit des Anwalts außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens ist zunächst der Auftrag des Mandanten zu beachten. In der Praxis wird sich der Mandant deshalb an den Anwalt wenden, wenn sich seiner Auffassung nach die Grundlagen der titulierten Unterhaltsverpflichtung geändert haben: Der Unterhaltsverpflichtete wird eine Reduzierung, der Unterhaltsberechtigte eine Erhöhung in Betracht ziehen – oder wird vom jeweils anderen diesbezüglich möglicherweise bereits in Anspruch genommen. Gleichgültig, welche Seite der Anwalt vertritt, gelten vergütungsrechtlich dieselben folgenden Regeln:

a) Ausschließliche Beratung

Der Auftrag des Mandanten an den Anwalt wird im Regelfall zunächst dahin gehend lauten, die Abänderungsmöglichkeit zu prüfen. Will der Mandant sein weiteres Vorgehen erst danach entscheiden, liegt daher ein ausschließlicher Beratungsauftrag vor. Die vergütungsrechtliche Grundlage dafür ist § 34 Abs. 1 S. 1 RVG: Der Anwalt soll auf eine Gebührenvereinbarung mit dem Mandanten hinwirken.

Praxistipp | Der Gesetzgeber verwendet die unterschiedlichen Begriffe der Gebührenvereinbarung (§ 34 RVG) und der Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG). Nach § 3a Abs. 1 S. 4 RVG gelten die in § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG genannten Formvorschriften nicht bei einer Gebührenvereinbarung. Die Folge ist: Anders als die Vergütungsvereinbarung muss eine Gebührenvereinbarung u. a. nicht als Gebührenvereinbarung bezeichnet oder nicht in Textform geschlossen sein. Der Anwalt könnte also eine solche Vereinbarung mit seinem Mandanten nur mündlich vereinbaren. Um einen etwaigen späteren Streit zu vermeiden, empfiehlt es sich allerdings, die Vereinbarung dennoch mindestens in Textform (z. B. in der Korrespondenz per E-Mail) festzuhalten. Im Übrigen gilt: Im Gegensatz zum Mandanten muss der Anwalt im Streitfall nicht die Entgeltlichkeit seiner Beratung, sondern nur den Beratungsauftrag beweisen (AnwK-RVG/Thiel/Eder, 9. Aufl., § 34 Rn. 91).

Beachten Sie | Eine Gebührenvereinbarung muss nicht zwingend vor der Beratung, sondern kann auch noch danach getroffen werden. Der Anwalt sollte aber berücksichtigen, dass die Bereitschaft des Mandanten zu einer solchen Vereinbarung signifikant nachlassen dürfte, sobald er ihn beraten hat. Der Mandant verliert das Interesse daran, da sein eigenes Beratungsbedürfnis bereits vollständig erfüllt ist.

Verzichtet der Anwalt auf eine Gebührenvereinbarung, kann er gemäß § 34 Abs. 1 S. 2 RVG „Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts“ fordern. Nach § 612 Abs. 2 BGB schuldet der Mandant die „übliche Vergütung“. Sie bemisst sich anhand der im jeweiligen Kammerbezirk üblichen Vergütung. Im Zweifel kann sich der Anwalt am (vor rund 20 Jahren) empirisch ermittelten Eckwert von 150 EUR/Stunde orientieren. Heutzutage erscheint dieser Betrag aber zu Recht als zu gering (AnwK-RVG/Thiel/Eder, a. a. O., § 34 Rn. 97).

