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Geringfügige BeschäftigungGeringfügigkeitsgrenze und Mindestlohn auch 2025 unter einen Hut bringen

Top-BeitragAbo-Inhalt16.01.20256 Min. Lesedauer von RA Dr. Christian Schlottfeldt, Berlin, arbeitszeitkanzlei.de

| Im Jahr 2023 hat der Gesetzgeber die Regelungen zur geringfügigen Beschäftigung reformiert und die Geringfügigkeitsgrenze an den jeweils geltenden Mindestlohn bei einer Arbeitszeit von durchschnittlich zehn Stunden/Woche geknüpft. Das führt dazu, dass bei zehn Stunden Wochenarbeitszeit die geschuldete Arbeitszeit (und der dafür zu vergütende Mindestlohn) auf Jahresbasis leicht über der Geringfügigkeitsgrenze liegt, sodass das Beschäftigungsverhältnis nicht mehr als geringfügig gilt. Das wirft Fragen der rechtssicheren Umsetzung auf. PP erläutert, wie niedergelassene Physiotherapeuten Geringfügigkeitsgrenze und Mindestlohn im Jahr 2025 unter einen Hut bringen. |

Das sind die arbeitsrechtlichen Grundlagen

Bei der Vereinbarung einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden ergibt sich, dass der Arbeitnehmer von Woche zu Woche Arbeitszeit im Umfang von zehn Stunden/Woche schuldet; nach den Bestimmungen des Mindestlohnrechts ist diese Stundenanzahl auch vom Arbeitgeber zu vergüten.

Lässt man einen derartigen Vertrag über das ganze Kalenderjahr „durchlaufen“, dann errechnet sich für ein Kalenderjahr (je nach Anzahl der Kalendertage bzw. vertraglich vereinbarten Arbeitstage) bei angenommenen 261 Arbeitstagen (Montag bis Freitag) eine Arbeitszeit von 522 Stunden/Jahr. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde: 365 Tage : 7 x 5 = 261 Tage; 261 Tage : 5 Tage/Woche = 52,2 Wochen; 52,2 Wochen x 10 Stunden = 522 Stunden/Jahr.

Sozialversicherungsrechtliche Problematik steckt dahinter

Die jahresbezogene Geringfügigkeitsgrenze bezieht sich auf das zwölffache der monatsbezogenen Obergrenze von 43,333 Stunden/Monat, multipliziert mit dem seit dem 01.01.2025 geltenden Mindestlohn von 12,82 Euro/Stunde:

  • 43,333 h/Monat x 12,82 Euro = 555,53 Euro/Monat (zu runden auf 556 Euro)
  • 556 Euro/Monat x 12 Monate/Jahr = 6.672 Euro/Jahr

Der Arbeitnehmer kann aufgrund der Bestimmungen des Mindestlohnrechts für alle arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsstunden Mindestlohn verlangen; eine Unterschreitung würde einen Verstoß gegen das Mindestlohngesetz darstellen. Somit würde die mindestlohnkonforme Auszahlung der vereinbarten Arbeitszeit zur Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze führen:

Beispiel: Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze
261 Arbeitstage x 2 Stunden/Tag x 12,82 Euro
6.692,04 Euro/Jahr Lohnanspruch

Auch mindestlohnrechtliche Problematik steckt dahinter

Werden dem Arbeitnehmer (etwa im Rahmen eines verstetigten Entgelts von 12 x 538 Euro/Monat) nur 6.672 Euro (Geringfügigkeitsgrenze) ausgezahlt, wird der Stundenlohn von 12,82 Euro/Stunde knapp verfehlt, was einen Verstoß gegen das Mindestlohngesetz darstellen würde.

6.672 Euro/Jahr : (261 Arbeitstage x 2 Stunden/Tag)
12,78 Euro/Stunde

So gehen Arbeitgeber in der Praxis am geschicktesten vor

Die obige Problematik lässt sich dadurch „bereinigen“, dass im Arbeitsvertrag eindeutig auf die Geringfügigkeitsgrenze Bezug genommen wird. Da die vereinbarte Arbeitszeit aufgrund der Bestimmungen des Nachweisgesetzes im Arbeitsvertrag festgelegt sein muss, muss erkennbar werden, dass insoweit nicht die Bestimmungen des allgemeinen Arbeitsrechts die geschuldete Arbeitszeit definieren, sondern die des Sozialversicherungsrechts.

Formulierungsvorschlag / „Geringfügigkeitsmaß“ bei Arbeitszeit

Die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit beträgt durchschnittlich zehn Stunden/Woche. Es wird jedoch maximal die im Rahmen geringfügiger Beschäftigung zulässige Arbeitszeit geschuldet und vergütet.

Mit obiger Formulierung wird die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit sozusagen auf das Maß „zurechtgestutzt“, das sozialversicherungsrechtlich unbedenklich möglich ist.

In der pragmatischen Umsetzung einer solchen Regelung muss der Arbeitgeber dann allerdings darauf achten, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich entsprechend weniger Arbeitszeit leistet. Der Arbeitgeber hat insoweit ein Weisungsrecht (§ 106 GewO); die Art der Reduzierung der Arbeitszeit muss nicht vertraglich vereinbart werden.

