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FreiberuflerRaus aus der Einzelpraxis – rein in die GbR
| Die meisten Freiberufler gehen ihrer Tätigkeit als Einzelunternehmer nach. Doch spätestens, wenn das Thema der Betriebsnachfolge auf den Tisch kommt, werden Alternativen gesucht. Oft ist in solchen Fällen die Aufnahme eines Dritten in das Einzelunternehmen der „Königsweg“. Denn so kann der Dritte allmählich begleitet durch den Inhaber an die betrieblichen Beziehungen, Kunden und Mandate herangeführt werden. Die Lösung liegt dann in der Gründung einer GbR. Doch was ist steuerlich zu beachten und welche Möglichkeiten gibt es? GStB gibt Ihnen einen Fahrplan für den Übergang zur GbR an die Hand. |
1. Gründe für die Aufnahme eines Partners
Nicht nur der nahende Ruhestand kann einen als Einzelunternehmer tätigen Freiberufler dazu bewegen, einen Partner aufzunehmen. Das Motiv für einen Zusammenschluss kann auch sein, sich einen zusätzlichen Standort zu erschließen oder einfach Kosten zu sparen. Wurde der passende Partner endlich gefunden, sind viele Fragen zu klären. Seien es berufsrechtliche Vorgaben wie z. B. Verschwiegenheitspflichten oder vermeintlich einfach zu lösende Themen wie Name und künftiger Sitz der Gesellschaft oder Personalfragen. Doch eine Sache hat meist den höchsten Stellenwert: Der Preis für die Aufnahme als Partner. Denn der Aufgenommene bezieht letztlich nicht nur einen Anteil am künftigen Gewinn, er partizipiert auch anteilig am vom bisherigen Einzelunternehmer aufgebauten Praxiswert (z. B. am Mandantenstamm). Und das macht die Preisfindung kompliziert.
2. Risiko – Der berufsfremde Partner
Bei der Wahl des Partners sollten Freiberufler nicht vorschnell denjenigen wählen, der den höchsten Preis für die Aufnahme zahlen will. Denn bei berufsfremden Partnern droht Ungemach. Laut BFH unterhält eine GbR bereits dann einen Gewerbebetrieb, wenn auch nur eine berufsfremde Person Mitunternehmer ist (BFH 4.8.20, VIII R 24/17, m. w. N.). Dabei bedeutet der Begriff „berufsfremde Person“ nicht zwingend, dass sämtliche Gesellschafter derselben freiberuflichen Berufsgruppe zuordenbar sein müssen. Auch eine Personengesellschaft, die sich aus Angehörigen unterschiedlicher freier Berufe zusammensetzt, kann Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielen. Dies gilt z. B. für eine Sozietät aus Steuerberatern und Rechtsanwälten oder für ein Planungsbüro, das ein Architekt und ein Statiker in der Rechtsform der GbR betreiben.
Beispiel |
Abfärbung durch Aufnahme des berufsfremden Partners Ein Krankengymnast nimmt für den kaufmännischen Bereich der Praxis einen Einzelhandelskaufmann auf. Sie führen die Praxis künftig gemeinsam als GbR. Lösung: Während das Einzelunternehmen bislang freiberufliche Einkünfte erzielte, liegen bei der GbR gewerbliche Einkünfte vor (berufsfremder Partner). |
Beachten Sie | Wichtig ist, dass jeder Mitunternehmer die Kriterien des § 18 EStG in eigener Person erfüllt und leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Und die Aufnahme eines Nichtfreiberuflers als Partner bringt zudem weitere Hürden mit sich. Die Gewerblichkeit der Personengesellschaft führt nicht nur dazu, dass auf den Gewinn Gewerbesteuer zu zahlen ist. Sie macht auch einen Übergang zur Bilanzierung erforderlich, was wiederum zu erheblich höherem Verwaltungsaufwand und zu höheren Steuerberatungsgebühren führt.
3. Steuerliche Konsequenzen für den Aufnehmenden
Vom Grundsatz her veräußert der Aufnehmende einen Teil seines bisherigen Einzelunternehmens an den neuen Partner. Somit kann sich für den Aufnehmenden ein Veräußerungsgewinn ergeben, der zu versteuern ist. Dies sollte der Aufnehmende unbedingt in die Preisfindung einkalkulieren – vor allem dann, wenn der Kaufpreis zur Finanzierung des Ruhestandes dienen soll.
