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ArbeitsrechtSo sprechen Sie eine Kündigung richtig aus

Abo-Inhalt04.04.2024467 Min. LesedauerVon RAin Heike Mareck, Externe Datenschutzbeauftragte, Dortmund

| Wie muss eine rechtswirksame Kündigung eigentlich aussehen? Gibt es Anforderungen an die Form und den Inhalt, die zwingend sind? Was passiert, wenn der Arbeitnehmer oder ein Familienangehöriger einfach den Zugang des Kündigungsschreibens verweigert? Und kann der Arbeitgeber auch per WhatsApp kündigen? Diese Fragen werden hier beantwortet. |

Die Schriftform

Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gilt die Schriftform nach § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der Zugang der Kündigung ist, wie für alle empfangsbedürftigen Willenserklärungen, in § 130 BGB geregelt. Arbeitgeber sollen nach § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) III Arbeitnehmer mit der Kündigung auf ihre Pflichten nach § 38 Abs. 1 SGB III hinsichtlich der Arbeitslosmeldung hinweisen.

Musterformulierung / Hinweis auf die Pflichten nach dem SGB III

„Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie nach § 38 Abs. 1 S. 1 SGB III verpflichtet sind, sich spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Des Weiteren weisen wir Sie auf die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung hin. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunkts und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts zu melden. Andernfalls können Ihnen Nachteile beim Arbeitslosengeldbezug entstehen.“

Anforderungen an ein wirksames Kündigungsschreiben

Der Kündigungsgrund muss grundsätzlich nicht in der Kündigungserklärung angegeben werden. In der Praxis ist es auch nicht ratsam, hierzu Angaben zu machen. Der Arbeitnehmer hat jedoch auf Verlangen einen Anspruch auf nachträgliche Mitteilung der Kündigungsgründe (§ 1 Abs. 3 S. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bzw. aus einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Nebenpflicht und für die außerordentliche Kündigung aus § 626 Abs. 2 S. 3 BGB).

Praxistipp | In besonderen gesetzlichen Vorschriften, im Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung kann jedoch festgelegt sein, dass bei einer Kündigung der Kündigungsgrund angegeben werden muss. Solche Sonderregelungen sind enthalten in § 17 Abs. 2 S. 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) für die Kündigung einer Schwangeren oder jungen Mutter, in § 22 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz (BBiG) für die Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen, u. U. im Tarifvertrag und eher selten in einer Betriebsvereinbarung.

10 Fakten zu den Anforderungen an ein wirksames Kündigungsschreiben

  • Kündigungen, die nicht schriftlich erfolgen (sondern z. B. per E-Mail, Fax, E-Postbrief, SMS oder mündlich), sind unwirksam. Die elektronische Form ist nicht ausreichend. Das Schriftformerfordernis ist zwingend und kann nicht durch arbeitsvertragliche Regelung aufgehoben werden. Dies gilt auch für die vorzeitige Beendigung im Rahmen eines Aufhebungsvertrags (Turbo- oder Sprinterklausel).
  • Das Schriftformerfordernis ist nach § 126 Abs. 1 BGB nur gewahrt, wenn der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben eigenhändig unterzeichnet.
  • Nicht empfehlenswert ist es, dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben zum Lesen zu übergeben, ihn auf dem Original den Empfang quittieren zu lassen und ihm anschließend lediglich eine Kopie zu überlassen. Hier geht eine Kündigung in Schriftform nach § 623 BGB nämlich gerade nicht in den Machtbereich des Empfängers über, sondern nur die Kopie.
  • Durch einen Tarifvertrag, durch eine Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag kann festgelegt sein, dass eine Kündigung nur durch ein Einschreiben erfolgen kann.
  • Bei fehlender Schriftform kann der Arbeitnehmer die Kündigung auch nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist nach § 4 S. 1 KSchG gerichtlich angreifen.
  • Der Arbeitgeber muss aus dem Kündigungsschreiben deutlich werden. Beispiel: In einer Konzerngruppe erfolgt das Kündigungsschreiben auf dem Briefkopf der Schwestergesellschaft. Die Kündigung ist unwirksam, wenn nicht durch Auslegung erkennbar wird, welcher Arbeitgeber kündigt.
  • Die Angabe von Kündigungsgründen ist für die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung grundsätzlich nicht erforderlich. Teilt der Arbeitgeber die Gründe für die Kündigung nicht oder nicht ordnungsgemäß mit, kann der Arbeitnehmer im Wege des Schadenersatzes verlangen, so gestellt zu werden, als seien ihm die Gründe rechtzeitig mitgeteilt worden.
  • Ohne ordnungsgemäße Unterschrift auf dem Kündigungsschreiben kann die Kündigung unwirksam sein. Für die Wirksamkeit der Kündigung ist gemäß § 623 BGB die Schriftform erforderlich. Der oder die Kündigende bzw. ein Vertreter oder eine Vertreterin müssen eigenhändig unterschreiben, um die Schriftform zu wahren.
  • Wenn ein Vertreter unterzeichnet, ist die Vertretungsmacht in der Regel deutlich zu machen mit dem Kürzel „i. V.“ (in Vertretung), das Kürzel „i. A.“ (im Auftrag) ist rechtlich nicht ausreichend.
  • Das Datum auf dem Kündigungsschreiben als Datumsangabe ist für den Zugang irrelevant. Es bezeichnet lediglich den Tag, an dem die Kündigungserklärung aufgesetzt wurde.