Praxistipp | Der Anwalt, der keine Gebührenvereinbarung mit dem Mandanten schließt, muss beachten: Für eine Erstberatung (ob telefonisch oder persönlich) kann er nach § 34 Abs. 1 S. 3 HS. 3 RVG allenfalls 190 EUR netto, anderenfalls nach § 34 Abs. 1 S. 3 HS. 1 RVG nicht mehr als 250 EUR netto zzgl. Auslagen fordern. Eine Erstberatung liegt nur vor, soweit sie mündlich erfolgt und nur eine pauschale, überschlägige Einstiegsberatung beinhaltet. Die Dauer der Erstberatung ist nicht entscheidend, sondern allein ihr Inhalt. Der Begriff ist insoweit eng auszulegen. Muss sich der Rechtsanwalt für die Beratung erst näher sachkundig machen oder sie schriftlich zusammenfassen, ist der Rahmen der Erstberatung überschritten (BGH AnwBl 07, 870).
Beispiel 1: Erstberatung mit Gebührenvereinbarung
Mandant M vereinbart telefonisch einen Beratungstermin, um sich über die grundsätzlichen Möglichkeiten einer Unterhaltsabänderung beraten zu lassen. Als M anruft, vereinbart Anwalt R mit ihm ein Zeithonorar von 200 EUR/Stunde. R berät M eine halbe Stunde und rechnet ab:
Beratungsgebühr, § 34 Abs. 1 S. 1 RVG
100,00 EUR
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG
19,00 EUR
119,00 EUR
Beispiel 2: Ausführliche Beratung mit Gebührenvereinbarung
Wie in Beispiel 1. Allerdings übersendet M vorab den Unterhaltstitel nebst diverser gerichtlicher und Einkommensunterlagen, damit sich R über den zugrunde liegenden Sachverhalt umfassend sachkundig machen kann. M bittet R zugleich um einen „Kostenvorschlag“. R sichtet die Unterlagen und bietet M eine Pauschalvergütung von 500 EUR zzgl. Auslagen an, die M annimmt. Zum vereinbarten Beratungstermin ruft R den M an. Später erfolgt noch ein weiterer persönlicher Termin in der Kanzlei des R. Nach Abschluss der Beratung rechnet er ab:
Beratungsgebühr, § 34 Abs. 1 S. 1 RVG
500,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG
98,80 EUR
618,80 EUR
Der Bereich der Erstberatung ist hier erkennbar überschritten, da sich R im Vorfeld sachkundig gemacht und damit nicht mehr nur pauschal und überschlägig beraten hat. Ob ein oder mehrere (telefonische oder persönliche) Termine stattfinden, ist insoweit nicht entscheidungserheblich. Der Rahmen einer Erstberatung wird grundsätzlich überschritten, wenn in einem weiteren Gespräch über Vorschläge beraten wird, die bei dem Erstgespräch noch nicht Inhalt der Beratung waren.
Beachten Sie | R kann hier zusätzlich die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG geltend machen. Angesichts des zunehmenden elektronischen Rechtsverkehrs und entsprechender Flatrate-Verträge reicht für den Anfall der Pauschale aus, dass die vom Anwalt ausgehende Kommunikation mit dem Mandanten über elektronische Medien erfolgt – z. B. per Videotelefonie, Mobilfunk, Smartphone-Apps, E-Mail usw. (VG München AGS 18, 179; OLG Düsseldorf AGS 17, 396; FG Köln 17.7.18, 1 K 1443/17).
Beispiel 3: Erstberatung ohne Gebührenvereinbarung
Anwalt R trifft keine Gebührenvereinbarung mit seinem Mandanten M. R berät M in seiner Kanzlei eine halbe Stunde und rechnet ab:
Beratungsgebühr, § 34 Abs. 1 S. 2 RVG i. V. m. § 612 Abs. 2 BGB
100,00 EUR
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG
19,00 EUR
119,00 EUR
Beachten Sie | Nach § 10 Abs. 2 S. 1 RVG muss der Anwalt die Gebührenvorschriften in seiner Berechnung angeben. Wird keine Gebührenvereinbarung geschlossen, muss der Anwalt den von § 34 Abs. 1 S. 2 RVG in Bezug genommenen § 612 Abs. 2 BGB zitieren (AG Remscheid RVG prof. 15, 131). (Im Übrigen setzt R die vor 20 Jahren empirisch ermittelten 150 EUR/Stunde heute entsprechend höher an.)
Beispiel 4: Ausführliche Beratung ohne Gebührenvereinbarung
Wie in Beispiel 3. Insgesamt führen R und M über einen längeren Zeitraum insgesamt fünf Beratungstermine, da M nach jedem Termin Korrespondenz mit dem Gegner führt und sich jeweils im Anschluss daran aufgrund der neuesten Entwicklung durch R beraten lässt:
Beratungsgebühr, § 34 Abs. 1 S. 2, 3 RVG i. V. m. § 612 Abs. 2 BGB
250,00 EUR
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG
47,50 EUR
297,50 EUR
Aber: R ist hier trotz seiner offenkundig mehrfachen und damit umfangreicheren Beratungstätigkeit mangels Gebührenvereinbarung mit dem M auf den gesetzlichen Höchstbetrag von 250,00 EUR beschränkt (§ 34 Abs. 1 S. 3 RVG).

