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VerrechnungspreiseKonzerninterne Darlehen nach § 1 Abs. 3d AStG – steuerliche Herausforderungen (Teil 2)
| Der zweite Teil dieser dreiteiligen Beitragsserie (Teil 1 s. PIStB 25, 160) beschäftigt sich mit dem Fremdvergleich dem Grunde nach i. S. d. § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG und damit mit der Frage, ob zivilrechtlich vereinbarte Darlehen auch für steuerliche Zwecke als Fremdkapital zu behandeln sind. Anhand von praxisnahen Beispielen wird die Funktionsweise sowohl des Schuldentragfähigkeitstests als auch des Bedarfs- und Verwendungstests erläutert. Darüber hinaus werden die Anforderungen der Finanzverwaltung an die Glaubhaftmachung sowie die Rechtsfolgen von § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG dargestellt. |
1. Fremdvergleich dem Grunde nach (§ 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG)
§ 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG nimmt den Abzug von (Zins-)Aufwendungen dem Grunde nach in den Blick. Danach sind Aufwendungen eines im Inland Steuerpflichtigen aus einer Finanzierungsbeziehung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe fremdunüblich und werden daher für steuerliche Zwecke korrigiert, wenn der Steuerpflichtige nicht glaubhaft machen kann, dass er
- a) den Kapitaldienst für die gesamte Laufzeit dieser Finanzierungsbeziehung von Anfang an hätte erbringen können (sog. Schuldentragfähigkeitstest) und
- b) die Finanzierung wirtschaftlich benötigt und für den Unternehmenszweck verwendet (sog. Bedarfs- und Verwendungstest).
Bislang war die Finanzverwaltung nachweispflichtig, dass die vom Steuerpflichtigen angesetzten Verrechnungspreise für Finanzierungsbeziehungen fremdunüblich sind (statt vieler Ditz/Engelen/Leucht, DStR 24, 1737 ff.). Durch die neue Regelung kommt es gegenüber der Rechtslage vor Einführung von § 1 Abs. 3d AStG zu einer Umkehr der Beweislast (ebenso Busch/Bühl, IStR 25, 311).
Der Wortlaut der Norm enthält mangels Definition einer multinationalen Unternehmensgruppe keine eindeutigen Hinweise, welche Finanzierungsbeziehungen von § 1 Abs. 3d AStG konkret erfasst werden. Der Gesetzgeber verweist in den Gesetzgebungsunterlagen hinsichtlich der multinationalen Unternehmensgruppe auf die in § 90 Abs. 3 S. 4 AO i. V. m. § 1 Abs. 2 AStG enthaltene Definition, wonach Finanzierungsbeziehungen eines inländischen Steuerpflichtigen ggü. im Ausland steuerlich ansässigen nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG erfasst werden (so auch Bericht des Finanzausschusses vom 16.11.23 zum Wachstumschancengesetz, BT-Drs. 20/9396, 26). § 1 Abs. 3d AStG bezieht sich daher auf Finanzierungsbeziehungen mit ausländischen nahestehenden Unternehmen oder auch Betriebsstätten als Gläubiger und einem inländischen Steuerpflichtigen als Schuldner.
Der Schuldentragfähigkeitstest sowie der Bedarfs- und Verwendungstest sind nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG kumulativ zu erfüllen (BMF 12.12.24, IV B 3 – S 1341/19/10017 :004, BStBl I 25, 207, Tz. 3.129).
Nach der Verwaltungsauffassung ist der Fremdvergleichsgrundsatz als solcher im In- und Outbond-Fall einheitlich anzuwenden (vgl. Rn. 3.3 VWG VP 2024). Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung die in § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG nominierte Regelung analog anwendet (ebenso Ditz/Engelen/ Leucht, IStR 25, 329 [330]; andeutend Busch/Bühl, IStR 25, 311 [312]).
