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Arbeitsrecht„AGG-Hopper“ vergaloppiert sich: BAG sieht rechtsmissbräuchliche Bewerbung
| Bewerber, die sich bewusst auf Stellenausschreibungen bewerben, die nicht diskriminierungsfrei ausgeschrieben sind, sind in der Praxis immer wieder Gegenstand arbeitsgerichtlicher Entscheidungen. Man spricht schon vom „AGG-Hopper“. Werden diese Bewerber abgelehnt, wird eine Benachteiligung vermutet. Die Bewerber verlangen dann eine Entschädigung unter Berufung auf § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG; vgl. PP 09/2022, Seite 11). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun entsprechende Ansprüche zurückgewiesen, da das Verhalten des Bewerbers als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei (Urteil vom 19.09.2024, Az. 8 AZR 21/24). |
Kläger forderte Entschädigung wegen „nicht diskriminierungsfreier Ausschreibung“ ...
Der Kläger, ein ausgebildeter Industriekaufmann, absolvierte aktuell ein Fernstudium zum „Wirtschaftsjuristen“. Über ein Onlineportal bewarb er sich auf eine ausgeschriebene Stelle. Diese war für eine „Sekretärin“ ausgeschrieben; das Unternehmen, welches 170 km vom Wohnort des Bewerbers entfernt war, sagte ihm mit dem Hinweis, dass eine „Frau gesucht werde“ ab. Der Kläger forderte daraufhin eine Entschädigung von mindestens 6.000 Euro.
... und scheitert vor dem BAG!
Im Verlauf des Prozesses konnte das beklagte Unternehmen nachweisen, dass der Kläger sich auf zahlreiche Stellen beworben hatte und nach der Ablehnung entsprechende Prozesse führte. Allein beim Arbeitsgericht Berlin waren elf Verfahren bekannt, welche in den letzten 15 Monaten geführt wurden. Das BAG wies die Klage ab.
So begründete das BAG seine Entscheidung
Das höchste deutsche Arbeitsgericht sah keinen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Entschädigung. Im Laufe des Verfahrens kam ans Licht, dass der Kläger seine Bewerbungsschreiben nach den Verfahren immer weiter anpasste. Das BAG sprach hier von einem Geschäftsmodell der „zweiten Generation“. Dieses standardisierte und methodische Vorgehen sprach schlussendlich für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers. Damit bestand kein Entschädigungsanspruch. Die Richter hatten hier auch kein datenschutzrechtliches Problem, da das beklagte Unternehmen berechtigte Interessen wahrnahm. Darüber hinaus wurden hier nur allgemein zugängliche Entscheidungen dem Gericht zur Kenntnis gebracht, sodass kein „verfahrensrechtliches Verwertungsverbot“ bestand.
Fazit | Aus Sicht des beklagten Unternehmens war es von Vorteil, dass es Kenntnis von den anderen Verfahren hatte und das Gericht diese berücksichtigte. Wichtiger für Praxisinhaber ist jedoch, dass sie Stellenausschreibungen stets diskriminierungsfrei gestalten! Das heißt, dass aus der Anzeige weder Hinweise auf ein bestimmtes Alter, Geschlecht oder andere Diskriminierungsmerkmale erkennbar sind. Dies spräche für eine Benachteiligung (§ 22 AGG). |
AUSGABE: PP 3/2025, S. 19 · ID: 50300545