PensionszusageDie Abfindung einer dem GGf zugesagten Invalidenrente und deren steuerliche Folgen
| Immer wieder werden Fälle vor den Finanzgerichten behandelt, in denen Anwartschaften aus Pensionszusagen von Gesellschafter-Geschäftsführern (GGf) vorzeitig abgefunden werden und bei denen die steuerlichen Konsequenzen strittig sind. So auch zuletzt vor dem FG Köln. LGP stellt Ihnen den Fall vor. |
Streit um Verzicht auf Absicherung der Berufsunfähigkeit
In einer GmbH bestand für den zu 25 Prozent beteiligten Geschäftsführer, Jahrgang 1966, eine Pensionszusage aus dem Jahr 1999. Zugesagt war eine Alters-, Berufsunfähigkeits- sowie Witwenrente. Die zugesagten Leistungen sollten sich während der Anwartschaft jährlich um zwei Prozent erhöhen. Die Unverfallbarkeit war gemäß den Regelungen in § 1b und § 2 BetrAVG vereinbart. Mit der Zusageerteilung wurde eine selbstständige Berufsunfähigkeits-Rückdeckungsversicherung abgeschlossen und an den GGf verpfändet.
Im Jahr 2015 wurde der Anwartschaftstrend widerrufen. Im Jahr 2016 wurde die Alters- und Witwenrente ausgelagert und im Jahr 2017 wurde die Rückdeckungsversicherung auf den GGf übertragen (Versicherungsnehmerwechsel). Im Gegenzug verzichtete der GGf gegenüber der GmbH auf jegliche Leistungen aus der zugesagten Versorgung im Fall von Berufsunfähigkeit. Ebenfalls im Jahr 2017 schied der GGf aus dem Unternehmen aus.
Die Sicht der Finanzverwaltung zum Verzicht
Die Finanzverwaltung erhöhte die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit entsprechend dem Verzicht und behandelte die Übertragung der Rückdeckungsversicherung als verdeckte Gewinnausschüttung, was beim GGf zu Kapitaleinkünften (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG) führte. Der GGf und seine Ehefrau waren hiermit nicht einverstanden.
Ihren Einspruch wies die Finanzverwaltung zurück: Bei der zugesagten Berufsunfähigkeitsversorgung handelte es sich um eine Form der betrieblichen Altersversorgung, die durch ein biometrisches Ereignis (Invalidität) ausgelöst wird. Entsprechend hatte das Unternehmen nach § 6a EStG Pensionsrückstellungen gebildet. Bei der Übertragung der Rückdeckungsversicherung und dem Verzicht auf die Pensionszusage handelte es sich um zwei Rechtsgeschäfte, die isoliert voneinander zu beurteilen seien (sog. geschäftsvorfallbezogene Betrachtung). Der Past Service ergebe sich in diesem Fall aus § 2 i. V. m. § 1b BetrAVG. Auf diesen Wert habe der GGf gegenüber der GmbH verzichtet.
- Abfindung: Da die Rückdeckungsversicherung auf den GGf übertragen worden war, floss ihm das Deckungskapital des Vertrags zzgl. der bereits zugeteilten Überschüsse zu. Da der GGf als Minderheits-GGf dem Geltungsbereich des BetrAVG unterliegt, ist auch § 3 BetrAVG für ihn gültig, wonach eine Abfindung der bAV außerhalb der in § 3 BetrAVG aufgeführten Bagatellgrenzen arbeitsrechtlich nicht möglich ist. Der Verstoß gegen diese Vorschrift belegte die im Gesellschaftsverhältnis wurzelnde Veranlassung der Abfindung. Als Folge führte der Vermögensabfluss der Rückdeckungsversicherung bei der GmbH zu einer vGA (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG); die sei beim GGf als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu besteuern.
- Verzicht: Weiter hatte der Verzicht auf die Berufsunfähigkeitszusage zu einer verdeckten Einlage in Höhe des werthaltigen Teils (Past Service) geführt, was auf Ebene des GGf zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG geführt habe.
Die Gegenansicht der Eheleute zum Verzicht
Der GGf und seine Ehefrau sahen dies anders: Sie hätten mit dem Verzicht auf die Berufsunfähigkeitsrente nicht auf bereits entstandene und unverfallbare Ansprüche verzichtet, sondern lediglich auf einen weiteren Schutz gegen eine künftige Berufsunfähigkeit. Ebenso habe es sich mit der Übertragung der Rückdeckungsversicherung verhalten. Auch hier habe der GGf keine Ansprüche aufgrund in der Vergangenheit gezahlter Beiträge gehabt. Er habe ab der privaten Weiterführung der Versicherung nur einen Versicherungsschutz für die ab diesem Zeitpunkt evtl. eintretenden versicherten Ereignisse. Die Eheleute klagten schließlich vor dem FG Köln – ohne Erfolg.
FG Köln bejaht steuerlich relevante Vorgänge
Das FG Köln schloss sich der Sicht der Finanzverwaltung an. Der Verzicht auf die Anwartschaft habe zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geführt; für diese könne die Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 Abs. 1 EStG genutzt werden. Das FG sah sehr wohl in dem Verzicht auf die Berufsunfähigkeitsversorgung einen steuerlich relevanten Verzicht. Denn das Recht auf Berufsunfähigkeitsleistungen wäre im Fall des Eintritts von Berufsunfähigkeit zum Vollrecht erstarkt. Die Absicherung war für den GGf von wirtschaftlichem Wert (FG Köln, Urteil vom 19.03.2024, Az. 8 K 530/22, Abruf-Nr. 241370).
Weiter folgte aus der Übertragung der Rückdeckungsversicherung auf den GGf eine vGA, die beim GGf zu Einkünften aus Kapitalvermögen geführt habe. Der Verstoß gegen § 3 BetrAVG habe belegt, dass die Abfindung vom Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen sei.
Bedeutung des Falls für die Praxis
Die Revision ist zugelassen. Nutzen die Eheleute diese Möglichkeit, wird der BFH Gelegenheit haben, klarzustellen, ob eine vorzeitige Abfindung bzw. Erfüllung einer Pensionsanwartschaft in zwei Vorgänge aufzuteilen und damit doppelt zu besteuern ist: einmal die tatsächliche Abfindung (hier: die Übertragung der Rückdeckungsversicherung) in Form einer vGA und gleichzeitig der Verzicht auf die Pensionsanwartschaft (hier: die Zusage auf Leistungen im Fall von Berufsunfähigkeit). Abzuwarten wäre auch, ob der BFH eine Zusage auf eine reine Risikoleistung (hier: Berufsunfähigkeitsversorgung) anders behandelt als eine Zusage auf Altersversorgung.
Ausgabe: 05/2024, S. 120 · ID: 50030835
Mehr zu diesen Themen
Bereiche
- IWW
Formate
- Alle