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Teil 3BZÄK veröffentlicht vier neue Stellungnahmen
| Ende Februar wurden vier neue Stellungnahmen der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) zu einzelnen Bereichen in der GOZ-Abrechnung veröffentlicht. In PA 04/2024, Seite 5 (Teil 1) haben wir über die Stellungnahme der BZÄK zu den endodontologischen Leistungen informiert. In Teil 2 der Serie haben wir die Stellungnahme zu den originären und analogen Leistungen in der Parodontitisbehandlung beleuchtet (PA 05/2024, Seite 2). In diesem dritten und letzten Teil geht es um die Stellungnahmen zur nichtchirurgischen subgingivalen Belagsentfernung sowie zu fachlichen und gebührenrechtlichen Problemen in Urteilsbegründungen. |
Nichtchirurgische subgingivale Belagsentfernung
Die BZÄK erläutert in dieser Stellungnahme (online unter iww.de/s10865) nochmals detailliert die Bedeutung des sogenannten Zielleistungsprinzips nach § 4 Abs. 2 GOZ. Des Weiteren erfolgt eine exakte Definition der unterschiedlichen klinischen Bereiche von sub- und supragingivalen Belägen:
- „Die Entfernung „supragingivaler“ Beläge erfolgt auf Zahnoberflächen, die nicht von gingivalem Gewebe bedeckt sind. Die Entfernung „gingivaler“ Beläge ist in differenzierender Auslegung zu verstehen als Entfernung von Belägen aus einem makroskopisch unveränderten Sulkus.
- Im Unterschied hierzu erfolgt die Entfernung „subgingivaler“ Beläge aus der pathologisch vertieften Zahnfleischtasche von Zahnoberflächen, die durch Tiefenproliferation des Saumepithels mit Verlust an bindegewebigem Attachment einer Instrumentierung zugänglich werden.“
Die Stellungnahme beleuchtet auch nochmals die Inhalte der Nr. 1040 GOZ und kommt zu dem Fazit, das in der Form bereits seit Längerem auch der Kommentierung zu der Leistungsziffer zu entnehmen ist, dass die Entfernung subgingivaler Beläge nicht von der Nr. 1040 GOZ erfasst ist. Letztendlich führen die Ausführungen – u. a. auch zur vorhandenen Rechtsprechung – zu dem Ergebnis, dass es sich bei der nicht chirurgischen subgingivalen Belagsentfernung um eine selbstständige zahnärztliche Leistung handelt, die nicht der Nr. 1040 GOZ unterfällt und neben dieser zusätzlich berechnungsfähig ist. Da es sich um eine regelungsbedürftige Lücke in der GOZ handelt, muss diese gemäß § 6 Abs. 1 GOZ geschlossen werden, indem eine Analogleistung berechnet wird. Dies bedeutet im Klartext, dass die BZÄK bei Entfernung sub- und supragingivaler Beläge eine Parallelberechnung der Nr. 1040 GOZ zzgl. einer Analogleistung vertritt.
Merke | Erfahrungsgemäß wurde in der Vergangenheit die Parallelberechnung immer wieder von privaten Kostenträgern gekürzt. Eine Alternative hierzu besteht in der Anpassung des Steigerungsfaktors bei der Nr. 1040 GOZ mit der entsprechenden Begründung, dass zusätzlich subgingivale Beläge entfernt wurden und hieraus ein erhöhter Zeitaufwand resultiert. |
Rechtsprechung – fachliche und gebührenrechtliche Probleme in Urteilsbegründungen
In dieser Stellungnahme (online unter iww.de/s10864) wird die existierende Rechtsprechung im zahnärztlichen Bereich intensiv unter die Lupe genommen. Kritisch beurteilt wird die Situation des Zustandekommens von gerichtlichen Entscheidungen ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen.
Die Richter werden zwar einerseits dahin gehend in Schutz genommen, dass von ihnen nicht erwartet werden kann, dass sie in allen Bereichen über die notwendige Sachkunde verfügen – dies betrifft selbstverständlich auch das sehr spezielle Gebiet des zahnärztlichen Gebührenrechts.
Andererseits ist es nach Ansicht der BZÄK gerade dann zwingend erforderlich, im Laufe eines Gerichtsverfahrens einen Sachverständigen hinzuzuziehen, wenn keine notwendigen Kenntnisse vorhanden sind.
Zu dieser Sichtweise existiert auch eine spannende und aussagekräftige Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13.01.2015 (Az. VI ZR 204/14): „Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Tatrichter, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten darf, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag. Dies ist in dem angefochtenen Urteil nicht ausreichend dargetan.“
Letztendlich kommt die BZÄK zu dem Fazit, dass die rechtlichen Konsequenzen solcher Entscheidungen ohne Sachverständigen tragische Auswirkungen auf die Auslegung des Gebührenrechts haben und es somit auch zu vielen Fehlentscheidungen kommt.
Weitere Urteile zum Thema „Sachverständige“
Diese Sichtweise hat der BGH erst vor Kurzem bestätigt (Urteil vom 25.10.2023; Az. VII ZR 17/23) und sich dabei u. a. auf o. g. Beschluss vom 13.01.2015 bezogen: „Wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, darf der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur dann verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde aufzuweisen vermag.“
Einen weiteren Hinweis gab der BGH mit seinem Beschluss vom 09.01.2018 (Az. VI ZR 106/17), in dem er auf eine weitere Besonderheit hinwies: Will der Tatrichter bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen, muss er den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen. Dies gilt auch, wenn der Tatrichter auf ein Sachverständigengutachten verzichten will, weil er es auf der Grundlage eigener Sachkunde für ungeeignet hält.
- Teil 2: BZÄK veröffentlicht Ende Februar vier neue Stellungnahmen (PA 05/2024, Seite 2)
- Teil 1: BZÄK veröffentlicht vier neue Stellungnahmen (PA 04/2024, Seite 5)
AUSGABE: PA 6/2024, S. 10 · ID: 49969568