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PersonalSelf Care als Basis für erfolgreiches Führen

Top-BeitragAbo-Inhalt10.01.20257 Min. LesedauerVon Katja Löffler, M. Sc. Wirtschaftspsychologie, Dipl. Kffr. (FH), PTA, Grasbrunn

| Führungskräfte in Physiotherapiepraxen sind häufig von Stress betroffen. Dies beeinflusst nicht nur ihre eigene Gesundheit, sondern auch die ihrer Mitarbeiter, denn Selbstfürsorge ist die Voraussetzung, um andere gut führen zu können. Sorgen Vorgesetzte für ihre eigene Gesundheit, überträgt sich dies auf das Erleben und Verhalten der Mitarbeiter. Langfristig wird das gesamte Team der Physiopraxis dadurch widerstandsfähiger und erfolgreicher – auch in herausfordernden Zeiten. |

Wachsende Herausforderungen für Führungskräfte

Vor dem Hintergrund der aktuellen demografischen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen werden an Führungskräfte in Physiopraxen immer höhere Anforderungen gestellt. Zum einen müssen sie unternehmerisch denken, Entscheidungen treffen und die Praxis durch unsichere Zeiten navigieren. Zum anderen bedeutet gute Führung, den Mitarbeitern Visionen und Ziele zu vermitteln, Orientierung zu geben, Vorbild zu sein, Konflikte zu moderieren, das Team zu motivieren sowie die Mitarbeiter zu entwickeln und zu begeistern. Bei all diesen Herausforderungen auch noch auf die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden zu achten, wird immer schwieriger.

Self Care als moderner Führungsansatz

Der Begriff „Self Care“ stammt aus der Führungsforschung und ist Teil eines modernen Führungsansatzes. Die gesundheitsorientierte Führung umfasst zum einen die gesundheitsförderliche Mitarbeiterführung (Staff Care) und zum anderen den Umgang mit der eigenen Gesundheit (Self Care). Berücksichtigt werden für Führungskräfte und Mitarbeiter jeweils die drei Dimensionen Achtsamkeit, Gesundheitsverhalten und Bedeutung von Gesundheit.

Achtsamkeit

Achtsamkeit gegenüber der eigenen Gesundheit (Self Care) bedeutet, dass Führungskräfte ihr Stresserleben, z. B. aufgrund von Termindruck oder Multitasking sowie weitere Einflussfaktoren auf ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen, z. B. ständige Erreichbarkeit oder Substanzmissbrauch, ganz bewusst wahrnehmen.

Beispiele

  • Die fachliche Leiterin bemerkt, dass sie selbst sich zu viel zumutet. Sie ist nervös, gereizt und hat Magen-Darm-Probleme. Außerdem ist ihr oft schwindelig.
  • Die Inhaberin merkt, dass sie das ganze letzte Wochenende durchgearbeitet hat.
  • Dem Inhaber ist bewusst, dass er in der Nacht noch dienstliche E-Mails schreibt. Er registriert, dass ihm die Probleme des Tages nachts noch lange durch den Kopf gehen und er schlecht schläft.
  • Ein fachlicher Leiter bemerkt seinen kritischen Umgang mit Alkohol.

In Bezug auf die Mitarbeiter (Staff Care) zeigt sich Achtsamkeit darin, inwieweit die Führungskraft in der Lage ist, den Gesundheitszustand und das Stresserleben der Mitarbeiter wahrzunehmen und einzuschätzen, inwieweit sich Stress auf die Geführten auswirkt.

Mehr zum Thema Stress lesen Sie im Beitrag „Wie Führungskräfte das Stresserleben der Angestellten positiv beeinflussen können“ unter Abruf-Nr. 50263618).

Beispiele

  • Die fachliche Leitung bemerkt, dass sie den Mitarbeitern zu viel zumutet, denn eine Mitarbeiterin ist in letzter Zeit sehr nervös und unkonzentriert. Eine andere ist gereizt und seit geraumer Zeit häufiger krank.
  • Bei der Auswertung der Arbeitsstunden wird der fachlichen Leitung bewusst, dass die Anzahl der Überstunden der Mitarbeiter zunimmt.
  • Die Teamleitung bemerkt eine Zunahme der Konflikte und eine schlechte Stimmung im Team.
  • Die fachliche Leitung registriert, dass einer Mitarbeiterin in den letzten Wochen häufiger Dokumentationsfehler passiert sind.
  • Dem Inhaber fällt auf, dass die Mitarbeiter auch häufiger abends, nachts oder am Wochenende erreichbar sind und seine E-Mails beantworten.

