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EEErbrecht effektiv

AbschichtungMustervereinbarung zum Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft ohne Erbteilübertragung

Abo-Inhalt05.05.20255517 Min. LesedauerVon RA und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

| Aus einer Erbengemeinschaft kann man nicht nur ausscheiden, indem man den Erbteil verkauft und an den Erwerber überträgt (siehe hierzu EE 25, 64). Eine weitere Option ist das Ausscheiden mittels eines sog. Abschichtungsvertrages. Dieser Beitrag erläutert anhand eines Musterfalls mit Mustervereinbarung und Anmerkungen diese Form der Übertragung eines Erbteils. |

1. Motive für eine Abschichtung

Die Abschichtung basiert auf dem allgemeinen Grundsatz der Vertragsfreiheit und dem Recht jedes Miterben, seinen Erbteil zu veräußern (§ 2033 BGB). Dabei verzichtet der ausscheidende Erbe auf seinen Erbteil und erhält als Gegenleistung eine Abfindung in Gestalt einer Geld- und/oder Sachleistung von den verbleibenden Miterben.

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Miterben eine Abschichtung in Erwägung ziehen. Beispielhaft sind zu nennen:

  • Konflikte zwischen den Miterben über die Verwaltung oder Aufteilung des Nachlasses können eine Abschichtung sinnvoll machen, um eine langwierige und kostspielige Auseinandersetzung zu vermeiden.
  • Miterben können unterschiedliche Vorstellungen über die Nutzung oder Verwertung des Nachlasses haben. Eine Abschichtung ermöglicht es jedem Erben, seinen eigenen Weg zu gehen.
  • Ein Miterbe benötigt dringend Liquidität und kann durch die Abfindung seine finanziellen Bedürfnisse kurzfristiger befriedigen, anstatt auf die Erbauseinandersetzung zu warten.
  • Durch die Abschichtung reduziert sich die Anzahl der Miterben, was die Verwaltung und Aufteilung des Nachlasses erheblich erleichtern kann.

2. Musterfall

Beispielsfall

A ist Teil der Erbengemeinschaft A – E. Zur Erbmasse gehört diverser Grundbesitz und bewegliches Vermögen. Im Grundbuch sind auf der Grundlage des erteilten Erbscheins Erbteile eingetragen, d. h. die Miterben sind bereits als Eigentümer in Erbengemeinschaft zu je 1/5 eingetragen. Zu allen eingetragenen Belastungen in Abt. II und III liegen Löschungsbewilligungen vor.

3. Mustervereinbarung mit Erläuterungen

Abschichtungsvertrag*

§ 1 Vertragsgegenstand

(1) A, B, C, D, E sind Miterben zu gleichen Anteilen nach dem am … verstorbenen Z.

Die Erbfolge beruht auf dem Testament vom … Das Amtsgericht – Nachlassgericht – hat die Verfügung von Todes wegen am … unter dem Aktenzeichen … eröffnet.

Die Erbschaft wurde von allen Erben angenommen. Ein Rechtsstreit über das Erbrecht ist nicht anhängig.

(2) Zum Nachlass gehört folgender Grundbesitz:

a) Flur-Nr. 701 (es folgt die Wiedergabe der Grundbucheintragungen hinsichtlich dieser Immobilie);

b) Flur-Nr.876 (es folgt die Wiedergabe der Grundbucheintragungen hinsichtlich dieser Immobilie);

c) Flur-Nr. 293 (es folgt die Wiedergabe der Grundbucheintragungen hinsichtlich dieser Immobilie).

Die Beteiligten beantragen die Löschung der in Abt. II und III eingetragenen Rechte.

(3) Weitere Nachlassgegenstände sind nicht mehr vorhanden. Insoweit ist der Nachlass auseinandergesetzt. Nachlassverbindlichkeiten bestehen nach Angabe aller Miterben nicht (alternativ: Es bestehen folgende Nachlassverbindlichkeiten: …).

§ 2 Abschichtungsvertrag

(1) A – E vereinbaren, dass A mit Ablauf des … aus der Erbengemeinschaft ausscheidet. Am Ergebnis eventuell schwebender Geschäfte nimmt der Ausscheidende nicht teil.

Praxistipp | Handelt es sich bei dem Ausscheidenden um ein minderjähriges Kind, können die Eltern den Abschichtungsvertrag gem. § 1643 Abs. 2 BGB genehmigungsfrei abschließen. Für alle anderen Vertreter des Kindes ist der Vertragsschluss genehmigungsbedürftig. Für den Betreuer folgt dies unmittelbar aus § 1851 Nr. 3, 2. Alt. BGB und für den Vormund aus § 1799 Abs. 1 BGB. Auf das Handeln eines sonstigen Pflegers ist gem. § 1888 Abs. 1 BGB das Betreuungsrecht entsprechend anwendbar. Bei der Pflegschaft für Minderjährige verweist § 1813 Abs. 1 BGB auf das Vormundschaftsrecht und über § 1799 Abs. 1 BGB auch auf § 1851 Nr. 3, 2. Alt. BGB.

* In Anlehnung an Beck‘sches Notar-Handbuch, 8. Aufl. 2024, § 17 Erbrecht, Dietz/Sammet

(2) A erhält als Gegenleistung für sein Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft

a) das Grundstück Flur-Nr. 701 … lastenfrei in Abt. II und III zu Alleineigentum übertragen,

b) von den verbleibenden Miterben B – E zu gleichen Anteilen einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt EUR …, zahlbar am …

(3) Der Abschichtungsvertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die in den Abs. 2 a) und 2 b) genannten Bedingungen erfüllt sind. Die Bedingung gemäß Abs. 2 a) ist erfüllt, wenn die in diesem Vertrag zugunsten des A bewilligte Auflassungsvormerkung im Grundbuch ohne Vorrang von Belastungen, an denen A nicht mitgewirkt hat, eingetragen ist.

