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KostenDie Kostenentscheidung im Erbscheinverfahren im Lichte aktueller Rechtsprechung

Top-BeitragAbo-Inhalt03.07.20257 Min. LesedauerVon RA Holger Siebert, FA Erbrecht und FA Steuerrecht, Berlin

| Das Erbscheinverfahren ist für die Beteiligten regelmäßig mit teils nicht unerheblichen Kosten verbunden. Das können neben den anfallenden Gerichtskosten auch Anwaltskosten der Beteiligten oder Kosten für Beweiserhebungen sein. Bei Beendigung eines streitigen Verfahrens stellt sich dann die Frage, wer diese Kosten zu tragen hat bzw. wem diese ggf. durch das Gericht aufzuerlegen sind. Die Antworten liefert dieser Beitrag unter Berücksichtigung einiger neuerer Entscheidungen. |

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1. Gesetzliche Grundlagen

Die Grundsätze für eine Kostenentscheidung regelt § 81 FamFG, was ein breites Ermessen für Billigkeitsentscheidungen eröffnet. Demgegenüber ordnet § 84 FamFG für die Rechtsmittelinstanz an: „Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.“

2. Verpflichtung zur Kostenentscheidung?

Gemäß § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG besteht – sofern keine gesetzlichen Sonderregeln vorliegen (etwa gem. § 81 Abs. 1 S. 3 FamFG für Familiensachen oder § 353 Abs. 2 S. 1 FamFG für die Einziehung des Erbscheins) – keine allgemeine Verpflichtung des Gerichts, über die Kosten zu entscheiden.

a) Stillschweigende Kostenentscheidung

Fehlt eine Kostenentscheidung (und ist sie nicht nach § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG vorgeschrieben), liegt darin in der Regel die stillschweigende Entscheidung, dass keine Kostenerstattung stattfindet und der Antragsteller die Gerichtskosten allein trägt (vgl. Feskorn, in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, § 81 Rn. 15).

So sieht es aktuell auch das OLG Braunschweig (14.2.25, 10 W 20/25, Abruf-Nr. 248831). Dort wird ausgeführt:

Auszug OLG Braunschweig (14.2.25, 10 W 20/25)

„Enthält nämlich – wie vorliegend – eine Entscheidung weder im Tenor noch in den Gründen einen ausdrücklichen Kostenausspruch, liegt darin in der Regel die nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG im Ermessen des Gerichts liegende, stillschweigende Entscheidung, dass die gesetzlich normierten Kostenregelungen Anwendung finden sollen und keine Erstattung der außergerichtlichen Kosten stattfindet (vgl. OLG München, Beschluss vom 20. Februar 2012 – 31 Wx 565/11 –, Rn. 16, juris; OLG Köln, Beschluss vom 5. August 2013 – 2 Wx 193/13 –, Rn. 10, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 15 W 273/14 –, Rn. 28, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. März 2016 – 21 W 15/16 –, Rn. 11, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 10. Mai 2023 – 3 W 4/23 –, Rn. 12, juris; Sternal/Weber, 21. Aufl. 2023, FamFG § 81 Rn. 5).“

b) Herbeiführung einer Kostenentscheidung bei deren Fehlen

Enthält eine gerichtliche Entscheidung in einer FG-Angelegenheit keine Kostenregelung, stellt sich allerdings die Frage, ob über § 43 Abs. 1 FamFG eine Ergänzung des Beschlusses herbeizuführen ist (eingehend OLG Hamm, ErbR 15, 56; vgl. auch OLG Frankfurt a. M. 29.3.16, 21 W 15/16, BeckRS 16, 07866) oder aber im Wege der Beschwerde vorzugehen ist. Voraussetzung für eine Ergänzung der Entscheidung ist das Vorliegen einer entsprechenden „Entscheidungslücke“, die nur anzunehmen ist, wenn die Möglichkeit einer – stillschweigenden – Kostenentscheidung auszuschließen ist (OLG Köln, FamRZ 14, 687 = BeckRS 13, 15823; OLG München, NJW-RR 12, 523). Da einer nicht vorhandenen Entscheidung regelmäßig nicht anzusehen ist, ob sie nur versehentlich unterblieben oder bewusst nicht vorgenommen worden ist, sollte neben dem Antrag nach § 43 FamFG eine bedingte Beschwerde in Betracht gezogen werden, da es sich um eine sog. innerprozessuale Bedingung handelt (hierzu Keidel/Sternal, FamFG, § 64 Rn. 22 f.).

c) Absehen von der Kostenerhebung

Nach § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG kann das Gericht auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. Diese Regelung betrifft allerdings nur die Gerichtskosten. Ein Absehen von der Kostenerhebung kommt regelmäßig dann in Betracht, wenn es nach dem Verlauf oder dem Ausgang des Verfahrens unbillig erscheint, die Beteiligten mit den Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten (BT-Drucks. 16/6308, S. 215). Davon zu unterscheiden ist die Anordnung der Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 21 GNotKG.

