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SpanienVererben zu Lebzeiten – der Nachfolgepakt auf den Balearen

Abo-Inhalt28.08.2025188 Min. LesedauerVon Asesor Fiscal Dipl. Kfm. Willi Plattes und RA & Abogada inscrita Katharina Groth, Palma de Mallorca

| Der pacto sucesorio (Nachfolgepakt) stellt im Grunde einen Zwitter aus Erbschaft und Schenkung dar und ist grundsätzlich nur in Regionen mit eigener Rechtsordnung möglich, denn das spanische Zivilgesetzbuch von 1889 (Código Civil) verbietet diese Übertragungsform ausdrücklich. Die Regionen mit eigener Rechtsordnung, in welcher der Nachfolgepakt vorgesehen ist, sind das Baskenland, Katalonien, Galizien sowie die vier Balearen-Inseln: Mallorca, Ibiza, Formentera und – seit einer Gesetzesreform 2017 – auch Menorca. Aufgrund der zuweilen erheblichen regionalen Unterschiede legen wir den Fokus auf die Balearen. |

1. Vorgezogene Erbschaft zur Vermögensübertragung

Was ist ein pacto sucesorio? Es handelt sich um einen Vertrag zwischen zwei mündigen Bürgern, in dem einer dem anderen auf dem Weg einer vorgezogenen Erbschaft einen Teil seines Vermögens überträgt. Der Empfänger muss sich dafür zu einer Gegenleistung verpflichten. In den zwei mallorquinischen Modalitäten des Nachfolgepakts besteht diese Gegenleistung entweder in der Verpflichtung zur Annahme der Erbschaft oder im ausdrücklichen Verzicht auf den zustehenden Pflichtteil.

Der pacto sucesorio fristete steuerlich lange ein Schattendasein und wurde kaum beachtet. Für Aufmerksamkeit sorgte erst ein Urteil eines galizischen Höchstgerichts vom 9.2.16 – mit erheblicher steuerlicher Sprengkraft. Die Richter entschieden, dass der Nachfolgepakt steuerlich wie eine Erbschaft zu behandeln sei, obwohl der Anlass kein Sterbefall war, sondern eine Übertragung zu Lebzeiten. Das hat zwei zentrale Konsequenzen:

  • Zum einen galten die – je nach Region und Verwandtschaftsverhältnis – oftmals günstigeren Erbschaftsteuer- statt Schenkungsteuersätze (so auch auf den Balearen).
  • Zum anderen – und dies war der eigentliche steuerliche Durchbruch – entfiel bei einer Erbschaft die Besteuerung des Wertzuwachses des übertragenen Gutes im Rahmen der Einkommensteuer (IRPF), wie sie bei einer Schenkung üblich wäre. Der Staat verzichtet hier ausdrücklich auf die Besteuerung der stillen Reserven.

Beachten Sie | Diese steuerliche Gestaltungsmöglichkeit nutzten viele Familien auf den Balearen insbesondere für Immobilien mit hohem, bislang unversteuertem Wertzuwachs und übertrugen diese kurz vor dem Verkauf an Dritte, meist an die – notwendigerweise volljährigen – Kinder.

Diese Tür zum Steuersparen ist durch die Reform des Einkommensteuergesetzes vom Juli 2021 (Gesetz 11/2021) im Juli 2021 geschlossen worden: Seither bleibt der Wertzuwachs nur dann einkommensteuerfrei, wenn zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung der Übertragende bereits verstorben ist oder seit dem pacto sucesorio mindestens fünf Jahre vergangen sind. Diese Fünf-Jahres-Regel bedeutet, dass bei einem vorzeitigen Verkauf der Begünstigte die gesamte Wertsteigerung seit dem ursprünglichen Erwerb versteuern muss.

Mit der Reform durch das Gesetz 8/2022, in Kraft seit dem 17.1.23, wurde der pacto sucesorio auf den Balearen zivilrechtlich neu strukturiert: Die Voraussetzungen und Modalitäten wurden präzisiert, und der bisher erforderliche balearische Bürgerstatus des Übertragenden entfiel. Kurz danach gab es dann auch noch Neuerungen in der Erbschaftsteuer: Mit der Reform durch das Gesetz 4/2023, in Kraft seit dem 19.7.23, gilt neu die 100%ige Steuerbefreiung für Erben im ersten und zweiten Verwandtschaftsgrad (z. B. Eltern –Kinder, Großeltern –Enkel, Ehegatten), sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Für andere Verwandtschaftsgruppen und -grade wurden ebenfalls Ermäßigungen eingeführt. Trotz eventueller Steuerbefreiungen gilt der im pacto sucesorio erklärte Wert zugleich als Anschaffungswert für die Berechnung einer späteren Veräußerungsgewinnsteuer.

