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VergütungSo sind Umkleide-, Wege- und Körperreinigungszeiten arbeitsrechtlich zu bewerten

Top-BeitragAbo-Inhalt04.04.202511 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Dr. Christian Schlottfeldt, Berlin

| Die Anrechnung von Umkleidezeiten, Wegezeiten zwischen Umkleidebereich und betrieblichem Arbeitsplatz sowie Körperreinigungszeiten wirft viele Fragen auf. Wann müssen solche Zeiten als Arbeitszeit angerechnet werden? Ist es möglich, den zeitlichen Aufwand außerhalb der „echten“ Arbeitszeit zu vergüten? Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht? Wie kann die Vergütung geregelt werden? Sind bezahlte Umkleidezeiten Teil der Entgeltfortzahlung? Müssen Umkleidezeiten etc. als Arbeitszeit im Sinne des ArbZG bewertet werden? LGP gibt einen arbeitsrechtlichen Überblick. |

Umkleidezeiten und umkleidebedingte Wegezeiten

Gemäß §§ 611, 611a BGB ist der Arbeitnehmer durch den Arbeitsvertrag zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit im Dienste des Arbeitgebers verpflichtet. Der Arbeitgeber schuldet für diese Arbeitsleistung die vereinbarte Vergütung. Nach § 612 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

Die Frage nach der vergütungsrechtlichen Bewertung von Umkleidezeiten, umkleidebedingten Wegezeiten und Körperreinigungszeiten führt arbeitsrechtlich zur Frage, ob solche Zeiten Teil der im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitsleistung oder sonstige Dienste mit berechtigter Vergütungserwartung sind.

Wo/wann beginnt (und endet) die Arbeitszeit?

Die Frage von Beginn und Ende der arbeitsrechtlich relevanten Arbeitszeit ist gesetzlich nicht festgelegt. Grundsätzlich gilt: Arbeitszeit beginnt mit Aufnahme der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung bzw. Tätigkeit (und endet mit Abschluss dieser Leistungen bzw. Tätigkeiten). „Arbeit“ ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient, also fremdnützig ist (BAG, Urteil vom 31.03.2021, Az. 5 AZR 292/20, Abruf-Nr. 223420).

Wichtig | Für weitere der Arbeitsleistung vor- und nachgelagerte Zeiten besteht grundsätzlich kein Vergütungsanspruch. Denn es handelt sich nicht um „fremdbestimmte Dienste“ – etwa Wegezeiten zwischen Wohnung und betrieblichem Arbeitsplatz.

Soweit der Arbeitsvertrag oder ein auf den Arbeitsvertrag anwendbarer Tarifvertrag Regelungen zu Beginn und Ende der Arbeitszeit enthält, sind diese verbindlich. So legte etwa der (durch den TVöD abgelöste) Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) fest, dass die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit an der Arbeitsstelle beginnt (§ 15 Abs. 7 BAT). In der Nachfolgeregelung des TVöD ist eine solche Klausel nicht mehr enthalten, sodass hier die Arbeitszeit nicht mit dem Erreichen der Arbeitsstelle, sondern erst mit tatsächlicher Aufnahme der vereinbarten Tätigkeit beginnt. Auch andere Tarifverträge enthalten oft keine speziellen Regelungen dazu.

Wichtig | Ist arbeitsvertraglich vereinbart, dass Umkleidezeiten nicht (!) zu der zu vergütenden Arbeitszeit gehören, ist das wirksam. Und es besteht auch dann kein Vergütungsanspruch für Umkleidezeiten, wenn das Tragen von Arbeitskleidung erforderlich ist, um die Arbeit auszuführen. Allerdings darf der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten werden (mehr dazu unten).

Die Rechtsprechung des BAG zur Vergütung

Besteht keine besondere arbeits- oder tarifvertragliche Regelung, ist die Frage, ob Umkleidezeiten Arbeitszeit sind, nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu bewerten, die die höchstrichterliche Rechtsprechung für die Bewertung solcher „Randzeiten“ aufgestellt hat.