Die konkrete Höhe der Steuerbelastung richtet sich dabei nicht nur nach dem übrigen Einkommen und den persönlichen Verhältnissen des Aufnehmenden, sondern auch nach der Form der Aufnahme. Denn je nach Form kann sich sowohl
- ein laufender Gewinn (§ 18 Abs. 1 EStG),
- ein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn (§ 18 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 4 EStG sowie § 34 Abs. 1 und 3 EStG) oder
- ein gemäß § 24 UmwStG steuerverschonter Einbringungsgewinn ergeben.
Allerdings hängt von der Form der Aufnahme auch ab, ob und wie der aufgenommene Partner seine Kaufpreiszahlung steuermindernd absetzen kann.
4. Die typischen Gestaltungsformen der Aufnahme
Um beiden Seiten gerecht zu werden, gilt es, zwischen folgenden vier typischen Gestaltungen bei der Aufnahme abzuwägen:
- 1. Zahlung in das Privatvermögen
- 2. Das Modell der Einlage
- 3. Zwei-Stufen-Modell
- 4. Gewinnvorabmodell
4.1 Gestaltungsmodell „Zahlung in das Privatvermögen“
Die wohl häufigste Form der Aufnahme eines Partners in ein Einzelunternehmen ist die Geldzahlung des Aufgenommenen in das Privatvermögen des Aufnehmenden. Im Gegenzug wird eine Personengesellschaft gegründet, in welche das bisherige Einzelunternehmen eingebracht wird.
Beispiel |
Ein Rechtsanwalt nimmt einen Berufskollegen in seine Kanzlei (Verkehrswert 500.000 EUR) auf, indem eine GbR gegründet wird. Während der Rechtsanwalt seine Einzelkanzlei in die GbR einbringt, leistet der Berufskollege eine Ausgleichszahlung von 250.000 EUR in das Privatvermögen des Rechtsanwalts. Danach sind beide zu 50 % an der Personengesellschaft beteiligt. |
Das Problem dabei ist, dass der BFH nicht eine vollständige Veräußerung oder eine direkte Einbringung nach § 24 UmwStG, sondern zwei isoliert zu betrachtende Schritte unterstellt (BFH 18.10.99, GrS 2/98). Im ersten Schritt liegt eine Veräußerung des anteiligen Einzelunternehmens an den Aufgenommenen vor. Durch die nur anteilige Veräußerung wird beim Aufnehmenden ein Gewinn erzielt, der sich aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem anteilig übertragenen Buchwert abzüglich der dem Aufnehmenden entstandenen Veräußerungskosten ermittelt. Dieser Gewinn unterliegt der regulären Besteuerung. Freibeträge (§ 18 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 4 EStG) oder steuerliche Begünstigungen (§ 34 Abs. 1 oder 3 EStG) sind nicht zu gewähren, da kein ganzer Betrieb oder ein selbstständiger Teilbetrieb veräußert wird.
Beachten Sie | Es liegt auch keine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils vor, da die Mitunternehmerschaft erst durch die Aufnahme des Partners entsteht und vor der Veräußerung nicht vorhanden war. Einziger Weg, die sofortige Besteuerung zu vermeiden: Sind im Betriebsvermögen Betriebsgrundstücke vorhanden, kann unter den Voraussetzungen des § 6b EStG insoweit eine steuermindernde Rücklage gebildet und auf Reinvestitionsgüter übertragen werden. Das gilt durch Zu- und Abschläge auf den Gewinn gemäß § 6c EStG auch bei Gewinnermittlung durch EÜR.
Im zweiten Schritt erfolgt dann die steuerneutrale Einbringung des jeweils anteiligen Einzelunternehmens in die Personengesellschaft (§ 24 UmwStG). Die in das Privatvermögen geleistete Zahlung führt beim Aufgenommenen zu Anschaffungskosten. Soweit diese nicht durch die anteiligen Buchwerte abgebildet werden, ist für den Aufgenommenen eine Ergänzungsbilanz aufzustellen. Die Differenzen sind auf die erworbenen anteiligen Wirtschaftsgüter gemessen an den darin enthaltenen stillen Reserven aufzuteilen und wirken sich schlussendlich als Betriebsausgabe (z. B. über die Abschreibung in der Ergänzungsbilanz) aus.