1.1 Funktionsweise des Schuldentragfähigkeitstests
Der Schuldentragfähigkeitstest nach (§ 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 Buchst. a) AStG) enthält eine Reihe von Begriffen, die nicht gesondert legal definiert, für die Anwendung der Norm jedoch unerlässlich sind, wie insbesondere „Kapitaldienst“ und „erbringen können“. Neben den Gesetzgebungsunterlagen enthalten nunmehr auch die VWG VP 2024 in Rn. 3.124 und 3.125 aus Sicht der Rechtsanwender erfreuliche Klarstellungen zur Funktionsweise des Schuldentragfähigkeitstests (BMF 12.12.24, IV B 3 – S 1341/19/10017 :004, BStBl I 25, 207).
Sowohl der Gesetzgeber als auch die Finanzverwaltung stellen beim Kapitaldienst insbesondere auf „Zins- und Tilgungsleistungen“ ab. Ob diese von Anfang an erbracht werden können, ist anhand ausreichender Vermögenswerte (inklusive der mit dem überlassenen Kapital erworbenen Vermögenswerte) und erwarteter Zahlungsflüsse des Schuldners zu beurteilen. Der steuerpflichtige Schuldner sollte insoweit zur Glaubhaftmachung zukünftige Cashflow-Berechnungen unter Berücksichtigung von Verwertungsmöglichkeiten der Vermögenswerte vorhalten (s. Busch, DB 24, 2460 f.; Vögele, BB 25, 304 f.). Darüber hinaus soll anhand von Indikatoren wie dem Vorhandensein eines festen Rückzahlungstermins, der Verpflichtung und den Modalitäten zur Zahlung von Zinsen sowie dem Recht auf Durchsetzung der Kapital- und Zinszahlung geprüft werden, ob eine ernstlich gemeinte Kapitalüberlassung auf Zeit vorliegt. Ein weiteres gewichtiges Indiz für eine fremdübliche Kapitalüberlassung auf Zeit ist die Fähigkeit des Schuldners, bei einem unabhängigen Dritten dieselben finanziellen Mittel unter vergleichbaren Bedingungen aufzunehmen.
Anhand der nachfolgenden Beispiele soll konkretisiert werden, ob der Schuldentragfähigkeitstest basierend auf der Verwaltungsauffassung in den jeweiligen Beispielen erfüllt ist oder nicht.
Beispiel 1 |
B-GmbH kann Zins- und Tilgungleistungen nicht innerhalb der Laufzeit erbringen |
In Beispiel 1 kann die B-GmbH den Kapitaldienst des Darlehens grundsätzlich leisten, allerdings nicht innerhalb der zehnjährigen Darlehenslaufzeit. Nach der in Rn. 3.124 VWG VP 2024 vertretenen Verwaltungsauffassung steht die Notwendigkeit einer Anschlussfinanzierung zur vollständigen Tilgung des Darlehens der fremdüblichen Darlehensvergabe nicht entgegen. Insoweit sollte der Schuldentragfähigkeitstest grundsätzlich erfüllt sein.
Beispiel 2 |
Bei kurzfristiger Kapitalüberlassung ... |
Die Verwaltungsauffassung geht in Rn. 3.129 VWG VP 2024 davon aus, dass bei kurzfristigen Kapitalüberlassungen, insbesondere aus dem Cash Pool, regelmäßig von der Erbringung des Kapitaldienstes ausgegangen werden kann. Der Schuldentragfähigkeitstest sollte daher grundsätzlich erfüllbar sein.
Beispiel 3 |
Wie in Beispiel 1, allerdings handelt es sich bei der B-GmbH um ein sog. Start-up-Unternehmen, das in dessen Frühphase weder Zins- noch Tilgungsleistungen bezahlen kann. Die A-LuxCo. gibt daher ein risikobehaftetes endfälliges Darlehen an die B-GmbH, bei dem während der Darlehenslaufzeit weder Zins- noch Tilgungszahlungen zu leisten sind (sog. Payment-in-Kind- oder PIK-Darlehen). Die ausstehenden Zinsen erhöhen die Darlehensvaluta. |
Finanzierungen von Start-up-Unternehmen sind nach der in der Rn. 3.125 VWG VP 2024 vertretenen Verwaltungsauffassung – trotz erhöhter Kreditausfallrisiken – grundsätzlich marktüblich. Auch risikobehaftetere Finanzierungsformen wie PIK-Darlehen, die weder Zins- noch Tilgungsleistungen vorsehen, sind nach der in den Rn. 3.124 und 3.125 VWG VP 2024 vertretenen Verwaltungsauffassung nicht per se ausgeschlossen. Risikobehaftete Finanzierungsformen für risikobehaftete Unternehmen können – insbesondere aufgrund der Wachstumschancen von Start-up-Unternehmen – fremdüblich sein, sodass der Schuldentragfähigkeitstest auch bei PIK-Darlehen an Start-up-Unternehmen erfüllbar sein sollte.