Persönliche Übergabe versus Zustellung

Eine Kündigung wird erst zu dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Kündigungsempfänger zugegangen ist. Wird die Kündigung durch den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer persönlich übergeben, geht sie am Tag der Übergabe zu. Dies sollte stets unter Zeugen geschehen.

Problematischer ist die Ermittlung des Zugangs, wenn die Kündigung nicht persönlich übergeben, sondern mit der Post verschickt oder durch einen Boten übergeben wird. Bei einem sogenannten Zugang unter Abwesenden (vgl. § 130 BGB) wird die Kündigung grundsätzlich wirksam, wenn der Empfänger von ihr Kenntnis nimmt, also etwa seine Post öffnet und das Kündigungsschreiben liest. Der Zugang wird spätestens angenommen, wenn

  • die Kündigung in den „Machtbereich“ des Empfängers gelangt und
  • unter gewöhnlichen Umständen damit zu rechnen ist, dass der Empfänger sie zur Kenntnis nehmen konnte.

In der Vergangenheit wurde davon ausgegangen, dass der Einwurf eines Kündigungsschreibens in den Briefkasten ab 17:00 Uhr in der Regel eine Zustellung erst am Folgetag bewirkt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied diesbezüglich, dass ein solcher Richtwert in Zeiten von Homeoffice, Teilzeit etc. allein nicht zur Bestimmung des Zeitpunkts des Zugangs ausreiche. Vielmehr müsse dieser stets anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft werden (Urteil vom 22.08.2019, Az. 2 AZR 111/19).

Bei einem Einschreiben ist entscheidend, wann die Kündigung in den Machtbereich des Empfängers gerät und unter gewöhnlichen Umständen zur Kenntnis genommen wird. Beim Einwurfeinschreiben gilt daher zunächst nichts anderes als bei einer einfachen Postsendung. Hier besteht aber der große Vorteil, dass der Postmitarbeiter den Zeitpunkt des Einwurfs notiert.

Nimmt der Empfänger bei einem normalen Einschreiben (Standardeinschreiben) das Schreiben persönlich entgegen, ist der Zugang in diesem Moment erfolgt. Übergibt die Post das Schreiben einem anderen Bewohner der Wohnung (z. B. Ehepartner), kommt es wiederum auf den Zeitpunkt an, in dem unter gewöhnlichen Umständen mit der Weitergabe zu rechnen ist (meist am selben Tag abends). Trifft der Postbote niemanden an, wirft er nur eine Benachrichtigung in den Briefkasten. Damit ist das Kündigungsschreiben noch nicht in den Machtbereich gelangt und ein Zugang nicht möglich.

Praxistipp | Wie sieht es aus, wenn der Arbeitnehmer grundlos die Annahme des Kündigungsschreibens oder den Zugang verweigert? Nach § 162 BGB bzw. § 242 BGB muss er sich in diesem Fall so behandeln lassen, als sei ihm das Kündigungsschreiben zugegangen und der Arbeitgeber habe die Fristen gewahrt. Der Arbeitnehmer kann sich nach Treu und Glauben nicht auf den verspäteten Zugang der Kündigung berufen, wenn er die Zugangsverzögerung selbst zu vertreten hat. Dies gilt aber ausschließlich, wenn der Arbeitgeber alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, damit die Kündigung den Empfänger erreicht. Diese Voraussetzungen bejahte das BAG in einem Fall, in dem dem Arbeitgeber während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses die richtige Anschrift des Arbeitnehmers unbekannt war (Urteil vom 22.09.2005, Az. 2 AZR 366/04). Nachdem der Arbeitnehmer von der Kündigungsabsicht des Arbeitgebers erfahren hatte, gab er als Anschrift eine Wohnung an, aus der er schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgezogen war. Deshalb war die Zustellung des Kündigungsschreibens noch in der Probezeit erfolglos geblieben.