Modell ist in der Regel unattraktiv Zwischenfazit | Diese Form der Aufnahme ist aufgrund der hohen Steuerbelastung beim Aufnehmenden i. d. R. nachteilig. Denn der Ausgleichsbetrag in das Privatvermögen des Aufnehmenden wird voll besteuert. Dies macht aus steuerlicher Sicht nur dann Sinn, wenn die steuerlichen Freibeträge (§ 18 Abs. 3, § 16 Abs. 4 EStG) sowie die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG bereits für vorangegangene Veräußerungen verbraucht wurden oder sie ohnehin nicht zu gewähren sind und parallel die erhöhte Steuerbelastung infolge eines ohnehin im Spitzensteuersatz liegenden Einkommens keine Mehrbelastung darstellt. |
4.2 Das Modell der Einlage
Beim sog. Einlagemodell bringt der Aufnehmende sein bisheriges Einzelunternehmen in die neue Personengesellschaft ein. Parallel zahlt der Aufgenommene den vereinbarten Kaufpreis. Dieser wird jedoch nicht in das Privatvermögen des Aufnehmenden, sondern in das Vermögen der Personengesellschaft gezahlt. Da der Kaufpreis aufgrund der Beteiligung damit auch anteilig dem Aufgenommenen zusteht, muss er entsprechend höher ausfallen. Dieser richtet sich bei einer angestrebten Beteiligung von 50 % deshalb regelmäßig nach dem Verkehrswert des Einzelunternehmens.
Beispiel |
Ein Rechtsanwalt nimmt einen Berufskollegen in seine Kanzlei (Verkehrswert 500.000 EUR) auf. Während der Rechtsanwalt seine Einzelkanzlei in die neue GbR einbringt, leistet der Berufskollege 500.000 EUR in das Vermögen der GbR. Danach sind beide zu 50 % an der Personengesellschaft beteiligt. |
Zwar ergibt sich auch in dieser Konstellation für den Aufnehmenden durch die Einbringung des Einzelunternehmens in die Personengesellschaft eine Veräußerung, sodass der Gewinn zu versteuern ist. Allerdings handelt es sich um eine Einbringung i. S. d. § 24 UmwStG. Diese Vorschrift gilt nicht nur für Gewerbebetriebe, sondern auch für die Einbringung eines freiberuflichen Betriebs (BFH 18.10.99, GrS 2/98). Damit hat der Aufnehmende effektiv drei verschiedene Möglichkeiten, um die Besteuerung durchzuführen:
Zu aktivierenderFirmenwert kann künftig abgeschrieben werden Merke | Durch die aufgedeckten stillen Reserven ist auch der Praxis- bzw. Firmenwert aufzudecken und zu aktivieren. Da dieser über die Nutzungsdauer abgeschrieben wird, ergeben sich künftig zusätzliche Betriebsausgaben. Das gilt auch anteilig für den Aufnehmenden, weshalb der Teilwertansatz gepaart mit den steuerlichen Begünstigungen durchaus Vorteile bieten kann. |
Liquiditätszufuhr und Entscheidungsspielraum bzgl. der Besteuerung attraktiv Zwischenfazit | Der Vorteil dieses Models liegt in dem hohen Entscheidungsspielraum für den Aufnehmenden. Dieser kann frei entscheiden, ob und wenn ja, in welcher Höhe infolge der Einbringung ein steuerpflichtiger Gewinn entstehen soll. Zudem besteht aufgrund des hohen Liquiditätszuflusses in der Gesellschaft ein Vorteil, wenn große Investitionen (z. B. Erwerb eines neuen Praxisgebäudes) anstehen. Dieser Liquiditätszufluss kann jedoch auch zum Problem werden, wenn keine Liquidität benötigt wird. Wohin mit dem Geld? Zwar kann die Liquidität auch wieder entnommen werden. Über der Entnahme schwebt jedoch das Damoklesschwert des § 42 AO. Zudem besteht für den Aufgenommenen durch die Entnahme das Risiko, bei Überentnahmen den Finanzierungszusammenhang und damit die Absetzbarkeit seiner Beteiligungsfinanzierungsaufwendungen zu verlieren. Zudem fällt bei dieser Gestaltung der Kaufpreis am höchsten aus, weshalb die Finanzierung des Kaufpreises für den Aufgenommenen erheblich schwieriger werden kann. |
- a) Buchwertansatz: Der Aufnehmende kann sich dazu entscheiden, die bisherigen Buchwerte auch auf Ebene der Personengesellschaft fortzuführen. In diesem Fall ergibt sich für ihn kein Einbringungsgewinn und eine etwaige Besteuerung wird bis zur tatsächlichen Realisierung aufgeschoben.