Nach der Rechtsprechung des BAG handelt es sich beim An- und Ablegen von Arbeitskleidung um Arbeitszeit, wenn das Tragen der Arbeitskleidung vorgeschrieben ist und die Arbeitskleidung nur im Betrieb getragen werden darf. Der mit dem Umkleiden verbundene Zeitaufwand des Arbeitnehmers beruht in diesem Fall auf der Anweisung des Arbeitgebers zum Tragen dieser Kleidung. Er ist damit ausschließlich fremdnützig und deshalb als Arbeit zu vergüten. Das gilt entsprechend für Wegezeiten auf dem Betriebsgelände zwischen Umkleidebereich und betrieblichem Arbeitsplatz (BAG, Urteil vom 13.10.2021, Az. 5 AZR 270/20, Abruf-Nr. 227836).

Kann die Arbeitskleidung auch außerhalb des Betriebs getragen werden und stellt der Arbeitgeber es den Arbeitnehmern frei, die Arbeitskleidung zu Hause an- und abzulegen, so ist der Aufwand des Umkleidens auch dann fremdnützige Arbeit, wenn sich der Arbeitnehmer dafür entscheidet, die Arbeitskleidung im Betrieb anzulegen. Das gilt auch bei einer nicht besonders auffälligen Dienstkleidung. Entscheidend ist allein, dass der Zeitaufwand des Umkleidens auf der Weisung des Arbeitgebers zum Tragen einer vorgeschriebenen Kleidung beruht (BAG, Urteil vom 15.07.2021, Az. 6 AZR 207/20, Abruf-Nr. 226004).

Das Umziehen in Arbeitskleidung ist dagegen nicht (!) lediglich fremdnützig (und damit keine Arbeitszeit), wenn der Arbeitnehmer sie aus freien Stücken zu Hause anlegt und auf dem Weg zur Arbeitsstätte trägt. Das Umkleiden dient in diesem Fall auch dem eigenen Interesse des Arbeitnehmers, keine eigenen Kleidungsstücke auf dem Arbeitsweg zu tragen (BAG, Urteil vom 13.10.2021, Az. 5 AZR 270/20, Abruf-Nr. 227836). Hat der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Arbeitskleidung nicht vorgeschrieben, so entsteht auch dann kein Vergütungsanspruch für das Umkleiden, wenn der Arbeitgeber Arbeitskleidung zur freiwilligen Nutzung zur Verfügung stellt.

Praxistipp | Als Faustformel lässt sich bei angeordnetem (!) Tragen von Arbeitskleidung formulieren: „Arbeitszeit beginnt mit Umkleiden in Arbeitskleidung in der Betriebsstätte.“
  • Fall 1: Anordnung + Umkleiden im Betrieb → Arbeitszeit beginnt mit Umkleiden
  • Fall 2: Keine Anordnung + Umkleiden im Betrieb → Umkleiden keine Arbeitszeit
  • Fall 3: Anordnung + Umkleiden zu Hause → Umkleiden ist keine Arbeitszeit

Umfang der anzurechnenden Umkleidezeit

Soweit Umkleidezeiten als arbeitsvertragliche Leistung anzusehen sind, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Anrechnung in dem für die Umkleidevorgänge (einschließlich Ab- und Anlegen der Privatkleidung) erforderlichen zeitlichen Umfang (ggf. zzgl. umkleidebedingter Wegezeiten auf dem Betriebsgelände und verschmutzungsbedingter Körperreinigungszeiten, dazu unten mehr). Dabei muss der Arbeitnehmer das Umkleiden unter Ausschöpfung seiner vollen Leistungsfähigkeit durchführen, darf also nicht „bummeln“.

Pauschalierung von Umkleidezeiten – ja oder nein?

In der Praxis stell sich die Frage, ob man Umkleidezeiten pauschaliert anrechnen soll. Verschiedene Argumente sprechen dafür und dagegen:

  • Gegen pauschalierte Anrechnungen (z. B. Gutschrift von pauschal jeweils fünf Minuten Umkleidezeit vor und nach der täglichen Arbeitszeit) für Umkleidezeiten spricht: Derartige Pauschalen könnten einzelne Arbeitnehmer mit dem Argument angreifen, dass, dass sie auf Basis eines individualisierten Leistungsmaßstabs nicht ausreichend seien.
  • Für pauschalierte Anrechnungen erforderlicher Umkleidezeiten spricht vor allem ihre Kalkulierbarkeit für den Arbeitgeber. Aber auch Arbeitnehmer profitieren, wenn sie durch „sportliches“ Umziehen tatsächlich weniger Zeit für das Umkleiden benötigen als gemäß Pauschale unterstellt.

