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PersonengesellschaftenÜbertragung stiller Reserven von GbR auf KG: Minderung des Kapitalkontos als missliche Folge
| Die Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG ist regelmäßig eine besondere Herausforderung für den steuerlichen Berater. Nicht nur, dass mehrere Wirtschaftsjahre angesprochen werden, auch die Möglichkeit der rechtsträgerübergreifenden Übertragung kann zu ungewollten Ergebnissen führen. Diese Erfahrung musste ein Steuerpflichtiger machen, der die stillen Reserven von einer GbR auf eine KG – an welcher er alleiniger Kommanditist war – übertragen hatte. Dabei hatte er nicht berücksichtigt, dass sich dadurch sein Kapitalkonto reduzierte, was erhebliche Auswirkungen auf die Verlustnutzung gehabt hat (BFH 12.12.24, IV R 24/22, Abruf-Nr. 246496). |
Sachverhalt
Der A war – neben einem anderen Gesellschafter – an der A-GbR beteiligt. Die GbR erzielte im Jahr 01 aus der Veräußerung einer Immobilie einen Gewinn, für den sie in ihrer Gesamthandsbilanz eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG bildete. Daneben war A als alleiniger Kommanditist an der I-KG beteiligt, deren Komplementärin die nicht am Vermögen der KG beteiligte I-GmbH war. Die I-KG war Eigentümerin eines Grundstücks, welches sie ab dem Jahr 04 bebaute. Die A-GbR übertrug in den Jahren 04 und 05 den in 01 erzielten und in der gebildeten § 6b-EStG-Rücklage passivierten Veräußerungsgewinn (stille Reserven) anteilig auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten des bebauten Grundstücks der I-KG. Die Übertragung führte in der Buchführung der I-KG zu einer Minderung der Bilanzwerte zum 31.12.04 für den Grund und Boden bzw. zum 31.12.05 für das auf dem Grundstück errichtete Gebäude.

Die gegenläufigen Buchungen erfasste die I-KG in ihrer Bilanz jeweils auf dem Konto „Kapital Konto IV Rücklage § 6b EStG“ (Sonderkonto), das zum 31.12.05 einen negativen Saldo auswies, da die I-KG in den vergangenen Jahren Verluste erwirtschaftet hatte, die über die Kommanditeinlage des A hinausgingen.
Das für die Besteuerung der I-KG zuständige FA vertrat die Auffassung, dass der auf A entfallende Anteil am Gesamthandsverlust der I- KG in den Jahren 05 bis 08 der Verlustausgleichsbeschränkung nach § 15a Abs. 1 S. 1 EStG unterliegt. Die Übertragung der stillen Reserven von der A-GbR auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Grundstücks der I-KG habe zu einer Minderung des Kapitalkontos des A geführt, die weder für die Vorjahre noch für das Jahr 08 berücksichtigt worden sei. Bei zutreffender Umsetzung und Fortentwicklung sei das Kapitalkonto des A bei der I-KG i. S. d. § 15a Abs. 1 S. 1 EStG zum 31.12.08 negativ und der für das Streitjahr auf ihn entfallende laufende Gesamthandsverlust somit nicht ausgleichsfähig. Der BFH gab dem FA Recht.
Rechtliche Würdigung
Die Übertragung der stillen Reserven in den Jahren 04 und 05 auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Grundstücks und des darauf errichteten Gebäudes führte zu einer Kapitalminderung in der Steuerbilanz der I-KG, da in dieser Höhe ein Betrag von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes abgezogen worden ist. Die ursprüngliche Bildung der § 6b-EStG-Rücklage in der Steuerbilanz der A-GbR und die gesellschafterbezogene Übertragung der anteiligen stillen Reserven in den Jahren 04 und 05 durch ihren Abzug von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes sind offensichtlich.
Nach Maßgabe der Grundsätze zur steuerbilanziellen Umsetzung einer rechtsträgerübergreifenden Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG führte der Abzug der stillen Reserven von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes des Grundstücks bei der I-KG zu einer Kapitalminderung in der Steuerbilanz, die auf dem Sonderkonto verbucht wurde.
Die Übertragung von stillen Reserven, für die eine § 6b-EStG-Rücklage gebildet worden ist, auf ein Reinvestitionswirtschaftsgut im Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft erfolgt auf der Ebene der übertragenden Personengesellschaft, in deren Bilanz aufgrund der Veräußerung eines begünstigten Wirtschaftsguts die Rücklage gebildet worden ist. Die Übertragung wirkt sich dabei dahin gehend aus, dass die stillen Reserven dem Kapitalkonto der aufzustellenden Bilanz erfolgsneutral hinzugerechnet werden. In der Bilanz der reinvestierenden (übernehmenden) Personengesellschaft wirkt sich die Übertragung der Rücklage in Form der Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei dem Reinvestitionswirtschaftsgut aus. Der Abzug erfolgt wiederum erfolgsneutral zulasten des Kapitalkontos. Diese Vorgehensweise dient der buchungstechnischen Sicherstellung des vom Gesetzgeber gewollten Überspringens der stillen Reserven vom veräußernden auf den reinvestierenden Betrieb.
Die I-KG als reinvestierende Gesellschaft setzte die vorgenannten Grundsätze in ihrer Steuerbilanz auch um. Sie minderte die Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes. Dieser Abzug erfolgte erfolgsneutral zulasten des Kapitalkontos, indem sie den Abzugsbetrag auf dem Sonderkonto im Soll verbuchte. Die Minderung des Kapitalkontos entspricht den übergegangenen stillen Reserven, deren Aufdeckung durch die Veräußerung des Grundstücks zunächst durch die Bildung der § 6b-EStG-Rücklage bei der A-GbR und sodann durch den Abzug nach § 6b Abs. 1 EStG bei der I-KG verhindert worden ist.
Die Kapitalminderungen durch den Abzug der übertragenen stillen Reserven von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes nach § 6b Abs. 1 EStG sind als Minderanschaffungskosten bei der Ermittlung des Kapitalkontos des A i. S. d. § 15a Abs. 1 S. 1 EStG zu berücksichtigen. Entsprechend können die Verluste der I-KG nicht bei der Einkommensteuer des A berücksichtigt werden.
Relevanz für die Praxis
Der BFH hat klar entschieden, dass nicht nur Entnahmen und Einlagen zu einer Veränderung des Kapitalkontos i. S. d. § 15a Abs. 1 S. 1 EStG führen, sondern auch Minderanschaffungskosten des Kommanditisten. Die aus einer § 6b-EStG-Rücklage auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Reinvestitionswirtschaftsguts einer anderen Personengesellschaft übertragenen stillen Reserven stellen bei dieser nichts anderes als gesellschafterbezogene Minderanschaffungskosten dar, die zwangsläufig das dort geführte steuerliche Kapitalkonto reduzieren. Durch die Einbeziehung des Sonderkontos in die Ermittlung des steuerlichen Kapitalkontos kommt es wirtschaftlich betrachtet auch zu keinem Nachteil bei der übertragenden Personengesellschaft (hier der A-GbR). Denn der Kapitalminderung (Minderaufwand) bei der übernehmenden Personengesellschaft durch die Übertragung der stillen Reserven und den (erfolgsneutralen) Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts steht bei der übertragenden Personengesellschaft in gleicher Höhe eine erfolgsneutrale Hinzurechnung über das Kapitalkonto (Mehraufwand) gegenüber.
AUSGABE: GStB 6/2025, S. 206 · ID: 50355904