- Werden auf Ebene der Personengesellschaft die Teilwerte des Einzelunternehmens fortgeführt und damit die stillen Reserven aufgedeckt, ist für den Aufnehmenden eine negative Ergänzungsbilanz für die infolge der gewünschten Buchwertfortführung doch noch nicht aufzudeckenden stillen Reserven aufzustellen. So wird auch sichergestellt, dass diese bei einer künftigen Realisierung noch zu versteuern sind. Zudem reduzieren sich so die künftigen Abschreibungen für den Aufnehmenden.Negative Ergänzungsbilanz bei Ansatz der Teilwerte bei der PersG
- Werden auf Ebene der Gesellschaft hingegen die Buchwerte ausgewiesen, so muss der Aufgenommene für die von ihm erbrachte Mehrzahlung (Hälfte der stillen Reserven) eine positive Ergänzungsbilanz aufstellen und erlangt insoweit z. B. erhöhte Abschreibungen.
- b) Ansatz zum Teilwert: Alternativ kann die Einbringung auch zum Teilwert erfolgen. In diesem Fall werden die stillen Reserven des bisherigen Einzelunternehmens vollständig aufgedeckt. Das bedeutet, dass ein Einbringungsgewinn zu ermitteln ist. Der Vorteil: Der Einbringungsgewinn ist gemäß § 24 Abs. 3 S. 2 UmwStG i. V. m. §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt, soweit der Aufnehmende an der neuen Gesellschaft nicht beteiligt ist. Nur im Umfang seiner Beteiligung wird ein laufender Gewinn erzielt. Denn insoweit veräußert der Aufnehmende an sich selbst. Ist der Aufnehmende an der Gesellschaft zu 50 % beteiligt, sind entsprechend 50 % des Gewinns steuerbegünstigt und 50 % laufender Gewinn.Einbringungsgewinn ist „anteilig“ nur tarifbegünstigt zu versteuern
- c) Ansatz zum Zwischenwert: Als dritte Variante kann der Aufnehmende das Betriebsvermögen auch mit einem Wert zwischen dem Buchwert und dem Teilwert ansetzen. In diesem Fall entsteht nur ein anteiliger Einbringungsgewinn. Dieser ist gemäß § 24 Abs. 3 S. 2 UmwStG nicht begünstigt, da die Tarifbegünstigung den Ansatz des Betriebsvermögens zum Teilwert voraussetzt. Damit unterliegt der anteilige Einbringungsgewinn als laufender Gewinn der regulären Besteuerung. Im Übrigen muss die Differenz zwischen Teilwert und Zwischenwert durch eine Ergänzungsbilanz erfasst werden.
4.3 Zwei-Stufen-Modell
In der Praxis kann es auch interessant sein, dem Aufgenommenen zunächst nur eine Minderheitsbeteiligung (z. B. 1 oder 5 %) einzuräumen. Einerseits wird dadurch der erforderliche Kaufpreis niedrig gehalten. Andererseits hat der Aufnehmende die Möglichkeit, den Aufgenommenen und seine Arbeitsweise über einen gewissen Zeitraum zu überprüfen, bevor er eine größere Beteiligung gewährt. Diese Form nennt man „Zwei-Stufen-Modell“.