In der Praxis haben sich pauschalierte Umkleidezeiten bewährt, wenn sie so bemessen sind, dass das Umkleiden innerhalb der festgelegten Zeit realistisch möglich ist. Eventuelle Unterschiede des individuellen Zeitbedarfs dürften unter der Maßgabe der Ausschöpfung der individuellen Leistungsfähigkeit bei den üblichen Umkleidevorgängen ohnehin nicht allzu sehr ins Gewicht fallen. Das Risiko einer späteren Nachforderung für den Fall nicht ausreichend bemessener Zeitspannen kann durch arbeitsrechtliche Ausschlussklauseln gemindert werden. Dabei sollte bei Arbeitnehmern, die auf Basis des Mindestlohns vergütet werden, aber besonders auf die Angemessenheit der pauschalen Anrechnung geachtet werden (dazu unten mehr).

Praxistipp |
  • Die Umsetzung kann bei elektronischer Zeiterfassung mittels Terminals so erfolgen, dass der Arbeitnehmer erst nach dem Umkleiden „einstempelt“ („Stempeln in Schwarz“), wodurch die Anrechnung einer Pauschale ausgelöst wird (entsprechend am Arbeitsende). Soll die tatsächliche Arbeitszeit, die der Arbeitnehmer benötigt, angerechnet werden, müsste das Erfassungsgerät vor der Umkleide angebracht werden („Stempeln in Weiß“).
  • Soweit Umkleidezeiten vergütungsrechtlich als Arbeitszeit bewertet werden, kann arbeitsvertraglich auch vereinbart werden, dass diese Zeiten außerhalb der Vertragsarbeitszeit gesondert vergütet werden, um die „echte“ Arbeitszeit für wertschöpfende Tätigkeiten zu schonen.
  • Denkbar wäre auch eine Pauschalierung dahingehend, dass der für Umkleidezeiten entstehende zeitliche Aufwand durch eine bestimmte Zahl zusätzlicher freier Tage („Umkleidetage“) abgegolten wird. Alternativ könnte Arbeitnehmern auch ein Wahlrecht eingeräumt werden, ob Umkleidezeiten auf die SollArbeitszeit angerechnet oder als Mehrstundenkontingent ausgezahlt werden.

Was für umkleidebedingte Wegezeiten gilt

Für umkleidebedingte Wegezeiten gilt das vorstehend Gesagte entsprechend: Kommt man zum Ergebnis, dass Umkleidezeiten Teil der vertraglich geschuldeten „Arbeit“ sind, dann sind auch die Wegezeiten zwischen Umkleidebereich und Arbeitsplatz Arbeitszeit, da „fremdnützig“. Auch für diese Zeiten könnte aber im Rahmen des Mindestlohnrechts eine abweichende Regelung vertraglich vereinbart werden.

Bei der Festlegung pauschalierter Anrechnungen werden in der Praxis Wegezeiten in der Regel in die Pauschalen einbezogen. Aufgrund der Rechtsprechung zur (gegenüber der früheren Entscheidungslinie des BAG) tendenziell großzügigeren Anrechnung von Umkleidezeiten versuchen Betriebe, die Umkleidebereiche möglichst nah an den Arbeitsplatz zu verlagern (z. B. im Pflegebereich „Umziehen auf Station“ statt in zentraler Umkleide).

Wichtig | Entscheidet sich der Arbeitnehmer dafür, die Arbeitskleidung in seinem Privatbereich an- und abzulegen, besteht auch kein Anspruch auf Anrechnung der Wegezeiten zwischen Wohnort und Betrieb.

Was für Körperreinigungszeiten gilt

Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für Körperreinigungszeiten: Sind diese angeordnet, sind sie unabhängig vom alltäglichen eigenen Reinigungsbedürfnis fremdnützig und damit als Arbeitszeit anzusehen.

Hier kommt vor allem Hygienevorschriften und sonstigen Arbeitsschutzvorschriften eine wichtige Bedeutung zu: Soweit die Körperreinigung aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder betrieblich festgelegter Arbeitsschutzmaßnahmen vorgeschrieben ist, gilt sie als angeordnet und ist als Teil der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit anzusehen.

