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GewerbesteuerHinzurechnung bei überlassenen Ferienimmobilien zur Weiterüberlassung an Reisende

Abo-Inhalt01.04.20246 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. (FH) Gerrit Uphues, LL. M., Köln

| Die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG ist in der Tourismusbranche von großer Bedeutung. Der folgende praktische Fall stellt die jüngsten Rechtsentwicklungen im Rahmen dieser Vorschrift in Bezug auf die Überlassung von Ferienimmobilien zur Weiterüberlassung an Reisende dar (BFH 17.8.23, III R 59/20). |

Sachverhalt

Die A-GmbH, eine Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH, war im Streitjahr zu 100 % an der Firma X beteiligt. Sie war Organträgerin der X; als solcher wurde ihr das Ergebnis der Organgesellschaft steuerlich zugerechnet. Nach ihrem Geschäftsmodell bot X Ferienimmobilien über Kataloge, eine Internetplattform und über Vermittler, wie z. B. Reisebüros, an. Zu diesem Zweck schloss X Verträge mit den Eigentümern der jeweiligen Immobilien. Darin waren im Wesentlichen die Saisonzeiten, das an den Eigentümer pro Haus/Wohnung und Tag oder Woche zu zahlende Entgelt, der Zahlungstermin, die zu zahlende Entschädigung für Annullationen von Buchungen etc. geregelt sowie die Voraussetzungen, unter denen der Eigentümer eine Eigenbelegung vornehmen durfte. Der Eigentümer des Ferienobjekts erhielt das mit X vereinbarte Entgelt nur im Falle der erfolgreichen Weiterüberlassung an Kunden. Mit seinen Kunden schloss X in eigenem Namen und für eigene Rechnung Ferienwohnungsverträge zu einem Gesamtpreis ab, in dem der an den jeweiligen Eigentümer zu zahlende Preis und eine Marge für X enthalten waren.

GStB-Grafik_Ferienimmobilien.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Im Rahmen einer Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass es sich bei den an die Eigentümer der Ferienobjekte gezahlten Entgelten um nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewerbeertrag hinzuzurechnende Miet- und Pachtzinsen handele. X sei ein in der Tourismusbranche tätiges Unternehmen, dessen Hauptzweck die Weitervermietung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen sei. Der zwischen X und dem jeweiligen Ferienobjekteigentümer abgeschlossene Vertrag sei als Mietvertrag anzusehen. Das hierfür zu entrichtende Entgelt unterliege der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung. Das FA erließ daraufhin geänderte Gewerbesteuermessbescheide. Einspruch und Klage der A-GmbH vor dem FG blieben erfolglos.

Lösung

Der BFH kam entsprechend der Vorinstanz zu dem Ergebnis, dass hier die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG anzuwenden ist, da es sich bei den zwischen der X und den Eigentümern der Ferienimmobilien geschlossenen Verträgen um Mietverträge handele.

Nach § 8 Nr. 1 GewStG (in der im Erhebungszeitraum 2010 geltenden Fassung) werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus den dort unter den Buchstaben a bis f benannten Aufwendungen hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von 100.000 EUR übersteigt. Hinzugerechnet wird dabei auch ein Viertel aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG).

Merke | Gegenstand der Hinzurechnung sind Miet- und Pachtzinsen i. S. d. bürgerlichen Rechts (vgl. §§ 535 ff., 581 ff. BGB). Der Nutzungsvertrag muss daher seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis i. S. d. bürgerlichen Rechts sein (BFH 23.3.23, III R 5/22, m. w. N.). Ist dies der Fall, so wird der Mietvertrag steuerlich als solcher gewürdigt, auch wenn er untergeordnete Nebenleistungen enthält, die dem Vertragstyp „Miete“ nicht entsprechen (BFH 23.7.1957, I 50/55 U, BStBl III 1957, 306).

Die Einordnung unter diesen Vertragstyp ist hingegen ausgeschlossen, wenn der Vertrag wesentliche mietfremde Elemente enthält. In diesem Fall ist zu klären, ob der Vertrag in seine durch die Hauptpflichten bestimmten wesentlichen Elemente zerlegt und teilweise als Mietvertrag angesehen werden kann oder ob er insgesamt einem anderen Vertragstyp zuzuordnen bzw. als Vertrag eigener Art einzuordnen ist (s. BFH 23.3.23, III R 5/22, Rz. 21, m. w. N.).

