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DBA-SchweizLeistungen eines Schweizer Arbeitgebers bei vorzeitiger Pensionierung sind steuerpflichtig

Abo-Inhalt28.05.20254 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg

| Leistungen eines Schweizer Arbeitgebers an einen aus wirtschaftlichen Gründen vorzeitig pensionierten, im Inland wohnenden Arbeitnehmer mit Lohnfortzahlung in der Freistellungsphase sind im Inland steuerpflichtiger Arbeitslohn. Das hat das FG Baden-Württemberg (26.9.24, 3 K 718/24) entschieden. |

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war bei einer Schweizer AG beschäftigt. Seine Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit wurden nach der sog. Grenzgängerregelung (Art. 15a DBA-Schweiz) im Inland besteuert. Als Arbeitnehmer war er sowohl bei der Schweizer Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) als auch in einer Pensionskasse versichert, die überobligatorische Leistungen gewährt.

Im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen kündigte der Arbeitgeber aus wirtschaftlichen Gründen das Arbeitsverhältnis vorzeitig, stellte den Arbeitnehmer zum 1.6. des Streitjahres frei und frühpensionierte ihn zum 30.11. nach Vollendung des 58. Lebensjahres. Hierbei zahlte der Arbeitgeber auch in die Pensionskasse eine Abgangsentschädigung sowie eine Extraentschädigung und besteuerte sie nach § 34 Abs. 1 EStG. Der Arbeitnehmer wandte sich nach erfolglosem Einspruch gegen die Besteuerung des in der Freistellungsphase bezogenen laufenden Arbeitslohnes, der unregelmäßigen Leistungen und der Abgangsentschädigung. Die Grenzgängereigenschaft sei in der Freistellungsphase entfallen. Er habe keinen Arbeitsort in der Schweiz gehabt. Ab diesem Zeitpunkt seien seine Bezüge im Tätigkeitsstaat (Schweiz) zu versteuern. Abgangsentschädigung und Extraentschädigung seien bereits kein Arbeitslohn im Sinne von § 19 EStG, da sie im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers zur Durchführung der Restrukturierungsmaßnahmen geleistet worden seien. Auch aus § 50d Abs. 12 EStG folge das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats.

Anmerkungen

Das FG Baden-Württemberg hat jetzt entschieden, dass Zahlungen eines Schweizer Arbeitgebers an einen aus wirtschaftlichen Gründen frühzeitig pensionierten, im Inland wohnenden Arbeitnehmer als steuerpflichtiger Arbeitslohn in Deutschland zu erfassen sind. Dies betrifft insbesondere die Lohnfortzahlung während der Freistellungsphase sowie eine Extra- und Abgangsentschädigung. Hierzu stellt das FG Baden-Württemberg fest:

  • Einem in Deutschland ansässigen Arbeitnehmer eines schweizerischen Arbeitgebers anlässlich seiner Frühpensionierung und seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis geleistete Entschädigungen des Arbeitgebers, die wegen ihrer Höhe auch von erheblichem eigenen Interesse des Arbeitnehmers sind, stellen im Jahr ihres Zuflusses Arbeitslohn (§ 19 EStG) dar, der nicht von der Besteuerung in Deutschland freizustellen ist; sie zählen zu den Einkünften aus unselbstständiger Arbeit i. S. d. Art. 15 bzw. Art. 15a DBA-Schweiz.
  • Immer dann, wenn der ehemalige Arbeitnehmer während seiner gesamten beruflichen Tätigkeit in der Schweiz und im Jahr der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Grenzgänger der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat unterlag, werden auch die Abfindungen vom Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats nach Art. 15a DBA-Schweiz erfasst. Dem Wortlaut der Legaldefinition des Grenzgängers in Art. 15a Abs. 2 DBA Schweiz ist eine Beschränkung auf (laufende) Einkünfte aus einer aktuell ausgeübten Arbeitnehmertätigkeit nicht zu entnehmen.
  • Der Arbeitslohncharakter der dem Arbeitnehmer bei seiner Frühpensionierung gewährten Extra- und Abgangsentschädigung kann nicht aufgrund des eigenbetrieblichen Zwecks des Arbeitgebers, nämlich der Restrukturierung und Verringerung der Mitarbeiterzahl, verneint werden. Diese Leistungen wurden nicht überwiegend im Interesse des Arbeitgebers gewährt, sondern auch im Interesse des Arbeitnehmers, da sie seine Pensionsbezüge erhöhen.
  • Bei zeitraumbezogenen Erfolgsvergütungen kommt es nicht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Zuflusses an, sondern auf die Verhältnisse der Zeiträume, für die sie gewährt werden. Da der Arbeitnehmer in diesen Zeiträumen Grenzgänger war, hat Deutschland das Besteuerungsrecht.

Relevanz für die Praxis

Das Besprechungsurteil ist ein weiterer Beleg dafür, dass bei Abfindungen ein enger Bezug zur aktiven Tätigkeit besteht mit der Folge, dass diese dann, wenn die Grenzgängereigenschaft während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses bestand, von Art. 15a DBA-Schweiz erfasst werden.

§ 50d Abs. 12 EStG (in der Fassung vom 20.12.16) dient dazu, den in der Rechtsprechung des BFH geforderten unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Zahlung von Abfindungen zu fingieren. Dies ist relevant für das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates gemäß Art. 15 Abs. 1 S. 2 DBA Schweiz, insbesondere im Fall von Abfindungen, die bei der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden. In Fällen, in denen das Besteuerungsrecht für die Tätigkeit jedoch nach dem Abkommen bereits aus anderen Gründen nicht dem Tätigkeitsstaat, sondern dem Ansässigkeitsstaat zusteht, führt die Fiktion eines Zusammenhangs zwischen Abfindung und früherer Tätigkeit dazu, dass es in diesen Fällen bei einem Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates verbleibt.

Weiterführende Hinweise
  • Zur steuerlichen Einordnung von Beiträgen an eine öffentlich-rechtliche Schweizer Pensionskasse s. PIStB 22, 156
  • Zur steuerlichen Behandlung von Leistungen einer privatrechtlichen Schweizer Pensionskasse s. PIStB 16, 149

AUSGABE: PIStB 6/2025, S. 148 · ID: 50406528

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