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PraxisangebotKraft trifft Ausdauer: Hybrid-Training in der Physiopraxis
| Was die Fahrzeugindustrie kann, kann die Fitnessszene schon lange: Einer der neuesten Trends ist sogenanntes Hybrid-Training. Ähnlich wie beim Auto kommen hier zwei Ansätze zusammen, die sich normalerweise diametral gegenüberstehen: Ausdauer und Kraft. Wie Hybrid-Training funktioniert und wie es sich am besten ins Praxisangebot integrieren lässt, fasst dieser Beitrag zusammen. |
Hybrid-Training vereint das Beste zweier Welten
Erklärtes Ziel des Hybrid-Trainings ist eine möglichst umfassende körperliche Fitness. Während klassisches Krafttraining auf Kraft- und Muskelaufbau abzielt und Ausdauertraining die Herz-Kreislauf-Gesundheit verbessern möchte, versucht Hybrid-Training das Beste beider Welten in einem strukturierten Ansatz zu vereinen. Hinzu kommen die anderen motorischen Beanspruchungsformen: Beweglichkeit, Schnelligkeit und Koordination. Am Ende geht es nicht um eine bestimmte Sportart, einen Körperteil oder eine Fähigkeit – der Sportler als Ganzes steht im Mittelpunkt.
Dabei ist Hybrid-Training keine vollkommen neue Erfindung, sondern besteht schon seit Jahren. Es hat sich aus verschiedenen älteren Disziplinen entwickelt. Besonders Athleten aus dem Functional Training, CrossFit® (PP 11/2020, Seite 13) und der Leichtathletik begannen bereits in den 2010er-Jahren, gezielt Kraft- und Ausdauertraining zu kombinieren, um schneller an ihr Ziel zu gelangen. Eine der Schlüsselfiguren in dieser Entwicklung ist Nick Bare, ehemaliger US-Soldat und Gründer von Bare Performance Nutrition, die den Ansatz zunächst in den USA und später auch weltweit populär gemacht haben.
Unter dem englischen Begriff des Concurrent Training steht dieser Ansatz auch seit Längerem im Fokus der Wissenschaft. Anders als bislang häufig geglaubt, stehen sich Kraft- und Ausdauertraining nicht im Weg. Eine systematische Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2021 (Schumann et al.) kommt zu dem Schluss, dass eine Kombination von Kraft- und Ausdauertraining keinen negativen Einfluss auf die Kraftfähigkeit oder die Muskelmasse hat (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34757594/).
Kraft und Ausdauer zusammen? Das geht!
Es steht die Frage im Raum, weshalb man überhaupt Hybrid-Training machen sollte. Nach jetzigem Stand gibt Hinweise auf gleich mehrere Vorteile gegenüber einem isolierten Kraft- oder Ausdauertraining. Zunächst einmal ist es immer gut, unterschiedliche Trainingsreize zu setzen, um den Körper auch auf unterschiedliche Weise zu fordern. Das reduziert das Verletzungsrisiko und hilft, Dysbalancen vorzubeugen. Und gerade das in letzter häufig kritisierte Ausdauertraining entpuppt sich als Wunderwaffe: Zum einen verringert moderates Ausdauertraining besonders das viszerale Fettgewebe, einen der hauptsächlichen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zugleich verbessert es die kardiovaskuläre Effizienz. Zum anderen behindert Ausdauertraining nicht die Muskelhypertrophie – immer unter der Prämisse, dass kein starkes Kaloriendefizit vorliegt. Mittels Hybrid-Training kann ich also gleichzeitig optimal Muskelmasse erhalten oder aufbauen und Körperfett verbrennen.
Fortbildungen sind Mangelware
Wer als Physiotherapeut schon Erfahrung mit Kraft- und Ausdauertraining hat, kann eine Fortbildung zur Umsetzung des Hybrid-Trainings machen – wer noch keine oder wenig Erfahrung hat, sollte das unbedingt tun! In Deutschland allerdings gibt es nach jetzigem Stand lediglich eine Fortbildung spezifisch für Hybrid-Training, angeboten vom Deutschen Fitness & Aerobic Verband (dfav.de). Allerdings finden sich neben dem Preis von 149 Euro keine weiteren Angaben zu Dauer oder Dozent.
Praxistipp | Wer sich darüber hinaus in das Thema einarbeiten möchte, sollte sich mittels Bücher informieren, z. B. „The Science of Hybrid-Training“ von Phil Price, „The Hybrid Method“ von Marc Simpson oder „The Ultimate Hybrid Athlete“ von Alex Viada. |
Bestens geeignet für die Physiopraxis
Hybrid-Training eignet sich hervorragend als Instrument im therapeutischen, aber auch präventiven Setting, denn:
Praxistipp | Um möglichst vielfältige Trainingsbelastungen anbieten zu können und gleichzeitig Platz und Kosten zu sparen, bietet sich vor allem der Einsatz von Kleingeräten und Hilfsmitteln an. Dazu gehören z. B. Kettlebells (PP 04/2026, Seite 9) Kurzhanteln, Widerstandsbänder (PP 01/2024, Seite 12), Medizinbälle (PP 02/2024, Seite 12), Gewichtswesten und Springseile (PP 06/2021, Seite 16). |
- 1. Die Kombination aus Kraft und Ausdauer bedingt eine optimale Adaptation sowohl der Muskulatur als auch des Herz-Kreislauf-Systems.Dies sind die Vorzüge des Hybrid-Trainings
- 2. Gerade bei weniger leistungsfähigen oder in Rehabilitation befindlichen Teilnehmern kann das Training mittels eines größeren Arsenals an Stellschrauben verändert und angepasst werden.
- 3. Aufgrund seiner vielseitigen Belastungsparameter kann ein Hybrid-Training außerdem relativ einfach als Zirkeltraining (PP 07/2018, Seite 14) aufgezogen werden.
Hybrid-Training kann als Präventionskurs zertifiziert werden
Sowohl das Zirkel- als auch ein allgemeines Kraft- und Ausdauertraining sind grundsätzlich als Präventionskurs nach § 20 Sozialgesetzbuch (SGB) V zertifizierungsfähig und werden bei Anerkennung von den gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst.
AUSGABE: PP 4/2025, S. 13 · ID: 50351334