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WEG-NovelleVerwaltungsbeirat: Das hat sich geändert (Teil 1)
| Der Verwaltungsbeirat ist weiter in § 29 WEG geregelt. Dessen Abs. 1 und 4 sowie die Abs. 2 und 3 wurden modernisiert und zusammengefasst. § 29 Abs. 1 WEG n. F. regelt die Bestellung zum Mitglied sowie die Zusammensetzung des Verwaltungsbeirats und die Bestimmung eines Vorsitzenden. Abs. 2 WEG n. F. regelt die Aufgaben des Beirats, Abs. 3 WEG n. F. enthält eine Sonderregelung zur Haftung, angelehnt an §§ 31a, 31b BGB. Der Gesetzgeber wollte mit den Änderungen die Tätigkeit im Verwaltungsbeirat attraktiver machen (BT-Drucksache 19/18791, S. 78). |
1. Struktur des Beirats
Wie bereits nach altem Recht, ist der Verwaltungsbeirat kein notwendiges Organ der Gemeinschaft. Es bleibt den Wohnungseigentümern überlassen, ob sie einen Beirat einsetzen wollen. Er nimmt als Hilfs- und Kontrollorgan nur ergänzende Funktionen war (BGH 5.2.10, V ZR 126/09).
Nach altem Recht konnten die Eigentümer beschließen, einen Beirat zu bestellen. Nach § 29 Abs. 1 WEG n. F. wird die Einrichtung des Verwaltungsbeirats nur inzident über die Wahl des Mitglieds zum Verwaltungsbeirat geregelt. Damit ist eine Trennung zwischen Einrichtung und Besetzung des Beirats hinfällig geworden (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 573). Der Beirat ist als abstraktes Organ stets vorhanden und wird durch den Beschluss über die Bestellung der Mitglieder aktiviert (Bärmann /Becker, WEG, § 29 Rn. 6).
Beachten Sie | Ob eine Untergemeinschaft einen Beirat einrichten kann, ist streitig. Mangels Rechtsfähigkeit der Untergemeinschaft wird das in Teilen der Literatur abgelehnt. Andere bejahen dies und ziehen zur Begründung die Abdingbarkeit des § 29 WEG n. F. heran, die auch nach dem neuen Recht besteht (ausführlich dazu MüKo/Burgmair, BGB, § 29 WEG Rn. 13).
2. Wohnungseigentümer
Wohnungseigentümer können durch Beschluss zum Mitglied des Beirats bestellt werden. Es genügt einfache Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Eigentümer (Bärmann/Becker, a. a. O., Rn. 26). Dabei ist der Eigentümer, um dessen Bestellung es geht, stimmberechtigt (Hügel/Elzer, WEG, § 29 Rn. 15). Ein Umlaufverfahren ist möglich, § 23 Abs. 3 WEG n. F. Gegen seinen Willen kann ein Eigentümer nicht bestellt werden (Hügel/Elzer, WEG, § 29 Rn. 10). Vor der Wahl ist nach Ansicht des AG Sonthofen zwingend über die Zahl der Beiratsmitglieder zu beschließen. Sonst sei unklar, wie viele Kandidaten gewählt werden könnten und wie vieler Abstimmungen es bedürfe (27.10.21, 5 C 228/21). Diese Ansicht wird von der Literatur nicht geteilt. Vielmehr soll es genügen, dass die Eigentümer unmittelbar durch Beschluss einen oder mehrere Eigentümer zu Mitgliedern des Beirats bestellen und so ad hoc die konkrete Zahl der Mitglieder bestimmen (Bärmann /Becker, a. a. O., Rn. 18).