Beispiel 4 |
Wie Beispiel 3, allerdings verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage der B-GmbH unerwartet während der Darlehenslaufzeit erheblich und die Zins- und Tilgungsleistungen können nicht mehr erbracht werden. |
Die Entwurfsversion der VWG VP 2024 enthielt in Rn. 3.129 noch die Anforderung, dass der Steuerpflichtige nicht nur aufzuzeigen hat, ob und wie der Kapitaldienst erbracht werden kann, sondern auch, „dass der Kapitaldienst wie vereinbart erbracht wird“. Die Anforderung des Schuldentragfähigkeitstests fortlaufend, also während der Darlehenslaufzeit, zu erfüllen, wurde nicht in die finale Rn. 3.129 VWG VP 2024 übernommen. Vielmehr wurde klargestellt, dass der Schuldentragfähigkeitstest ausschließlich im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu erfüllen ist. Insoweit sollte eine wirtschaftliche Verschlechterung der inländischen Darlehensschuldnerin B-GmbH während der Darlehenslaufzeit keinen Einfluss auf den Schuldentragfähigkeitstest haben.
1.2 Funktionsweise des Bedarfs- und Verwendungstests
Der Bedarfs- und Verwendungstest nach § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 Buchst. b) AStG enthält zwei Voraussetzungen:
- Die Finanzierung muss wirtschaftlich benötigt werden und
- die Verwendung des Fremdkapitals muss zusätzlich im Einklang mit dem Unternehmenszweck stehen.
1.2.1 Der Bedarfstest
Die Verwaltungsauffassung geht in Rn. 3.126 VWG VP 2024 davon aus, dass die Finanzierung „insbesondere“ dann wirtschaftlich benötigt wird, wenn die Finanzierung für den Betrieb oder zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit erforderlich ist. Als Beispiel nennt Rn. 3.126 VWG VP 2024 die Finanzierung von Betriebsmitteln oder Investitionen in Anlagen. Voraussetzung hierfür ist jedoch nach Auffassung des Gesetzgebers (s. Bericht des Finanzausschusses vom 16.11.23 zum Wachstumschancengesetz, BT-Drs. 20/9396, 26) und der Verwaltung, dass bei der zu finanzierenden Investition eine begründete Aussicht auf Rendite besteht, die die Finanzierungskosten deckt. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde ohne eine solche begründete Aussicht kein Fremdkapital am Markt aufnehmen. Rn. 3.126 VWG VP 2024 konkretisiert die Renditeaussicht und stellt klar, dass grundsätzlich von einer Nachsteuerbetrachtung auszugehen ist, es sei denn, in der Unternehmensgruppe wird die Analyse einheitlich auf Basis von Vorsteuergrößen vorgenommen.
