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Pensionszusage/AltersversorgungWirtschaftliche Notlagen und Krisen – wann Unternehmen Pensionszusagen reduzieren können

Abo-Inhalt17.03.202510 Min. LesedauerVon Dr. Claudia Veh, Deloitte, München

| Aufgrund der gegenwärtig wirtschaftlich angespannten Lage stellt sich in vielen Unternehmen die Frage, ob die Pensionszusage des (Gesellschafter-)Geschäftsführers reduziert werden kann, um das Unternehmen zu entlasten. Während bei einem angestellten, nicht beteiligten Geschäftsführer in erster Linie arbeitsrechtliche Fragen zu klären sind, stehen bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf) steuerliche Aspekte im Vordergrund. Das schränkt den Spielraum für eine Reduzierung der Zusage ein. |

Reduktion der Zusage bei angestellten Gf/Vorständen

Grundsätzlich sind Versorgungszusagen an Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch einen Änderungsvertrag änderbar. Doch in der Regel wird ein Arbeitnehmer nicht bereit sein, einer Reduktion seiner Zusage zuzustimmen. In diesen Fällen kommt für eine Verschlechterung einer Zusage eine betriebsbedingte Änderungskündigung in Betracht, bei der die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten sind. In der Praxis spielen daher solche Verschlechterungen von Einzelzusagen eine untergeordnete Rolle.

Vor OLG Köln: Reduktion einer laufenden Rente eines ehemaligen Vorstands

Dass die Möglichkeiten, aus wirtschaftlicher Notlage eine individuelle Versorgungszusage gegen den Willen des Begünstigten zu reduzieren, begrenzt sind, zeigt auch der Fall eines ehemaligen Vorstands vor dem OLG Köln. In diesem Fall hatte ein Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen eine bereits laufende Rente eines ehemaligen Vorstands einer AG reduziert. Mit dieser Kürzung war der Versorgungsberechtigte nicht einverstanden.

Die Einzelzusage sah eine monatliche Altersrente ab dem Alter von 65 vor, die nach Eintritt des Leistungsfalls analog der Anpassung der Tarifgehälter der maßgeblichen Branche dynamisiert werden sollte. Eingeschlossen war auch ein Widerrufsvorbehalt. In dem behielt sich die Gesellschaft vor, die zugesagte Leistung zu kürzen oder einzustellen, u. a. wenn die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihr eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistung nicht mehr zugemutet werden kann.

Der Vorstand schied auf Basis eines Aufhebungsvertrags im Jahr 1998 aus dem Unternehmen aus und bezog ab April 2000 bis Juni 2023 seine Altersrente unter Berücksichtigung erfolgter Tarifanpassungen. Zuletzt betrug die monatliche Altersrente 18.101,90 Euro. Die tarifliche Erhöhung von 5,2 Prozent zu Juni 2023 hatte das Unternehmen bereits nicht mehr berücksichtigt. Mit Schreiben vom Juli 2023 teilte das Unternehmen dem ehemaligen Vorstand ferner mit, die Rente wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten auf 9.050,95 Euro zu kürzen, was einer Halbierung der Zusage entsprach. Der Vorstand widersprach und forderte die Rente in voller Höhe sowie die letzte Erhöhung von 5,2 Prozent.

OLG Köln lehnt Kürzung der Pensionszusage ab

Das OLG entschied – wie die Vorinstanz –, dass das Unternehmen nicht berechtigt war, die Rente zu kürzen. Eine (wirksame) Rechtsgrundlage bestand nicht (OLG Köln, Urteil vom 26.09.2024, Az. 18 U 35/24, Abruf-Nr. 246306):

