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UmsatzsteuerUmsatzsteuerbefreiung für Haarwurzeltransplantationen bei Haarausfall

Abo-Inhalt23.01.20252 Min. Lesedauer von StB Jürgen Derlath, Münster

| Ein therapeutischer Zweck im umsatzsteuerrechtlichen Sinne kann auch dann vorliegen, wenn eine Haarwurzeltransplantation nicht auf die Ursachen des Haarausfalls einwirkt, sondern lediglich ihre Folgen beseitigt. Bei hereditärer und vernarbender Alopezie besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein behandlungsbedürftiger Zustand vorliegt. Bei androgenetischer Alopezie ist eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung vorzulegen (BFH 25.9.24, XI R 17/21). |

1. Sachverhalt

Anlass war eine Betriebsprüfung bei einem Facharzt für Chirurgie. Konkret ging es darum, ob Haarwurzeltransplantationen bei verschiedenen Formen von Alopezie (Haarausfall) umsatzsteuerbefreit sind. Das FA vertrat die Ansicht, dass Haarwurzeltransplantationen nur dann umsatzsteuerfrei sind, wenn sie bei narbiger Alopezie durchgeführt werden, da diese als Krankheit im Sinne des Sozialgesetzbuches anerkannt sei. Andere Formen der Alopezie (z. B. androgenetische oder hereditäre Alopezie) seien kosmetischer Natur und daher steuerpflichtig. Das FG Düsseldorf (16.6.21, 5 K 2710/17) entschied, dass Haarwurzeltransplantationen bei androgenetischer und hereditärer Alopezie nicht umsatzsteuerfrei sind, da sie primär kosmetisch-ästhetischen Zwecken dienen und keine therapeutische Zielsetzung verfolgen. Sie behandeln weder die Ursachen noch heilen sie die Erkrankung.

2. Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des BFH hat das FG zu Unrecht entschieden, dass Haartransplantationen keinen therapeutischen Zweck hätten, weil dem ein zu enges Verständnis des therapeutischen Zwecks zugrunde liege. Ein therapeutischer Zweck kann auch dann vorliegen, wenn nicht auf die Ursachen einer Krankheit eingewirkt wird. Dann kommen auch ästhetische Behandlungen als steuerfreie Heilbehandlungen in Betracht, wenn die Leistungen dazu dienen, Personen zu behandeln oder zu heilen, bei denen aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines angeborenen körperlichen Mangels ein Eingriff ästhetischer Natur erforderlich ist. Für die Umsatzsteuerbefreiung sind aber immer die Umstände des Einzelfalls zu prüfen, weswegen das FG Düsseldorf hierfür noch erforderliche Feststellungen nachholen muss.

3. Relevanz für die Praxis

Unabhängig davon, ob eine Erkrankung einen behandlungswürdigen Zustand darstellt, der auch umsatzsteuerbefreit ist, ist die Frage des Nachweises der Behandlungswürdigkeit. Der BFH weist darauf hin, dass medizinisches Fachpersonal medizinische Feststellungen treffen kann, aber nicht näher substantiierte, pauschale Erklärungen des behandelnden Arztes im Grenzbereich von rekonstruktiven Heilbehandlungen und ästhetischen Behandlungen zu kosmetischen Zwecken nicht genügen. Vielmehr ist eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung vorzulegen.

AUSGABE: PFB 3/2025, S. 63 · ID: 50293767

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