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DienstwagenBAG stellt klar: Widerruf der privaten Dienstwagennutzung während einer Freistellung möglich
| Die Überlassung eines Dienstwagens zur dienstlichen und privaten Nutzung stellt regelmäßig einen attraktiven Anreiz für Arbeitnehmer dar. Eine aktuelle Entscheidung des BAG hat nun Klarheit geschaffen, dass Arbeitgeber die private Dienstwagennutzung während einer Freistellung widerrufen können. LGP stellt die Entscheidung und deren Relevanz für die Praxis vor und liefert am Ende eine vertragliche Widerrufsregelung. |
Rechts- und Steuerfragen bei der Dienstwagengestellung
Die Überlassung eines Dienstwagens auch zur Privatnutzung ist ein steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts. Üblicherweise wird die private Nutzung entweder pauschal versteuert, indem ein Prozent des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs monatlich als geldwerter Vorteil angesetzt wird, oder die Versteuerung erfolgt auf Grundlage eines Fahrtenbuchs.
Soll einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt werden, erfolgt dies in der Regel auf Grundlage einer Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder eines gesonderten Dienstwagenüberlassungsvertrags. In Situationen, in denen die dienstliche Nutzung eingeschränkt oder nicht mehr möglich ist – etwa im Falle einer Freistellung von der Arbeitspflicht nach Ausspruch einer Kündigung – stellt sich häufig die Frage, ob der Arbeitgeber die sofortige Herausgabe des Dienstwagens verlangen kann. Viele Arbeitgeber haben deshalb Widerrufsklauseln vereinbart, die ein Herausgabeverlangen ermöglichen und rechtlich absichern sollen. So war es auch in dem vom BAG entschiedenen Fall.
Um diesen Widerrufsfall ging es beim BAG
In dem Fall stand dem Mitarbeiter ein Dienstwagen zu, den er auch privat nutzen durfte. Darüber hinaus war vertraglich vereinbart, dass die Arbeitgeberin die private Nutzung des Dienstwagens unter anderem dann widerrufen kann, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und die Arbeitgeberin den Mitarbeiter berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt hat. Ein (Entschädigungs-)Anspruch des Mitarbeiters wegen des Entzugs der privaten Nutzung sollte in diesen Fällen nicht bestehen.
Mit Schreiben vom 08.05.2023 kündigte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer ordentlich zum 31.08.2023 und stellte ihn mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung frei. Zugleich verlangte sie die Rückgabe des Dienstwagens zum 24.05.2023. Dieser Aufforderung kam der Arbeitnehmer nach, erhob im Anschluss jedoch Klage und nahm die Arbeitgeberin auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für den Entzug des Dienstwagens in Anspruch.
BAG hält arbeitsvertragliche Widerrufsklausel für zulässig
Das BAG hat nun entschieden, dass eine vertraglich vorgesehene Widerrufsmöglichkeit – sofern die Richtung des Widerrufsgrundes in der Vereinbarung angegeben wird – grundsätzlich zulässig ist (BAG, Urteil vom 12.02.2025, Az. 5 AZR 171/24, Abruf-Nr. 247502).
Widerrufsklausel hält AGB-Kontrolle stand
Das BAG hielt die arbeitsvertragliche Regelung, nach der die Arbeitgeberin bei einer berechtigten Freistellung während der Kündigungsfrist die Privatnutzung des Dienstwagens entschädigungslos widerrufen konnte, für wirksam. Die Widerrufsklausel halte einer Prüfung am Maßstab der §§ 305 ff. BGB, also einer AGB-Kontrolle, stand. Sie sei klar und verständlich gefasst.
Bei den Widerrufsgründen müsse grundsätzlich zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll. Diesen Anforderungen werde die Widerrufsklausel im Urteilsfall gerecht. Sie sehe – klar getrennt von anderen Fallgruppen – ausdrücklich vor, dass der Arbeitnehmer im Falle einer berechtigten Freistellung nach einer Kündigung mit dem entschädigungslosen Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens rechnen muss. Der Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens im Zusammenhang mit einer wirksamen Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist sei zudem auch zumutbar. Der Arbeitnehmer muss bis zum Kündigungstermin keine Arbeitsleistung erbringen, insbesondere entfallen Dienstfahrten mit dem Dienstwagen. Darüber hinaus sei die Regelung einer Ankündigungs- bzw. Auslauffrist in der Widerrufsklausel selbst keine Wirksamkeitsvoraussetzung.
BAG moniert Ausübung des Widerrufs als unverhältnismäßig
Allerdings kam das BAG zum Ergebnis, dass die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Arbeitgeberin im konkreten Fall nicht billigem Ermessen i. S. v. § 315 BGB entsprochen habe. Eine Leistungsbestimmung entspreche billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind.
Im Urteilsfall habe die Arbeitgeberin die finanziellen Auswirkungen der steuerrechtlichen Rechtslage nicht ausreichend berücksichtigt. Hintergrund ist, dass nach § 6 Abs. Nr. 4 EStG im Falle einer Versteuerung über die Ein-Prozent-Regelung der zu versteuernde geldwerte Vorteil nur monatlich und nicht kalendertäglich angesetzt werden kann. Dies führt dazu, dass der Arbeitnehmer bei einer Rückgabe des Dienstwagens innerhalb des laufenden Monats die Steuerlast für den ganzen Monat trägt und damit auch für die Zeit, in der er den Dienstwagen nicht mehr nutzen kann.
BAG spricht Nutzungsausfallentschädigung zu
Dem Arbeitnehmer stand daher – so das BAG – ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum zwischen der Rückgabe des Dienstwagens und dem 31.05.2023 zu, nicht jedoch für den Zeitraum vom 01.06. bis zum 31.08.2023.
Das sind die Auswirkungen des Urteils auf die Praxis
Die Entscheidung verdeutlicht, dass Arbeitgeber insbesondere für Freistellungen im Zusammenhang mit einer Kündigung des Arbeitsvertrags die Möglichkeit eines Widerrufs der privaten Dienstwagennutzung vorsehen können. Diese Möglichkeit kann auch bei anderen Entgeltbestandteilen, wie z. B. arbeitgeberfinanzierten Job-Rädern, von Bedeutung sein.
Anforderungen an Widerrufsregelung und Widerruf beachten
Arbeitgeber sollten eine Widerrufsregelung klar und transparent gestalten und die Widerrufsgründe ausdrücklich benennen.
Um den Widerruf rechtmäßig ausüben zu können, ist Voraussetzung, dass der vereinbarte Widerrufsgrund auch tatsächlich vorliegt. Zudem muss die Ausübung des Widerrufs der privaten Dienstwagennutzung billigem Ermessen entsprechen, da andernfalls die Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung droht. Der Widerruf bei pauschal versteuerten Dienstwagen sollte deshalb nur zum Ende des Kalendermonats erfolgen.
Formulierungsvorschlag für vertragliche Widerrufsregelung
Eine relativ übersichtliche vertragliche Widerrufsregelung im Arbeitsvertrag bzw. in einem separaten Dienstwagenüberlassungsvertrag könnte wie folgt lauten:
Musterformulierung / Vertragliche Widerrufsregelung |
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- Musterformulierung „Dienstwagen: Vertragliche Widerrufsregelung“ → Abruf-Nr. 50492375
AUSGABE: LGP 9/2025, S. 196 · ID: 50487294