3. Inhalt der Kostenentscheidung

Ist eine Kostenentscheidung, sei es ausdrücklich oder stillschweigend, getroffen, muss mitunter der Inhalt der jeweiligen Kostentragungspflicht ermittelt werden, wenn das aussprechende Gericht sich nicht zu detaillierter Ausführung angehalten sieht, was leider häufig der Fall ist. Im Hinblick hierauf sollen hier zwei aktuelle Entscheidungen des BGH dargestellt werden.

a) BGH 29.1.25, IV ZB 2/24

Ein Sohn eines Erblassers stellte einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben seines Vaters ausweisen sollte. Er berief sich dabei auf ein handschriftliches Testament, das jedoch nur in Kopie vorlag. Da nicht nachgewiesen werden konnte, dass das Testament im Original existierte, wies das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag zurück und entschied, dass der Antragsteller die Verfahrenskosten zu tragen habe. Der konkrete Tenor lautete: „Der Erbscheinsantrag […] wird kostenpflichtig zurückgewiesen.“

Eine beteiligte Schwester und ein weiteres Kind des Erblassers, welche sich erfolgreich gegen die Alleinerbenstellung ihres Bruders gewendet hatten, forderten die Festsetzung ihrer Anwaltskosten.

Der BGH (29.1.25, IV ZB 2/24, Abruf-Nr. 246545), stellt hierzu zunächst richtigerweise fest, dass es hinsichtlich der Übernahme von Rechtsanwaltskosten an einer ausdrücklichen Regelung fehle. Maßgebend für die daher erforderliche Auslegung ist der Wortlaut der Kostengrundentscheidung unter Heranziehung der Entscheidungsgründe (OLG München 16.2.22, 31 Wx 66/21 Kost, ZEV 22, 285).

Die Frage, ob einem erstinstanzlichen Ausspruch in Nachlasssachen, insbesondere im Erbscheinverfahren, der sich darin erschöpft, dass ein Antrag „kostenpflichtig zurückgewiesen“ wird, und bei dem sich aus den Entscheidungsgründen nichts Abweichendes ergibt, neben der Auferlegung der Gerichtskosten regelmäßig auch die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten weiterer Beteiligter zu entnehmen ist, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten.

Einige OLG vertreten die Auffassung, eine solche Kostenentscheidung sei anhand der Definition in § 80 FamFG dahin gehend auszulegen, dass davon sowohl die Gerichtskosten als auch die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten erfasst seien (OLG Brandenburg 24.11.22, 3 W 120/22, BeckRS 22, 39893; OLG Hamm 23.7.19, 25 W 146/19, ErbR 19, 706).

Nach anderer Ansicht umfasst diese Tenorierung nicht die Erstattung außergerichtlicher Kosten, was vor allem mit den Besonderheiten des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie der nach § 81 Abs. 1 FamFG flexiblen Kostenverteilung im Wege einer Ermessensentscheidung begründet wird (OLG München ZEV 22, 285; OLG Düsseldorf 13.1.21, I-3 Wx 205/20, ZEV 21, 263).Dieser Auffassung folgt auch der BGH:

Auszug BGH 29.1.25, IV ZB 2/24

„Einer erstinstanzlichen Kostenentscheidung nach § 81 FamFG in einem Nachlassverfahren, die sich darin erschöpft, dass ein Antrag „kostenpflichtig zurückgewiesen“ wird oder dass der Antragsteller die „Kosten des Verfahrens“ zu tragen hat, ist, sofern eine Auslegung anhand der Entscheidungsgründe nichts Abweichendes ergibt, regelmäßig nicht die Anordnung der Erstattung der zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen weiterer Beteiligter zu entnehmen … Eine generelle Auslegung der kostenpflichtigen Zurückweisung eines Antrags als Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten entspräche dagegen der im Zivilprozessrecht bestehenden starren Kostenregelung des § 91 ZPO. Diese soll aber im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerade nicht gelten. § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG ermöglicht und gebietet vielmehr eine flexible Kostenverteilung (OLG München ZEV 2022, 285 Rn. 15; OLG Düsseldorf ZEV 2021, 263 Rn. 12) …“