Dies zugrunde gelegt, sei das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Hauptleistungspflichten aus den Verträgen zwischen den Ferienimmobilieneigentümern und der X mietvertragsrechtlicher Natur waren. Nach den vom FG getroffenen Feststellungen zu den von der X mit den Eigentümern vereinbarten Vertragsbedingungen bestand die Hauptleistungspflicht der Eigentümer ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach in der Gebrauchsüberlassung der Ferienimmobilien. Die Hauptleistungspflicht der X bestand in der Verpflichtung zur Zahlung eines Mietzinses. Entgegen der Auffassung der A-GmbH waren die zwischen der X und den Eigentümern geschlossenen Verträge keine entgeltlichen Geschäftsbesorgungsverträge. Für die Einordnung als Mietvertragsverhältnis spreche insbesondere, dass der Anbieter die Objekte im eigenen Namen vermarktet und vom Eigentümer keine Vermittlungsprovision erhält, sondern diesem ein Entgelt für die Gebrauchsüberlassung zahlt.

Zu Recht sei das FG weiter davon ausgegangen, dass die Annahme eines Mietvertrags keine Pflicht des Vermieters voraussetzt, dem Mieter den unmittelbaren Besitz an dem Mietobjekt zu verschaffen. Besteht der dem Mieter vertragsmäßig gestattete Gebrauch in der Berechtigung zur Weitervermietung, genügt es, wenn dem Mieter (X) das Recht verschafft wird, seinem Untermieter (dem Reisenden) durch Ausübung des gegenüber dem Eigentümer bestehenden Belegungsrechts den unmittelbaren Gebrauch des Mietobjekts zu ermöglichen.

Die Qualifizierung der Vertragsverhältnisse zwischen X und den Eigentümern als Mietverhältnisse wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gegenleistung der X davon abhängig war, dass eine Weitervermietung an die Reisenden auch tatsächlich stattfand, und somit erfolgsabhängig war. Entscheidend für die Annahme eines Mietverhältnisses ist die Entgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung. Diese lag vor. Daher kann auch ein vom Umsatz des Mieters abhängiger Mietzins vereinbart werden (BGH 4.4.79, VIII ZR 118/78).

Weiter wurde zu Recht davon ausgegangen, dass die Ferienimmobilien bei unterstelltem Eigentum der X zu deren Anlagevermögen gehört hätten (so schon BFH 25.7.19, III R 22/16, BStBl II 20, 51, m. w. N.). Bei Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze ist das FG nach Ansicht des BFH zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung der für die angemieteten Ferienimmobilien aufgewendeten Entgelte vorliegen.

Merke | Eine Zuordnung der im fiktiven Eigentum des Ferienimmobilienanbieters stehenden Objekte zu dessen Anlagevermögen komme insbesondere dann in Betracht, wenn er die Objekte langfristig anmietet und nach seinem Geschäftsmodell bestrebt ist, einen weitgehend unveränderten Bestand an Objekten zu erhalten und den Reisekunden anzubieten.

Beachten Sie | Im Streitfall war der BFH an die vom FG getroffenen Feststellungen gem. § 118 Abs. 2 FGO gebunden, dass die Hauptleistungspflicht der Eigentümer der Ferienimmobilien ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach in der Gebrauchsüberlassung und die Hauptleistungspflicht der Organgesellschaft der A-GmbH im Wesentlichen in der Verpflichtung zur Zahlung eines Mietzinses bestand sowie dass die streitgegenständlichen Wirtschaftsgüter nach dem Geschäftsgegenstand der Organgesellschaft fiktiv dem Anlagevermögen zuzurechnen wären.

Fazit | Mit dem Besprechungsurteil konkretisiert der BFH seine Rechtsprechung zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung bei Reiseunternehmen. Demnach setzt die Hinzurechnung der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG voraus, dass
  • das Vertragsverhältnis zwischen dem Anbieter und dem Eigentümer des Objekts seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis ist
  • und die überlassenen Wirtschaftsgüter bei fiktivem Eigentum des Nutzenden seinem Anlagevermögen zuzuordnen wären.
Handelt es sich hingegen um Vermittlungsprovisionen und nicht um Miet- oder Pachtzinsen, habe eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG nicht zu erfolgen.

Zum Autor | Gerrit Uphues ist in der Finanzverwaltung NRW tätig. Der Aufsatz wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst.

AUSGABE: GStB 4/2024, S. 133 · ID: 49866161

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