Zum Beirat bestellt werden können die, die zum Zeitpunkt der Bestellung Wohnungseigentümer sind. Dazu gehört auch der Eigentümer, der die Absicht hat, sein Wohnungseigentum zu verkaufen (BayObLG 7.8.01, 2Z BR 38/01). Auch der „werdende Wohnungseigentümer“ nach § 8 Abs. 3 WEG n. F. gehört dazu. Zum Beirat bestellt werden können zudem gesetzliche Vertreter, z. B. Betreuer oder Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter und Nießbrauch-, Wohnungs-, oder Dauerwohnberechtigte (Bärmann/Becker, a. a. O., Rn. 13). Ob auch eine juristische Person oder Personengesellschaft selbst oder nur ihre gesetzlichen Vertreter Mitglieder des Beirats werden können, ist umstritten (Hügel/Elzer, a. a. O., Rn. 21). Der Verwalter kann nicht gewählt werden, selbst wenn er Eigentümer ist. Hier liegt die Interessenkollision auf der Hand, da der Beirat den Verwalter überwacht (Hügel/Elzer, a. a. O., Rn. 24).
3. Nichteigentümer
Ein Nichteigentümer kann nur zum Mitglied des Beirats bestellt werden, wenn die Gemeinschaftsordnung dies gestattet oder eine Vereinbarung aller Eigentümer vorliegt (MüKo/Burgmair, a. a. O., Rn. 23). Wurde gleichwohl ein solcher Beschluss gefasst, ist streitig, ob er anfechtbar ist, sodass nach Ablauf der Anfechtungsfrist der Nichteigentümer im Verwaltungsbeirat bleiben kann (AG Köln 6.3.17, 202 C 114/16), oder ob er nichtig ist (Hügel/Elzer, a. a. O., Rn. 23).
4. Besondere Eignung
Den Eigentümern steht bei der Beiratswahl ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum zu. Besondere Anforderungen an die Kenntnisse eines Kandidaten über die Befugnisse des Beirats oder allgemeine Qualifikationen gibt es nicht. Für die Eignung genügt es daher, dass der Kandidat die dem Beirat auferlegten Pflichten im Wesentlichen erfüllen kann, also geschäftsfähig ist, lesen, schreiben und rechnen kann. Ob er der deutschen Sprache mächtig sein muss, kommt auf die Zusammensetzung der Gemeinschaft an und hängt vom Einzelfall ab (Hügel/Elzer, a. a. O., 17). Streit zwischen Eigentümern schließt die Eignung nicht aus (OLG Köln 30.8.99, 16 Wx 123/99). Voraussetzung für die mangelnde Eignung ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Dieser wird angenommen, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände eine Zusammenarbeit mit dem Mitglied des Beirats unzumutbar und ein Vertrauensverhältnis von vornherein nicht zu erwarten ist. Das ist vor allem an den dem Verwaltungsbeirat obliegenden Aufgaben zu messen, § 29 Abs. 2 WEG n. F. Dabei können an die Eignung eines Eigentümers nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an die Eignung eines Verwalters. Denn die Mitglieder des Beirats sind i. d. R. Laien. Sie können nicht alle Vorschriften überblicken. Übersehen sie Fehler, die später gerichtlich beanstandet werden, verlieren sie nicht ohne Weiteres die Eignung, künftig wieder Mitglied des Beirats zu werden. Es wird von ihnen nur verlangt, dass sie künftig die Vorgaben der Gerichte beachten (OLG Köln 12.5.06, 16 Wx 93/06).
Beachten Sie | Auch Streit in der Gemeinschaft genügt i. d. R. nicht, um die Qualifikation als Beiratsmitglied zu beseitigen (KG 28.1.04, 24 W 3/02). Anders liegt es, wenn ein Mitglied gewählt werden soll, das für diese Tätigkeit vom Verwalter bezahlt wird, da dies wegen der Aufgabe des Beirats (Überwachen der Verwaltung) einen Interessenkonflikt schafft. Diese Wahl widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung (LG Frankfurt/M. 9.8.21, 2-13 S 20/21).
