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MKMietrecht kompakt

GegenstandswertEntwurf und (Mit-)Gestaltung eines Mietvertrags richtig bewerten

Abo-Inhalt04.03.20258 Min. LesedauerVon RA Norbert Schneider, Neunkirchen

| Gestaltet oder entwirft der Rechtsanwalt einen Mietvertrag oder wirkt daran mit, gelten für die Bewertung dieser anwaltlichen Tätigkeiten Besonderheiten. In MK 25, 33 haben wir die gebührenrechtlichen Ansprüche von Anwälten für einen Mietvertragsentwurf dargestellt. Der folgende Beitrag zeigt, wie Sie den Gegenstandswert – als Grundlage für die Berechnung der Vergütung – korrekt ermitteln. |

1. Es gilt § 99 Abs. 1 GNotKG

Die Parteien können sich nach Abschluss des Mietvertrags und ggf. auch schon vorher über Rechte und Pflichten aus dem Vertrag bzw. aus einem vorvertraglichen Vertragsverhältnis gerichtlich streiten. Sie können außerdem auf Abschluss eines Vertrags klagen, also auf die Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung (vgl. § 894 ZPO), wenn eine Partei behauptet, einen Anspruch auf Abschluss eines Mietvertrags zu haben.

Wirkt der Anwalt an der Errichtung/Gestaltung eines Mietvertrags mit und verdient er dadurch eine Geschäftsgebühr (Vorbem 2.3 Abs. 3 VV RVG i. V. m. Nr. 2300 VV RVG), handelt es sich aber um eine rein außergerichtliche Tätigkeit. Diese kann nie Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. Daher scheidet eine Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i. V. m. den Vorschriften des GKG, insbesondere § 41 Abs. 1 GKG (Jahresmietwert), aus.

Der Gegenstandswert bei der mietrechtlichen Vertragsgestaltung richtet sich vielmehr nach § 23 Abs. 3 S. 1 RVG. Diese Vorschrift verweist nicht auf die Vorschriften des GKG und damit nicht auf § 41 Abs. 1 GKG. Vielmehr greift hier die Verweisung auf § 99 Abs. 1 GNotKG. Diese Regelung ersetzt § 25 Abs. 1 KostO a. F. und weicht von diesem nur teilweise ab:

  • Der frühere dreijährige Höchstwert ist bei unbestimmter Dauer auf den Fünf-Jahres-Wert angehoben worden.
  • Der Höchstwert ist von 25 Jahren auf 20 Jahre herabgesetzt worden.
  • Im Übrigen ist die alte Regelung unverändert übernommen worden, sodass weiterhin auf die ältere Rechtsprechung zu § 25 Abs. 1 KostO zurückgegriffen werden kann.

2. Zu berücksichtigende Leistungen des Mieters

Für den Gegenstandswert bei Mitwirkung am Errichten oder Gestalten eines Mietvertrags ist auf die vom Mieter zu erbringenden Leistungen während eines bestimmten Bewertungszeitraums (s. u. 3.) abzustellen. Im Gegensatz zu § 41 Abs. 1 S. 2 GKG wird im Rahmen des § 99 Abs. 1 GNotKG nicht auf die Kaltmiete abgestellt, sondern auf sämtliche Leistungen, die der Mieter entgelten muss. Daher sind z. B. neben der Kaltmiete streitwerterhöhend zu berücksichtigen:

  • Entgelte für Heiz- und Betriebskosten
  • Sonstige Entgelte
  • Umsatzsteuer
  • Zahlungen für übernommene Einrichtungen
  • Umzugs-, Umbau- und Instandsetzungskosten
  • Übernahme von Rückständen etc. (siehe Korinthenberg/Bengel, GNotKG, 19. Aufl. 15, § 99 Rn. 5)
Merke | Nicht zu berücksichtigen sind sonstige Verpflichtungen, die nicht als Gegenleistung für die Überlassung erbracht werden, also z. B. Mietkautionen oder anderweitige Sicherheiten.

3. Bewertungszeitraum

§ 99 Abs. 1 GNotKG unterscheidet hinsichtlich des zu bewertenden Zeitraums danach, ob ein Mietverhältnis von bestimmter Dauer (S. 1) oder von unbestimmter Dauer (S. 2) abgeschlossen worden ist.

a) Mietverhältnis von bestimmter Dauer (§ 99 Abs. 1 S. 1 GNotKG)

Die Dauer des Mietverhältnisses ist bestimmt, wenn der Beendigungszeitpunkt bereits bei Abschluss des Vertrags datumsmäßig feststeht. Das ist der Fall, wenn

  • der Beendigungszeitpunkt kalendermäßig bestimmt ist oder sich aus einem fest vereinbarten Zeitablauf ergibt und
  • weder eine automatische Verlängerung des Mietverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen (insbesondere fehlender Fortsetzungswiderspruch) vereinbart ist noch einer Vertragspartei das einseitige Recht eingeräumt ist, das Vertragsverhältnis zu verlängern oder vorzeitig zu beenden.