Dagegen sieht die Rechtswelt im Bereich der Anwendung des § 84 FamFG anders aus.

b) BGH 27.11.24, IV ZB 12/24

In einem weiteren vom BGH entschiedenen Fall stritten die Beteiligten über die Erstattung außergerichtlicher Kosten in einem vorangegangenen Beschwerdeverfahren betreffend die Einziehung eines Erbscheins. Ein Sohn des Erblassers hatte beantragt, einen seiner Mutter erteilten Erbschein einzuziehen, das Amtsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das OLG zurückgewiesen und ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens trage, und in den Gründen ausgeführt, die Kostenentscheidung beruhe auf § 84 FamFG.

Der BGH (27.11.24, IV ZB 12/24, Abruf-Nr. 245449) entschied Folgendes: Wenn – wie im Fall – das Rechtsmittelgericht unter Anwendung von § 84 FamFG die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels insgesamt dem Beteiligten, der es eingelegt hat, auferlegt habe, erfasse die Kostengrundentscheidung regelmäßig die notwendigen Aufwendungen weiterer Beteiligter i. S. d. § 80 S. 1 FamFG. Dieser bestimme den Gegenstand der Kosten, der die Gerichtskosten und die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten umfasse. Für den in § 84 FamFG geregelten Spezialfall gebe die Vorschrift ein intendiertes Ermessen vor, in dessen Rahmen einem Rechtsmittelführer regelmäßig – entsprechend der Legaldefinition des § 80 S. 1 FamFG – alle für das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen seien. Verweise die Begründung einer entsprechenden Anordnung schlicht auf § 84 FamFG, sei sie regelmäßig so auszulegen, dass das Gericht dem Rechtsmittelführer sowohl die Gerichtskosten als auch die notwendigen Aufwendungen der weiteren Beteiligten auferlegen wollte.

Merke | Das Nachlassgericht und auch das Rechtsmittelgericht sind im Rahmen einer zu treffenden Kostenentscheidung nicht an Anträge der Beteiligten gebunden. Das Gericht entscheidet nach dem ihm gesetzlich eingeräumten Ermessen. Gleichwohl empfiehlt es sich im Hinblick auf die hier dargestellten Auslegungsmechanismen, vor Erlass der Endentscheidung einen Kostenantrag in der notwendigen Konkretheit zu stellen, verbunden mit dem wohlgemeinten Hinweis, hierüber ausdrücklich, besonders im Hinblick auf außergerichtliche Kosten (Rechtsanwaltskosten) zu befinden.

4. Einschränkung des Ermessens bei unwahren Angaben

Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens hat sich aktuell das OLG Celle damit befasst, inwieweit sich Angaben wider besseres Wissen in einem Erbscheinverfahren auf die Kostenentscheidung auswirken können.

Eine Beteiligte (zu 6) hatte bei dem Nachlassgericht einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist, und sich dazu auf ein vermeintlich eigenhändig errichtetes Testament der Erblasserin gestützt. In dem Erbscheinsantrag hatte sie angegeben, die Erblasserin habe das Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben. Sodann hat die Beteiligte an Eides statt versichert, dass ihr nichts bekannt sei, was der Richtigkeit ihrer Angaben entgegensteht. Tatsächlich hatte jedoch die Beteiligte zu 6 den Testamentstext geschrieben und die Erblasserin das Schriftstück nur unterzeichnet. Weitere Beteiligte (zu 1 und 2) wollten mit ihren Beschwerden erreichen, dass die Beteiligte zu 6 ihnen ihre anwaltlichen Gebühren zu erstatten hat.

Das OLG Celle (9.1.25, 6 W 156/24, Abruf-Nr. 248832) sah hier einen Ermessensfehlgebrauch der Rechtspflegerin und ordnete an, dass die Beteiligte zu 6 den Beteiligten zu 1 und 2 die notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat. Gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 3 FamFG solle das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten dann auferlegen, wenn der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat. In diesen Fällen sei daher das ansonsten weite Ermessen für eine Kostenentscheidung bereits eingeschränkt („… soll das Gericht“). Ein solcher Fall liege hier vor.

AUSGABE: EE 7/2025, S. 116 · ID: 50382452

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