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Lph 8Die Schlusszahlungseinrede des Bauherrn: Das sollten Objektüberwacher wissen

Abo-Inhalt12.01.2024277 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Felix Pause, München

| Für Bauherren sind Forderungen von Bauunternehmern, die erst nach der Schlussrechnung bzw. -zahlung eintreffen, sehr ärgerlich. Umso wichtiger ist für sie die Schlusszahlungseinrede gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B. Sind deren Voraussetzungen erfüllt, kann der Bauunternehmer nach der Schlusszahlung nämlich keine Forderungen mehr geltend machen. Lernen Sie deshalb die Voraussetzungen kennen, die für die Schlusszahlungseinrede erfüllt sein müssen, um den Bauherrn vor allem während der Objektüberwachung optimal beraten zu können. |

Die Voraussetzungen für die Schlusszahlungseinrede

Damit Ihr Auftraggeber den Joker „Schlusszahlungseinrede“ ziehen kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein.

1. Schlussrechnung

Die erste Voraussetzung für die Schlusszahlungseinrede des Bauherrn ist, dass der Bauunternehmer eine Schlussrechnung vorlegt. Besondere Anforderungen muss die Schlussrechnung nicht erfüllen, insbesondere muss sie nicht prüfbar sein.

Für die Schlusszahlungseinrede ist es auch ausreichend, wenn der Bauherr die Schlussrechnung nach § 14 Abs. 4 VOB/B aufgestellt hat bzw. hat aufstellen lassen. Dies kann der Bauherr tun, wenn der Bauunternehmer innerhalb einer vom Bauherrn gesetzten – angemessenen – Frist keine prüfbare Schlussrechnung erstellt und vorgelegt hatte.

2. Schlusszahlung

Weitere Voraussetzung für die Schlusszahlungseinrede ist, dass der Bauherr die Schlusszahlung geleistet hat. Alternativ kann der Bauherr auch eine schlusszahlungsgleiche Erklärung gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B abgeben. Dann muss er unter Hinweis auf bereits geleistete Zahlungen weitere Zahlungen schriftlich und endgültig ablehnen.

3. Hinweiserteilung

Darüber hinaus muss der Bauherr den Bauunternehmer schriftlich auf die Schlusszahlung und die Ausschlusswirkung hinweisen. Die Ausschlusswirkung bzw. die Voraussetzungen für den Eintritt der Ausschlusswirkung sind in § 16 Abs. 3 Nr. 2 bis Nr. 5 VOB/B geregelt.

Im Rahmen der Hinweispflichten des Bauherrn reicht es nicht aus, wenn er auf die Vorschriften des § 16 Abs. 3 Nr. 2 bis Nr. 5 VOB/B verweist. Vielmehr muss er den Inhalt dieser Vorschriften (sinngemäß) schriftlich wiedergeben. Das kann mit dem folgenden Musterschreiben geschehen:

Muster / Schlusszahlungshinweis nach § 16 Abs. 3 VOB/B

Sehr geehrte Damen und Herren,
am ... (Datum) habe ich die Schlusszahlung auf Ihre Schlussrechnung vom ... (Datum) geleistet.
Bitte beachten Sie, dass die vorbehaltlose Annahme dieser Schlusszahlung Nachforderungen Ihrerseits ausschließt. Dies gilt auch für früher gestellte, aber unerledigte Forderungen von Ihnen.
Sie haben die Möglichkeit, innerhalb von 28 Tagen nach Zugang dieses Schreibens einen Vorbehalt zu erklären (Vorbehaltsfrist). Sofern Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen sollten, müssen Sie innerhalb von weiteren 28 Tagen beginnend am Tag nach Ablauf der Vorbehaltsfrist eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen einreichen. Sollte Ihnen die Einreichung einer prüfbaren Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen nicht möglich sein, müssen Sie innerhalb der o. g. Frist den Vorbehalt eingehend begründen. Andernfalls sind etwaige Nachforderungen von Ihnen ausgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen

Wichtig | Der Hinweis über die Ausschlusswirkung darf erst nach der Schlusszahlung erfolgen. Es reicht also nicht, wenn dieser Hinweis zusammen mit dem Prüfergebnis der Schlussrechnung verschickt wird. Nur wenn Schlussrechnungsprüfung und Schlusszahlung gleichzeitig erfolgen, kann ein Hinweis z. B. auf dem Deckblatt der Schlussrechnungsprüfung genügen.