Wichtig | Unternehmen sollten beachten: Körperreinigungszeiten gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung nach Arbeitsende und der Weg nach Hause ohne eine vorherige Körperreinigung nicht zugemutet werden kann.

Dabei erfordert nach Ansicht des BAG nicht jede im Verlauf eines Arbeitstags auftretende Verschmutzung oder Verunreinigung das Duschen nach der Arbeit. Soweit nur übliche Verunreinigungen, Schweiß- und Körpergeruchsbildung entstehen, dient deren Beseitigung der Befriedigung privater Bedürfnisse und sind nicht ausschließlich fremdnützig und damit nicht vergütungspflichtig (BAG, Urteil vom 23.04.2024, Az. 5 AZR 212/23, Abruf-Nr. 243394).

Anrechnung von Umkleidezeiten etc. im Rahmen der Entgeltfortzahlung

Soweit ein Anspruch auf Vergütung von Umkleidezeiten etc. besteht, gilt dies auch für den Fall des krankheits- oder feiertagsbedingten Arbeitsausfalls mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung sowie für Urlaubstage.

  • Gemäß § 4 Abs. 1 EntgFG hat der Arbeitnehmer im Rahmen der Entgeltfortzahlung für krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das ihm bei der für ihn maßgebenden „regelmäßigen Arbeitszeit“ zusteht.
  • Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (§ 2 Abs. 1 EntgFG).

Sind Umkleidezeiten etc. regelhaft erforderlich, handelt es sich bei ihnen nicht um „Überstunden“ i. S. v. § 4 Abs. 1a) EntgFG, für die kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, sondern um regelmäßige Arbeitszeit im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts. Das gilt auch dann, wenn diese Zeitspannen nicht auf die arbeitsvertragliche Arbeitszeit angerechnet, sondern zusätzlich zum regelmäßigen Arbeitsentgelt als Mehrarbeit vergütet werden.

  • Grundsätzlich gilt dabei, dass Umkleidezeiten etc. in dem Umfang zu vergüten sind, wie sie bei tatsächlicher Arbeitsleistung angefallen wären (sog. Ausfallprinzip).
  • Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag vorsieht, dass die Arbeitsleistung auf Abruf geleistet wird (§ 12 TzBfG), gilt abweichend davon, dass die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Referenzzeitraum) anzurechnen ist (§ 12 Abs. 4 TzBfG). In den Durchschnitt sind Umkleidezeiten etc. einzubeziehen.
  • Hat das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit keine drei Monate bestanden, ist die durchschnittliche Arbeitszeit seit Beschäftigungsbeginn zugrunde zu legen. Dabei bleiben Zeiten von Kurzarbeit, Krankheit und Urlaub außer Betracht.

Auch an Urlaubstagen besteht Anspruch auf Einbeziehung der Vergütung für Umkleidezeiten etc. in die gemäß § 11 Abs. 1 zu gewährende Urlaubsvergütung. Wird dem Arbeitnehmer ein festes Monatsentgelt gezahlt und werden Umkleidezeiten etc. auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit angerechnet, so hat der Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass diese Anrechnung auch an Urlaubstagen erfolgt.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer arbeitet im Schichtbetrieb mit Acht-Stunden-Schicht incl. 30-Minuten-Pause. Zusätzlich zur „echten“ Schichtzeit werden pro Schicht 2 x 6 Minuten (= 12 Minuten) erforderliche Umkleidezeit auf die Arbeitszeit angerechnet.
Lösung: Bei 30 Minuten unbezahlter Pause ergibt sich bei tatsächlicher Arbeitsleistung eine Anrechnung von 7 Stunden 42 Minuten bzw. 7,7 Stunden (= 7,5 h reine Arbeitszeit + 2 x 0,1 h Umkleidezeit). Dieser Wert ist auch für Urlaubstage sowie – im Rahmen der gesetzlichen Entgeltfortzahlung – bei Arbeitsausfall aufgrund von Krankheit, Feiertag und Urlaub anzurechnen. Die 12 Minuten Umkleidezeit werden an diesen Tagen wie „echte“ Arbeitszeit behandelt.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer wird auf Abruf beschäftigt; die tägliche Arbeitszeit beträgt 8 Stunden abzüglich 30 Minuten Pause. Er wird sowohl in Arbeitsbereichen mit verpflichtendem Tragen von Arbeitskleidung als auch in Bereichen ohne vorgeschriebene Arbeitskleidung eingesetzt. Für Arbeitstage, an denen er sich in Arbeitskleidung umziehen muss, werden ihm pro Tag 15 Minuten (0,25 Stunden) als erforderliche Umkleidezeit auf die Arbeitszeit angerechnet. Das Arbeitsverhältnis besteht seit einem Jahr. Der Arbeitnehmer wird für eine Woche krankgeschrieben. Er hat in den zurückliegenden drei Monaten 40 tatsächliche Arbeitstage geleistet, davon 16 Tage in Bereichen mit vorgeschriebener Arbeitskleidung (Anrechnung: 7,75 Stunden pro Arbeitstag) und 24 Tage in anderen Bereichen (Anrechnung: 7,5 Stunden pro Arbeitstag).
Lösung: Für die an Krankheitstagen anzurechnende Arbeitszeit ist ein Durchschnitt der Anrechnung der tatsächlichen Arbeitstage zu bilden:
[(16 Tage x 7,75 Stunden) + (24 Tage x 7,5 Stunden)] : 40 Tage = 7,6 Stunden/Tag.

