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SozialversicherungspflichtSV-Pflicht von Honorar-Lehrkräften verschoben: Folgen für die Gestaltung von Honorarverträgen

Top-BeitragLeseprobe09.04.20256 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin Gabriele Heise, Baker Tilly Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Stuttgart

| Als Reaktion auf das „Herrenberg-Urteil“ des BSG vom 28.06.2022 hat der Gesetzgeber eine Übergangsregelung zur Sozialversicherungspflicht von Honorar-Lehrkräften im neuen § 127 SGB IV verankert. Die Übergangsregelung hat nicht nur Auswirkungen auf neu abzuschließende Verträge, sondern auch auf bestehende Verträge mit Honorar-Lehrkräften. |

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Übergangsregelung und sozialversicherungsrechtliche Folgen

Über den Inhalt der Übergangsregelung und ihre sozialversicherungsrechtlichen Folgen hat LGP informiert (LGP 3/2025, Seite 73 → Abruf-Nr. 50322574). Voraussetzung dafür, dass nach § 127 SGB IV bis zum 31.12.2026 keine Versicherungs- und Beitragspflicht aufgrund einer Beschäftigung bzw. einer entsprechenden Statusfeststellung eintritt, ist, dass die Vertragsparteien bei Vertragsschluss übereinstimmend von einer selbstständigen Tätigkeit der Honorarlehrkraft ausgegangen sind und die Lehrkraft dieser Einstufung zustimmt.

Die Neuregelung versteckt sich im „Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung weiterer Vorschriften“. Das Gesetz ist zwischenzeitlich im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (Abruf-Nr. 247510) und am 01.03.2025 in Kraft getreten.

Überprüfung bestehender Verträge

Bildungseinrichtungen wie Volkshochschulen, Musikschulen und andere freie Bildungsträger sollten bestehende Verträge mit Honorar-Lehrkräften überprüfen und anpassen.

Ergänzungsvereinbarung zum bestehenden Honorarvertrag

Enthält ein Vertrag bisher keine ausdrückliche Regelung darüber, dass beide Parteien bei Vertragsschluss von einer selbstständigen Tätigkeit der Honorarlehrkraft ausgegangen sind, sollte eine Ergänzungsvereinbarung zum bestehenden Honorarvertrag abgeschlossen werden, um von der Übergangsregelung in § 127 SGB IV zu profitieren. Darin sollte geregelt werden, dass

  • die Parteien darüber einig sind, dass die Honorarlehrkraft selbstständig tätig ist, und
  • diese Einigkeit bereits bei Abschluss des Honorarvertrags bestanden hat.

Um im Falle einer möglichen Statusfeststellung nachweisen zu können, dass die Voraussetzungen des § 127 SGB IV erfüllt sind, sollte eine solche Ergänzungsvereinbarung schriftlich zwischen den Parteien vereinbart, von beiden unterzeichnet und sodann zu den Vertragsunterlagen genommen werden.

Zustimmungserklärung der Honorarlehrkraft

Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Honorarlehrkraft ihre Zustimmung zur Einstufung ihrer Lehrtätigkeit als selbstständige Tätigkeit erteilt. Auch die Zustimmungserklärung gemäß § 127 SGB IV sollte schriftlich erfolgen und – unterschrieben durch die Honorarlehrkraft – zu den Vertragsunterlagen genommen werden. Da die Zustimmung zusätzlich zur Vereinbarung der Parteien über die Lehrtätigkeit und zusätzlich zur einvernehmlichen Einstufung als selbstständige Tätigkeit zu erteilen ist, sollte sie nicht in eine Ergänzungsvereinbarung zum Honorarvertrag aufgenommen werden, sondern getrennt davon erklärt werden.

Die gesetzlichen Regelungen enthalten keine konkreten Vorgaben dazu, welchen Inhalt die Zustimmungserklärung haben muss. Allerdings lassen sich aus dem Gesetzeswortlaut einige Punkte herauslesen, die man berücksichtigen sollte, will man nicht Gefahr laufen, eine unwirksame Erklärung abzugeben: Die Erklärung sollte sich nicht nur auf die bloße Zustimmung zur Einstufung der Tätigkeit für die jeweilige Bildungseinrichtung als selbstständige Tätigkeit beschränken, sondern auch die Erklärung enthalten, dass der Anwendung der Übergangsregelung gemäß § 127 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IV zugestimmt wird. Die Honorarlehrkraft sollte, um insoweit jegliches Missverständnis über die Reichweite der Einwilligungserklärung auszuschließen, zudem ausdrücklich erklären, dass sie bis zum 31.12.2026 nicht als aufgrund einer Beschäftigung versicherungspflichtig qualifiziert werden möchte, selbst, wenn eine Sozialversicherungsträgerfeststellung nach § 7a, § 28h Abs. 2 oder § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV erfolgt sein sollte oder noch aussteht.