Beispiel 1

Vermieter V. und Mieter M. schließen im September 2024 einen Vertrag über ein Mietverhältnis, das zum 1.1.25 beginnen und am 31.12.25 enden soll.
Lösung: Es liegt ein Mietverhältnis von bestimmter Dauer vor, da das Ende kalendermäßig bestimmt ist.

Beispiel 2

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf die Dauer von 15 Jahren.
Lösung: Es liegt ein Mietverhältnis von bestimmter Dauer vor, da die Laufzeit bestimmt ist.

b) Mietverhältnis von unbestimmter Dauer (§ 99 Abs. 1 S. 2 GNotKG)

Bei einem Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer ist entweder der Vertrag von vornherein auf unbestimmte Zeit geschlossen worden. Oder die Parteien haben zwar zunächst eine bestimmte Laufzeit vereinbart, das Mietverhältnis verlängert sich aber unter bestimmten Voraussetzungen automatisch.

Merke | Das Gleiche gilt, wenn eine Partei die Möglichkeit hat, durch Ausübung einer Option das Mietverhältnis zu verlängern (BayObLG JurBüro 92, 340). Zudem führt die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts, das vor Mietbeginn ausgeübt werden kann, zur Annahme einer unbestimmten Dauer (BayObLG NJW-RR 00, 1379).

Beispiel 3

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf die Dauer von zwei Jahren und vereinbaren, dass sich das Mietverhältnis automatisch verlängert, wenn nicht eine Partei sechs Monate zuvor der Verlängerung widerspricht.
Lösung: Es liegt ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor, da ungewiss ist, ob und wie viele Verlängerungen eintreten werden.

Beispiel 4

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf die Dauer von drei Jahren. M. steht das Recht zu, das Mietverhältnis durch einmalige Option um weitere drei Jahre zu verlängern.
Lösung: Es liegt ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor, da nicht feststeht, ob das Mietverhältnis nach drei Jahren endet oder sich durch Ausübung der Option verlängert.

Beispiel 5

Vermieter V. und Mieter M. schließen im Juli 2024 einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf die Dauer von 10 Jahren, beginnend zum 1.1.25. Gleichzeitig vereinbaren die Parteien aber, dass M. bis zum 30.10.24 vom Vertrag zurücktreten kann.
Lösung: Zwar ist das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit angelegt. Infolge des vereinbarten Rücktrittsrechts ist jedoch ungewiss, ob es überhaupt zum Mietverhältnis kommen wird, sodass von einem Mietverhältnis mit unbestimmter Dauer auszugehen ist.

4. Bewertung des Mietverhältnisses von bestimmter Dauer

Bei Verträgen auf bestimmte Dauer ist als Bewertungszeitraum grundsätzlich die gesamte Vertragslaufzeit des Mietvertrags heranzuziehen (§ 99 Abs. 1 S. 1 GNotKG).

Merke | Einen Mindestwert gibt es hier – im Gegensatz zur unbestimmten Dauer – nicht. Entscheidend ist die vereinbarte Laufzeit. Nur soweit das Vertragsverhältnis für eine längere Zeit als 20 Jahre eingegangen ist, wird nach § 99 Abs. 1 S. 3 GNotKG der Bewertungszeitraum auf die ersten 20 Jahre begrenzt.

Beispiel 6

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Mietvertrag auf die Dauer von zehn Jahren.
Lösung: Es gilt der Zehn-Jahres-Wert (§ 99 Abs. 1 S. 1 GNotKG).

Beispiel 7

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf die Dauer von drei Jahren.
Lösung: Es gilt der Drei-Jahres-Wert (§ 99 Abs. 1 S. 1 GNotKG). Eine Mindestlaufzeit ist bei Verträgen mit bestimmter Dauer nicht vorgesehen.

Beispiel 8

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf die Dauer von 30 Jahren.
Lösung: Hier greift die Begrenzung auf den Höchstwert von 20 Jahren. Es gilt damit der zwanzigfache Jahreswert (§ 99 Abs. 1 S. 1, 3 GNotKG).

