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Betriebliche AltersversorgungBFH klärt Bilanzierung beitragsorientierter Leistungszusage ohne garantierte Mindestleistung

Abo-Inhalt25.04.20256 Min. LesedauerVon Dr. Claudia Veh, Deloitte

| Neue fondsgebundene Modelle mit niedrigeren Garantien kommen auch in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) zum Einsatz, was spezielle Fragen hervorrufen kann. So stellte sich bei einer versicherungsrückgedeckten beitragsorientierten Leistungszusage im Durchführungsweg Direktzusage die Frage, wie eine solche Zusage steuerbilanziell zu erfassen ist, wenn die der Zusage zugrunde liegende fondsgebundene Versicherung keine Mindestleistung vorsieht. Jetzt liegt die Antwort des BFH vor. |

Um diese Leistungszusage ging es vor dem BFH

In einem Unternehmen bestanden Pensionszusagen für zehn leitende Angestellte, darunter ein Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf), die zwischen 2009 und 2012 in Form einer „beitragsorientierten Leistungszusage mit Rückdeckungslebensversicherung … und nachgelagerter Verrentung zum Zeitpunkt des Versorgungsbeginns“ erteilt worden waren. Die Rückdeckungsversicherungen waren an die Mitarbeiter verpfändet; die Finanzierung erfolgte teils über arbeitgeberfinanzierte Beiträge und teils über Entgeltumwandlung.

Die Zusagen lauteten auf lebenslange Altersrente oder eine einmalige Kapitalauszahlung. Die Höhe der Leistung sollte sich aus dem Fonds- bzw. Policenwert bei Eintritt des Versorgungsfalls ergeben, wobei der Fondswert dem Wert der auf die Versicherung entfallenden Fondsanteile zum jeweiligen Bewertungsstichtag entsprach. Für den Fall der Verrentung war im Versicherungsschein ein Rentenfaktor garantiert. Für den Todesfall sah die Zusage vor, dass das zum maßgeblichen Zeitpunkt erreichte Deckungskapital an die Hinterbliebenen ausgezahlt werden sollte.

Die Versorgungsberechtigten hatten im Rahmen der Rückdeckungsversicherung die Wahl zwischen Strategie-, Renten-, Aktien-, Themen- und Garantiefonds. Alle Mitarbeiter entschieden sich für eine Fondsvariante ohne Garantien, sodass letztlich alle Zusagen auf fondsbasierten Versicherungslösungen basierten, die keine Mindestleistung vorsahen.

Der Lebensversicherer teilte dem Unternehmen jährlich die Höhe des Zeitwerts der Rückdeckungsversicherungen mit. Das waren 67.788 Euro im Jahr 2010, 149.228 Euro im Jahr 2011 und 250.458 Euro im Jahr 2012. Das Unternehmen aktivierte die Rückdeckungsversicherungen mit diesem Wert und passivierte die Pensionszusagen mit einer Rückstellung in gleicher Höhe. Es war der Meinung, der jeweilige Wert der Rückdeckungsversicherung zum Bilanzstichtag entspreche dem Wert der Zusage und sei der zu bilanzierende Wert.

Betriebsprüfer sah Verstoß gegen Voraussetzungen des § 6a EStG

Bei einer Betriebsprüfung sah der Prüfer die Voraussetzungen des § 6a EStG als nicht erfüllt an; die Bildung einer Pensionsrückstellung scheide aus.

Hintergrund | Nach § 6a Abs. 1 EStG darf für eine Pensionsverpflichtung eine Rückstellung (Pensionsrückstellung) nur gebildet werden, wenn und soweit

  • 1. der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat,
  • 2. die Pensionszusage keine Pensionsleistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen vorsieht und keinen Vorbehalt enthält, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist, und
  • 3. die Pensionszusage schriftlich erteilt ist; die Pensionszusage muss eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten.

FG Münster: Pensionsrückstellung sind zu bilden

Das FG Münster schloss sich dem Betriebsprüfer nicht an. Es kam vielmehr zu dem Ergebnis, dass eine Pensionsrückstellung zu bilden sei, auch wenn die Höhe der zugesagten Leistungen nicht konkret feststand. Auf Basis des Stichtagsprinzips des § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 2 2. Halbs. und § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 EStG sei bei der Bewertung der Zusagen auf den jeweiligen Stand der Rückdeckungsversicherung zum Bilanztermin abzustellen (FG Münster, Urteil vom 18.03.2021, Az. 10 K 4131/15 K,G,F, Abruf-Nr. 225708).

Allerdings hielt das FG für die Bewertung an den Regelungen des § 6a Abs. 3 EStG (Teilwertverfahren, Rechnungszins in Höhe von sechs Prozent) fest. Auf dieser Basis war der Passivwert der Pensionszusagen deutlich niedriger als der Aktivwert. So beliefen sich die Pensionsrückstellungen im Jahr 2010 auf 13.630 Euro, im Jahr 2011 auf 33.227 Euro und im Jahr 2012 auf 50.625 Euro.

