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Elektronischer RechtsverkehrKlage unzulässig, da falsch eingereicht
| Ein Berater kann sich nicht darauf verlassen, dass wirksam Klage eingelegt wurde, wenn er zwar im Betreff der Nachricht den zutreffenden Kläger nennt, jedoch im Anhang eine falsche Klageschrift übermittelt wird (FG Berlin-Brandenburg 17.9.24, 8 K 8146/23). |
Sachverhalt
Der Steuerberater einer GmbH (Klägerin) übermittelte über das besondere Steuerberaterpostfach (beSt) eine Klageschrift der Eheleute X und Y als PDF an das FG. Im Betreff der Nachricht war dagegen die GmbH eingetragen. Kurz darauf übermittelte er über das beSt dieselbe Klageschrift, nun aber mit dem richtigen Betreff. Mehr als ein halbes Jahr später übersandte er die Klageschrift der GmbH und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er machte geltend, dass die Klage fristgerecht versendet worden sei. Im Betreff sei der zutreffende Kläger genannt worden. Lediglich im Anhang sei eine falsche Klageschrift übermittelt worden.
Entscheidungsgründe
Das FG Berlin-Brandenburg wies die Klage als unzulässig ab, da sie nicht fristgerecht einging. Um die Klagefrist zu wahren, muss eine den Mindestanforderungen des § 65 Abs. 1 FGO entsprechende Willensbekundung rechtzeitig eingehen, wobei der Kläger erkennbar sein muss. Zwar kann das FG Ergänzungen fordern, wenn die Klage unvollständig ist (§ 65 Abs. 2 FGO), doch bei zwei identischen Klageschriften desselben Prozessvertreters können nur dann unterschiedliche Kläger angenommen werden, wenn dies klar erkennbar ist. In diesem Fall war nicht eindeutig, dass es sich um eine Klage der GmbH handelte, da der Bevollmächtigte kurz darauf eine identische Klageschrift mit geändertem Text versendete, was als Korrektur der ersten Übertragung interpretiert werden konnte. Zudem war der Antrag auf Wiedereinsetzung zu spät. Er ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 56 Abs. 2 S. 1 FGO). Die Frist begann bereits mit Kenntnisnahme der Eingangsbestätigung durch den Bevollmächtigten. Schon aufgrund des Dateinamens, der auf Eheleute hinweist, hätten sich Zweifel an der fristgerechten Klageerhebung aufdrängen müssen.
Relevanz für die Praxis
Offenbar hatte der Steuerberater geglaubt, mit der ersten Übersendung tatsächlich die Klageschrift der GmbH versendet zu haben, den Fehler aber erst ein halbes Jahr später bemerkt. Das FG hatte den zweiten Versand als Korrektur des ersten interpretiert und daher nicht mehr nachgefragt. Spätestens als er keine gerichtliche Eingangsbestätigung erhielt, hätte der Berater mit Blick auf die Zwei-Wochen-Frist nach Übermittlung der Klage die automatisierte Eingangsbestätigung prüfen und beim FG nachfragen müssen, ob die Klage der GmbH dort eingegangen ist.
AUSGABE: KP 6/2025, S. 110 · ID: 50331427