b) Beratungsauftrag verbunden mit Vertretungsauftrag

Lautet der Auftrag des Mandanten an den Rechtsanwalt, die Abänderungsmöglichkeit zu prüfen und diesbezüglich ggf. gegenüber dem Gegner tätig zu werden, bedeutet das: Es handelt sich um einen Beratungsauftrag, der mit einem bedingten Vertretungsauftrag verbunden ist. Der Vertretungsauftrag gilt in diesem Fall erst mit Eintritt der Bedingung (also mit dem positiven Ergebnis der Prüfung des Anwalts) als erteilt (AnwK-RVG/Thiele/Eder, a. a. O., § 34 Rn. 28). Die Folge ist: Neben der Beratungsgebühr nach § 34 Abs. 1 RVG (ggf. i. V. m. § 612 Abs. 2 BGB) und etwaiger Auslagen fällt eine weitere 0,5- bis 2,5-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nebst Auslagen an. Fällt die Prüfung des Anwalts dagegen negativ aus, bleibt es bei der Beratungsvergütung.

Beachten Sie | Die Beratungsgebühr – nicht die Auslagen – ist hier grundsätzlich auf die Geschäftsgebühr voll anzurechnen, soweit der Anwalt nichts anderes mit dem Mandanten vereinbart hat (§ 34 Abs. 2 RVG). Das gilt nicht nur für eine vereinbarte Vergütung (§ 34 Abs. 1 S. 1 RVG), sondern auch für die übliche, ggf. gekappte BGB-Vergütung (§ 34 Abs. 1 S. 2, 3 RVG). Ist die Geschäftsgebühr geringer als die Beratungsgebühr, wird maximal in Höhe der Geschäftsgebühr angerechnet. Die Anrechnung erfolgt nur auf „eine“ Gebühr (§ 34 Abs. 2 RVG). Deshalb wird ein etwaiger Anrechnungsrest nicht mehr auf weitere Gebühren angerechnet.

Praxistipp | Gerade unterhaltsrechtliche Angelegenheiten stellen für den Rechtsanwalt meistens eine arbeitsaufwendige und damit umfangreiche Tätigkeit dar. Da die Rechtsprechung teilweise auf den Einzelfall zugeschnitten, differenziert und uneinheitlich ist, ist die Tätigkeit auch deshalb oft komplex und damit schwierig. Eine Kürzung der anwaltlichen Vergütung ist in diesen Fällen nicht gerechtfertigt. Um dem entgegenzuwirken, sollte der Anwalt für den Eintritt der Bedingung einer positiven Prüfung mit dem Mandanten den Anrechnungsausschluss der Beratungsgebühr vereinbaren. Dies sollte zudem schriftlich erfolgen. Denn einerseits trägt der Anwalt im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast für den Anrechnungsausschluss. Andererseits ist bislang nicht geklärt, ob die Vereinbarung über den Anrechnungsausschluss ebenfalls der Formerleichterung aus § 3a Abs. 1 S. 4 RVG unterfällt.