Der Hinweis muss außerdem prinzipiell das Schriftformerfordernis gemäß § 126 BGB einhalten. Er muss also schriftlich auf einem eigenhändig unterschriebenen Papierstück erteilt und dem Bauunternehmer nachweisbar übergeben werden. Hier bietet es sich an, das Schreiben per Einwurf/Einschreiben an den Bauunternehmer zu übersenden. Der Schriftform gleichgestellt sind die Textform und die elektronische Form (vgl. §§ 126a, 127 BGB). Es ist daher auch möglich, den Hinweis über die Ausschlusswirkung der Schlusszahlung per E-Mail an den Bauunternehmer zu versenden.

4. Vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung

Als viertes setzt die Schlusszahlungseinrede voraus, dass der Bauunternehmer die Schlusszahlung vorbehaltlos annimmt.

Gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 5 VOB/B kann der Bauunternehmer einen Vorbehalt gegen die Schlusszahlung erklären. Dieser Vorbehalt muss innerhalb von 28 Werktagen nach Zugang des Hinweises über die Ausschlusswirkung der Schlusszahlung vorgenommen werden. Unterlässt der Bauunternehmer einen Vorbehalt oder erhebt er diesen nicht fristgerecht, kann der Bauherr die Schlusszahlungseinrede geltend machen.

Inhaltlich stellt die Rechtsprechung keine größeren Vorgaben an eine Vorbehaltserklärung des Bauunternehmers. Es muss sich aus ihr lediglich ergeben, dass er weitergehende Vergütungsansprüche über die Schlusszahlung hinaus geltend machen will. Für den Bauherrn muss also klar sein, dass sich der Bauunternehmer mit der Schlusszahlung nicht zufrieden geben wird.

5. Begründung des Vorbehalts

Hat der Bauunternehmer innerhalb der 28-Tage-Frist einen Vorbehalt gegenüber dem Bauherrn ausgesprochen, muss er diesen Vorbehalt noch begründen. Dafür stehen ihm weitere 28 Tage ab dem Ablauf der ersten 28-Tage-Frist zur Verfügung.

Beispiel

Der Bauherr hat am 02.08.2023 die Schlusszahlung geleistet und den Bauunternehmer am 03.08.2023 über die Ausschlusswirkung der Schlusszahlung informiert. Der Bauunternehmer hatte nun bis zum 31.08.2023 Zeit, den Vorbehalt zu erklären. Die Begründung des Vorbehalts musste er bis zum 28.09.2023 dem Auftraggeber übermitteln.

Um den Vorbehalt zu begründen, muss der Bauunternehmer eine prüfbare Abrechnung vorlegen. Die sachliche Richtigkeit der Abrechnung ist keine Voraussetzung. Auch muss der Bauunternehmer zu etwaigen Gegenansprüchen des Bauherrn keine Stellung nehmen.

Kann der Bauunternehmer keine prüfbare Abrechnung vorlegen, muss er den Vorbehalt auf andere Weise eingehend begründen (§ 16 Abs. 3 Nr. 5 S. 2 VOB/B). Dies kommt in der Praxis allerdings nur sehr selten vor.

Das sind die Konsequenzen für die Praxis

Die Schlussrechnungseinrede ist für den Bauherrn sehr vorteilhaft und sollte daher von Ihnen, die Sie den Bauherrn beraten, stets bedacht werden.

Probleme kann es geben, wenn vertraglich von der VOB/B abgewichen wurde und die Privilegierung der VOB/B gemäß § 310 Abs. 1 BGB nicht (mehr) zur Anwendung kommt. Dann findet eine Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB statt. Dieser dürfte die Schlussrechnungseinrede nicht standhalten. Die Regelungen zur Schlussrechnungseinrede wären dann unwirksam.

Nicht von der Schlussrechnungseinrede erfasst ist außerdem die Richtigstellung der Schlussrechnung. Hat es bei der Schlussrechnung Aufmaß-, Rechen- und Übertragungsfehler gegeben und begehrt der Bauunternehmer deswegen eine Richtigstellung der Schlussrechnung, greift die Schlusszahlungseinrede nicht. Vielmehr kann der Bauunternehmer dann eine Richtigstellung der Schlussrechnung verlangen (§ 16 Abs. 3 Nr. 6 VOB/B).

Weiterführender Hinweis
  • Nutzen Sie den „Musterschreiben-Service von PBP zur VOB/B“. Im Downloadbereich stehen Ihnen nicht weniger als 50 Musterschreiben zur Verfügung. Recherchieren Sie auf www.iww.de/s10254

AUSGABE: PBP 2/2024, S. 19 · ID: 49860486

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