5. Dauer und Abberufung
Es gibt keine Höchstdauer für die Bestellung eines Beirats oder dessen Neueinrichtung. Die Teilungserklärung ist in ihren Regelungen frei (OLG Köln 24.11.99, 16 Wx 158/99). Ist eine Befristung nicht vorgesehen, bleibt der Verwaltungsbeirat auf unbestimmte Zeit bestehen (BGH 17.1.19, V ZB 121/18).
Durch einfachen Mehrheitsbeschluss können der Beirat oder einzelne Mitglieder abberufen werden. Es bedarf keiner Gründe entsprechend § 671 Abs. 1 BGB, sofern nichts anderes vereinbart wurde (MüKo/Burgmair, a. a. O., Rn. 17). Es besteht keine Pflicht, einen anderen Eigentümer für den Abberufenen zu bestellen (Hügel/Elzer, a. a. O., Rn. 33). Ein Mitglied des Beirats kann sein Amt jederzeit niederlegen. Die übrigen Mitglieder bleiben im Amt (Bärmann/Becker, a. a. O., Rn. 41). I. d. R. liegt mit der Bestellung zum Beiratsmitglied ein schuldrechtlicher Beiratsvertrag i. S. d. §§ 662 ff. BGB vor – oder, soweit ein Entgelt gezahlt wird, ein Dienstvertrag nach §§ 675, 611 BGB (Bärmann/Becker, a. a. O., Rn. 33). Die Rechtsstellung als Mitglied endet neben der Niederlegung auch durch Tod oder Veräußerung des Eigentums (Bärmann /Becker, a. a. O., Rn. 35).
6. Zahl der Verwaltungsbeiräte
Neu: § 29 Abs. 1 S. 1 WEG n. F. sieht vor, dass die Eigentümer über die Zahl der Mitglieder des Beirats beschließen können. Es kann auch nur ein Wohnungseigentümer zum alleinigen Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt werden. Er ist dann automatisch dessen Vorsitzender (BT-Drucksache 19/18791, S. 78).
7. Vorsitzender und Stellvertreter
Besteht der Beirat aus mehreren Mitgliedern, sind ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen. Wer dies bestimmt, ordnet das Gesetz bewusst nicht an. Daher können die Eigentümer durch Beschluss entscheiden oder die Mitglieder des Verwaltungsbeirats (BT-Drucksache 19/18791, S. 78). § 29 Abs. 1 S. 3 WEG n. F. regelt die Einberufung des Verwaltungsbeirats: nach Bedarf. Wann ein solcher besteht, ist Frage des Einzelfalls. Weigert sich der Vorsitzende oder ist er verhindert, ist sein Stellvertreter berechtigt, den Beirat einzuberufen. Grundsätzlich ist jedes Mitglied hierzu berechtigt. Einer bestimmten Form bedarf es nicht (Hügel/Elzer, a. a. O., Rn. 69). Weder der Verwalter noch die Eigentümer haben ein Recht zur Einberufung (Bärmann/Becker, a. a. O., Rn. 50). Die weitere Organisation ist gesetzlich nicht geregelt. Daher können die Eigentümer diese vereinbaren oder beschließen. Geschieht dies nicht, können sich die Beiräte selbst eine Geschäftsordnung geben und darin die Organisation, z. B. Sitzungsleitung, Beschlussfähigkeit, Stimmrecht, Abstimmung oder Niederschrift regeln (Bärmann/Becker, a. a. O., Rn. 52 ff.).
8. Altvereinbarungen
Für Altvereinbarungen, die entsprechend § 29 Abs. 1 S. 2 WEG a. F. vorsahen, dass der Verwaltungsbeirat aus insgesamt drei Eigentümern besteht, ist nach § 47 WEG n. F. davon auszugehen, dass die Eigentümer daran nicht mehr gebunden sind. Das gilt nicht, wenn eine Vereinbarung besondere Regeln enthält, die bereits vom alten Recht abwichen (Bärmann/Becker, a. a. O., Rn. 22 f.; ausführlich zum Thema: Reinke, MK 21, 30 ff.).
AUSGABE: MK 5/2024, S. 98 · ID: 49990074