Der Nachfolgepakt hat jedoch noch weitere Vorteile:

  • Steuerlich „stirbt“ der Erblasser zweimal, d. h., speziell bei umfangreichen Erbschaften kann durch die Aufteilung auf zwei Erbschaftsvorgänge die Progression wesentlich gemindert werden.
  • Durch die Aufteilung des Vermögens kann auch die Vermögensteuerbelastung für eine Familie insgesamt gemindert werden (Nutzung von mehreren Freibeträgen, geringere Progression).
  • Unternehmer können zu Lebzeiten eine geordnete Übergabe ihrer Firma zu den steuerlichen Bedingungen vornehmen und begleiten. Das hilft auch, Rechtsstreitigkeiten unter Erben zu vermeiden.

2. Der Nachfolgepakt auf den Balearen

2.1 Mallorca

Auf Mallorca sind zwei Modalitäten des Nachfolgepaktes vorgesehen: die donación universal und die donación con definición. Wie bei allen Nachfolgepakten handelt es sich auch hier um unwiderrufliche notarielle Vereinbarungen zwischen geschäftsfähigen Parteien. Damit unterscheidet sich der Nachfolgepakt wesentlich von der Schenkung, die auch an Minderjährige erfolgen kann.

Im Fall der donación universal überträgt der Schenker Güter, und der Beschenkte erwirbt im Rahmen dieser Vereinbarung den Status eines vertragsmäßigen Erben. Das bedeutet einerseits, dass mit diesem Dokument jegliches vorher errichtete Testament ungültig wird, und andererseits, dass der Beschenkte beim Ableben des Schenkers die Erbschaft nicht ausschlagen kann. Dies ist insbesondere im Hinblick auf eine möglicherweise problematische oder belastete Erbmasse zu berücksichtigen.

Der Beschenkte muss geschäftsfähig sein. Da es sich um einen Vertrag mit Gegenleistung handelt, kann dieser nicht durch einen Vormund für einen Minderjährigen abgeschlossen werden. Andererseits muss der Beschenkte mit dem Schenker nicht verwandt sein. Ansässigkeit und Staatsangehörigkeit des Beschenkten haben keine Bedeutung.

Merke | Bis zur Gesetzesreform 8/2022 vom 11.11.22 über die freiwillige Erbfolge durch Vereinbarung oder Vertrag auf den Balearischen Inseln, welche am 17.1.23 in Kraft trat, musste der Schenker den balearischen Bürgerstatus (vecindad balear) haben, was die spanische Staatsbürgerschaft voraussetzte. Aufgrund der Gesetzesreform 8/2022 ist dies nun nicht mehr notwendig.

Im Rahmen einer donación universal können mehrere Erben beschenkt werden. Doch ist dieser Akt einmal durchgeführt, kann kein weiterer Nachfolgepakt abgeschlossen und können somit keine weiteren Erben bestellt werden. Auch kann danach kein weiteres Testament errichtet werden, sondern lediglich ein Vermächtnis.

Im Fall der donación con definición muss der Beschenkte ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling des Schenkers sein, da seine vertragliche Gegenleistung darin besteht, auf seinen Pflichtteil oder generell auf seine Nachfolgerechte oder aber auf beides zu verzichten.

Der balearische Bürgerstatus ist für den Beschenkten keine Voraussetzung. Der Pflichtteil wird nach Maßgabe des Vermögensstandes zum Zeitpunkt der Schenkung berechnet, spätere Änderungen des Vermögens werden in diesem Rechtsgeschäft nicht mehr berücksichtigt. Im Unterschied zur donación universal wird hier ein vorher gemachtes Testament nicht ungültig, jedoch die Erbenbestellung verändert.