Selbst bei schweren Sorgfaltsverstößen könne der Adressat nach Treu und Glauben regelmäßig aber nur so behandelt werden, als habe ihn die Willenserklärung erreicht, wenn der Erklärende alles ihm Zumutbare getan habe, damit seine Erklärung zum Adressaten gelangen konnte (BAG-Urteil vom 01.10.2020, Az. 2 AZR 247/20). Ein wiederholter Zustellversuch sei nicht mehr sinnvoll und deshalb ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Empfänger die Annahme grundlos verweigere oder den Zugang arglistig vereitele (BGH-Urteil vom 26.11.1997, Az. VIII ZR 22/97). Dann greife statt einer bloßen Rechtzeitigkeits- eine Zugangsfiktion.

Kurz: Am sichersten ist es, die Kündigung dem Arbeitnehmer vor Zeugen persönlich zu übergeben. Kann der Arbeitgeber das Schreiben nicht selbst übergeben, sollte er diese Aufgabe einem Boten übertragen, etwa dem direkten Vorgesetzten des Arbeitnehmers. Der Bote sollte die Kündigung allerdings vorher gelesen haben und dabei sein, wenn sie in den Umschlag gelegt wird.

Merke | Kündigung per WhatsApp? Das Landesarbeitsgericht (LAG) München erklärte eine als Foto per WhatsApp-Messengerdienst verschickte Kündigung für unwirksam (Urteil vom 28.10.2021, Az. 3 Sa 362/21). Grund hierfür war die fehlende Schriftform der Kündigung (§ 126 Abs. 1 BGB). Dazu wies das Gericht darauf hin, dass es insbesondere an der erforderlichen Originalunterschrift fehle. Wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine WhatsApp-Nachricht mit einem Foto des Kündigungsschreibens schicke, gebe dieses lediglich die Ablichtung der Originalunterschrift des Arbeitgebers wieder. Da für die Kündigungserklärung aber die Schriftform erforderlich sei, werde sie erst in dem Moment wirksam, in dem sie dem Arbeitnehmer in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zugehe. Es reiche nicht aus, den Arbeitnehmer durch ein Foto über die Existenz einer Kündigung in Kenntnis zu setzen.

Die Kündigungsfristen im Einzelnen und Besonderen

Grundsätzlich können Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats kündigen, und zwar unabhängig davon, ob der 15. oder das Monatsende auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag fällt. Nach § 622 Abs. 5 BGB gilt, dass einzelvertraglich eine kürzere als die in § 622 Abs. 1 BGB genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden kann, wenn

  • ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
  • der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist von vier Wochen nicht unterschritten wird.

Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt (§ 23 KSchG). Besteht das Arbeitsverhältnis länger als zwei Jahre, verlängern sich auch die Kündigungsfristen des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer (§ 622 Abs. 2 BGB). Sie reichen von einem Monat – bei einem seit zwei Jahren bestehenden Arbeitsverhältnis – bis zu sieben Monaten – bei einem seit mindestens zwanzig Jahren bestehendem Arbeitsverhältnis.

Immer dabei zu beachten sind abweichende Kündigungsfristen im Arbeits- oder Tarifvertrag. Sowohl kürzere als auch längere Kündigungsfristen sind tarifvertraglich regelbar. Die einzelvertraglichen Regelungen im Arbeitsvertrag dürfen die gesetzlichen Kündigungsfristen – von gesetzlich normierten Ausnahmefällen abgesehen – nicht unterschreiten bzw. den Arbeitnehmer nicht benachteiligen. Es kann jedoch vereinbart werden, dass die für den Arbeitgeber geltenden längeren Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB gleichermaßen für eine Kündigung durch den Arbeitnehmer gelten sollen. Der Ausspruch von außerordentlichen Kündigungen ist regelmäßig nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der zur Kündigung berechtigenden Tatsachen möglich (§ 626 Abs. 2 BGB). Ausnahmen können gelten, wenn das für die Kündigung maßgebliche Fehlverhalten des Arbeitnehmers andauert, z. B. bei unentschuldigtem Fernbleiben der Arbeit, also ein sogenannter Dauertatbestand vorliegt.

AUSGABE: PP 4/2024, S. 12 · ID: 49970108

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