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BetriebswirtschaftDie Preiskalkulation in der Zahntechnik
| Kalkulation und Kostenrechnung sind immer noch Stiefkinder im zahntechnischen Praxis- und Dentallabor. Hoher zeitlicher Aufwand und fehlende Informationsquellen erschweren zusätzlich die Arbeit in diesem Bereich. Das Wissen um die Kostenminute für die eigene, praxislaborspezifische Kalkulation gehört eigentlich zum elementaren Grundwissen. |
Vorgabelohn in der BEB
Im „Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnis“ (BEL II) sind Kosten und Positionszeiten an einem vorgegebenen Preis auszurichten. Hier heißt es: Kassenleistung zum Kassenpreis. Anders sieht es im Bereich der „Bundeseinheitlichen Benennungsliste“ (BEB) von 2004 oder der „BEB-Zahntechnik“ von 2009 aus. Hier kann der Preis auf Basis der Kosten und der Qualität der Arbeiten selbst kalkuliert werden. Für die BEB und BEB-Zahntechnik wurden vom VDZI zu den Erläuterungen der einzelnen Positionen auch Vorgabezeiten (Planzeiten), die durch Messungen ermittelt wurden, für die Leistungspositionen angegeben. Diese Zeiten können als kalkulationsrelevante Zeitangaben für die Privatpreisliste des Praxislabors angesehen werden, sind aber ggf. durch eigene Zeitmessungen noch zu optimieren. Aufgabe des Praxisinhabers mit Praxislabor ist es, über die Vorgabezeiten und die Kosten des Betriebs einen angemessenen Preis zu ermitteln. Schon seit dem Jahre 2001 lässt der VDZI die zahntechnischen Arbeitsprozesse nach REFA-Regeln analysieren, messen und statistisch verarbeiten, die den jeweiligen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen stetig angepasst werden.
Die Kalkulation
Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Preis festzulegen bzw. zu kalkulieren. Es besteht die Möglichkeit der Kalkulation durch Preisschätzung, frei nach dem Motto: Wenn andere das zu diesem Preis anbieten, können wir es auch. Preise zu schätzen, ist allerdings keine einwandfreie Kalkulation, weil hier die realen Kosten des Praxislabors nicht richtig erkannt werden und somit auch keine betriebsgenaue Bewertung erfahren. Es fehlt dem Zahnarzt jegliche Kalkulationsgrundlage, Enttäuschungen sind programmiert.
Die Übernahme von Kalkulationshilfen
Kalkulationshilfen können Preislisten eines anderen Praxislabors oder von gewerblichen Dentallaboren der Region sein. Die Übernahme fremder Preise führt allerdings immer wieder zu einer verfälschten Kalkulation für das eigene Praxislabor, da diese Preise nicht mit den realen, im Praxislabor erbrachten Zahlen überstimmen. Die Übernahme von Kalkulationshilfen ist nur in der Entwicklungsphase eines Praxislabors sinnvoll, wenn noch keine genauen Daten über die wirkliche Kostensituation vorliegen. Der sicherste Weg der Preisfindung ist die Kalkulation mit eigenen Labordaten und einer Kostenrechnung auf Grundlage der Buchführungsdaten und des Jahresabschlusses. Diese Analyse ermöglicht es dem Praxisinhaber, die für sein Praxislabor gültigen Kosten und Leistungen festzulegen. Die berechneten Laborkosten sind nach fachlichen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln. Nicht jeder kalkulierte Preis ist auch marktfähig.
Relevante Parameter für die Kalkulation
Der Kalkulationsprozess ist ohne Frage umfangreich und die Verwendung einer geeigneten Software (ggf. mithilfe des Steuerberaters) angeraten. Folgende Parameter sind z. B. zur Ermittlung realer Praxislaborpreise erforderlich:
- Kostenarten (Material-, Personal-, Raum-, kalkulatorische Kosten, Steuern)Parameter zur Ermittlung der angemessenen Laborpreise
- Zeitkalkulation (REFA, Arbeitszeitgliederung)
- Kalkulationsarten (Deckungsbeitragsrechnung)
- Kalkulation Privatpositionen (Berechnung Stunden- und Fertigungslohn, Zuschlagssätze, Selbstkosten, Wagnis- und Gewinnaufschlag)
- Kalkulationsbasis (Kosten- und Kalkulationsminute)
- Marktpreis (positiv/negativ)
Grundsätze der Preiskalkulation
Für die nach § 9 GOZ berechneten zahntechnischen Leistungen gibt es keine vorgeschriebenen Leistungsziffern oder Preise. Insbesondere besteht keine Bindung an das auf der Vereinbarung des Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemäß § 88 Abs. 1 SGB V vereinbarte BEL II. Dieses dient ausschließlich zur Abrechnung der zahntechnischen Leistungen im Bereich der GKV.
Dass die zu berechnenden Laborleistungen nach fachlichen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu kalkulieren sind, zeigen z. B. folgende Rechtsprechungen: Oberlandesgericht (OLG) Köln, Urteil vom 30.09.1998 (Az. 5 U 168/96) und Landgericht (LG) Darmstadt, Urteil vom 15.03.2021 (Az. 18 O 33/20). Ausgangspunkt in der Rechtsprechung des LG Darmstadt ist die Ermittlung der Herstellungs- bzw. Selbstkosten. Diese ermitteln sich stark vereinfacht aus der Summe von Arbeitszeit und Rüstzeit multipliziert mit dem Minutenkostensatz. Zu diesen reinen Herstellungskosten (Herstellungszeit x Kosten-Minutensatz) kommt noch ein angemessener Risiko- und Gewinnzuschlag. Erst der in diesem Sinne ermittelte Verkaufspreis ist der dem Zahnarzt „tatsächlich entstandene“ Preis – den er nach § 9 GOZ weitergeben kann.
Beispiel für die Preisermittlung für ein Modell aus Superhartgips | |
Kalkulation | Wert |
Arbeitszeit z. B.: | 10 Min. |
Rüst- und Verteilzeit | 25 % |
Minuten-Kostensatz z. B.: | 0,90 Euro |
Zuschlag für Risiko z. B.: | 5 % |
Modellpreis: | 11,81 Euro |
AUSGABE: PA 5/2023, S. 12 · ID: 49214124