Beispiel 5 |
Wie Beispiel 1, allerdings verwendet die B-GmbH das Darlehen nicht für ihren regulären Geschäftsbetrieb, der Produktion und dem Vertrieb von Gütern. Vielmehr kauft die B-GmbH damit Aktien ihres börsennotierten Konkurrenzunternehmens C-AG. Dessen Aktien sollen im Rahmen einer feindlichen Übernahme von dem weiteren Konkurrenzunternehmen D-AG übernommen werden. Die D-AG hat angekündigt, den Aktionären der C-AG zeitnah ein öffentliches Übernahmeangebot für den Erwerb der verbliebenen Aktien zu unterbreiten. |
Die Verwaltungsauffassung schließt die Finanzierung von außerordentlichen Geschäftstätigkeiten nicht aus. Vielmehr nennt Rn. 3.126 VWG VP 2024, dass die Finanzierung „insbesondere“ bei der gewöhnlichen Geschäftsaktivität wirtschaftlich benötigt sein sollte. Somit sollte die Finanzierung von Aktivitäten außerhalb des üblichen Betriebs bzw. der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit grundsätzlich möglich sein. Rn. 3.128 VWG VP 2024 erwähnt explizit die Akquisitionsfinanzierung. In diesen Fällen sollte die in Rn. 3.126 vorgesehene Voraussetzung einer begründeten Aussicht auf Rendite grundsätzlich gegeben sein. Fraglich ist jedoch, welche Anforderungen die Finanzverwaltung an die Dokumentation der Investitionsrechnung (Bedarfstest) stellt. Hierauf wird näher unter 2. eingegangen.
1.2.2 Der Verwendungstest
Sowohl der Gesetzgeber (s. BT-Drs. 20/9396, 26) als auch die Finanzverwaltung in Rn. 3.127 VWG VP 2024 führen zur Auslegung des Verwendungstests an, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bemüht sein wird, das Kapital für den Zweck des Unternehmens einzusetzen. Eine Anlage auf dem Tagesgeldkonto oder eine Einlage in einen unternehmensgruppeninternen Cash Pool soll nach Auffassung des Gesetzgebers jedoch nicht dazu dienen.
Beispiel 6 |
Teil des Darlehens wird als Liquiditätsreserve auf Tagesgeldkonto angelegt |
Rn. 3.127 VWG VP 2024 konkretisiert das Verständnis der Finanzverwaltung zu Anlagen auf dem Tagesgeldkonto oder Einlagen in einen unternehmensgruppeninternen Cash Pool. Demnach sollen solche Anlagen dann fremdüblich sein, wenn damit entweder eine höhere Rendite erwartet wird oder fremdübliche Liquiditätsreserven oder Kapitalpuffer vorgehalten werden. Der anteilige Darlehensbetrag i. H. v. 1 Mio. EUR könnte insoweit auch im Einklang mit dem Unternehmenszweck der B-GmbH stehen, wenn nachvollziehbar dargelegt wird, weshalb die Liquiditätsreserve fremdüblich ist. Es bleibt hingegen unklar, wie fremdübliche Liquiditätsreserven oder Kapitalpuffer zu ermitteln sind (s. auch Rasch, IWB 25, 94 ff.).
Beispiel 7 |
Finanzierung von Gewinnausschüttungen aus vorherigen Geschäftsjahren ... |
Nach Rn. 3.127 VWG VP 2024 widerspricht die Darlehensaufnahme für Zwecke der Gewinnausschüttung im Rahmen der unternehmensüblichen Ausschüttungspolitik der B-GmbH grundsätzlich nicht dem Unternehmenszweck. Insoweit sollte die Finanzierung der Gewinnausschüttung mit dem Unternehmenszweck vereinbar sein. Unklar ist jedoch, ob aufgrund des engen Wortlauts von Rn. 3.127 VWG VP 2024 auch die Finanzierung der Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 1 S. 3 KStG mit dem Unternehmenszweck vereinbar ist (s. Rasch, IWB 25, 94 ff.). Denklogisch kann hier jedoch aufgrund des Grundsatzes der Finanzierungsfreiheit kein anderer Maßstab zugrunde gelegt werden, sodass auch die Finanzierung der Einlagenrückgewähr grundsätzlich fremdüblich sein dürfte.
2. Glaubhaftmachung
§ 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG enthält keine Anforderungen an die Glaubhaftmachung und lässt darauf schließen, dass geringere Anforderungen vorausgesetzt werden als konkret zu erbringende Nachweispflichten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung in Rn. 3.129 VWG VP 2024 gehört zur Glaubhaftmachung des Schuldentragfähigkeitstests sowie des Bedarfs- und Verwendungstests, dass die konkreten Umstände substanziiert und in sich schlüssig dargelegt werden. Es genüge daher nach Verwaltungsauffassung die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Kriterien erfüllt werden. Als Beispiele werden Prognose- bzw. Investitionsrechnungen genannt, die auch Anschlussfinanzierungen einschließen können, sowie das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Finanzierungsbeziehung für die Zinssatzbestimmung verwendete Rating.