Beispiel |
Ein Rechtsanwalt möchte einen Junior in seine Kanzlei (Verkehrswert 500.000 EUR) aufnehmen, indem eine GbR gegründet wird. Während der Anwalt seine Einzelkanzlei einbringt, leistet der Kollege zunächst nur eine Zahlung von 10.000 EUR in dessen Privatvermögen. Danach ist der Junior zu 2 % und der Senior zu 98 % an der GbR beteiligt. Nach einer Erprobungszeit überträgt der Senior weitere 48 % der Anteile gegen eine entsprechende Zahlung auf den Junior. |
Auch in diesem Szenario trifft den Aufnehmenden eine hohe Steuerbelastung. Im ersten Schritt unterliegt der Kaufpreis für die Splitterbeteiligung nach Abzug des anteiligen Buchwerts in voller Höhe und ohne Tarifermäßigungen beim Aufnehmenden als laufender Gewinn der Besteuerung (§ 18 Abs. 1 S. 1 EStG). Das gilt auch für den im zweiten Schritt bei der Übertragung der umfangreicheren Beteiligung realisierten Gewinn. Steuerliche Begünstigungen (Freibetrag nach § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 4 EStG bzw. Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 bzw. 3 EStG) sind nicht zu gewähren, da weder das ganze Einzelunternehmen noch der ganze Anteil an der Mitunternehmerschaft übertragen werden (§ 16 Abs. 1 EStG).
Übertragung des gesamten verbliebenen Anteils wäre wieder begünstigt Zwischenfazit | Dieses Modell ist von Vorteil, wenn sich der „Neue“ bis zur Übertragung einer großen Beteiligung zunächst bewähren soll und eine Mitunternehmerschaft und keine bloße Anstellung als Arbeitnehmer gewünscht sind. Zudem eignet sich das Modell bestens für eine Übergangsgemeinschaft. So kann der Nachfolger zunächst an die Mandate herangeführt werden. Nach einer gewissen Überleitungszeit werden dann die restlichen Anteile übertragen. Da in diesem Fall eine Veräußerung des gesamten verbliebenen Anteils stattfindet, ist diese Veräußerung auch steuerlich begünstigt (s. o., Freibetrag und Tarifermäßigung). |
4.4 Gewinnvorabmodell
In der Praxis ist es für den Aufzunehmenden oft problematisch, den erforderlichen Kaufpreis aufzubringen. Denn regelmäßig handelt es sich um hochqualifizierte Berufsanfänger, die über nahezu kein Eigenkapital verfügen. Für die Lösung dieses Dilemmas eignet sich das Gewinnvorabmodell. Bei der Vereinbarung des Gesellschaftsvertrags steht es den Gesellschaftern frei, auch die Gewinnverteilung zu regeln. Diese muss bei einer Beteiligung von 50/50 nicht zwingend ebenfalls 50/50 betragen, es kann z. B. vereinbart werden, dass der Aufnehmende vom Gesamtgewinn einen Gewinnvorab erhält und nur der verbleibende Gewinn nach den Beteiligungsquoten verteilt wird.
Beispiel |
Effektiv wird der Kanzleigewinn im Verhältnis 65/35 verteilt Ein Rechtsanwalt möchte einen vermögenslosen Juniorberufskollegen in seine Kanzlei aufnehmen. Es wird eine GbR gegründet, in welche der Rechtsanwalt seine Kanzlei einbringt. Der Junior bringt lediglich seine Fachkenntnisse mit. Beide sind zu jeweils 50 % an der GbR beteiligt. Von dem erzielten Gewinn werden laut Gesellschaftsvertrag nur 50 % nach dem Gewinnverteilungsschlüssel von 50/50 verteilt. Von den anderen 50 % stehen dem Senior befristet für zehn Jahre vorab 80 % zu. Effektiv wird damit der Gewinn der Kanzlei für die ersten zehn Jahre im Verhältnis 65/35 auf die Gesellschafter verteilt. |
Beachten Sie | Der Vorteil für den Aufgenommenen ist, dass dieser keine Finanzierung für die Beteiligung aufbringen muss. Vielmehr erarbeitet er sich seine Beteiligung mit seinen Fachkenntnissen über mehrere Jahre hinweg. Ein Nachteil ist allerdings, dass der Aufgenommene erst im Nachhinein weiß, was ihn die Beteiligung effektiv gekostet hat.