2.2 Ibiza und Formentera

Auf Ibiza und Formentera (Pityusen) heißt der Nachfolgepakt pacto de institución. Hier bestehen ebenfalls zwei Modalitäten mit unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Die donación singular oder donación universal ermöglicht die Übertragung als Vermächtnis oder Erbe. Seit der Reform 8/2022 vom 17.1.23 ist für den Beschenkten ebenso wie für den Schenker kein besonderer Bürgerstatus (z.B. vecindad pitiusa oder vecindad balear) mehr erforderlich und die Parteien müssen hier auch nicht miteinander verwandt sein.
  • Die zweite Modalität, genannt finiquito de legitima, erfordert vom Schenker, ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling zu sein. Der pityusische Bürgerstatus ist nicht Voraussetzung.

2.3 Menorca

Nachdem die menorquinische Gesetzgebung den Nachfolgepakt bis 2017 ausschloss, ist dieses Rechtsinstrument nach einer Reform auch für die Bewohner von Menorca eine mögliche Übertragungsoption, allerdings nur in Form der donación con definición, die identisch geregelt ist wie auf Mallorca.

3. Problemstellungen für Ausländer

Seit der am 17.1.23 in Kraft getretenen Gesetzesreform 8/2022 ist nicht mehr die Staatsbürgerschaft der Schenker Voraussetzung, sondern ihre Ansässigkeit. Insofern ist es nun auch möglich, dass ein ausländischer Resident auf den Balearen einen Erbvertrag zugunsten einer der genannten Personen abschließt. Im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 wird für die Zulässigkeit des Erbvertrages auf das Recht des Ortes des gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages abgestellt.

Merke | Nicht alle steuerlichen Begünstigungen der Erbschaftsteuer lassen sich auch im Rahmen eines Nachfolgepakts nutzen. Insbesondere der Freibetrag von 95 % bei der Übertragung von Familienbetrieben greift hier nicht. Im Jahr 2020 wurde diese Begünstigung durch gleich drei verbindliche Auskünfte der Finanzverwaltung ausdrücklich ausgeschlossen. Begründung: Die Steuervergünstigung setzt den Tod des Übertragenden zwingend voraus – eine lebzeitige Übertragung im Rahmen eines Nachfolgepakts reicht dafür nicht aus.

Der Nachfolgepakt für Nichtresidenten wird von einigen Steuerbüros der Insel als Steuersparmodell angepriesen und auch umgesetzt. Aus unserer Sicht ist ein solcher Vorgang mit erheblichen Risiken behaftet. Zunächst gründet der pacto sucesorio ja darauf, dass der Betroffene das mallorquinische Erbrecht anwendet. Dazu muss er nach der neuen europäischen Erbrechtsverordnung zumindest Resident sein. Somit wird eine grundsätzliche Voraussetzung für die Anwendung des pacto sucesorio nicht erfüllt. Daher steht zu befürchten, dass es nur eine Frage der Zeit oder des Zufalls ist, wann oder ob die staatliche Steuerbehörde AEAT die eingereichten Erbschaftsteuererklärungen mit der balearischen Steuerbehörde abgleicht und die Nachversteuerung als Schenkung einfordert. Speziell bei Immobilien mit hohem Wertzuwachs zwischen Erwerb und Schenkung raten wir davon ab, dieses Risiko einzugehen, obwohl die Verjährungsfrist in Spanien mit vier Jahren relativ kurz ist.

Aus unserer Sicht wäre nur der Fall denkbar, in dem ein Nichtresident die steuerliche Behandlung einer Übertragung als Nachfolgepakt in Anspruch nehmen und ggf. erstreiten kann: wenn der Ansässigkeitsstaat eine äquivalente Übertragungsform kennt und diese in einer Weise angewendet wurde, die von der spanischen Behörde als gleichwertig anerkannt wird. Ein solches Rechtsinstrument wäre beispielsweise die in Deutschland mögliche Schenkung unter Pflichtteilsverzicht. Diese kann in einer Weise aufgesetzt werden, dass sie der mallorquinischen donación con definición entspricht.

Aus der Praxis hat sich jedoch ergeben, dass der nötige Pflichtteilsverzicht in den meisten Fällen nicht gewünscht ist. Ebenso ist der Kreis der Schenkungsempfänger auf direkte volljährige Nachkommen beschränkt. Dazu kommt eine weiterhin bestehende Rechtsunsicherheit bezüglich der Anerkennung dieses Übertragungsmodells unter Nichtresidenten.

AUSGABE: PIStB 9/2025, S. 249 · ID: 50439737

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