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Gewerbliche AbfärbungAusgliederung von Tätigkeiten außerhalb der Praxisräume auf eine Personengesellschaft

Abo-Inhalt20.02.20256 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Volker Kreft, VRiFG, Bielefeld

| Ein Dauerbrenner in der Beratung von Ärzten und ärztlichen Gemeinschaften ist die Vermeidung der Umqualifizierung freiberuflicher Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb (Abfärbung). Nicht selten greift die Beratungspraxis dabei auf Ausgliederungsmodelle zurück, sofern Freiberuflergesellschaften auch Tätigkeiten ausüben, für die eine potenzielle Gefahr für die Einstufung als gewerbliche Tätigkeit besteht. Ein Urteil des FG Köln (24.4.24, 3 K 910/23; rkr) gibt Anschauungsunterricht, wo solche Gefahren lauern und wie ihnen begegnet werden kann. |

1. Sachverhalt

Im Streitfall betrieb eine GbR auf Wunsch des örtlichen Gesundheitsamts außerhalb der Praxisräume ein Corona-Testzentrum als Tochter-Personengesellschaft. Gesellschafter der GbR waren zum einen eine weitere GbR (Obergesellschaft) mit zwei Allgemeinmedizinern als Oberpersonengesellschafter sowie zum anderen eine Fachärztin für Laboratoriumsmedizin. Das Abstrichzentrum war zulassungsrechtlich eine Zweigstelle der Praxen der Beteiligten. Getestet wurden Patienten der Praxen und Nicht-Patienten. Die Testungen erfolgten nahezu ausschließlich durch die drei Ärzte. Lediglich der Sohn (Medizinstudent) einer der Beteiligten führte gelegentlich unter Aufsicht Tests durch, jedoch zu keinem Zeitpunkt Testungen selbstständig.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Klägerin (GbR) gehe einer gewerblichen Tätigkeit nach und erließ entsprechende Änderungsbescheide, in denen es die Einkünfte der Klägerin insgesamt als gewerblich feststellte. Zudem ergingen Gewerbesteuermessbescheide. Das FA ging davon aus, dass die Testungen nicht in den originären Praxisräumen der Ärzte stattfanden und die Tätigkeit somit nicht als Teil der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit angesehen werden könne.

Als weiteres Indiz führte das FA die Ausgründung dieser Tätigkeit auf eine gesonderte Gesellschaft an. Zudem sei für die Durchführung der Tests keine ärztliche Qualifikation erforderlich, was jedoch ein wesentliches Kriterium für freiberufliche Einkünfte sei. Auch medizinische Laien könnten die Tests durchführen. Unerheblich sei es deswegen auch, dass die Gesellschafter selbst alle die Kriterien des freien Berufs erfüllen, da es auf die Tätigkeit der Klägerin ankomme. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos.

2. Entscheidungsgründe

Das FG Köln vermochte sich der Argumentation des FA jedoch nicht anzuschließen und gab der Klage statt. Das FG ging davon aus, dass es bei der Frage der Einkünftequalifizierung auf den Ort der Leistungserbringung und die Rechtsform des Testzentrums nicht ankomme.

Bei einer Personengesellschaft könne nicht diese selbst die Qualifikation des freien Berufs erfüllen. Vielmehr müsse dies in Person der Gesellschafter erfüllt sein. Dies sei hier der Fall und die Durchführung der Corona-Tests stelle eine berufstypische Tätigkeit eines Arztes dar. Dem stehe nicht entgegen, dass die Testungen von Laien hätten durchgeführt werden können. In diesem Zusammenhang wies das FG darauf hin, dass Ärzte typischerweise auch Tätigkeit wie z. B. das Messen des Blutdrucks durchführen, die trotz der Einfachheit als berufstypisch gelten und keine besondere Qualifikation erfordern.

Auch das Durchführen von Corona-Tests in Gestalt einer diagnostischen Vorfeldmaßnahme zur Feststellung einer Erkrankung zähle letztlich zum Bereich der Heilbehandlung. Der Umstand der gesonderten Gesellschaftsgründung spielt nach Ansicht des FG für die Einkünftezuordnung keine Rolle. Schließlich wies das FG darauf hin, dass es für die Freiberuflichkeit unschädlich sei, wenn eine berufsfremde Person – wie etwa der Sohn eines Arztes – unter Mitwirkung und Aufsicht eines ärztlichen Gesellschafters, der insoweit leitend und eigenverantwortlich tätig sei, eine Testung vornehme.

3. Relevanz für die Praxis

Die steuerliche Relevanz der Problematik des Besprechungsfalls – die drohende Gewerbegefahr – liegt in der Rechtsfolge der Einstufung als gewerblich, der Gewerbesteuerpflicht. Die Gewerbesteuer ist zwar grundsätzlich auf die Einkommensteuer anrechenbar, häufig aber nicht in voller Höhe. Dadurch entstehen – ggf. vermeidbare – steuerliche Mehrbelastungen.

