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GeschenkeDarf ich meinen angestellten Therapeuten verbieten, Geschenke von Patienten anzunehmen?
| Frage: „Unsere Therapeuten haben zu vielen Patienten ein gutes, fast freundschaftliches Verhältnis. Dies führt in Einzelfällen dazu, dass Patienten „ihrem“ Therapeuten nicht nur z. B einen Blumenstrauß zum Geburtstag schenken, sondern ihnen auch größere oder teure Geschenke (z. B. Goldbarren, Bargeld) zukommen lassen. Wie muss ich mich als Arbeitgeber in solchen Fällen verhalten? Muss ich die Annahme des Geschenkes untersagen? Ab wann sind Geschenke unverhältnismäßig? Was ist, wenn ein Therapeut sich unglaublich zuvorkommend gegenüber seinen Patienten verhält, der Patient dankbar und beeinflussbar, weil einsam, ist – und ich die Vermutung habe, dass das Verhalten des Therapeuten dem Erschleichen von Geschenken gleichkommt? Ist ein derartiges Verhalten strafbar? Kann oder muss ich als Praxisinhaber eine Warnung aussprechen – an den Patienten und den Therapeuten?“ |
Antwort: In den meisten Fällen will der Patient mit seinem Geschenk seine Dankbarkeit und Wertschätzung gegenüber dem ihn behandelnden Therapeuten ausdrücken. Dies ist unproblematisch, solange es sich um Geschenke von geringem materiellen Wert handelt.
Seit Jahresbeginn 2024 gilt die 50-Euro-Grenze
Was von geringem materiellen Wert ist, das beurteilt jeder nach anderen Kriterien, auch in Abhängigkeit von den ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln. Deshalb orientiert man sich bei der Beurteilung, ob eine Sache einen geringen materiellen Wert hat, an deren objektiven Preis und an steuerlichen Regelungen, z. B zur Absetzbarkeit von Geschenken an Geschäftsfreunde oder zur Versteuerung eines Geschenkes vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer als Arbeitslohn. Seit Jahresbeginn 2024 gelten Geschenke mit einem objektiven Preis bis zu 50 Euro als Geschenke von geringem materiellen Wert, die keine Steuerpflicht auslösen (bis zur Neuregelung durch das Wachstumschancengesetz lag die Grenze bei 35 Euro; PP 05/2024, Seite 5 ff.). D. h.: Schenkt ein Patient seinem Therapeuten einen Gegenstand im Wert von bis zu 50 Euro, gilt dies als Geschenk von geringem materiellen Wert. Das gilt unabhängig davon, ob das Geschenk zu einem bestimmten Anlass (Geburtstag, Weihnachten) oder zum Ende der Behandlung überreicht wird.
Erschleichen von Geschenken kann strafbar sein
Das Erschleichen von Geschenken ist unzulässig und kann im Einzelfall auch strafbar sein, wenn dem Täter betrügerisches Verhalten nachgewiesen werden kann. Ob ein derartiges Verhalten vorliegt, wenn ein Therapeut zu einem Patienten „nur“ besonders freundlich ist, können Sie als Arbeitgeber vermutlich nicht einschätzen. Einem Erschleichen von Geschenken können Sie aber vorbeugen, wenn Sie klare Anweisungen erlassen, ob und bis zu welchem Wert Geschenke überhaupt angenommen werden dürfen und dass Ihnen jedes Geschenk gemeldet werden muss.
Nutzen Sie Ihr Direktionsrecht als Arbeitgeber!
Weisen Sie als Arbeitgeber Ihre angestellten Therapeuten schriftlich (am besten mit Gegenzeichnung an), dass Ihnen grundsätzlich alle Geschenke von Patienten an Therapeuten zu melden sind – auch dann, wenn sie zu einem bestimmten Anlass (z. B. Weihnachten) erfolgen. Zusätzlich können Sie als Arbeitgeber Rahmen Ihres Direktionsrechts für alle Ihre Arbeitnehmer die Weisung herausgeben, dass Geschenke von Patienten
Merke | Ihr Direktionsrecht bezieht sich nur auf das Arbeitsverhältnis. Sie können also nicht verhindern, dass der Patient dem Therapeuten privat (außerhalb der Praxis und außerhalb der Arbeitszeit) Geschenke macht. |
- nur angenommen werden dürfen, die einen geringen materiellen Wert bis maximal 50 Euro haben oderGeben Sie Ihren Beschäftigten klare Spielregeln vor!
- nur bis zu einem Wert von z. B. 20 Euro angenommen werden dürfen oder
- überhaupt nicht angenommen werden dürfen – es sei denn, es handelt sich um Verzehrbares, das dann dem gesamten Team zur Verfügung gestellt werden muss (z. B. ein Kuchen, Obst aus dem eigenen Garten etc.).
Was tun bei unverhältnismäßigen Geschenken?
Unverhältnismäßig sind Geschenke, die die o. g. 50-Euro-Grenze überschreiten. Dies müssen Sie als Arbeitgeber Ihren Mitarbeitern verdeutlichen und ausdrücklich die Anweisung erteilen, dass die Annahme solcher Geschenke unzulässig und das Geschenk daher abzulehnen oder ein bereits angenommenes Geschenk zurückzugeben ist. Verstößt ein Mitarbeiter gegen diese ausdrückliche Weisung, verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten und Sie als Arbeitgeber sind zur Abmahnung berechtigt. Haben Sie bisher keine entsprechende Weisung im Rahmen Ihres Direktionsrechts erteilt, kennen Ihre Mitarbeiter insoweit ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht und Sie haben keinerlei Sanktionsmöglichkeit.
Überlassen Sie die Rückgabe des Geschenks nicht Ihrem Mitarbeiter! Praxistipp | Sollte es trotz Ihrer Anweisungen vorkommen, dass ein Geschenk angenommen wird, das eigentlich hätte abgelehnt werden müssen, dann geben Sie als Praxisinhaber dem Patienten das Geschenk mit einer Erläuterung der Gründe zurück – und überlassen diese Aufgabe nicht Ihrem Mitarbeiter. |
Informieren Sie auch Ihre Patienten!
Wenn Sie nicht möchten, dass Patienten den Therapeuten kleine Geschenke machen, dann müssen Sie das auch den Patienten mitteilen (per Aushang, Praxisbroschüre oder ihre Hausordnung, vgl. PP 03/2024, Seite 8 f.). Bei einigen Patienten wird dies auf Verständnis stoßen, bei anderen überhaupt nicht. Der bessere Weg könnte daher sein, dass Sie kein absolutes Annahmeverbot aussprechen, sondern Geschenke von geringem materiellen Wert zulassen.
AUSGABE: PP 6/2024, S. 11 · ID: 50035378