Steuerlich ist zu beachten, dass der vereinbarten Gewinnverteilung grundsätzlich zu folgen ist (BFH 10.11.80, GrS 1/79). Das gilt auch für eine disquotale Gewinnverteilung im Falle eines Gewinnvorabs. Allerdings unterliegt der Gewinnvorab beim Aufnehmenden wie auch der normale Gewinnanteil der regulären Besteuerung als laufender Gewinn. Steuerliche Begünstigungen sind nicht vorhanden. Positiv kann sich jedoch auswirken, dass durch diese Gestaltung der im Gewinnvorab verdeckt enthaltene Kaufpreis ratierlich über viele Jahre gezahlt wird. Das kann zu erheblichen Progressionsvorteilen führen.
Merke | Wird nach einiger Zeit die verbliebene Beteiligung veräußert, lässt sich für den dabei erzielten Gewinn unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 4 EStG ein Freibetrag (max. 45.000 EUR) abziehen und unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 bzw. 3 EStG eine ermäßigte Besteuerung vornehmen. |
Die Regelungen für den Gewinnvorab sind grundsätzlich frei verhandelbar. Der Gewinnvorab kann befristet aber auch unbefristet für die Dauer der weiteren Zugehörigkeit des Aufnehmenden zur Personengesellschaft vereinbart werden. Der Gewinnvorab darf sich allerdings nicht als verdecktes Veräußerungsentgelt darstellen. Denn sollte der Gewinnvorab bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein ratenweise zu zahlendes Veräußerungsentgelt darstellen, ist der Fall im Ergebnis nicht anders zu beurteilen als bei einer einmaligen Leistung des Aufgenommenen in das Privatvermögen des Aufnehmenden (so auch FG München 30.11.89, EFG 90, 319 – siehe Gestaltung 1). In diesem Fall würde die Einbringung sofort zu einem steuerpflichtigen laufenden Gewinn für den Aufnehmenden führen und der spätere Gewinnvorab wäre lediglich als Tilgung des Kaufpreises zu sehen, sodass der Aufgenommene einen höheren Gewinnanteil als tatsächlich erhalten versteuern müsste.
Der BFH (27.10.15, VIII R 47/12) hat hierzu entschieden, dass der Aufnehmende einen sofort zu versteuernden Veräußerungsgewinn erzielt, wenn der Kaufpreis der Höhe nach von Beginn an feststeht. Das wäre z. B. dann der Fall, wenn der Gewinnverzicht auf einem festen jährlichen Betrag beruht – weil dem Aufnehmenden z. B. über zehn Jahre vorab von dem Gewinn jährlich 25.000 EUR zustehen (Kaufpreis = 250.000 EUR). Verzichtet der Aufgenommene hingegen für die ersten zehn Jahre jährlich auf 25 % seines Gewinnanteils, so handelt es sich nicht um einen Veräußerungsgewinn – und die 25 % zusätzlicher Gewinn fließen dem Aufnehmenden ratierlich über zehn Jahre zu.
Beachten Sie | Der Gewinnvorab sollte nicht betragsmäßig festgelegt werden und es sollte auch darauf verzichtet werden, einen maximalen Höchst- oder Sockelbetrag zu vereinbaren. Unproblematisch ist es dagegen, wenn der Gewinnvorab quotal nach dem tatsächlich erzielten Gewinn berechnet wird und die Vereinbarung eines vorab an den Aufnehmenden auszuschüttenden Mindestgewinnanteils unterlassen wird.
Effektiv gezahlter Preis steht erst nach Jahren fest Fazit | Das Modell des Gewinnvorabs eignet sich insbesondere dann, wenn die Finanzierung eines (hohen) Kaufpreises für den Aufgenommenen nicht oder nur zu sehr ungünstigen Konditionen möglich ist. Allerdings ist das Risiko auf beiden Seiten nicht zu vernachlässigen, dass der effektiv gezahlte Preis für die Aufnahme in das Einzelunternehmen erst dann feststeht, wenn die Vereinbarung über den Gewinnvorab ausgelaufen ist. Damit handelt es sich bei diesem Modell auch um eine Wette auf die künftige Gewinnentwicklung auf Ebene der Gesellschaft. Zudem stellt das Gewinnvorabmodell regelmäßig nur auf den tatsächlich erzielten Gewinn ab. Entstandene aber nicht realisierte stille Reserven (z. B. Wertsteigerung von Immobilien) bleiben unberücksichtigt. |