  • Geprüft hat das OLG die Anwendung der Regelung des § 87 Abs. 2 AktG, die lautet: „Verschlechtert sich die Lage der Gesellschaft nach der Festsetzung so, dass die Weitergewährung der Bezüge nach Absatz 1 unbillig für die Gesellschaft wäre, so soll der Aufsichtsrat oder im Falle des § 85 Absatz 3 das Gericht auf Antrag des Aufsichtsrats die Bezüge auf die angemessene Höhe herabsetzen. Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art können nur in den ersten drei Jahren nach Ausscheiden aus der Gesellschaft nach Satz 1 herabgesetzt werden.“ Eine Kürzung auf Basis dieser Vorschrift kommt nur bei pflichtwidrigem Verhalten des Vorstands infrage oder wenn die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in die Zeit seiner Vorstandsverantwortung fällt und ihm zurechenbar ist. Da der Vorstand vor mehr als 25 Jahren aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor.
  • Auch aus § 242, 313 BGB (Treu und Glauben, Störung der Geschäftsgrundlage) konnte das OLG keine Rechtsgrundlage für eine Kürzung über die in § 87 Abs. 2 AktG festgelegte Dreijahresfrist hinaus ableiten. Denn hierfür sind noch höhere Anforderungen zu stellen, etwa dass eine Insolvenz drohen würde. Dies war hier jedoch nicht der Fall.
  • Das Unternehmen konnte die Anpassung der Versorgungszusage auch nicht auf eine wirksame vertragliche Vereinbarung stützen, so das OLG. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 18.11.2008, Az. 3 ATR 417/07, Abruf-Nr. 246307) stelle die wirtschaftliche Notlage eines Arbeitgebers keinen sachlichen Grund mehr für einen Widerruf einer Versorgungszusage dar, nachdem die wirtschaftliche Notlage als Sicherungsfall für die gesetzliche Insolvenzsicherung über den Pensions-Sicherungs-Verein in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 BetrAVG zum 31.12.1998 aus dem Gesetz gestrichen wurde. Das Risiko der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt beim Arbeitgeber und kann grundsätzlich nicht auf den Empfänger abgewälzt werden.

Dahinstehen konnte, ob der Widerrufsvorbehalt in der Pensionszusage bereits durch diese BAG-Rechtsprechung obsolet geworden ist. Weiter konnte dahinstehen, ob die BAG-Rechtsprechung auf einen Vorstand einer AG überhaupt anwendbar ist. Denn: Bei der offensichtlich vorformulierten Klausel in der Pensionszusage handelt es sich um AGB.

  • Der Vorstand ist, so das OLG, bezogen auf den Abschluss des Anstellungsvertrags als Verbraucher i. S. v. § 310 Abs. 3 BGB anzusehen.
  • Die Klausel in der Pensionszusage ist AGB.
    • Zwar argumentierte das Unternehmen, die Pensionszusage wäre individuell vereinbart und verhandelt worden. Doch dies ist nur dann der Fall, wenn der Verwender (das Unternehmen) den in den Geschäftsbedingungen enthaltenen Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt hat, mit zumindest der effektiven Möglichkeit, auf die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen Einfluss zu nehmen. Dies konnte das Unternehmen nicht überzeugend darlegen.
    • Im Übrigen ist AGB-Recht auch dann anwendbar, wenn ein Vertrag (z. B. eine von Versicherungs- oder Beratungsunternehmen zur Verfügung gestellte Muster-Pensionszusage) nur einmalig verwendet wird und der Vertragspartner aufgrund der Vorformulierung keinen Einfluss auf die Gestaltung nehmen kann.

Da also AGB-Recht anwendbar ist, hat das OLG die hierfür maßgeblichen Rechtsvorschriften herangezogen – und die Klausel für unwirksam erachtet:

  • Das OLG kommt zum Schluss, dass die Klausel den Vorstand unangemessen benachteiligt, weil die Bestimmung nicht klar und verständlich war (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Es blieb unklar, wann konkret von einer erforderlichen wesentlichen nachhaltigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage auszugehen war und insbesondere, ab wann vor diesem Hintergrund eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistung unzumutbar sein sollte.
  • Aber selbst wenn man die Meinung vertritt, diese Punkte seien bei Erteilung der Zusage hinreichend bestimmt gewesen, hätte man aufzeigen müssen, dass das Unternehmen seine Kräfte bis auf das Äußerste angespannt habe und dass bei ungekürzter Weiterzahlung der Bestand des Unternehmens gefährdet sei, was jedoch nicht dargelegt worden war.