c) Unbedingter Beratungs- und Vertretungsauftrag

Beauftragt der Mandant den Anwalt mit seiner anwaltlichen Vertretung, weil er bereits vom (ggf. auch anwaltlich vertretenen) Gegner zur Abänderung des Unterhaltstitels aufgefordert worden ist, liegt ein unbedingter Vertretungsauftrag vor. Das gilt auch für den Fall, dass sich der Mandant zunächst über die beste Vorgehensweise beraten lassen will. Die Folge ist: Die Beratung wird nicht gesondert vergütet, sondern durch die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG abgegolten. Sie wird ggf. im Rahmen von § 14 Abs. 1 RVG bei der Bestimmung des konkreten Gebührensatzes der Geschäftsgebühr (0,5 bis 2,5) berücksichtigt.

2. Gegenstandswert bestimmen

Der außergerichtliche Gegenstandswert in Unterhaltsangelegenheiten bestimmt sich für die Geschäftsgebühr der Nr. 2300 VV RVG nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG und damit nach der gerichtlichen Wertvorschrift des § 51 FamGKG. Denn der Gegenstand der Unterhaltsabänderung kann auch Gegenstand eines entsprechenden gerichtlichen Abänderungsverfahrens (§§ 238 ff. FamFG) sein.

Merke | Da der bereits titulierte Unterhalt abgeändert werden soll, ist für die Berechnung lediglich der Differenzbetrag zur begehrten Abänderung maßgebend. Die laufenden Unterhaltsbeträge werden dabei mit dem Differenzbetrag der künftigen zwölf Monate berechnet, soweit die Abänderung nicht für einen kürzeren Zeitraum begehrt wird (§ 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Bereits fällige Differenzbeträge werden addiert (§ 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG).

Während bei einem gerichtlichen Abänderungsverfahren der Zeitpunkt für die Wertberechnung durch die Einreichung des Abänderungsantrags (§ 51 Abs. S. 1 FamGKG) bzw. seines vorgeschalteten Antrags auf Bewilligung von VKH (§ 51 Abs. 2 S. 2 FamGKG) feststeht, ist das im außergerichtlichen Bereich nicht der Fall. Insoweit richtet sich der Bewertungszeitpunkt nach dem Ende der außergerichtlichen Tätigkeit (Hk-FamGKG/N. Schneider, 3. Aufl., § 51 Rn. 99; ders., AGS 04, 58; OLG Nürnberg AGS 02, 232; a. A.: Kindermann, Die Abrechnung in Ehe- und Familiensachen, 2004, Rn. 126). Dies hat zur Folge: Der Anwalt muss sich fragen, welcher Verfahrenswert anzusetzen gewesen wäre, wenn er am Tag der Beendigung der außergerichtlichen Tätigkeit für seinen Mandanten einen Abänderungsantrag bei Gericht eingereicht hätte.

