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HonorarrechtProjekt wird gestoppt und der Auftraggeber entscheidet nichts: So wahren Sie Ihre Rechte
| Die Fälle häufen sich: Ein Projekt wird unterbrochen. Ihr Auftraggeber äußert sich trotz Anfragen nicht zum weiteren Vorgehen. Sie stehen vor der Frage: Was tun? Ist ein Festhalten am Vertrag überhaupt noch zumutbar oder ist die Geschäftsgrundlage, die bei Vertragsabschluss vorlag und Ihrer Personaldisposition zugrunde lag, zerstört? PBP klärt Sie darüber auf, was Sie in welchen Projektstadien tun sollten. |
Klare Ansage vom Auftraggeber anfordern
Bei allen Projektstadien sollten Sie zunächst formlos (aber in Textform) versuchen, eine klare Auskunft von Ihrem Auftraggeber zu erhalten. Aus dieser sollte hervorgehen, ob er beabsichtigt, das Projekt demnächst weiterzuführen, weiter abzuwarten oder das Projekt vorzeitig zu beenden. Rechtlich gesehen geht es darum, ob er seine Mitwirkungspflicht (z. B. gemäß § 642 BGB), die darin besteht eine Entscheidung zu treffen, erfüllen will oder nicht. Denn es ist Ihrem Planungsbüro nicht zumutbar, das für die vereinbarte Projektabwicklung eingeplante Personal vorzuhalten, wenn Sie damit nicht den erforderlichen Umsatz erwirtschaften können.
Die abzufragenden Themen und Inhalte Praxistipp | Schreiben Sie den Auftraggeber an und bitten Sie z. B. um konkrete Auskunft,
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Wird etwa mit verringertem Personaleinsatz und verlängerten Terminen weiter zu leisten sein, stellt sich sofort die Frage nach der geänderten Geschäfts-grundlage (§ 313 BGB) und einem vorzulegenden Nachtragsangebot, um hier kurzfristig eine vertragliche Anpassung zu erreichen.
Bauherr gibt keine verwendbare Antwort – was tun?
Bekommen Sie vom Auftraggeber in Textform keine verwendbare Antwort oder nur eine bewusst nebulöse Ansage, wird es ernst. Denn dann kommt er seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 642 BGB nicht nach. Und es beginnen die zu klärenden Rechtsfragen (= Anwalt einschalten). Denn hier wird die ursprüngliche Geschäftsgrundlage verlassen und es steht die rechtliche Prüfung an, ob für Sie ein Ausstieg aus dem Vertrag kalkulatorisch und rechtlich sinnvoll ist oder nicht.
Mögliche Vorgehensweisen zunächst intern abstimmen
Bevor die weitere rechtliche Vorgehensweise gestartet wird, sollten Sie zunächst bürointern rein kalkulatorisch prüfen, ob für Sie ein Festhalten am Auftrag unter den aktuellen Umständen wirtschaftlich sinnvoll ist. Genau dazu sind u. a. auch die o. g. Auskünfte des Auftraggebers erforderlich. Wenn Sie keine verwendbare Auskunft erhalten, wären wirtschaftlich verschiedene Alternativen zu kalkulieren.
Als nächster Schritt steht die Prüfung an, ob und inwieweit ein Festhalten am Vertrag aus rechtlichen Gründen zumutbar ist bzw. ob der Ausstieg wirtschaftlich und rechtlich machbar ist. Sind diese Fragen geklärt, kommen in den meisten Fällen zwei Alternativen in Frage.
Variante 1: Festhalten am Vertrag wirtschaftlich zumutbar
Ist es für Sie sinnvoll, am Vertrag festzuhalten, sind die kalkulatorischen, terminlichen und fachlichen Umstände, die bei einer Weiterführung relevant sind, in einem Nachtragsangebot vorzulegen.