3. Korrektur
Die Rechtsfolge von § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG ist nach dessen Wortlaut, dass der aus der Finanzierungsbeziehung resultierende Aufwand für steuerliche Zwecke korrigiert wird, wenn der Steuerpflichtige die Erfüllung des Schuldentragfähigkeitstests und/oder Bedarfs- und Verwendungstests nicht glaubhaft machen kann. Die Verwaltungsauffassung stellt in Rn. 3.130 VWG VP 2024 klar, dass es sich bei dem Aufwand um eine verursachte Minderung der Einkünfte handeln muss. Steuersystematisch ergibt dies Sinn, denn die Finanzierungsaufwendungen sind im Rahmen der Einkünfteermittlung steuerlich zu würdigen. Die Finanzverwaltung versteht hierunter auch Folgekosten, wie z. B. Bereitstellungszinsen, Vorfälligkeitsentschädigungen und weitere Kreditnebenkosten (vgl. Rn. 3.130 VWG VP 2024).
Beachten Sie | Das Einkünfteermittlungsschema bei Körperschaften in R 7.1 Abs. 1 KStR 2022 gibt den Anwendungsvorrang anderer Regelungen zum Betriebsausgabenabzug vor. Danach erfolgt eine Korrektur nach § 1 AStG lediglich, wenn der (steuerbilanzielle) Aufwand nicht bereits nach § 4k EStG als nicht abziehbare Betriebsausgabe korrigiert wurde. Gegenüber der Zinsschranke (§ 4h EStG) ist aber die Korrektur nach § 1 AStG vorrangig anzuwenden.
Beispiel 8 |
Wie Beispiel 1, die B-GmbH fragte auch ein Darlehen bei ihrer Hausbank an. Diese teilte der B-GmbH jedoch schriftlich mit, dass sie ihr aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation lediglich ein Darlehen i. H. v. 8 Mio. EUR gewähren würde. Zwar geht die darlehensgewährende A-LuxCo. auch davon aus, dass die B-GmbH den zusätzlichen Darlehensbetrag i. H. v. 2 Mio. EUR nicht zurückzahlen kann, dennoch reicht sie ihr zum 1.1.24 einen Darlehensbetrag i. H. v. 10 Mio. EUR aus. Das erhöhte Kreditausfallrisiko wird in den Darlehenszinssatz i. H. v. 10 % p. a. eingepreist. |
Die B-GmbH kann anhand der Kreditzusage ihrer Hausbank i. H. v. 8 Mio. EUR den Schuldentragfähigkeitstest glaubhaft machen. Für den restlichen Darlehensbetrag von 2 Mio. EUR ist dies nicht möglich. Basierend auf dem Wortlaut von § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG könnte der aus dem Darlehen resultierende Finanzierungsaufwand i. H. v. 1 Mio. EUR (10 Mio. EUR × 10 % p. a.) auf Ebene der B-GmbH für steuerliche Zwecke in voller Höhe zu korrigieren sein. Die Finanzverwaltung vertritt in Rn. 3.130 VWG VP 2024 hingegen die für den Steuerpflichtigen günstigere und im Fremdvergleichsgrundsatz verankerte Auffassung, dass nicht sämtlicher resultierender Aufwand für Zwecke des § 1 Abs. 3d AStG zu korrigieren ist. Vielmehr soll die Korrektur nur dort greifen, wo die Finanzierungsbeziehung nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht und „soweit“ der Steuerpflichtige die Voraussetzungen nicht glaubhaft machen kann. Im Ergebnis sollte daher lediglich der fremdunübliche Finanzierungsaufwand i. H. v. 200 TEUR (2 Mio. EUR × 10 % p. a.) zu korrigieren sein.