3.1 Freiberuflichkeit auch bei einfachen heilberuflichen Tätigkeiten

Zunächst aber hatte sich das FG mit der Frage zu befassen, ob der Freiberuflichkeit entgegensteht, wenn der freiberufliche Steuerpflichtige auch Tätigkeiten ausübt, die sogar ein Laie in gleicher Qualität ausführen kann. Aus der Entscheidung des FG ergeben sich zahlreiche weitergehende Folgen für die steuerliche Beratungs- und Gestaltungspraxis:

  • Die Frage, ob die Durchführung von Corona-Tests durch eine ärztliche GbR als gewerblich einzustufen ist, wenn sie im Rahmen einer gesonderten Gesellschaft und außerhalb der Praxisräume erfolgen, dürfte nach der Entscheidung des FG als geklärt anzusehen sein. Dafür spricht, dass das beklagte FA die zugelassene Revision nicht eingelegt hat.
  • Zudem kann hier auf eine bereits zuvor ergangene Rundverfügung der OFD Frankfurt am Main (26.10.21, S 2245 A-018-St 214) hingewiesen werden. Danach ist die Durchführung von Corona-Tests durch Ärzte nicht als gewerbliche Tätigkeit i. S. v. § 15 EStG einzuordnen. Dies soll unabhängig von der jeweiligen medizinischen Fachrichtung der Ärzte gelten. Führen dagegen Berufsfremde – etwa Apotheker- ein Testzentrum, bleibt es bei der Gewerblichkeit, denn solche können bereits mangels Katalogberuf keine freiberuflichen Einkünfte erzielen.

Das Urteil ist neben dem Testbetrieb auch auf weitere Hilfs- und Nebentätigkeiten von Ärztinnen und Ärzten, die in gesonderte Gesellschaften ausgegliedert werden, anwendbar. Eine vergleichbare Tätigkeit könnte hier z. B. auch die Blutabnahme sein. Folglich kommt es dabei also nicht auf die Qualität oder die Schwierigkeit an, sondern auf das heilberufliche Ziel (vgl. Peplowski, jurisPR-MedizinR 9/2024 Anm. 5).

3.2 Notwendigkeit der Mitarbeit von Obergesellschaftern

Über den Streitfall hinaus dürften auch die Ausführungen des FG zur Notwendigkeit der Mitarbeit von (Ober-)Personengesellschaftern an (Unter-)Personengesellschaften für die Gestaltungspraxis von Interesse sein. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine (Unter-)Personengesellschaft nur dann als freiberuflich anzuerkennen, wenn jeder (Ober-)Personengesellschafter aktiv freiberuflich in der (Unter-)Personengesellschaft tätig ist (BFH 4.8.20, VIII R 24/17, BStBl II 21, 81). Der erforderliche Grad der freiberuflichen Mitarbeit hat dabei großes Konfliktpotenzial (vgl. z. B. FG Neustadt 16.9.21, 4 K 1270/19, EFG 22, 490; Rev. BFH VIII R 4/22, betr. Gewerblichkeit einer zahnärztlichen PartG, bei der ein Zahnarzt nur zu 0,028 % zum Umsatzaufkommen beitrug). Im Besprechungsfall hatte das FG ausreichen lassen, dass der fragliche Oberpersonengesellschafter 5 bis 10 % der Testungen bzw. Abstriche durchgeführt hatte.

3.3. Einsatz von Hilfspersonen

Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zur Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers. Dies ergibt sich auch aus  18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG. Danach ist ein Angehöriger eines freien Berufes auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Voraussetzung ist, dass er aufgrund seiner Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Im Falle der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte kann selbst bei einer besonders intensiven leitenden Tätigkeit die Eigenverantwortlichkeit nur dann angenommen werden, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Eigenverantwortlichkeit erschöpft sich nicht darin, dass der Berufsträger nach außen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des einzelnen Auftrags trägt. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrags muss vielmehr ihm selbst und nicht den qualifizierten Mitarbeitern, den Hilfskräften, den technischen Hilfsmitteln oder dem Unternehmen als Ganzem zuzurechnen sein (vgl. BFH 21.3.95, XI R 85/93 [Laboratoriumsmedizin]). Unter diesem Aspekt gibt der Besprechungsfall Anlass, den Einsatz von berufsfremden Hilfspersonen in Arztpraxen im Blick zu behalten.

Diesbezüglich sollte beachtet werden, dass die Eigenverantwortlichkeit der Ärzte und Überwachung der Hilfspersonen (etwa medizinische Fachangestellte) jederzeit gewährleistet werden muss. Dies könnte insbesondere bei Durchführungen der Tätigkeiten der Hilfspersonen außerhalb der Praxisräume problematisch sein. Da insoweit eine Gefahr der Gewerbesteuerpflicht besteht, ist es ratsam, diese Tätigkeit, anders als im Streitfall, in eine Schwesterpersonengesellschaft – nicht jedoch eine Tochtergesellschaft wie im Streitfall – auszugliedern (Ausgliederungsmodell, vgl. Krumm in: Kirchhof/Seer, EStG, § 15 Rz. 150). Durch die Errichtung einer Schwestergesellschaft ist eine „Abfärbung“ gewerblicher Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 Alt. 2 EStG ausgeschlossen (Peplowski, jurisPR-MedizinR 9/2024 Anm. 5).

AUSGABE: PFB 3/2025, S. 70 · ID: 50282445

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