Beispiel 1: Projekt soll jetzt in Bauabschnitten abgewickelt werden |
Die Determinanten eines Nachtrags-
angebots Erklärt der Auftraggeber, die Maßnahme nicht wie geplant in einem Zuge durchzuführen, sondern drei zeitlich versetzte Bauabschnitte abzuwickeln, ist eine Regelung vorzunehmen, die für diese drei eigenständigen und zeitlich versetzten Bauabschnitte eine angemessene Leistungs- und Vergütungsregelung enthält. Das können sein:
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Beispiel 2: Projekt soll eine Zeitlang stillgelegt werden |
Aktuell kommt es auch häufiger vor, dass ein Projekt für einen längeren Zeitraum (zwei bis drei Jahre) komplett stillgelegt wird. Dann ist es bei objektiver kalkulatorischer Würdigung so, dass die Geschäftsgrundlage nicht mehr besteht, was nach § 313 BGB zu einem entsprechenden Anspruch führt. Bei längerem Totalstopp sollten Sie zunächst den Auftraggeber anfragen, ob er selbst das von Ihnen vorgesehene Personal mit Arbeit versorgen kann – z. B. durch andere Aufträge an Sie. Denn der Auftraggeber muss die Möglichkeit haben, Kompensationsaufträge zu erteilen, um den eventuellen Schaden zu reduzieren. Bei Totalstopp müssen Sie aus den gleichen Gründen ebenfalls versuchen, anderweitig Umsatz zu generieren. Erst wenn das nicht gelingt, stellt sich die Frage eines Schadens für Ihr Büro. Die HOAI stellt weder für einen Totalstopp noch für verzögerte kleinteilige Vertragsabwicklungen eine verwendbare Regelung zur Verfügung. Um hier eine Anpassung der vertraglichen Vergütungsregelung zu ermöglichen, müssen Sie die bisherigen kalkulatorischen Grundlagen (= ursprünglich vertragliche Geschäftsgrundlage, zu der auch die terminliche Geschäftsgrundlage gehört) der neuen Situation kalkulatorisch gegenüberstellen und auf dieser Basis Ihren verzögerungsbedingten den zusätzlichen Aufwand ermitteln. |
Praxistipp | Nicht selten wird auf dem Verhandlungsweg eine einvernehmliche Lösung möglich sein. Dazu muss aber die o. g. Gegenüberstellung als Grundlage vorliegen. Das hat zur Folge, dass Sie sich auch den Fragen von Nachtragskalkulationen stellen müssen. |
Variante 2: Festhalten am Vertrag ist nicht zumutbar
Führt die bürointerne kalkulatorische Prüfung zu dem Schluss, dass ein Festhalten am Vertrag wirtschaftlich nicht zumutbar ist, und erklärt sich der Auftraggeber nicht bereit, eine aktuelle (= geänderte) Geschäftsgrundlage zu vereinbaren oder hält er Sie hin, wäre die Beendigung des Vertrags in Erwägung zu ziehen. Das geht aber – wie oben erwähnt – nicht ohne Rechtsberatung. Ihr rechtlicher Berater könnte zunächst prüfen, ob Fristsetzungen nach § 642 BGB erfolgen können. Folgende Vorgehensweise wäre denkbar:
Fazit | In jüngster Zeit sind es gerade die Planungsbüros, die Vertragsbeendigungen initiieren. Das gilt vor allem bei Projekten, bei denen die kalkulatorische Beurteilung ein „Schrecken ohne Ende“ mit erheblichen Verlusten prognostiziert. Die beste Alternative besteht jedoch darin, dass Sie den Auftraggeber mit all Ihrer Argumentationskraft davon überzeugen, dass auch er davon profitiert, wenn er Sie trotz gestörter Geschäftsgrundlage an seiner Seite hat. Dazu ist nicht nur das o. e. schnelle Nachtragsangebot erforderlich, sondern insbesondere auch die nachvollziehbare Kalkulation. Da sich hierbei viele Rechtsfragen ergeben, sollten Sie rechtzeitig rechtliche Beratung in Anspruch nehmen und die für die rechtliche Bewertung erforderlichen Sachverhalte sofort bereitstellen. |
- Einfordern der Mitwirkung des Auftraggebers an der weiteren Vertragsabwicklung (z. B. durch das Treffen erforderlicher Entscheidungen).Das sind die von Ihnen einzuleitenden rechtlichen Schritte und Maßnahmen
- Fristsetzung zu Entscheidung gemäß § 642 BGB, falls der Auftraggeber nicht mehr an der Vertragserfüllung mitwirkt.
- Prüfung, ob § 643 BGB anwendbar ist (= Androhen der Kündigung wegen fehlender Mitwirkung).
- Rechtliche Schritte nach fruchtlosem Fristablauf (z. B. Kündigung aus wichtigem Grund).
- Beitrag „Planungsstopp: So gehen Sie mit „angeordneten“ Leistungsunterbrechungen richtig um“, PBP 12/2022, Seite 8 → Abruf-Nr. 48725242
- Beitrag „Nachträgliche Gliederung in Bauabschnitte: So generieren Sie Nachträge zum Planungsvertrag“, PBP 12/2021, Seite 9 → Abruf-Nr. 47810936
AUSGABE: PBP 2/2024, S. 4 · ID: 49860525