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SonderzuwendungenMit einer Anwesenheitsprämie den Krankenstand reduzieren: Das gilt es steuerlich zu wissen
| Die Fehlzeiten von Arbeitnehmern sind hoch. Dieser Entwicklung gegensteuern wollen manche Arbeitgeber mithilfe einer Anwesenheitsprämie. Sie soll einen Anreiz für Arbeitnehmer schaffen, sich nicht gleich über einen längeren Zeitraum krankschreiben zu lassen, wenn sie nicht ernsthaft erkrankt sind. Doch wie ist eine solche Prämie steuer- und beitragsrechtlich einzuordnen, wie muss sie vertraglich gestaltet sein und wann darf sie gekürzt werden? LGP hat die Antworten. |
Das steckt hinter der Anwesenheitsprämie
Die Fehlzeiten ihrer Arbeitnehmer reduzieren, die Produktivität steigern und Kosten sparen – das sind die Ziele, die Arbeitgeber mit der Zahlung einer Anwesenheitsprämie erreichen wollen. Mit der als Sonderleistung ausgestalteten Prämie sollen gezielt solche Arbeitnehmer finanziell belohnt werden, die selten bis gar nicht krank sind. Ergo: Es soll ein Anreiz für die Anwesenheit geschaffen werden.
Wann, wie und in welcher Höhe die Prämie zu zahlen ist
Für die Anwesenheitsprämie gibt es keine Höchstgrenze. Der Arbeitgeber kann also selbst über die Höhe entscheiden. Genauso kann er die Auszahlung frei regeln. In der Praxis haben sich aber zwei Modelle etabliert: Entweder zahlt der Arbeitgeber die Prämie
- 1. am Anfang des neuen Jahres für das abgelaufene Jahr oder
- 2. monatlich für den vergangenen Monat.
Wichtig | Obgleich der Arbeitgeber Höhe und Auszahlungsrhythmus frei bestimmen kann, gelten für die Kürzung der Prämie Grenzen. Unzulässig ist z. B. die Staffelung der Prämie à la 1.000 Euro bei bis zu fünf Fehltagen, 500 Euro bei bis zu zehn Fehltagen und null Euro bei mehr als zehn Fehltagen. Zulässig ist die Kürzung nur folgendermaßen:
- Fehlt der Arbeitnehmer und besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, kann der Arbeitgeber die Prämie pro Tag um ein Tagesarbeitsentgelt kürzen. Typische Anwendungsfälle sind unbezahlter Sonderurlaub, unberechtigte Fehlzeiten („Blaumachen“) oder die Teilnahme an einem Streik.Bei Entgeltfort- zahlung darf pro Krankheitstag maximal um ...
- Fehlt der Arbeitnehmer und besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung, darf die Kürzung für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit ein Viertel des Arbeitsentgelts nicht überschreiten, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt (§ 4a EFZG). Eine geringere Kürzung (z. B. nur ein Fünftel) kann vereinbart werden. Der klassische Anwendungsfall für diese Kürzung ist die Krankheit.... ein Viertel des durchschnittlichen Tagesarbeitsentgelts gekürzt werden
- Wichtig | Die Kürzung ist auch zulässig, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen ist (BAG, Urteil vom 15.12.1999, Az. 10 AZR 626/98, Abruf-Nr. 243550).
Will der Arbeitgeber die Prämie kürzen, muss er folglich zunächst das Jahresbruttoentgelt des betreffenden Arbeitnehmers ermitteln und dieses dann durch die Zahl der Arbeitstage teilen. Dieser Betrag ist in Fällen der Nummer 1 – also bei Abwesenheit des Arbeitnehmers ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung – zu berücksichtigen. In Fällen der Nummer 2 – sprich bei Entgeltfortzahlung – ist ein Viertel des ermittelten Betrags als Kürzung anzusetzen (BAG, Urteil vom 07.08.2002, Az. 10 AZR 709/01, Abruf-Nr. 243485).
Wichtig | Fehlzeiten infolge von Mutterschutz (EuGH, Urteil vom 21.10.1999, Rs. C-333/97, Abruf-Nr. 243486) und bezahlten Urlaubs dürfen nicht leistungsmindernd berücksichtigt werden.
Praxistipp | Damit die Kürzung wirksam ist, muss sie zwingend in die vertragliche Vereinbarung über die Anwesenheitsprämie aufgenommen werden. |
Beispiel |
Arbeitnehmer A erhält bei einer Fünf-Tage-Woche einen monatlichen Bruttolohn von 4.000 Euro sowie eine einmalige Anwesenheitsprämie in Höhe von 1.000 Euro brutto. A ist im Jahr 2024 an 15 von 250 Arbeitstagen krankheitsbedingt nicht zur Arbeit erschienen. Gemäß Arbeitsvertrag kürzt sein Arbeitgeber die Anwesenheitsprämie konform mit § 4a EFZG um die krankheitsbedingten Fehltage. ... die Kürzung konkret |
So ist die Prämie zu versteuern und zu verbeitragen
Die Anwesenheitsprämie ist steuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn, weil es sich um eine Leistung des Arbeitgebers handelt, die aus dem Arbeitsverhältnis resultiert (§ 8 Abs. 1 und § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Demnach ist die Prämie in der Lohnabrechnung als sonstiger Bezug zu erfassen.
Wichtig | Auch wenn die Anwesenheitsprämie oft als Gesundheitsprämie verstanden wird, ist sie nicht steuerfrei nach § 3 Nr. 34 EStG. Unter diese Steuerbefreiung fallen nur zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen den §§ 20 und 20b SGB V genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen. Diese Anforderungen erfüllt die Anwesenheitsprämie nicht.
Prämie bleibt als Sachbezug bis 50 Euro und als SFN-
Zuschlag steuerfrei |
Was in die vertragliche Vereinbarung zur Prämie muss
Soll in einem Unternehmen eine Anwesenheitsprämie eingeführt werden, sollte diese schriftlich festgehalten werden, um Klarheit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber zu schaffen. Dazu kann eine Klausel in den Arbeitsvertrag eingefügt oder eine Betriebsvereinbarung getroffen werden. Die Vereinbarung sollte Höhe und Auszahlungszeitpunkt der Prämie sowie Bedingungen für deren Kürzung definieren.
Wichtig | Besteht ein Tarifvertrag, der eine Anwesenheitsprämie regelt, muss sich der Arbeitgeber an dessen Vorgaben halten. Ebenso ist der Betriebsrat einzubeziehen, wenn ein solcher für das Unternehmen besteht.
Arbeitgeber, die eine Anwesenheitsprämie einführen wollen, können in ihre bestehenden Arbeitsverträge folgende Musterformulierung aufnehmen:
Musterformulierung / Anwesenheitsprämie |
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Kulanztage oder keine Kürzung bei ärztlichem Attest könnten sinnvoll sein |
AUSGABE: LGP 3/2025, S. 69 · ID: 50185342