Mitbestimmung des Betriebsrats

Sind Umkleidezeiten zu vergüten, handelt es sich auch um Arbeitszeit im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn. Soweit der Betriebsrat bei der Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitzubestimmen hat, erfasst dies auch die zeitliche Festlegung der entsprechenden Zeitspannen vor und nach der „echten“ Arbeitszeit. Im Konfliktfall muss die Einigungsstelle (§ 76 BetrVG) entscheiden.

Der Arbeitnehmer muss zu der zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat festgelegten Arbeitszeit mit dem Umkleiden beginnen und ist nach der Arbeit innerhalb der definierten Umkleidezeit zur Anwesenheit im Betrieb verpflichtet.

Arbeitszeitschutz- und Mindestlohnrecht

Sind Umkleidezeiten sowie umkleidebedingte Wegezeiten und ggf. Körperreinigungszeiten aufgrund ihrer ausschließlichen Fremdnützigkeit zu vergütende „Arbeit“, so handelt es sich bei diesen Zeiten auch um Arbeitszeit i. S. v. § 2 Abs. 1 ArbZG. Sie sind bei der Einhaltung der arbeitszeitgesetzlich festgelegten Grenzen der täglichen Arbeitszeitgestaltung (Höchstarbeitszeit, Ruhepausen, Ruhezeit) zu berücksichtigen. So muss etwa

  • die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden (§ 3 S. 2 ArbZG) bzw.
  • die durchschnittlich einzuhaltende Arbeitszeit von acht Stunden/Werktag bzw. 48 Stunden/Woche einschließlich der angeordneten Umkleidezeiten

eingehalten werden.

Arbeitszeitschutz- und Mindestlohnrecht

Für angeordnete Umkleidezeiten sowie umkleidebedingte Wegezeiten und gegebenenfalls Körperreinigungszeiten als fremdnützige „Arbeit“ besteht darüber hinaus Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Die dem Arbeitnehmer monatlich gezahlte Vergütung muss also einschließlich dieser Zeiten im Durchschnitt den gesetzlichen Mindestlohn erreichen.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer wird zum Stundenlohn von 13 Euro beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, dass mit der vereinbarten Vergütung betrieblich erforderliche Umkleidezeiten abgegolten sind. Der zeitliche Aufwand für das Umkleiden beträgt 5 Minuten vor und nach der Arbeitszeit. Die tägliche Arbeitszeit (ohne Umkleidezeit) beträgt 8 Stunden. Der gesetzliche Mindestlohn beträgt 12,82 Euro (Stand 01.01.2025).
Lösung: Der vereinbarte Lohn für einen Arbeitstag beträgt 8 Stunden x 13 Euro = 104 Euro. Die mindestlohnpflichtige Arbeitszeit einschließlich Umkleidezeit beträgt 8 Stunden 10 Minuten (8,17 Stunden). Der Stundenlohn beträgt: 104 Euro : 8,17 Stunden = 12,73 Euro. Der Mindestlohn würde also unterschritten, sodass der Arbeitslohn angepasst werden muss. Für einen Arbeitstag ergibt sich: 8,17 Stunden x 12,82 = 104,74 Euro (statt 104,00 Euro).

ID: 50355865

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