a) Bezifferte Beträge

Beispiel 1: Ausgangsfall
Unterhaltsschuldner S wird zur Zahlung eines Unterhalts von 500 EUR/Monat ab August 2022 verpflichtet. Im März 2023 fordert sein Anwalt R vom Unterhaltsgläubiger G die Herabsetzung des monatlichen Unterhalts ab Januar 2023 auf 300 EUR. Nach eigener anwaltlicher Beratung erkennt G im Juli 2023 die Forderung schließlich an.
Der Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr beträgt 3.800 EUR und berechnet sich wie folgt:
fällige Beträge:
01/2023 bis 07/2023
= 7 Monate x 200 EUR =
1.400 EUR
künftige Beträge:
ab 08/2023
= 12 Monate x 200 EUR =
2.400 EUR
3.800 EUR
Beispiel 2: Befristeter Unterhalt
Wie Beispiel 1. Der Unterhalt ist allerdings bis Ende 2023 befristet.
Der Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr beträgt 2.400 EUR. Hierbei ist für die Bemessung des Werts der künftigen Beträge die Befristung auf fünf Monate zu beachten:
fällige Beträge:
01/2023 bis 07/2023
= 7 Monate x 200 EUR =
1.400 EUR
künftige Beträge:
08/2023 bis 12/2023
= 5 Monate x 200 EUR =
1.000 EUR
2.400 EUR
Beispiel 3: Einigung
Wie Beispiel 1. Allerdings trifft R für S eine Einigung mit G, wonach der Unterhalt erst ab August 2023 herabgesetzt wird.
Der Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr beträgt auch hier 3.800 EUR und berechnet sich wie in Beispiel 1. Dasselbe gilt für die durch die Mitwirkung an der Einigung für den R entstandene 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG.
Merke | Für den Gegenstandswert der Einigung kommt es nicht darauf an, worauf man sich geeinigt hat, sondern worüber man sich geeinigt hat (OLG Frankfurt AGS 11, 562; OLG Düsseldorf JurBüro 05, 479).

b) Dynamisierte Unterhaltsbeträge

Beispiel 4
Vater V wurde zur Zahlung für seinen am 17.5.18 geborenen Sohn K in Höhe von 110 Prozent der 3. Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle ab August 2022 verpflichtet. Im März 2023 fordert sein Anwalt R von der Mutter M als gesetzliche Vertreterin des K eine Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf die Höhe des Mindestunterhalts ab April 2023. Da M der Forderung nicht nachkommt und keine Einigung getroffen werden kann, reicht R für V im Mai 2024 beim Familiengericht einen entsprechenden Abänderungsantrag ein.
Der Gegenstandswert beträgt 1.316 EUR. Dabei ist Folgendes zu beachten:
  • Maßgeblich ist der jeweilige Differenzbetrag der sich ergebenden Tabellenzahlbeträge.
  • Für künftige Unterhaltsbeträge dynamisierter Unterhaltstitel gilt, dass nach § 51 Abs. 1 S. 2 FamGKG der Tabellenbetrag der bei der Einreichung geltenden Altersstufe maßgeblich ist.
Der Unterhalt einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet (§ 1612 Abs. 3 BGB). K hat am 17.5.24 das 6. Lebensjahr erreicht. Sowohl für den bereits Anfang Mai fälligen Unterhaltsbetrag als auch für die künftigen Unterhaltsbeträge (ab 06/2024) ist daher von dem Tabellenbetrag der 2. Altersstufe (6 bis 11 Jahre) und nicht mehr von derjenigen der bisherigen 1. Altersstufe (0 bis 5 Jahre) auszugehen.
fällige Beträge (04/2023 bis 05/2024):
04/2023 bis 12/2023
= 356 EUR - 312 EUR = 44 EUR x 9 Monate
396 EUR
01/2023 bis 04/2024
= 403 EUR - 355 EUR = 48 EUR x 4 Monate
192 EUR
05/2024
= 482 EUR - 426 EUR =
56 EUR
644 EUR
künftige Beträge (ab 06/2024):
672 EUR
482 EUR - 426 EUR = 56 EUR x 12 Monate = 672 EUR
1.316 EUR

3. Herabsetzung mit Rückforderungsverlangen verbinden

Macht der Anwalt des Unterhaltsschuldners neben der Forderung auf Abänderung auch die Rückzahlung der (überzahlten) Beträge geltend, erhöhen diese den Gegenstandswert nicht. Soweit die Zeiträume der Abänderung und der Rückforderung deckungsgleich sind, liegt wirtschaftliche Identität zwischen beiden Forderungen vor (OLG Karlsruhe AGS 16, 130; KG FamRZ 11, 754; OLG Köln FamRZ 10, 1933; OLG Karlsruhe FamRZ 99, 608; OLG Hamburg JurBüro 94, 493).