Gesundheitsverhalten

Das spezifische Gesundheitsverhalten von Führungskräften (Self Care) zeigt sich in allen Maßnahmen, die diese ergreifen, um selbst gesund zu bleiben. Diese gesunde Selbstführung ist Voraussetzung, um Mitarbeiter gesund führen zu können. So motivieren Führungskräfte aufgrund ihrer Vorbildfunktion indirekt die Mitarbeiter, sich ebenfalls gesund zu verhalten.

Beispiele

  • Der Inhaber verschickt keine E-Mails mehr am Abend, in der Nacht oder am Wochenende. Dadurch fühlen sich die Mitarbeiter nicht genötigt, am Wochenende antworten zu müssen.
  • Die Teamleitung nimmt sich regelmäßig Zeit für Sport oder Meditation und erzählt im Gespräch mit den Mitarbeitern davon.
  • Die fachliche Leiterin ernährt sich gesund und ausgewogen und organisiert jeden Tag ein gesundes und leckeres Frühstück für alle.
  • Die Inhaberin nimmt sich bewusst Zeit für die Mahlzeiten in der Praxis und macht während der Arbeitszeit regelmäßig Pausen. Die Mitarbeiter haben dann kein schlechtes Gewissen, wenn sie ebenfalls Pausen einlegen.
  • Der fachliche Leiter teilt den Mitarbeitern mit, wenn er gerade überlastet ist und eine Pause braucht.
  • Die Teamleitung schaltet ihr Handy während einer Besprechung auf lautlos und entfernt es bewusst aus ihrem Blickfeld.

Darüber hinaus können Führungskräfte die Mitarbeiter (Staff Care) auch aktiv zu gesundheitsförderlichem Verhalten anregen und sich für entsprechende Arbeitsbedingungen einsetzen.

Beispiele

  • Der Inhaber engagiert über externe Anbieter einen Betriebsarzt, der einmal im Monat oder im Quartal in die Praxis kommt und individuelle Gesundheitsberatungen anbietet.
  • Die Inhaberin beauftragt, z. B. über die Berufsgenossenschaft, eine Fachkraft für Arbeitssicherheit, die sich die Arbeitsbedingungen (z. B. Ergonomie, Lärm, Gefahrstoffe bei der Flächendesinfektion und der Händehygiene) vor Ort ansieht.
  • Die Inhaberin lässt regelmäßig eine psychische Gefährdungsbeurteilung durchführen und setzt die vorgeschlagenen Maßnahmen auch um.
  • Der Inhaber bietet z. B. ergonomische Arbeitsplätze, Bildschirmbrillen (für Administrationskräfte), Entspannungskurse etc. an.
  • Die Inhaberin motiviert das Team, die Arbeitsabläufe zu überdenken und ggf. zu verändern.
  • Die fachliche Leiterin kommuniziert den Mitarbeitern, dass sie in ihrer Freizeit keine dienstlichen E-Mails lesen sollen.
  • Es finden regelmäßig Mitarbeiterbefragungen zu den verschiedenen Aspekten der Arbeitszufriedenheit statt, z. B. Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen, den Gesundheitsleistungen, der Arbeitsbelastung etc.

Bedeutung von Gesundheit

Physiotherapiepraxen als wichtiger Teil des Gesundheitssystems leisten täglich einen bedeutenden Beitrag für die Gesundheit ihrer Patienten. In Zeiten des Fachkräftemangels wird es jedoch immer wichtiger, auch den Themen Führungskräfte- und Mitarbeitergesundheit einen hohen Stellenwert einzuräumen. Umfragen bestätigen, dass Führungskräfte mit einem hohen Maß an Self Care auch mehr Staff Care zeigen und von den Mitarbeitern als fürsorglicher wahrgenommen werden. Dies zeigt sich z. B. an folgender Aussage von Mitarbeitern: „Meiner Führungskraft ist meine Gesundheit sehr wichtig“.