5. Umsatzsteuer? Nein Danke!
Die meisten Einzelunternehmer gehen einer umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit nach. Bei der Aufnahme eines Partners drohen jedoch keine umsatzsteuerlichen Risiken. Denn es handelt sich um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, welche gemäß § 1 Abs. 1a UStG nicht umsatzsteuerbar ist. Damit geht das Unternehmen auf die Personengesellschaft über, welche dieses fortführt. Das gilt selbst dann, wenn einzelne Wirtschaftsgüter von der Einbringung ausgenommen werden – z. B. Betriebsgrundstücke. Waren die Wirtschaftsgüter jedoch für das Einzelunternehmen wesentlich, dann müssen diese der neuen Gesellschaft dauerhaft zur Nutzung überlassen werden (z. B. durch eine Vermietung an diese), damit es sich um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt (Abschnitt 1.5 Abs. 3 UStAE).
6. Grunderwerbsteuer? Ja – aber mit Begünstigungen
Gehören zum Einzelunternehmen auch Betriebsgrundstücke, so werden diese regelmäßig mit dem Einzelunternehmen in die Personengesellschaft eingebracht. Der Grund: Die Grundstücke werden auch von der Personengesellschaft benötigt. Da die Personengesellschaft ein eigener Rechtsträger ist, unterliegt die Einbringung der Betriebsgrundstücke der Grunderwerbsteuer zum gesondert festzustellenden Grundbesitzwert (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG).
Allerdings wird die Grunderwerbsteuer gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG bei dem Übergang von Alleineigentum auf Gesamthandseigentum in dem Umfang nicht erhoben, wie der Aufnehmende (Veräußerer) nach der Übertragung am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Ist an der neuen Personengesellschaft also der Aufnehmende zu 60 und der Aufgenommene zu 40 % beteiligt, so entsteht die Grunderwerbsteuer für die eingebrachten Betriebsgrundstücke zwar in voller Höhe, wird jedoch nur zu 40 % erhoben.
Auswirkungen des MoPeG im Blick haben Merke | Durch das MoPeG und der damit einhergegangenen Neufassung des § 713 BGB ist seit 2024 zivilrechtlich das bisher bekannte Gesamthandsprinzip für rechtsfähige Personengesellschaften entfallen. Alle Wirtschaftsgüter gehören seit 2024 der Gesellschaft und nicht den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Damit wäre seit 2024 die in § 5 Abs. 2 GrEStG verortete Begünstigung nicht mehr anwendbar und die Grunderwerbsteuer würde nicht nur in voller Höhe entstehen, sondern auch in voller Höhe erhoben werden. Eine erhebliche Mehrbelastung für die Aufnahme eines Partners! Zum Glück wurde durch den jüngst zunächst befristet bis zum 31.12.26 eingeführten § 24 GrEStG eine Übergangsregelung geschaffen. Rechtsfähige Personengesellschaften sind bis zu diesem Zeitpunkt für Zwecke der Grunderwerbsteuer weiterhin als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen anzusehen, sodass sich zumindest bis zum 31.12.26 die in § 5 Abs. 2 GrEStG verankerte Begünstigung noch nutzen lässt. Was danach gilt, bleibt abzuwarten. |
Zur Umgehung der gesamten Grunderwerbsteuer können die Betriebsgrundstücke auch im Eigentum des bisherigen Einzelunternehmers verbleiben. Da die Grundstücke in der Praxis jedoch weiterhin von der Personengesellschaft benötigt werden, müssen diese an die Gesellschaft vermietet oder zumindest dieser unentgeltlich überlassen werden. Damit handelt es sich bei den Grundstücken weiterhin um ertragsteuerliches Betriebsvermögen (Sonder-BV auf Ebene der Personengesellschaft). Das Problem: Sollen für die Einbringung des bisherigen Einzelunternehmens in die Personengesellschaft ertragsteuerliche Begünstigungen gewährt werden (Freibetrag / ermäßigte Besteuerung), so würde das Zurückbehalten dieser wesentlichen Betriebsgrundlagen die Anwendung der steuerlichen Begünstigungen zunichtemachen.
AUSGABE: GStB 4/2024, S. 136 · ID: 49871344