4. Das gilt bei gegenseitigen Abänderungsforderungen

Die vorstehend für ein Herabsetzungsverlangen des Unterhaltsschuldners dargestellten Grundsätze der Wertberechnung gelten spiegelbildlich auch für das Heraufsetzungsverlangen des Unterhaltsgläubigers.

Beachten Sie | Erheben beide Seiten ihre jeweilige Forderung nach Abänderung des Unterhaltstitels, sind die Gegenstandswerte beider Seiten zu addieren. Zwar schließen sich beide Forderungen gegenseitig aus, sodass bei gerichtlicher Geltendmachung bei Erfolg des einen der andere abgewiesen werden würde. Es mangelt aber an der für die Gegenstandsgleichheit notwendigen wirtschaftlichen Identität der Gegenstände (= Forderungen). § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG findet keine Anwendung. Daher ist nicht etwa nur der höhere der beiden Ansprüche anzusetzen (OLG Frankfurt FamRZ 24, 484; OLG Karlsruhe FamRZ 23, 1747).

5. Angemessene Vergütung vereinbaren

Der Anwalt sollte berücksichtigen, dass ihm gerade in Angelegenheiten der Unterhaltsabänderung die gesetzlichen Gebühren oft keine angemessene Vergütung bieten. Denn während bei den Streitigkeiten über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen der volle Unterhaltsbetrag für die Wertberechnung maßgeblich ist, reduziert er sich beim Abänderungsverlangen auf den nur insoweit maßgeblichen Differenzbetrag – die Vergütung ist demnach vergleichsweise niedriger.

So würde im Beispiel 4 unter 2. b) bei Annahme einer durchschnittlichen Unterhaltsangelegenheit (mit einem Gebührensatz von 1,3) die Tätigkeit des Anwalts nur mit einer Nettogebühr von 165,10 EUR vergütet werden. Selbst unter Zugrundelegung des höchsten Gebührensatzes von 2,5 böte die Geschäftsgebühr dem Anwalt lediglich eine Vergütung von 317,50 EUR netto. Das ist in Anbetracht der häufig arbeitsintensiven Unterhaltsberechnungen und der widerstreitenden Korrespondenz zu den Berechnungsgrundlagen für den Anwalt kein lukratives Geschäft.

Hinzu kommt: Die Höhe des Gegenstandswerts für die wertgebundene Geschäftsgebühr und damit die Vergütung sind zum Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts nicht verlässlich absehbar. Der Gegenstandswert steht erst bei Beendigung der anwaltlichen Tätigkeit fest. Eine betriebswirtschaftliche Vorausschau ist aus diesem Grund für den Anwalt fast unmöglich.

Praxistipp | Der Abschluss einer (mindestens) mündlichen Gebührenvereinbarung für die ausschließlich beratende Tätigkeit des Anwalts (s. oben 1. a) mit (schriftlichem) Ausschluss der Gebührenanrechnung, aber auch die (mindestens) in Textform zu schließende Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG) für die weitere Tätigkeit des Anwalts bieten für beide Seiten eine gute Möglichkeit:
  • Der Anwalt kann sich damit nicht nur eine auskömmliche Vergütung sichern. Er erspart sich zugleich eine möglicherweise umfangreichere Wertberechnung und/oder den Streit um die Bestimmung des konkreten Gebührensatzes.
  • Die Vergütungsvereinbarung sorgt zugleich beim Mandanten für Rechtsklarheit. Er kann sonst die Wertberechnungen und ihre vergütungsrechtlichen Zusammenhänge i. d. R. nur schwerlich durchdringen. Er will am Ende wissen, „was das kostet“.
Diese Umstände sollte sich der Rechtsanwalt zunutze machen – am Ende ist es eine „Win-win-Situation“.

AUSGABE: RVGprof 5/2024, S. 84 · ID: 49980768

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