5. Bewertung des Mietverhältnisses von unbestimmter Dauer

Bei einer unbestimmten Dauer des Mietverhältnisses ist grundsätzlich auf die Leistungen für den Zeitraum der ersten fünf Jahre abzustellen (§ 99 Abs. 1 S. 2 GNotKG).

Merke | Ein geringerer Wert gilt nur, wenn das Mietverhältnis auf jeden Fall vor Ablauf der fünf Jahre endet (Korinthenberg/Bengel, GNotKG, 22. Aufl., § 99 Rn. 7).
Kann das auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Mietverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt als nach fünf Jahren beendet werden, gilt:
  • Es ist die Dauer bis zu diesem späteren Zeitpunkt maßgebend.
  • Hierbei muss feststehen, dass das Mietverhältnis auf jeden Fall länger als fünf Jahre dauern wird. Bloße Aussichten auf eine automatische Verlängerung oder die Einräumung von Optionsrechten wirken im Rahmen des § 99 Abs. 1 S. 2 GNotKG nicht werterhöhend (BayObLG JurBüro 92, 340), wohl aber ein Kündigungsausschluss vor dem Ablauf von mehr als fünf Jahren.
  • Es gilt eine Begrenzung auf maximal die ersten 20 Jahre (vgl. § 99 Abs. 1 S. 3 GNotKG).

Beispiel 9

Vermieter V. und Mieter M. vereinbaren ein Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer.
Lösung: Es gilt der Fünf-Jahres-Wert (§ 99 Abs. 1 S. 2 GNotKG).

Beispiel 10

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis für die Dauer von zwei Jahren und vereinbaren, dass M. zwei Optionen zur Verlängerung des Mietverhältnisses um jeweils ein Jahr eingeräumt werden. Lösung: Es liegt ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit vor, sodass an sich der Fünf-Jahres-Wert nach § 99 Abs. 1 S. 2 GNotKG gelten würde. Da aber die Beendigung nach Ablauf von vier Jahren feststeht, ist insoweit nur vom Vier-Jahres-Wert auszugehen.

Beispiel 11

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf die Dauer von acht Jahren. Zugleich wird vereinbart, dass sich das Mietverhältnis automatisch verlängert, wenn keine der Vertragsparteien spätestens ein Jahr vor Ablauf der acht Jahre der Verlängerung widerspricht.
Lösung: Es liegt ein Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer vor. Da das Mietverhältnis jedoch frühestens mit dem Ablauf des achten Jahres enden kann, ist der Acht-Jahres-Zeitraum und nicht der Fünf-Jahres-Zeitraum maßgebend (§ 99 Abs. 1 S. 2 GNotKG). Andererseits wird die Möglichkeit der automatischen Verlängerung nicht zusätzlich bewertet.

Beispiel 12

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf vier Jahre und vereinbaren zusätzlich, dass
  • a) sich das Mietverhältnis jeweils um ein Jahr verlängert, wenn nicht eine Partei widerspricht, und
  • b) M. drei Optionen für eine Verlängerung um jeweils ein Jahr eingeräumt werden.
Lösung: Es liegt ein Mietverhältnis von unbestimmter Dauer vor, sodass der Fünf-Jahres-Wert gilt. Die bloße Möglichkeit, dass das Mietverhältnis über die fünf Jahre hinauslaufen wird, ist unerheblich.

Beispiel 13

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer und vereinbaren, dass das Mietverhältnis vor Ablauf von acht Jahren nicht kündbar ist.
Lösung: Es liegt ein Mietverhältnis von unbestimmter Dauer vor, sodass an sich der Fünf-Jahres-Wert gelten würde (§ 99 Abs. 1 S. 1 GNotKG). Da M. aber vor dem Ablauf von acht Jahren nicht kündigen kann, gilt der achtjährige Bezug.

Beispiel 14

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer und vereinbaren, dass das Mietverhältnis vor dem Ablauf von drei Jahren nicht kündbar ist.
Lösung: Es gilt der Fünf-Jahres-Wert (§ 99 Abs. 1 S. 1 GNotKG). Der Ausschluss der Kündigung für nur drei Jahre spielt hier keine Rolle.

Beispiel 15

Vermieter V. und Mieter M. schließen einen Vertrag über ein Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer, mindestens jedoch für 30 Jahre.
Lösung: Es würde an sich der dreißigfache Jahreswert gelten, da eine vorherige Beendigung nicht möglich ist (§ 99 Abs. 1 S. 2 GNotKG). Allerdings darf auch hier der Wert der ersten 20 Jahre nicht überschritten werden (§ 99 Abs. 1 S. 3 GNotKG).

AUSGABE: MK 3/2025, S. 50 · ID: 50318367

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