Praxistipps | In der Praxis werden als Gegenleistung häufig entweder nur eine Geldleistung oder eine Kombination aus Geld- und Sachleistung vereinbart. Die Geld-/Sachleistung hat den Vorteil, dass die verbleibenden Erben eine unter Umständen nicht finanzierbare Geldforderung erfüllen sollen und somit die Abschichtung letztlich scheitert. Weiterhin ist es sehr einfach, die Wertdifferenz zwischen dem Sachwert und dem Wert des Erbteils in Geld auszugleichen.

Für den Fall, dass Nachlassverbindlichkeiten bestehen, ist als weitere Gegenleistung in Abs. 2 aufzunehmen:

c) Weiterhin erhält A als Gegenleistung die Freistellung von allen Nachlassverbindlichkeiten im Außenverhältnis. Jeder Vertragsteil ist berechtigt, die Miterben B – E sind verpflichtet, die Entlassung des A aus jeder Mithaftung für die in diesem Vertrag genannten Bankdarlehen auch im Außenverhältnis durch Genehmigung des Gläubigers herbeizuführen. Bis dahin gilt die Schuldübernahme als Erfüllungsübernahme. Die Freistellungsverpflichtung umfasst auch jegliche Ausgleichsansprüche gemäß § 728a BGB analog.

Korrespondierend ist in Abs. 3 als zusätzliche aufschiebende Bedingung wegen der Freistellungsverpflichtung nach Abs. 2 c) aufzunehmen, dass die Bedingung erfüllt ist, wenn die Y-Bank schriftlich bestätigt hat, A aus der Haftung für die eingetragenen grundpfandrechtsgesicherten Darlehen auflagefrei zu entlassen.

(4) Die Vertragsteile bewilligen und beantragen die Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich des der Erbengemeinschaft verbleibenden Grundbesitzes, Flur-Nr. 876 und Flur-Nr. 293, mit der Maßgabe, dass als Eigentümer B – E in Erbengemeinschaft eingetragen werden. Der Notar wird angewiesen, diesen Vertrag zum Vollzug der Grundbuchberichtigung dem Grundbuchamt erst vorzulegen, wenn ihm der Eintritt der aufschiebenden Bedingung gemäß Abs. 2 von A bestätigt oder von B – E nachgewiesen wurde oder ihm in sonstiger Weise bekannt geworden ist.

(5) Wegen des Zahlungsanspruchs gemäß Abs. 2 b) in Höhe von … EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab … unterwerfen sich B – E – mehrere als Gesamtschuldner – der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. Der Notar darf eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde erst nach Ablauf der Fälligkeit erteilen, im Übrigen jedoch ohne weitere Nachweise.

§ 3 Auflassung

Die Vertragsteile übertragen hiermit das in § 1 Abs. 2 a) bezeichnete Grundstück mit allen Rechten und Bestandteilen an A, der die Übertragung annimmt. Die Parteien sind über den Eigentumsübergang einig und bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch.

§ 4 Vormerkung

Zur Sicherung des Anspruchs des A bewilligen und beantragen die Vertragsteile die Eintragung einer Vormerkung an dem in § 3 genannten Grundstück. Die Vormerkung ist mit Eintragung der Auflassung zu löschen, vorausgesetzt, dass es zu keinen Zwischeneintragungen im Grundbuch ohne Zustimmung des A gekommen ist. Der Grundbuchvollzug wird bereits heute bewilligt und beantragt. Die Anträge auf Eintragung der Vormerkung und auf Grundbuchberichtigung (§ 2 Abs.  4) sind nach § 16 Abs. 2 GBO verbunden, sodass die eine Eintragung nicht ohne die andere erfolgen darf.

§ 5 Besitzübergang

An dieser Stelle folgen die bei einer Grundbesitzübertragung üblichen Regelungen zu Besitz, Nutzen, Lasten, der Gefahr von unverschuldeter Verschlechterung oder Untergang und zur Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des übertragenen Grundbesitzes.

§ 6 Änderung bei Hinzutreten weiterer Nachlassgegenstände/-verbindlichkeiten

Praxistipp | Regelmäßig ist den Beteiligten der Umfang des Nachlasses bekannt. Gleichwohl kann man den Nachlassumfang rechtssicher nicht feststellen. Unter diesem Gesichtspunkt könnte an eine Regelung für den Fall gedacht werden, dass andere Nachlassverhältnisse bestehen, als die Parteien erwartet haben. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Abschichtungsvertrag sehr häufig bei familiären Konstellationen erfolgt. In der Praxis wird deshalb auf eine solche Regelung verzichtet.

§ 7 Mängelhaftung

Alle Ansprüche des ausscheidenden Miterben wegen eines Sachmangels des Grundstücks sind ausgeschlossen. Er hat das Grundstück besichtigt und erwirbt es im gegenwärtigen Zustand. Hinsichtlich seines Erbteils erklärt der ausscheidende Miterbe:

  • Der Erbteil wurde nicht anderweitig veräußert.
  • Der Erbteil ist weder durch eine Verpfändung oder durch sonstige Rechte Dritter oder durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung oder der Nacherbfolge belastet.
  • Die Erbschaftsteuer wurde bereits beglichen.
  • Sofern Vermächtnisse, Auflagen oder Teilungsanordnungen angeordnet wurden, sind diese bereits erfüllt. Gleiches gilt für etwaige Pflichtteilsansprüche.
  • Eine unbeschränkte Haftung gegenüber Nachlassgläubigern ist nicht eingetreten.

AUSGABE: EE 5/2025, S. 82 · ID: 50396047

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