0931 4170-472HilfeFeedback
LGPLöhne und Gehälter professionell

Betriebliche AltersversorgungErneut vor Gericht: Die Fünftel-Regelung bei der Besteuerung von Einmalzahlungen

Abo-Inhalt 06.12.2023 4 Min. Lesedauer Von Dr. Claudia Veh, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München

| In den letzten Jahren verlangten (ehemalige) Arbeitnehmer mit einer nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten bAV in den Durchführungswegen Direktversicherung oder Pensionskasse immer wieder die Anwendung der Fünftel-Regelung. Die Finanzämter ließen die Fünftel-Regelung aber nicht zu. Und so war die Besteuerung immer wieder Gegenstand von finanzgerichtlichen Verfahren. So auch wieder jüngst vor dem FG Münster. LGP stellt Ihnen die Entscheidung vor. |

Die bisherige Rechtsprechung zur Fünftel-Regelung bei bAV

Zuletzt hatte der BFH in zwei vergleichbaren Verfahren die Entscheidung an die Vorinstanzen (FG Berlin-Brandenburg und FG Köln) zurückverwiesen; sie sollten anhand statistischer Materialen prüfen, ob die Kapitalleistung (statt der Rente) als atypisch anzusehen ist (BFH, Urteile vom 06.05.2020, Az. X R 24/19, Abruf-Nr. 219404 und Az. X R 7/19, Abruf-Nr. 219516).

Ausreichendes auswertbares Material konnte jedoch nicht beschafft werden. Im Ergebnis hatten beide FG in den zu entscheidenden Fällen zu ungunsten der Fünftel-Regelung entschieden (FG Köln vom 30.09.2021 Az. 15 K 855/18, Abruf-Nr. 208633 und FG Berlin-Brandenburg vom 14.09.2022, Az. 3 K 3058/19, Abruf-Nr. 211465).

Anwendung der Fünftel-Regelung landet vor FG Münster

Im Münsteraner Fall hatte eine Arbeitnehmerin ab dem 01.04.2005 mit monatlichen Beiträgen aus Entgeltumwandlung in Höhe von 208 Euro eine Direktversicherung unter Nutzung der steuerlichen Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG bedient. Zum damaligen Zeitpunkt waren Beiträge bis zu vier Prozent der BBG steuerfrei (seit dem 01.01.2018 beläuft sich der mögliche steuerfreie Betrag auf acht Prozent der BBG).

Die von ihrem Arbeitgeber abgeschlossene Direktversicherung sollte zum 01.04.2019 ablaufen und sah eine lebenslange monatliche Rente vor, wobei auf Antrag auch eine Kapitalauszahlung möglich war. Bei Ablauf des Vertrags machte die Arbeitnehmerin von ihrem Kapitalwahlrecht Gebrauch. Zur Auszahlung kam ein Betrag in Höhe von 44.529 Euro.

Der Betrag wurde im Einkommensteuerbescheid als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG mit dem regulären Steuersatz besteuert. Die Arbeitnehmerin begehrte die Anwendung der Fünftel-Regelung nach § 34 EStG; das Finanzamt lehnte das ab.

§ 34 EStG lautet in Auszügen

  • (1) Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. …
  • (2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:
  • ….
  • 4. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

Die Arbeitnehmerin war der Meinung, die Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbegünstigung nach § 34 EStG lägen vor. Es handle sich bei der Kapitalleistung um Einkünfte für mehrjährige Tätigkeit (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Weitere Voraussetzungen müssten nicht erfüllt sein. Sie klagte vor dem FG Münster.

FG Münster: Kapitalauszahlung ist nicht tarifbegünstigt

Das FG bestätigte zwar, dass im Urteilsfall eindeutig Einkünfte für mehrjährige Tätigkeit vorliegen. Denn dies ist der Fall, wenn die Zahlung sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst (FG Münster, Urteil vom 24.10.2023, Az. 1 K 1990/22 E, Abruf-Nr. 238312).

Allerdings fehlte es vorliegend an der Außerordentlichkeit der Einkünfte. Es besteht ein weitgehendes Verständnis in Rechtsprechung und Literatur dahingehend, dass nur solche Einkünfte begünstigt sein sollen, die als außerordentlich oder atypisch anzusehen sind. Das bedeutet: Allein, dass Einkünfte für mehrjährige Tätigkeit vorliegen, reicht nicht aus.

Da vorliegend von Vertragsbeginn an ein Kapitalwahlrecht enthalten war und der Vertrag nicht während der Laufzeit geändert worden war, was ggf. für eine gewisse Atypik sprechen könnte, konnte das FG keine Atypik beim Bezug der Kapitalleistung identifizieren. Die Arbeitnehmerin war in ihrer Entscheidung völlig frei. Sie hätte gleichwohl auch für die Rente optieren können, was eher für eine „gewöhnliche“ Situation spricht, so das FG.

Bedeutung für die Praxis

Das FG Münster hat die Revision zugelassen – und nun wurde sie auch eingelegt (Az. beim BFH: X R 25/23). Der BFH hat daher Gelegenheit, die Erkenntnis über mangelnde statistische Daten zur Beurteilung einer möglichen Atypik bei Wahl der Kapitalleistung in seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.

Weiterführender Hinweis

Ausgabe: 03/2024, S. 61 · ID: 49827197

Favorit
Hinweis
Teilen
PDF
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...

Heft-Reader

2024

Bildrechte