FeedbackAbschluss-Umfrage
EEErbrecht effektiv

ErbscheinAbänderung eines Erbscheinsantrags als neuer Antrag mit veränderter Antragsbindung

Abo-Inhalt03.04.20254 Min. LesedauerVon RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a. D., Vallendar

| Das OLG Zweibrücken hatte in einem Erbscheinsverfahren über unterschiedliche Erbscheinsanträge des Antragstellers zu entscheiden. |

Sachverhalt

Die verstorbene Erblasserin war mit dem vorverstorbenen Ehegatten verheiratet. Aus der Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen, von denen vier vorverstorben sind. Die vorverstorbenen Kinder hatten jeweils einen bzw. mehrere Abkömmling(e). Die Ehegatten hatten ein eigenhändiges gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie u. a. verfügt haben:

Auszüge Testament

„Wir erklären hiermit gemeinsam, ungeachtet der Pflichtanteile, dass der zuerst Verstorbene den weiterlebenden Ehegatten als uneingeschränkten Alleinerben bestimmt.“
„Die Befreiung des Vorerben … (es folgen Regelungen über die Bedingungen der Befreiung des Vorerben).“
„Nach dem Ableben des vorerst überlebenden Elternteils verfügen wir, das unsere leiblichen Kinder zu gleichen Anteilen unsere Schlusserben sind. Sollte jedoch eines der Kinder beim Tod der Erstversterbenden seinen Pflichtteil des überlebenden Ehegatten fordern, so ist es beim Tode des letztversterbenden Ehegatten auf den Pflichtteil verwiesen. Die anderen Kinder erben den positiven Überhang zu gleichen Teilen.“

Der Beteiligte zu 1 hat mit Urkunde eines Notars vom 16.3.23 zunächst die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der – gestützt auf das gemeinschaftliche Testament – den Beteiligten zu 1 als Erben zu 1/3 und die Beteiligten zu 2 bis 5 als Erben zu je 1/6 ausweisen sollte. Mit Urkunde eines (anderen) Notars vom 18.8.23 hat der Beteiligte zu 1 seinen Erbscheinsantrag dahin gehend abgeändert, dass die Erblasserin aufgrund des o. a. Testaments von ihm allein beerbt worden sei.

Das Nachlassgericht hat die zur Erteilung des am 18.3.23 beantragten Erbscheins (Anmerkung der Redaktion: gemeint war offenbar der Antrag vom 16.3.23) erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seiner Beschwerde mit dem Antrag, es werde festgestellt, dass die Erblasserin von ihm allein beerbt wurde. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Zweibrücken zur Entscheidung vorgelegt.

Das OLG Zweibrücken (18.2.25, 8 W 6/25, Abruf-Nr. 247205) hat den angefochtenen sowie den Nichtabhilfebeschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Nachlassgericht zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe

Zur Begründung hat das OLG ausgeführt, dass das Nachlassgericht nicht über den von dem Beteiligten zu 1 gestellten Antrag entschieden habe. So habe es einen Antrag des Beteiligten zu 1 vom 18.3.23 nicht gegeben, sondern es sei wohl der Antrag vom 16.3.23 gemeint gewesen. Letzteren – wirksam gestellten – Antrag vom 18.8.23, der den Antrag vom 16.3.23 abgeändert habe, habe das Nachlassgericht nicht beschieden.

Zudem habe der Beteiligte zu 1 den vom Nachlassgericht als „beantragten Erbschein“ wiedergegebenen Erbscheinsantrag weder in der Urkunde vom 16.3.23 noch in der vom 18.8.23 gestellt. Im Erbscheinsverfahren herrsche eine strikte Antragsbindung. Das Nachlassgericht könne und dürfe nur über den konkret gestellten Antrag entscheiden und dann einen Feststellungsbeschluss erlassen, der diesen zutreffend wiedergebe. Komme es zu einem anderen Ergebnis, müsse der Erbscheinsantrag zurückgewiesen werden.

Eine Zurückverweisung der Sache könne aber auch deshalb erfolgen, weil das Nachlassgericht einerseits über einen Antrag entschieden habe, der nicht gestellt worden sei und andererseits über den tatsächlich gestellten (abändernden) Antrag überhaupt nicht entschieden habe.

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass das Erbscheinsverfahren von einem Antrag abhängig ist, der so bestimmt ist, dass der Inhalt des Erbscheins nicht dem Nachlassgericht überlassen bleibt (Grüneberg/Weidlich, BGB, 84. Aufl., § 2353 Rn. 13 ff.). Andererseits ist die Erteilung eines Erbscheins ohne entsprechenden Antrag unzulässig (Grüneberg/Weidlich, a. a. O., Rn 9). Als Orientierung für einen hinreichend bestimmten Antrag können folgende Musterformulierungen dienen.

Musterformulierungen / Erbscheinsanträge

Ich beantrage die Erteilung eines Erbscheins mit folgendem Inhalt:
  • Der … ist aufgrund Testaments vom … Alleinerbe des am … in …, seinem letzten gewöhnlichen Aufenthalt, verstorbenen … geworden.
  • Der … ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge Alleinerbe des am … in …, seinem letzten gewöhnlichen Aufenthalt, verstorbenen … geworden.
  • Der …, wohnhaft in …, der …, wohnhaft in …, sowie die …, wohnhaft in …, sind zu je 1/3 gesetzliche Erben des am … in …, seinem letzten gewöhnlichen Aufenthalt, verstorbenen … geworden.
  • Der …, wohnhaft in …, der …, wohnhaft in …, und die … wohnhaft in …, sind aufgrund Testaments vom … zu je 1/3 Erben des am … in …, seinem letzten gewöhnlichen Aufenthalt, verstorbenen … geworden.
  • Der … ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge Erbe zu 1/2-Anteil des am … in …, seinem letzten gewöhnlichen Aufenthalt, verstorbenen … geworden.
  • Der … ist aufgrund Testaments vom … Erbe zu 1/2-Anteil des am … in …, seinem letzten gewöhnlichen Aufenthalt, verstorbenen … geworden.

AUSGABE: EE 4/2025, S. 58 · ID: 50362422

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte