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MKMietrecht kompakt

WohnraummieteAusstehende Bankbürgschaft: fristlose Kündigung?

Abo-Inhalt31.07.202529 Min. LesedauerVon VRinLG Astrid Siegmund, Berlin

| Seit dem Mietrechtsänderungsgesetz 2013 sieht § 569 BGB in Abs. 2a die Möglichkeit der fristlosen Kündigung für den Fall vor, dass der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 BGB in Höhe eines Betrags im Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Mit der Regelung wurde ein Meinungsstreit aufgelöst, den eine Entscheidung des für die Gewerbemiete zuständigen BGH-Senats im Wohnraummietrecht ausgelöst hatte. Die Regelung war direkter Ausgangspunkt eines neuen Streits, nun über den Anwendungsbereich der Vorschrift. Diesen Streit hat der BGH geklärt. |

Sachverhalt

Der Beklagte war seit 1/20 Mieter einer Wohnung der Klägerin nebst Tiefgaragenstellplatz. Die monatliche Nettokaltmiete betrug 1.950 EUR zuzüglich einer Betriebskostenpauschale von 250 EUR. Die Parteien vereinbarten im Mietvertrag, eine Mietsicherheit durch den Beklagten wie folgt zu stellen: „§ 4 Kaution. Der Mieter leistet bei Abschluss des Mietvertrags eine Kaution in Höhe von 4.400 EUR. Diese ist spätestens zur Übergabe der Wohnung in Form einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bankbürgschaft zu erbringen.“

Die Klägerin überließ dem Beklagten die Wohnung; dieser erbrachte – trotz entsprechender Ankündigung – die Bankbürgschaft nicht. Mit Schreiben vom 11.5.20 erklärte die Klägerin die außerordentliche fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen unterbliebener Leistung der Mietsicherheit. Die auf diese Kündigung gestützte Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung hatte vor dem AG und dem LG Erfolg. Die zugelassene Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung (BGH 14.5.25, VIII ZR 256/23, Abruf-Nr. 248557).

Entscheidungsgründe

Ein Räumungsanspruch der Klägerin kann nicht auf die fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 2a BGB aufgrund der Nichtleistung der als Mietsicherheit (§ 551 BGB) vereinbarten Bankbürgschaft seitens des Beklagten gestützt werden. Die Bankbürgschaft fällt nicht in den Anwendungsbereich von § 569 Abs. 2a BGB. Nach § 569 Abs. 2a S. 1 BGB liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB vor, wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 BGB in Höhe eines Betrags im Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten sind bei der Berechnung der Monatsmiete nach S. 1 nicht zu berücksichtigen (§ 569 Abs. 2a S. 2 BGB). Einer Abhilfefrist oder einer Abmahnung nach § 543 Abs. 3 S. 1 BGB bedarf es nicht (§ 569 Abs. 2a S. 3 BGB).

Der umstrittene Anwendungsbereich des § 569 Abs. 2a BGB

Nach einer – vom LG geteilten – Ansicht erfasst § 569 Abs. 2a BGB alle Arten von Sicherheitsleistungen im Sinne des § 551 BGB, auch die hier vereinbarte Bankbürgschaft (vgl. BeckOGK-BGB/Geib, Stand: 1.1.25, § 569 Rn. 50; BeckOK-BGB/Wöstmann, Stand: 1.2.25, § 569 Rn. 14; jurisPK-BGB/Tiedemann, Stand: 17.12.24, § 569 Rn. 125; Erman/Lützenkirchen/Selk, BGB, 17. Aufl., § 569 Rn. 15b; Lützenkirchen/Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl., § 569 Rn. 79, 82).

Nach einer anderen Ansicht berechtigt nur der Verzug des Mieters mit der Leistung einer Barkaution (§ 551 Abs. 2, 3 BGB) den Vermieter zur fristlosen Kündigung nach § 569 Abs. 2a BGB (vgl. Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb. 2024, § 569 Rn. 66; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 16. Aufl., § 569 BGB Rn. 61; Siegmund in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 569 BGB Rn. 39; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 84. Aufl., § 569 Rn. 14a; Horst, MDR 13, 249; Karabulut, WuM 14, 186). Ist eine andere Art von Mietsicherheit vereinbart, könne der Vermieter das Mietverhältnis lediglich – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sowie der jeweiligen weiteren Voraussetzungen – fristlos nach § 543 Abs. 1 BGB bzw. ordentlich nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB kündigen (vgl. Staudinger/V. Emmerich, a. a. O., Rn. 66; Schmidt-Futterer/Streyl, a. a. O., Rn. 57, 61; Siegmund in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, a. a. O.).

Der BGH folgt dieser Ansicht, ohne dass er das Erfordernis einer teleologischen Reduktion der Norm sieht: Das LG ging davon aus, dass sich § 569 Abs. 2a BGB eine Begrenzung auf bestimmte Formen von Mietsicherheiten nicht entnehmen lasse, weil die Vorschrift allgemein und ohne Einschränkung auf eine „Sicherheitsleistung nach § 551“ verweise. Die Einschränkung ergibt sich unter Berücksichtigung des weitergehenden Normtextes, wonach der Mieter mit einer Sicherheitsleistung in Höhe „eines Betrags“ im Verzug sein muss, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Zwar wird auch eine Bürgschaft durch den Mieter über einen bestimmten „Betrag“ gestellt. Das Erfordernis der betragsmäßigen Berechnung des Rückstands führt jedoch dazu, dass nur solche Mietsicherheiten unter § 569 Abs. 2a BGB fallen (können), die in Form eines (teilbaren) Geldbetrags (Barkaution) zu leisten sind.

Merke | Auch die systematische Stellung und die Konzeption des § 569 Abs. 2a BGB sprechen für einen Ausschluss der Bankbürgschaft aus dessen Anwendungsbereich. Zum einen weist der Kündigungstatbestand einen (bewussten) Gleichlauf mit den Voraussetzungen der Kündigung wegen Zahlungsverzugs des Mieters auf (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB) auf (vgl. BT-Drucksache 17/10485, S. 25). Die Normierung in § 569 BGB erklärt sich aus der gewollten Beschränkung auf den Bereich der Wohnraummiete (vgl. BT-Drucksache, a. a. O., S. 25). Ebenso wie die fristlose Kündigung wegen Verzugs des Mieters mit der Mietzahlung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. b, Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BGB) erfordert § 569 Abs. 2a BGB einen Verzug in Höhe von zwei Monatsmieten; es bedarf weder einer Abhilfefrist noch einer Abmahnung (§ 569 Abs. 2a S. 3 BGB). In Übereinstimmung mit der Zahlungsverzugskündigung sind die Fälle des Nachholrechts des Mieters (§ 569 Abs. 2a S. 4 i. V. m. § 543 Abs. 2 S. 2 BGB) sowie der Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 2a S. 4 i. V. m. Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB) geregelt. Auch der systematische Zusammenhang des § 569 Abs. 2a BGB zu § 551 BGB spricht dafür, dass nur Sicherheiten unter den Kündigungstatbestand fallen, die der Mieter in Teilleistungen erbringen kann. Das ist bei einer Bankbürgschaft grundsätzlich nicht der Fall (§ 266 BGB).

Sicherheiten, die in Teilleistungen erbracht werden können

Die fristlose Kündigung setzt einen Verzug des Mieters mit einem Betrag der Sicherheitsleistung voraus, „der der zweifachen Monatsmiete“ entspricht. Da die Höhe der Sicherheitsleistung gemäß § 551 Abs. 1 BGB jedoch bis zum Dreifachen der monatlichen Nettokaltmiete betragen darf, die Kündigung nach Vorstehendem aber bereits zulässig ist, wenn der Mieter lediglich mit einem Betrag in Höhe von zwei Monatsmieten im Verzug ist, wird deutlich, dass der Kündigungstatbestand des § 569 Abs. 2a BGB nur solche Mietsicherheiten erfasst, die durch Teilleistungen erbracht werden können. Eine solche Teilzahlungsmöglichkeit regelt § 551 Abs. 2 BGB jedoch nur für den Fall, dass als Sicherheit eine Geldsumme bereitzustellen ist. Die Leistung einer Mietkautionsbürgschaft in Raten sieht das Gesetz nicht vor. Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 569 Abs. 2a BGB folgt – so der BGH – dessen Nichtanwendbarkeit auf eine Mietsicherheit in Form einer Bankbürgschaft (wird ausgeführt).

Auch Sinn und Zweck des § 569 Abs. 2a BGB sprechen dafür, das Kündigungsrecht des Vermieters nicht auf den Verzug des Mieters mit der Leistung einer Bankbürgschaft auszuweiten. Die Regelungsabsicht des Gesetzgebers bezog sich nur auf Fälle, in denen es zu einer „Nichtzahlung“ der Kaution kommt. Er ging davon aus, dass nach vorheriger Rechtslage „nicht zweifelsfrei“ sei, ob und unter welchen konkreten Voraussetzungen der Vermieter kündigen kann, wenn der Mieter seiner Pflicht zur Leistung der Sicherheit nicht (fristgerecht) nachkommt. Nur für die Geschäftsraummiete war entschieden, dass der Vermieter bei Nichtzahlung der gesamten Kaution durch den Mieter nach § 543 Abs. 1 S. 2 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigt sei (BT-Drucksache 17/10485, S. 25, unter Hinweis auf BGH 12.3.07, XII ZR 36/05, NZM 07, 400).

Hinzu kommt aus Sicht des BGH schließlich, dass ein Vermieter, der eine Bankbürgschaft als Mietsicherheit verlangen kann, des Schutzes vor einem vertragsuntreuen Verhalten des Mieters bereits zu Beginn des Mietverhältnisses nicht in dem Maß bedarf, wie im Fall einer vereinbarten Barkaution. Bei einer Barkaution ist der Mieter berechtigt, die Geldsumme in drei gleichen monatlichen Teilzahlungen zu erbringen (§ 551 Abs. 2 BGB). Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter die Mietwohnung bereits dann zu überlassen, wenn dieser die erste Rate geleistet hat. Nur wegen der ersten Rate hat der Vermieter vor Übergabe der Mietsache ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB; BGH 8.7.98, XII ZR 32/97, NJW-RR 98, 1464; BT-Drucksache 17/10485, S. 18).

Bei Nichtleistung der Kautionsbürgschaft steht dem Vermieter demgegenüber ein umfassendes Zurückbehaltungsrecht zu (§ 273 BGB). Er muss dem Mieter die Wohnung erst überlassen, wenn dieser die Bürgschaft (in voller Höhe) erbracht hat, weil die Kautionsbürgschaft – vorbehaltlich anderweitiger Parteivereinbarungen – nicht in Raten geleistet werden darf (§ 266 BGB); sie ist zum Fälligkeitszeitpunkt (§ 271 BGB) in voller Höhe zu stellen. Vor einem vertragsuntreuen Verhalten des Mieters ist der Vermieter somit durch sein Zurückbehaltungsrecht hinreichend geschützt. Im Übrigen ist der Vermieter durch den Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit nach § 569 Abs. 2a BGB im Falle einer als Mietsicherheit vereinbarten Bankbürgschaft auch hinsichtlich der Beendigung des Mietverhältnisses nicht schutzlos gestellt: Er kann – unter den weiteren Voraussetzungen der Vorschriften – fristlos nach § 543 Abs. 1 BGB oder fristgemäß nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB kündigen.

Beachten Sie | Die Klägerin hatte weitere Kündigungen (wegen Zahlungsverzugs und Eigenbedarfs) ausgesprochen, das LG aber (folgerichtig) zu deren Wirksamkeit keine Feststellungen getroffen. Für den Fall, dass das LG in der Nichtleistung der Bankbürgschaft einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB oder eine schuldhafte nicht unerhebliche Vertragspflichtverletzung im Sinne des § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB annehmen sollte, sieht der BGH das LG verpflichtet, im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung auf den Einwand des Beklagten einzugehen, dass es sich bei § 4 des Mietvertrags um eine – unwirksame – AGB handele.

Relevanz für die Praxis

Der Gesetzgeber hat mit § 569 Abs. 2a BGB eine Streitfrage lösen wollen, dabei aber gleich eine neue aufgeworfen. Sie ist nun vom BGH auf Grundlage der Gesetzesmaterialien beantwortet worden. Für die Praxis bedeutsam: Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass bei vom Gesetz abweichenden (formular-)vertraglichen Regelungen Vorsicht geboten ist.

Die Entscheidung gehört schließlich auch deshalb auf den „Merkzettel“, weil sie die Aufmerksamkeit auf ein effektives Gegenrecht des Vermieters lenkt. Bei Vereinbarung einer Bürgschaft als Mietsicherheit kann er die Übergabe zurückhalten, bis die Sicherheit geleistet ist.

AUSGABE: MK 8/2025, S. 147 · ID: 50478843

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