Beachten Sie | In Beispiel 8 wurde das erhöhte Kreditausfallrisiko im Darlehenszinssatz berücksichtigt. Wäre die Transaktion allerdings von Anfang an fremdüblich durchgeführt worden – also mit einem Darlehensbetrag von 8 Mio. EUR –, hätte es dessen nicht bedurft und der Zinssatz wäre geringer ausgefallen. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass die Finanzverwaltung eine Korrektur in Bezug auf den Zinssatz vornehmen wird.
Es stellt sich die Frage, ob es darüber hinaus zu weiteren Korrekturen kommt. Wie bereits im ersten Teil (PIStB 25, 160) erläutert, sollte durch das ATAD-UmsG eine Korrekturvorschrift für Aufwendungen aus grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen innerhalb multinationaler Unternehmensgruppen eingeführt werden (sog. § 1a AStG-E). Nach der Auffassung des BMF im Referentenentwurf des ATAD-UmsG vom 10.12.19 sollte es sich in Höhe des fremdunüblich gewährten Darlehensbetrags „wirtschaftlich betrachtet um eine verdeckte Einlage und nicht um überlassenes Fremdkapital“ handeln. Denn der Steuerpflichtige könne die empfangene Finanzierung vom Anfang nicht bedienen.
Eine ähnliche Auffassung vertrat der BFH in seinem Urteil vom 21.11.88 (VIII R 62/85, BStBl II 89, 359) zur Passivierung von Einlöseverpflichtungen im Rahmen von sog. Gutmünzen (Wertgutscheine). Demnach dürfen Verpflichtungen nur in Höhe des Teilbetrags passiviert werden, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geleistet werden muss. Ähnlich äußerte sich auch der BFH jüngst in seiner Rechtsprechung zu § 1 AStG zum Fremdvergleich dem Grunde nach (vgl. u. a. BFH 27.2.19, I R 81/17, BStBl II 20, 443; s. Teil 1, PIStB 25, 160, 2.1 Buchst. a), stellt aber hohe Anforderungen an eine solche bilanzsteuerrechtliche Umqualifizierung (so auch Engelen/Wargowske, ISR 25, 117 ff.; Ditz/Engelen/Leucht, DStR 24, 1737 f.). Auch in anderen europäischen Steuerjurisdiktionen kam es zuletzt bei fremdunüblichen Darlehenskonditionen zu Umqualifizierungen von Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital (z. B. bei zinslosen Darlehen; vgl. Luxembourg Cour Administrative 17.4.25, No. 50602C).
Merke | § 1 Abs. 3d führt zu keinen weiteren – insbesondere bilanzsteuerrechtlichen – Korrekturen. Dennoch besteht u. a. aufgrund der o.g. BFH-Rechtsprechung das Risiko, dass (aus steuersystematischer Sicht) vor Anwendung des § 1 Abs. 3d AStG eine bilanzsteuerrechtliche Korrektur in Form einer Auflösung der fremdunüblichen Verbindlichkeit für steuerliche Zwecke droht, wenn es an einer ernstlich gemeinten Finanzierungsbeziehung mangelt. Aufgrund der vom BFH entwickelten Kriterien sollte eine solche bilanzsteuerrechtliche Umqualifizierung jedoch nur in Extremfällen Anwendung finden (s. hierzu auch Müller/Denninger/Reif, Rdf 23, 113 [115ff.]). |
- Der dritte Teil in der nächsten Ausgabe erläutert die Regelung in § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 2 AStG zur Konkretisierung des Fremdvergleichs der Höhe nach anhand von Praxisbeispielen.
Zu den Autoren | Dr. Jens Denninger ist Steuerberater und Counsel bei A&O Shearman sowie Lehrbeauftragter im Studiengang LL. M. Unternehmensteuerrecht an der Universität zu Köln. Dr. Stefan Greil ist u. a. Lehrbeauftragter für Internationale Besteuerung an der Universität Paderborn. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und spiegelt daher lediglich die persönliche Auffassung der beiden Autoren wider.
AUSGABE: PIStB 7/2025, S. 196 · ID: 50408512