Vor diesem Hintergrund wäre die Klausel bei Durchführung einer Inhaltskontrolle auch nach § 308 Nr. 4 BGB als unwirksam zu erachten, so das OLG. Im Ergebnis ist die AG also an die Versorgungszusage gebunden.

Wichtig | Die Entscheidung lehrt, dass die Möglichkeiten sehr limitiert sind, aus wirtschaftlichen Gründen eine individuelle Versorgungszusage gegen den Willen des Begünstigten zu reduzieren. Zudem zeigt sie, dass ein Unternehmen die Bedingungen für einen Eingriff möglichst genau regeln sollte.

Das gilt für die Reduktion von Pensionszusagen bei GGf

Deutlich größere Bedeutung kommt der Reduktion von Pensionszusagen bei GGf zu. Hier zeigt die Praxis, dass häufig, wenn sich die wirtschaftliche Situation des Unternehmens verschlechtert, der GGf zunächst sein Gehalt reduziert bzw. für eine gewisse Zeit einstellt. Reicht diese Maßnahme allein für die gewünschte Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens nicht aus, wird im zweiten Schritt eine Reduktion der Pensionszusage geprüft. Dies erfolgt vor allem dann, wenn die Zusagen unterfinanziert sind. Denn dann belasten die Pensionsrückstellungen (ohne ausreichende Finanzierungstitel auf der Aktivseite, die handelsbilanziell bei Zweckbindung und Sicherung, etwa über eine Verpfändung, zur Saldierung mit den Pensionsrückstellungen berechtigten) das Bilanzbild und das Jahresergebnis in besonderem Umfang. Und auch der Ausblick, bei Eintritt eines Versorgungsfalls die zugesagten Leistungen ganz oder teilweise aus dem laufenden Ertrag stemmen zu müssen, erscheint in einer solchen Situation als besondere Last.

Da der GGf zum einen als Versorgungsberechtigter agiert, zum anderen aber auch als Vertreter und Inhaber des Unternehmens, stimmen seine Interessen regelmäßig in einem viel höheren Maße mit denen des Unternehmens überein, als es bei einem angestellten, nicht an der Firma beteiligten Geschäftsführer erwartet werden kann. Das bedeutet: Wenn die GmbH als eigenständige juristische Person aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses die Pensionszusage des GGf reduzieren möchte, ist in der Regel nicht mit Widerstand des Versorgungsberechtigten zu rechnen. Vielmehr ist der GGf regelmäßig bereit, eine solche Reduktion mitzugehen.

Prüfung der betrieblichen Veranlassung durch die Finanzverwaltung

Da die Zuführungen und Auflösungen bei den Pensionsrückstellungen den Gewinn des Unternehmens beeinflussen, hat die Finanzverwaltung stets ein striktes Augenmerk auf die Pensionszusage des GGf. Hält die Zusage sowie jegliche Veränderung an dieser dem Fremdvergleich stand? Liegt betriebliche Veranlassung vor oder vielmehr eine im Gesellschaftsverhältnis wurzelnde Veranlassung? Bei einem Verstoß gegen den Fremdvergleich, also bei Vorliegen einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung, erfolgt eine außerbilanzielle Korrektur der Effekte auf den zu versteuernden Gewinn über eine verdeckte Gewinnausschüttung bzw. eine verdeckte Einlage. Diese führt beim GGf zu steuerlichem Zufluss in Form von Einkünften nach § 19 EStG (vgl. § 8 Abs. 3 KStG). Dies soll im Allgemeinen vermieden werden.

Verzicht auf den Future Service ist unproblematisch

In steuerlicher Sicht unkritisch ist eine Reduktion der Pensionszusage, wenn lediglich auf noch nicht erdiente Anwartschaften (Future Service) verzichtet wird (BMF, Schreiben vom 14.08.2012, Az. IV C 2 – S 2743/10/10001 :001, Abruf-Nr. 122641). Hier erfolgt keine außerbilanzielle Korrektur. Ist der GGf jedoch schon nahe am Pensionsalter, d. h. der überwiegende Teil der Zusage bereits erdient ist, ist der Spielraum für einen solchen Verzicht naturgemäß gering.

