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Vorweggenommene ErbfolgeSteuergünstige Gestaltung durch Zuordnung von Anschaffungskosten bei Angehörigenverträgen

Abo-Inhalt03.09.202548 Min. LesedauerVon StB Dipl.-Finw. (FH) Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

| Verträge zwischen nahen Angehörigen sind im Allgemeinen sowie im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge im Besonderen ein beliebtes Mittel, um die Steuerbelastung im Einzelfall zu senken. Allerdings wecken derartige Gestaltungen regelmäßig ein besonderes Prüfungsinteresse seitens der Finanzverwaltung. Eine dieser Gestaltungsoptionen bezieht sich auf Fälle, in denen ein gemischt genutztes Grundstück im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auf einen Abkömmling gegen Auszahlung potenzieller Miterben und damit teilentgeltlich übertragen wird. |

1. Allgemeine Grundsätze zur steuerlichen Anerkennung

Aufgrund des Näheverhältnisses der Vertragspartner und des daraus resultierenden fehlenden Interessenwiderstreits fordert die Rechtsprechung zur steuerrechtlichen Anerkennung die Einhaltung strenger Regularien in Form eines sog. Fremdvergleichs, dem ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen standhalten muss, um auch steuerrechtlich anerkannt zu werden. Grundsätzlich gilt für alle Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen, dass es einer ernsthaft getroffenen Vereinbarung bedarf, wie sie auch unter Fremden möglich gewesen wäre, und die Vereinbarung auch tatsächlich in der vereinbarten Form durchgeführt wird (BFH 22.2.07, IX R 45/06, BStBl. II 2011, 20; BFH 12.5.09, IX R 46/08, BStBl. II 2011, 24).

Andererseits dürfen Angehörige ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig gestalten und dabei auch sich ergebende „Steuerspareffekte mitnehmen“ (BFH 27.7.04, IX R 54/02, BStBl. II 2006, 9).

Merke | Eine derartige Vorgehensweise ist auch nicht gestaltungsmissbräuchlich im Sinne von § 42 AO. Nach dieser Vorschrift darf ein Steuergesetz nicht durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts umgangen werden. Unangemessenheit liegt vor, wenn eine Gestaltung von verständigen Dritten unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung ohne den Steuervorteil nicht gewählt worden wäre. Die Angemessenheit einer Gestaltung steht insbesondere dann im Fokus der Finanzverwaltung, wenn sie ohne Berücksichtigung der beabsichtigten steuerlichen Effekte unwirtschaftlich, umständlich, kompliziert, schwerfällig, gekünstelt, überflüssig, ineffektiv oder widersinnig erscheint. Dies ist jedoch bei der Zuordnung von Anschaffungskosten auf einen Gebäudeteil nicht der Fall, sofern der zugeordnete Betrag den Verkehrswert des Gebäudeteils nicht überschreitet.

2. Gestaltungsoptionen

a) Steuerfolgen ohne Kostenzuordnung

Die bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten sollen an folgendem Beispiel erläutert werden:

Beispiel

Vater A überträgt ein Zweifamilienhaus (Baujahr 1970), in dem sich zwei gleich große Wohnungen befinden und dessen Verkehrswert 600.000 EUR (Anteil Grund und Boden: 20 v. H.) beträgt, zum 1.1.25 auf seinen Sohn B, der seinen Bruder C mit 300.000 EUR auszahlen muss (auf die Angabe anfallender Nebenkosten wird hier aus Vereinfachungsgründen verzichtet). B nutzt die Erdgeschosswohnung zu eigenen Wohnzwecken und vermietet die Obergeschosswohnung. Den Auszahlungsbetrag finanziert B in voller Höhe. Die 2025 hierfür anfallenden Schuldzinsen betragen 10.000 EUR.

Werden hinsichtlich des Auszahlungsbetrags keine weiteren notarvertraglichen Vereinbarungen getroffen, würde dies bei dem Erwerber B zu folgenden steuerlichen Konsequenzen führen:

B erzielt mit der vermieteten Wohnung und damit aus der Hälfte des erworbenen Objekts Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Die ihm entstandenen Anschaffungskosten (300.000 EUR) entfallen somit zur Hälfte auf den vermieteten und zur Hälfte auf den (steuerlich irrelevanten) selbst genutzten Teil. Die Abschreibungsbemessungsgrundlage ermittelt sich daher wie folgt:

Anschaffungskosten

300.000 EUR

Davon auf den vermieteten Teil entfallend

150.000 EUR

Abzüglich Anteil Grund und Boden (20 %)

30.000 EUR

Verbleiben

120.000 EUR

Jährliche AfA nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2b EStG 2 %

2.400 EUR

Da das Objekt bereits 1970 hergestellt und damit der dem Vater A zugestandene Abschreibungszeitraum von maximal 50 Jahren bereits abgelaufen ist, kann bezüglich des unentgeltlich erworbenen Teils auch keine AfA des Rechtsvorgängers (§ 11d EStDV) fortgeführt werden.