In die Zustimmungserklärung der Honorarlehrkraft sollte auch aufgenommen werden, dass der Honorarlehrkraft der Unterschied der Adressaten bekannt ist. Denn nach der gesetzlichen Regelung unterscheiden sich die Adressaten der Zustimmungserklärung, je nachdem, ob

  • ein Statusfeststellungsverfahren stattgefunden hat → dann ist die Zustimmung gegenüber dem zuständigen Sozialversicherungsträger zu erklären oder
  • ein Statusfeststellungsverfahren nicht stattgefunden hat → dann ist Adressat der Zustimmungserklärung die jeweilige Bildungseinrichtung als Vertragspartner.

Die Honorarlehrkraft sollte zudem erklären, dass sie ihre Zustimmung freiwillig und nach vollständiger Kenntnis der rechtlichen Auswirkungen, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche sozialversicherungsrechtliche Absicherung und die Konsequenzen einer rückwirkenden Statusfeststellung erteilt.

Die von der Honorarlehrkraft unterschriebene Zustimmungserklärung sollte zu den Vertragsunterlagen genommen und gut aufbewahrt werden.

Prüfung neuer Verträge

Bei neu abzuschließenden Verträgen können die Vorgaben der Übergangsregelung direkt bei Vertragsschluss erfüllt werden.

Regelung in vertraglicher Klausel

So kann direkt in den Vertrag eine Klausel aufgenommen werden, wonach beide Parteien bei Vertragsschluss von einer selbstständigen Tätigkeit der Honorarlehrkraft ausgehen. Sie braucht nicht, wie bei bestehenden Verträgen, als Ergänzungsvereinbarung zum Honorarvertrag abgeschlossen zu werden.

Die Bildungseinrichtungen sind zudem gut beraten, sich bereits jetzt Gedanken darüber zu machen, wie die Zusammenarbeit mit Lehrkräften zukünftig gestaltet sein soll und wie sie sich organisatorisch aufstellen wollen. Denn so stellen sie sicher, dass auch nach Ablauf der Übergangsregelung zum 31.12.2026 Rechtssicherheit mit Blick auf die Frage geschaffen wird, ob Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind,

Das sozialversicherungsrechtlich geringste Risiko entsteht, wenn künftig Lehrkräfte nicht mehr als Honorarkräfte, sondern als abhängig beschäftigte, fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt werden. Soll heißen: Die Verträge werden als Arbeitsverträge mit weitgehend festen Arbeitszeiten, einem festen Gehalt sowie Anspruch auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vereinbart. Ist das – aus welchen Gründen auch immer – nicht gewollt, bleibt auch bei sorgfältiger vertraglicher Ausgestaltung stets das Risiko, dass im Falle eines Statusfeststellungsverfahrens von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen wird, weil die Lehrkraft de facto in den Betrieb der Bildungseinrichtung eingegliedert und/oder weisungsgebunden ist. Auf die vertragliche Ausgestaltung kommt es dabei nicht an, sondern auf die tatsächliche Umsetzung.

Derzeit ist offen, ob der Gesetzgeber die Übergangsregelung über den 31.12.2026 hinaus verlängert oder ob er eine andere gesetzliche Regelung schaffen wird, die die Sozialversicherungspflicht von Honorar-Lehrkräften auch zukünftig ausschließt. Daher sollten Bildungseinrichtungen – um zumindest für die Übergangszeit bis zum 31.12.2026 insoweit auf der „sicheren Seite“ zu sein – auf jeden Fall in jeden neu abzuschließenden Vertrag eine Klausel aufnehmen, wonach beide Seiten bei Vertragsschluss von einer selbstständigen Tätigkeit der Honorarlehrkraft ausgehen.

Zustimmungserklärung der Honorarlehrkraft

Eine ausdrückliche Zustimmungserklärung der Honorarlehrkraft ist auch bei neu abzuschließenden Verträgen, zumindest innerhalb der Übergangsfrist, erforderlich, damit die Regelung des § 127 SGB IV greift. Sie sollte auch bei neuen Verträgen, die bereits obige Voraussetzungen erfüllen, schriftlich und in einer eigenen Erklärung – und nicht als Teil des Arbeitsvertrags – abgegeben und von der Honorarlehrkraft unterzeichnet werden. Insoweit besteht bei Neuverträgen kein Unterschied zu den Erfordernissen einer Zustimmungserklärung bei Altverträgen (siehe oben).

Fazit | Auch, wenn die neue Übergangsregelung des § 127 SGB IV für die Bildungseinrichtungen und ihre Honorarlehrkräfte mit Blick auf die Sozialversicherungspflicht bis zum 31.12.2026 Rechtssicherheit schafft, wird diese in vielen Fällen nicht ohne Ergänzung bestehender Verträge und Anpassung neu abzuschließender Verträge erlangt werden können. Die Bildungseinrichtungen sind daher gut beraten, ihre Verträge und Vertragsmuster zu überprüfen und anzupassen.
Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Als Folge des „Herrenberg-Urteils“: Neue Übergangsregelung für Lehrkräfte bis Ende 2026“, LGP 3/2025, Seite 73 → Abruf-Nr. 50322574

AUSGABE: LGP 5/2025, S. 108 · ID: 50374398

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