Auch BFH stellt klar: Pensionsrückstellungen sind zu bilden

Der BFH hat die Sicht des FG Münster bestätigt. Dezidiert prüfte er die Voraussetzungen des § 6a EStG und kam zu folgendem Ergebnis (BFH, Urteil vom 04.09.2024, Az. XI R 25/21, Abruf-Nr. 246487):

Rechtsanspruch auch bei wertpapiergebundener Pensionsverpflichtung

Ein Rechtsanspruch auf eine Pensionsleistung i. S. v. § 6a Abs. 1 Nr. 1 EStG besteht auch bei wertpapiergebundenen Pensionsverpflichtungen der vorliegenden Art ohne garantierte (Mindest-)Versorgung, wenn und soweit der Umfang dieser Verpflichtungen unter der gemäß § 158 BGB aufschiebenden Bedingung steht, dass sich die Höhe der zugesagten Leistungen nach dem bis zum Versorgungsbeginn ungewissen Wert der Fondsanteile bzw. Rückdeckungslebensversicherung richtet.

BFH sieht keine steuerschädliche Gewinnabhängigkeit/keinen Vorbehalt

Die in § 6a Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 1 EStG geregelte „Gewinnabhängigkeit“ der Pensionsleistungen bezieht sich allein auf gewinnabhängige Bezüge, also nur auf künftige Tantiemen und Boni des Arbeitgebers. Eine schädliche Gewinnabhängigkeit anderer externer Quellen, ist, so der BFH, davon nicht erfasst.

Und die vorliegende Ungewissheit mit der Möglichkeit der Reduktion von Versorgungsanwartschaften bezieht sich ausschließlich auf die in Bezug genommenen Bemessungsgrößen (sprich den künftigen Wert der Fondsanteile), nicht auf die Versorgungszusagen als solche. Dies ist nicht als schädlicher Vorbehalt i. S. v. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 EStG zu werten.

Klarheits- und Eindeutigkeitsfordernis liegen vor

Das Klarheits- und Eindeutigkeitserfordernis des § 6a Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 2 EStG bedeutet nicht die Angabe eines bezifferten Betrags. Vielmehr stellt die Klarheit der Höhe der künftigen Leistungen auf das Volumen der Leistungen ab, die genau festzulegen sind, entweder als fester Betrag oder abhängig von definierten Bemessungsgrundlagen. Das war hier der Fall.

Wichtig | Da im Urteilsfall sämtliche Voraussetzungen des § 6a EStG für die Bildung von Pensionsrückstellungen erfüllt waren, konnte für diese Pensionszusagen eine Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz gebildet werden; die gebildeten Rückstellungen waren nicht gewinnerhöhend aufzulösen.

Bewertung mit Teil- bzw. Barwert

Die Bilanzierung hat auf Basis des § 6a Abs. 3 EStG mit dem Teilwert und auf Basis eines Rechnungszinses in Höhe von sechs Prozent zu erfolgen. D. h. dass Anwartschaften aus Entgeltumwandlung i. S. v. § 1 Abs. 2 BetrAVG mindestens in Höhe des Barwerts der unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres (Anwartschaftsbarwert) und arbeitgeberfinanzierte Zusageteile stets mit dem Teilwert (Differenz zwischen dem Barwert der versprochenen Pensionsleistungen und dem sog. Prämienbarwert) zu bilanzieren sind.

Die gegenüber dem GGf erteilte Versorgungszusage ist jedoch stets mit dem Teilwert zu bilanzieren, auch bei Entgeltumwandlung, da dieser nicht unter den Geltungsbereich des BetrAVG fällt. Dies hat der BFH bereits im Urteil vom 27.05.2020 (Az. XI R 9/19, Abruf-Nr. 217867) so entschieden.

Wichtig | Diese Regelungen des § 6a EStG sind abschließend. Für die vom Unternehmen geltend gemachte Bewertung der Pensionsrückstellung mit dem jeweils aktuellen Wert der Fondsanteile bzw. dem Deckungskapital der Rückdeckungsversicherung fehlte es an einer gesetzlichen Grundlage.

Der BFH teilte weiter die Ansicht des FG, dass als Bewertungsgrundlage auf Basis des Stichtagsprinzips die zu den jeweiligen Bilanzstichtagen aktuellen Werte der Rückdeckungsversicherungen zugrunde zu legen sind. Diese Werte stellen nach den Verhältnissen des jeweiligen Bilanzstichtags die Werte dar, aus denen sich beim späteren Eintritt des Versorgungsfalls die Versorgungsleistungen ergeben. Die zu bilanzierende Pensionsrückstellung ergibt sich dann – wie dargelegt – unter Anwendung des Teilwert- bzw. Barwertverfahrens und eines Rechnungszinses von sechs Prozent.

Fazit | Auch für versicherungsrückgedeckte beitragsorientierte Pensionszusagen, bei denen keine Mindestleistung garantiert wird, kann eine Pensionsrückstellung gebildet werden, so der BFH. Abzuwarten bleibt, ob sich die Finanzverwaltung dem BFH anschließt und ihr BMF-Schreiben vom 17.12.2002 (Az. IV A 6 – S 2176 – 47/02, Abruf-Nr. 246965) überarbeitet bzw. aufhebt.

AUSGABE: LGP 5/2025, S. 104 · ID: 50374745

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