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HeilmittelverordnungGekündigter Mitarbeiter verweigert Herausgabe des Rezepts – wem gehört das Rezept?

Abo-Inhalt12.03.20254 Min. LesedauerVon beantwortet von RA Ralph Jürgen Bährle, Bährle & Partner, Nothweiler, baehrle-partner.de

| frage: Wir haben einem Therapeuten gekündigt, der für Hausbesuche eingesetzt war. Nach Erhalt der Kündigung meldete er sich krank. Er ist seit Wochen arbeitsunfähig, entsprechende Bescheinigungen legt er vor. Vermutlich dauert die Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende der Kündigungsfrist. Wir haben den Therapeuten nach Eingang der ersten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgefordert, die begonnenen Hausbesuchsrezepte in der Praxis abzugeben. Dies lehnt er ab und behauptet, die Rezepte gehörten dem Patienten. Dort habe er die Rezepte gelassen. Nun fragen wir uns: Hat er eine Verpflichtung, die Rezepte bei Krankheit in der Praxis abzugeben? Oder sind die Rezepte Eigentum des Patienten und müssen im Haus des Patienten verbleiben? |

Antwort: Diese Frage umfasst sowohl den Behandlungsvertrag des Patienten mit der Physiotherapiepraxis als auch den Arbeitsvertrag des (gekündigten) Therapeuten mit seiner Praxis. Es kommt u. a. auf den Versicherungsstatus des Patienten und die mit dem Therapeuten getroffenen Regelungen im Arbeitsvertrag des Patienten an.

Eigentümer des Rezepts ist der Patient

Das Rezept ist eine Urkunde, die der verordnende Arzt oder Heilpraktiker ausfüllt und dem Patienten übergibt. Das Eigentum an der Urkunde „Rezept“ hat der Patient. Der gesetzlich versicherte Patient überträgt dieses Eigentum im Rahmen des Behandlungsvertrags an den Therapeuten, damit dieser abrechnen kann. Der Privatversicherte behält das Eigentum und kann die Herausgabe des Rezepts verlangen.

Das Rezept verkörpert zwei Ansprüche

  • 1. Es berechtigt den Patienten, bei einem Therapeuten einen Behandlungsvertrag über die ärztlich verordneten Behandlungen abzuschließen und den Therapeuten, die ärztlich verordneten Behandlungen abzugeben.
  • 2. Es verkörpert den Anspruch des Patienten gegen seine Krankenkasse, zu verlangen, dass die verordneten und von ihm in Anspruch genommenen Behandlungen bezahlt werden.

Was bedeutet das für das eingangs geschilderte Problem?

Der gekündigte Therapeut hat recht, wenn er sagt, das Rezept gehöre dem Patienten. Der Patient hat jedoch mit der Praxis, in der der Therapeut angestellt war, einen Behandlungsvertrag geschlossen – in der Regel durch konkludentes Verhalten, nämlich durch Übergabe des Rezeptes und Vereinbarung von Behandlungsterminen.

Mit Abschluss des Behandlungsvertrags hat die Praxis einen Rechtsanspruch gegen den Patienten, dass dieser das Rezept an die Praxis aushändigt, damit diese das anfallende Honorar mit der GKV des Patienten abrechnen kann. Der Honoraranspruch gegen die Kasse geht immer nur so weit über, wie Behandlungen erbracht wurden. Wird der Behandlungsvertrag vorzeitig beendet – unabhängig von wem –, verbleibt das Rezept bei der behandelnden Praxis, damit diese die erbrachten Behandlungen mit der GKV abrechnen kann. Für das Problem des Lesers bedeutet dies, dass die Praxis vom Patienten die Herausgabe des Rezepts verlangen kann.

Kann die Praxis vom Therapeuten die Übergabe des Rezepts verlangen?

Dies ist eine arbeitsrechtliche Frage, deren Beantwortung auch von arbeitsvertraglichen Regelungen abhängt. In den meisten Arbeitsverträgen ist geregelt, dass Arbeitnehmer bei Ende des Arbeitsverhältnisses in ihrem Besitz befindliche Praxisunterlagen der Praxis zurückzugeben haben. Diese Regelung kann auf die Freistellung durch den Arbeitgeber bei Kündigung ausgedehnt werden, sodass der Rückgabezeitpunkt auf den Tag der Freistellung zurückverlegt wird.

In der Regel finden sich in den Arbeitsverträgen keine Regelungen, dass bei Beginn von Arbeitsunfähigkeit (AU) bzw. längerer Arbeitsunfähigkeit Unterlagen zurückzugeben sind. Dies kann aber durch Weisungen im Rahmen des Direktionsrechts in Praxen geregelt sein. Praxisintern kann der Praxisinhaber darüber hinaus Weisungen erteilen, wie mit Rezepten der Hausbesuchspatienten umzugehen ist, z. B. immer beim Patienten mitnehmen und in der Praxis am Ende des Arbeitstages in die Patientenakte legen.

Rechtliche Bewertung der Herausgabepflicht

  • Unterstellen wir, dass der Arbeitsvertrag nur eine Rückgabepflicht zum Ende des Arbeitsverhältnisses regelt. Dann kann die Praxis vom gekündigten Therapeuten im Zeitpunkt der Krankmeldung verlangen, dass er Unterlagen, die der Praxis gehören und zur Weiterbehandlung des Patienten und Abrechnung der Behandlungen erforderlich sind, bei dem Patienten zurücklässt. Dort beim Patienten muss die Praxis dann das Rezept abholen oder nach Ende der letzten verordneten Behandlung durch den behandelnden Therapeuten mitnehmen lassen, damit abgerechnet werden kann. Hatte der Therapeut bei Krankmeldung das Rezept bei sich, dann kann die Praxis bei Beginn einer Arbeitsunfähigkeit die Rückgabe an den Patienten verlangen.
  • Falls es im o. g. Fall interne Weisungen der Praxisführung gab, wie mit Rezepten von Hausbesuchspatienten zu verfahren ist, hat der gekündigte Therapeut, indem er das Rezept beim jeweiligen Hausbesuchspatienten zurückgelassen hat, bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit zwar nicht gegen die Rückgaberegelungen des Arbeitsvertrags verstoßen, aber möglicherweise gegen praxisinterne Weisungen des Arbeitgebers. Auch dies käme einem Verstoß gegen den Arbeitsvertrag gleich. Diesen kann der Arbeitgeber mit einer Abmahnung ahnden.

AUSGABE: PP 4/2025, S. 3 · ID: 50346408

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