Hinsichtlich der anfallenden Schuldzinsen entfallen lediglich 50 % auf den vermieteten und damit der Einkünfteerzielung dienenden Teil, sodass in 2025 lediglich 5.000 EUR als Werbungkosten abziehbar sind.

b) Steuerfolgen bei Zuordnung von Anschaffungskosten

Abwandlung 1

Im Übertragungsvertrag treffen die Beteiligten die Vereinbarung, dass der an C zu leistende Auszahlungsbetrag in Höhe von 300.000 EUR ausschließlich für die im Obergeschoss liegende vermietete Wohnung (anteiliger Verkehrswert 300.000 EUR) erbracht wird.

Die getroffene notarvertragliche Vereinbarung führt zu einer nicht unerheblichen Steuerersparnis für B und wird von der Rechtsprechung (der die Finanzverwaltung folgt) auch anerkannt.

Besteht ein Gebäude aufgrund unterschiedlicher Nutzung aus mehreren Wirtschaftsgütern (hier: vermietete und eigen genutzte Wohnung), ist die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt auch dann, wenn nicht ein Gesamtkaufpreis, sondern von vornherein Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter bzw. bestimmte Leistungen vereinbart werden. Es ist steuerrechtlich daher hinzunehmen, wenn z. B. der selbst genutzte Grundstücksteil teilentgeltlich oder unentgeltlich veräußert wird, während die Vertragsparteien für den vermieteten Grundstücksteil entsprechend der Verkehrswerte ein angemessenes Entgelt vereinbaren (BFH 1. 4. 09, IX R 35/08, BStBl. II 2009, 663).

Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die vorgenommene Kaufpreiszuordnung auch den realen Wertverhältnissen entspricht, d. h., die vereinbarten Kaufpreisanteile dürfen nicht über den Verkehrswerten der jeweiligen Gebäudeteile liegen. Ferner darf die Kaufpreiszuordnung weder nur zum Schein getroffen worden sein noch missbräuchlich vorgenommen werden (BFH 1.4.09, IX R 35/08, BStBl. II 2009, 663).

Dies hat im Rahmen der Abwandlung des vorstehenden Beispielsfalls zur Folge, das B für die vermietete Wohnung infolge der vorgenommenen Zuordnung eigene Anschaffungskosten in Höhe von 300.000 EUR entstehen, die zu folgendem jährlichen Abschreibungsbetrag führen:

Anschaffungskosten

300.000 EUR

Abzüglich Anteil Grund und Boden (20 %)

60.000 EUR

Verbleibende AfA – Bemessungsgrundlage

240.000 EUR

Jährliche AfA nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2b EStG (2%)

4.800 EUR

c) Steuerfolgen bei Zuordnung von Finanzierungskosten

Auch Finanzierungskosten können nach den vorstehenden Grundsätzen steueroptimal zugeordnet werden. Ordnet der Steuerpflichtige z. B. Darlehensmittel einem vermieteten Gebäudeteil in der Weise zu, dass er mit dem Darlehen tatsächlich die Aufwendungen begleicht, die der Anschaffung dieses Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind, sind die hierauf entfallenden Schuldzinsen in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar (BFH 9.7.02, IX R 65/00, BStBl. II 2003, 389). Verfährt B entsprechend, sind bei ihm die jährlichen Schuldzinsen in voller Höhe (10.000 EUR) und nicht nur anteilig als Werbungskosten abziehbar.

d) Rechtsfolgen bei Gewinneinkünften

Die Möglichkeit der Kostenzuordnung besteht auch bei Erzielung von Gewinneinkünften.

Abwandlung 2

Vater A hat das Zweifamilienhaus in 1987 errichtet (Bauantrag aus 1986). Sohn B nutzt die Räume der Obergeschosswohnung in vollem Umfang als Praxisräume im Rahmen seiner selbstständigen Rechtsanwaltstätigkeit. Wird eine entsprechende Zuordnung der Anschaffungs- und Finanzierungskosten wie im vorstehenden Beispiel vorgenommen, führt dies bei B zu folgenden Betriebsausgaben:

a) Abschreibung

AfA – Bemessungsgrundlage

240.000 EUR

Jährliche AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG (da Bauantrag

nach dem 31.12.1985 gestellt) 3%

7.200 EUR

b) Finanzierungskosten

Schuldzinsenabzug § 4 Abs. 4 EStG

10.000 EUR

Betriebsausgabenabzug insgesamt:

17.200 EUR

Merke | Durch die entsprechende Zuordnung von Anschaffungskosten und Finanzierungskosten sind in derartigen Fällen über Jahre erhebliche Steuerersparnisse erzielbar. Dies ist auch durch die Rechtsprechung des BFH abgesichert, der die Finanzverwaltung folgt. Wichtig ist nur, dass sich die Zuordnung im Rahmen der Verkehrswerte der jeweiligen Gebäudeteile hält, d. h., der einem Gebäudeteil zugeordnete Betrag darf den Verkehrswert des Gebäudeteils nicht überschreiten.

AUSGABE: EE 9/2025, S. 160 · ID: 50474433

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