Verzicht im Bereich des Past Service ist schwieriger

Soll die Zusage aber so weit reduziert werden, dass in erdiente Anwartschaften (Past Service) eingegriffen wird, ist dies nur dann betrieblich veranlasst möglich, wenn man glaubhaft darlegen kann, dass der Verzicht nicht im Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies wird regelmäßig unterstellt, wenn der Verzicht der Abwendung einer Insolvenz dient (vgl. z. B. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.02.2024, Az. 10 K 1444/22, Abruf-Nr. 246308).

In der Praxis wird ein Verzicht im Bereich des Past Service regelmäßig auch nur in sehr angespannten Situationen verfolgt, wenn die Existenz des Unternehmens auf dem Spiel steht und eine Insolvenz abgewendet werden soll.

Praxistipp | Betroffene sollten vorsorgen, dass ihr Vorgehen bei einer späteren Betriebsprüfung auch lückenlos und klar nachvollzogen werden kann. Deshalb sollten sie die Begründung für den Verzicht sorgfältig dokumentieren und durch entsprechende Berechnungen belegen, dass der Verzicht dazu gedient hat, eine Insolvenz abzuwenden.

Bedacht werden sollte auch immer, dass die Pensionszusage des GGf häufig eine maßgebliche Säule seiner Altersversorgung darstellt. Wird diese reduziert, wirkt sich das nachhaltig auf seine wirtschaftliche Situation im Alter aus.

Wann ein Verzicht gegen Besserungsschein infrage kommt

Eine besondere Variante eines Verzichts ist die Ausgestaltung als Verzicht gegen Besserungsschein. Das bedeutet: Es erfolgt ein Verzicht auf die Pensionsanwartschaften aufgrund einer wirtschaftlichen Krise und unter der Bedingung, dass die Pensionszusage wieder auflebt, wenn die Krise der GmbH überwunden ist. Allerdings ändert dies bei Eingriffen in werthaltige erdiente Anwartschaften nichts daran, dass die Finanzverwaltung eine verdeckte Einlage und lohnsteuerlichen Zufluss annimmt (BMF, Schreiben vom 02.12.2003, Az. IV A 2 – S 2743 – 5/03, Abruf-Nr. 246309).

Wenn sich die wirtschaftliche Situation wieder verbessert, tritt die auflösende Bedingung des Verzichts ein. Alle in der ursprünglichen Pensionszusage getroffenen Regelungen, auch die auf den ursprünglichen Zusagezeitpunkt zurückwirkende Unverfallbarkeit, tritt wieder in Kraft. Da keine neue Zusage erteilt wird, ist auf die Erdienbarkeitsfristen nicht zu achten (BMF, Schreiben vom 09.12.2002, Az. IV A 2 – S 2742 – 68/02, Abruf-Nr. 062111).

Wichtig | In der Praxis wird ein Verzicht gegen Besserungsschein regelmäßig nur dann vorgenommen, wenn tatsächlich bei Eintritt der genau definierten Verbesserung der wirtschaftlichen Lage die Pension wieder aufleben soll und auch finanziert werden kann und wenn eine dann erneute Erteilung einer Zusage an den GGf nicht mehr erdient werden könnte.

Fazit | Gerät ein Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten, sind die Möglichkeiten, erteilte Pensionszusagen zu reduzieren, sehr eingeschränkt. Dies sollte bereits bei Erteilung der Zusagen bedacht und eine adäquate Finanzierung für die Zusagen aufgebaut werden.
GGf sind regelmäßig bei einer wirtschaftlich schwierigen Situation des Unternehmens bereit, die Zusage zu reduzieren. Allerdings ist zu beachten, dass Eingriffe im Past Service ohne unerwünschte steuerliche Aspekte (verdeckte Einlage, Zufluss des Wiederbeschaffungswerts des Verzichts) nur möglich sind, wenn der Eingriff betrieblich veranlasst ist. Die Anforderungen an einen betrieblichen Verzicht sind hoch. Möglich sollte dies immer dann sein, wenn der Verzicht maßgeblich dazu beiträgt, die Insolvenz des Unternehmens abzuwenden.

AUSGABE: LGP 6/2025, S. 126 · ID: 50354465

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