Der Nutzen von Self Care

  • Führungskräfte, für die Self Care einen großen Stellenwert besitzt, berichten regelmäßig über weniger Gesundheitsbeschwerden und weniger Konflikte im beruflichen wie auch im privaten Umfeld als diejenigen, die sich weniger um ihre Gesundheit kümmern.
  • Führungskräfte, denen die eigene Gesundheit (Self Care) und die Gesundheit der Mitarbeiter (Staff Care) wichtig ist, schaffen Vertrauen und fördern eine mitarbeiterorientierte Praxiskultur.
  • Führungskräfte, die ihrer eigenen Gesundheit einen hohen Stellenwert einräumen, achtsam mit ihr umgehen und sich gesundheitsbewusst verhalten, können i. d. R. die Auswirkungen von belastenden Situationen auf Mitarbeiter besser einschätzen.
  • Ein hohes Gesundheitsbewusstsein der Führungskraft überträgt sich auf die Mitarbeiter, sodass sich diese ebenfalls gesundheitsbewusster verhalten. Damit tragen Mitarbeiter zur Entlastung der Führungskräfte bei, z. B. durch geringere Fehlzeiten, weniger Fluktuation, sinkende Fehlerquoten oder ein besseres Betriebsklima.

Ressourcen mobilisieren

An Führungskräfte werden höhere Anforderungen gestellt als an Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung. Allerdings verfügen sie auch über mehr Ressourcen. Beispielsweise können sie ihre Arbeit i. d. R. selbst planen und ihre Pausen sowie generell ihre Zeit freier einteilen. Sie haben also einen größeren Handlungsspielraum. Können die Anforderungen aber nicht mehr durch die vorhandenen Ressourcen abgepuffert werden, kommt es langfristig zu psychosomatischen Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Magen-Darm- oder Rückenbeschwerden. Um dies zu vermeiden, können durch entsprechende Schulungen, Seminare und Workshops für Führungskräfte, z. B. bei den Berufsgenossenschaften, die vorhandenen Ressourcen besser mobilisiert werden.

Führungskräfte sensibilisieren

Eine gesunde Selbstführung beinhaltet zum einen, dass Führungskräfte über gesundheitsförderliche Maßnahmen und Unterstützungsmöglichkeiten informiert sind. Zum anderen sollten sie für das Auftreten von Warnsignalen wie Nervosität, Gereiztheit, Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Rückenbeschwerden etc. sensibilisiert sein. Das Bewusstsein für die eigene Gesundheit lässt sich beispielsweise durch tägliche Selbstreflexion schärfen:

  • Was hat mich heute beruflich/privat besonders beschäftigt?
  • Was davon hat mich besonders belastet?
  • Was bräuchte ich, um zufriedener/gelassener zu sein?
  • Was möchte ich morgen anders machen?

Altersdiversität managen

Derzeit steigt das Durchschnittsalter der Beschäftigten und Inhaber in Physiopraxen kontinuierlich an. In den kommenden Jahren werden immer mehr Beschäftigte der geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter erreichen (PP 06/2023, Seite 18 ff.). Gleichzeitig rücken weniger junge Beschäftigte nach. Möglicherweise werden in Zukunft auch mehr Ruheständler in der Praxis weiterarbeiten. Die Sensibilisierung von Führungskräften für die Themen Self Care und Staff Care ist eine wichtige Voraussetzung, um ältere Mitarbeiter arbeitsfähig zu halten, das Team vor Überlastung zu schützen, die Abwanderung von Mitarbeitern zu verhindern und selbst schonend mit den eigenen Ressourcen umzugehen.

Weiterführende Hinweise
  • Lück, M; Möller, H. & Thomson, B. (2021). Arbeitsbedingungen und Gesundheit von Führungskräften. baua:Fakten 40. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dortmund
  • Pundt, F. & Lück, M. (2021). Working Conditions and Health of Leaders in Three Service Sectors. Journal of Service Management Research, 5 (2), 103 – 118
  • Jöllenbeck, M. & Gerstner, A. (2019). Psychische Gesundheit im Fokus. BGW – Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. Hamburg
  • Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (2015). Gefährdungsbeurteilung in therapeutischen Praxen

AUSGABE: PP 2/2025, S. 12 · ID: 50259311

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