Die Reduzierung der vereinbarten Arbeitszeit auf das zulässige „Geringfügigkeitsmaß“ könnte etwa dadurch erfolgen, dass bei einer (rein rechnerischen) gleichmäßigen Verteilung der Arbeitszeit von zehn Stunden/Woche auf die Wochentage Montag bis Freitag (= zwei Stunden/Tag als Basis eines für den Arbeitnehmer geführten Arbeitszeitkontos) jährlich ein Arbeitstag aus der Soll-Arbeitszeit „herausgenommen“ wird. So könnte z. B. jeweils der erste oder letzte Arbeitstag eines Kalenderjahres mit „null“ Soll-Arbeitszeit ausgewiesen werden. Für den Rest des Jahres würden dann ganz normal für jeden Wochentag Montag bis Freitag rechnerisch zwei Stunden/Tag hinterlegt.

Wird die Arbeitszeit rechnerisch auf weniger als fünf Arbeitstage verteilt, so müsste die Arbeitszeit an einem Arbeitstag (z. B. wiederum der erste oder letzte planmäßige Arbeitstag des Kalenderjahres) entsprechend gekürzt werden.

Mustervertrag online und Erläuterungen

Unter Abruf-Nr. 50279746 finden Sie eine Word-Vorlage eines Arbeitsvertrags für eine geringfügige Beschäftigung ab dem 01.01.2025. Dieser Arbeitsvertrag für eine geringfügige Beschäftigung bis 556 Euro monatlich regelt alle wichtigen Bedingungen der beruflichen Tätigkeit. Er ist aber dem jeweiligen Bedarf anzupassen.

Erläuterungen zum Muster-Arbeitsvertrag
Zu § 1:
In Abs. 1 wird klargestellt, dass es sich um ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis handeln soll. Der Aufgabenbereich des Arbeitnehmers sollte im beiderseitigen Interesse einvernehmlich festgelegt werden (Abs. 2). Um auf Veränderungen reagieren zu können, sollten Arbeitgeber sich vorbehalten, den Arbeitnehmer zu anderen Tätigkeiten heranzuziehen (Abs. 3).
Zu § 2:
Bei der wöchentlichen Arbeitszeit sind die Bestimmungen des Sozialversicherungs- und Mindestlohnrechts zu beachten. Daraus ergibt sich zum 01.10.2025, dass bei der Geringfügigkeitsgrenze von 556 Euro und dem Mindestlohn von 12,82 Euro maximal 43,33 Stunden pro Monat vereinbart werden dürfen. Das Vertragsmuster basiert darauf, die zulässige Arbeitszeit für geringfügig Beschäftigte maximal auszunutzen.
Die Vereinbarung der Überschreitung der vereinbarten Arbeitszeit bezieht sich auf unvorhergesehenen zusätzlichen Mehrbedarf; dabei darf die Geringfügigkeitsgrenze in maximal zwei Monaten des Jahres bis zum doppelten Wert überschritten werden (1.112 Euro statt 556 Euro).
Die Verteilung der Arbeitszeit sollte nur rahmenmäßig geregelt werden. Aufgrund des Nachweisgesetzes muss der Arbeitgeber aber die grundsätzliche Verteilung der Arbeitszeit angeben und sollte entsprechende Unterlagen zur betrieblichen Arbeitszeitregelung bereithalten.
Zu § 3:
Mit dem gesamten Arbeitsentgelt (monatliches Entgelt und Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) darf die Geringfügigkeitsgrenze regelmäßig nicht überschritten werden (Abs. 1). Bei der Festlegung des Stundenlohns sollten zudem folgende zwei Dinge im Auge behalten werden:
  • 1. Teilzeitkräfte (auch Geringverdiener) dürfen nach § 4 Abs. 1 TzBfG nicht schlechter behandelt werden als Vollzeitbeschäftigte. Arbeitgeber müssen also einem geringfügig Beschäftigten ein Entgelt zahlen, das dem anteiligen Entgelt eines Vollzeit-Beschäftigten entspricht.
  • 2. Ist ein Unternehmen tarifgebunden und der Arbeitnehmer Mitglied der Gewerkschaft, ist der Tariflohn verbindlich. Zahlt der Arbeitgeber (selbst mit Einverständnis des Arbeitnehmers) einen geringeren Stundenlohn, haftet er nach Feststellung des Sachverhalts (etwa im Rahmen einer Betriebsprüfung) bis zu fünf Jahre rückwirkend für zu wenig gezahlte Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge („Phantomlohn“). Dies gilt entsprechend, wenn ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wurde oder ein branchenspezifischer Mindestlohn oberhalb des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns besteht.
Zu § 4:
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf mindestens 24 Tage Urlaub (vier Wochen) im Jahr (auf Basis Sechstagewoche Montag bis Samstag). Soweit darüber hinaus Urlaub gewährt wird, sollte dieser klar abgegrenzt werden:
  • 1. Bei flexiblem Einsatz des Beschäftigten an allen Werktagen empfiehlt sich eine (rein rechnerisch) Verteilung der Vertragsarbeitszeit auf die Tage Montag bis Samstag (bei Arbeit nur an Tagen Montag bis Freitag ggf. rechnerische Fünftagewoche mit entsprechender Anpassung der Zahl der Urlaubstage auf 20 statt 24 Tage).
  • 2. Bei fest verteilter Arbeitszeit (z. B. zwei Tage pro Woche an festen Arbeitstagen) sollte der Urlaubsanspruch so umgerechnet werden (2/6 des Anspruchs, bei zwei Arbeitstagen/Woche also noch acht Tage), dass das feste Arbeitszeitmodell abgebildet wird. Urlaub ist dann nur an den planmäßigen Arbeitstagen zu gewähren, nicht aber an Tagen, die nach dem Arbeitszeitmodell ohnehin frei sind.

AUSGABE: PP 2/2025, S. 7 · ID: 50274161

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