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TestamentsvollstreckervergütungDie Vergütungsempfehlungen des DNotV 2025: Was ist neu, was hat sich geändert?
| Der Deutsche Notarverein (DNotV) hat seine Vergütungsempfehlungen für Testamentsvollstrecker für alle Erbfälle ab dem Jahr 2025 grundlegend überarbeitet. Dieser Beitrag erläutert die wichtigsten Änderungen auch anhand einer Beispielsberechnung. |
1. Hintergrund
§ 2221 BGB zur Testamentsvollstreckervergütung lautet: „Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amts eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat.“
Bestimmt der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung – wie in der Praxis leider häufig – nichts über die Vergütung, ist der Begriff der „Angemessenheit“ entscheidend. Die regelmäßig notwendige Interpretation des Angemessenheitsbegriffs führte daher zum Entstehen zahlreicher Vergütungstabellen, von denen die Vergütungsempfehlungen des DNotV (nachfolgend kurz DNotV-E) in Praxis und Rechtsprechung die größte Anerkennung gefunden haben.
Seine ersten Empfehlungen hat der „Verein für das Notariat in Rheinpreußen“, ein Vorgänger des DNotV, bereits im Jahre 1925 entwickelt. Deren erste grundlegende Überarbeitung stammt aus dem Jahre 2000. Die nun dringend erwartete weitere Überarbeitung wurde am 11.11.24 in einer allgemeinen Presseveröffentlichung und sodann auf dem 18. Deutschen Testamentsvollstreckertag der AGT am 19.11.24 der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Mit dieser Anpassung reagiert der DNotV auf die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die für geänderte Bedürfnisse der Praxis gesorgt haben, aber auch auf die drei vorangegangenen Anmerkungen der Arbeitsgemeinschaft für Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT), die aus deren Vergütungsprojekt hervorgegangen waren.
Die AGT hatte darin über Jahre hinweg eingegangene Anregungen von Testamentsvollstreckern, aber auch Anfragen von Erben und Erblassern verarbeitet. Sie thematisierte in ihren ersten Anmerkungen aus dem Jahre 2021 zunächst vor allem grundlegende Themen der Vergütung. Im Jahr 2022 folgten die zweiten Anmerkungen, die eine Anpassung der Tabellenwerte an die fortschreitende Geldentwicklung sowie die Zeitvergütung für die Dauertestamentsvollstreckung vorschlugen. Die dritten Empfehlungen befassten sich sodann schwerpunktmäßig mit dem System der Grundvergütung und der Zuschläge in den Empfehlungen des DNotV-E 2000 (alle AGT-Anmerkungen sind abrufbar unter iww.de/s12488).
2. Vergleich der Vergütungsempfehlungen 2000 und 2025
a) Neue Staffelung der Grundvergütung
Die Vergütungsempfehlungen des DNotV orientieren sich nach wie vor an der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV), also der Verordnung für die Vergütung der Insolvenzverwalter (vgl. die Vorbemerkung der DNotV-E 2025, S. 3). Diese wurde vor wenigen Jahren an die gestiegene Marktentwicklung angepasst. Ebenso sollte die Vergütung der Testamentsvollstrecker nun sowohl die gestiegenen Nachlasswerte als auch eine differenziertere Vergütungspraxis berücksichtigen. Da die Mehrzahl der Nachlässe im unteren und mittleren Wertebereich liegt, wurden hier die Prozentsätze der Grundvergütung moderat angehoben.
Prozentuale Staffelung des Vergütungsgrundbetrags | |
Die prozentuale Staffelung des Vergütungsgrundbetrags abhängig vom Nachlasswert sieht nunmehr wie folgt aus: | |
Bis 350.000 EUR | 5,00 % |
Bis 700.000 EUR | 4,00 % |
Bis 3.500.000 EUR | 3,00 % |
Bis 7.000.000 EUR | 2,00 % |
Bis 35.000.000 EUR | 1,50 % |
Bis 70.000.000 EUR | 1,25 % |
Bis 350.000.000 EUR | 1,00 % |
Bis 700.000.000 EUR | 0,75 % |
Über 700.000.000 EUR | Für den übersteigenden Betrag zusätzlich 0,20 % |
Der DNotV behält sich ausdrücklich eine zukünftige Anpassung an die weitere Preisentwicklung vor. Unverändert erhält der Testamentsvollstrecker dabei weiterhin mindestens den höchsten Betrag der Vorstufe. Hierzu geben die Empfehlungen als Beispiel an, dass bei einem Nachlasswert von 380.000 EUR somit der Grundbetrag aus der Vorstufe genommen wird, also 17.500 EUR. Dies entspricht einem Ansatz von 5 % aus dem Betrag von 350.000 EUR statt nur 4 % von 380.000 EUR, die lediglich 15.200 EUR ergeben hätten.
Vorgänger-Empfehlungen von 2000 | |
Die Vorgänger-Empfehlungen von 2000 gingen zwar ebenfalls von diesem Prinzip der jeweiligen Vorstufe aus, sahen für die Berechnung des Grundbetrags jedoch nur die nachfolgenden Stufen vor: | |
Bis 250.000 EUR | 4,00 % |
Bis 500.000 EUR | 3,00 % |
Bis 2.500.000 EUR | 2,50 % |
Bis 5.000.000 EUR | 2,00 % |
Über 5.000.000 EUR | 1,50 % |
Beim Vergleich beider Tabellen fällt auf, dass die DNotV-E 2025 – anders als ihre Vorgängerin – eine weitergehende stufenweise Verringerung der Prozentsätze für höhere und sehr hohe Vermögen enthält.
b) Präzisierte Zuschlags- und Abschlagsregelungen
Nach wie vor enthalten auch die neuen Vergütungsempfehlungen eine Differenzierung und Ausformulierung von Tatbeständen, die als Zuschlag zur Grundvergütung in Betracht kommen, um den individuellen Umständen eines Nachlasses sowie der im Einzelfall vorliegenden Herausforderungen an den Testamentsvollstrecker besser Rechnung tragen zu können. Unterschieden wird dabei zwischen nachlass- und personenbezogenen Erschwernissen, die ab Seite 5 der DNotV-E 2025 konkret und detailliert aufgeführt werden. Beispielhaft sind Zuschläge für folgende Konstellationen vorgesehen:
- Komplexe Vermögenswerte (z. B. Unternehmensbeteiligungen, Immobilienportfolios)
- Internationale Nachlassbezüge (z. B. Erben oder Vermögen im Ausland)
- Zerstrittene Erbengemeinschaften
- Erhöhte steuerliche Anforderungen
- Digitaler Nachlass (z. B. Krypto-Währungen, digitale Lizenzrechte etc.)
- Aufwendige Konstituierung, Umstrukturierung oder Verwertung des Nachlasses
- Pflichtteilsauseinandersetzungen (wegen § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB nur mit besonderer Bevollmächtigung des Testamentsvollstreckers)
Explizit möglich sein sollen nun auch Abschläge zur Grundvergütung. Als Beispiel für einen solchen Abschlag wird ein besonders gut geordneter Nachlass angesehen, der es ermöglicht, dass die Testamentsvollstreckung mit geringerem Aufwand als üblich geleistet werden kann. Die Vergütung kann sich folglich an den jeweiligen konkreten Sachverhalt anpassen und schafft damit flexiblere Lösungen. Ob dadurch auch das Streit- und Diskussionspotenzial zwischen Erben und Testamentsvollstreckern angehoben wird, wird die Praxis noch zeigen müssen.
3. Rechenbeispiel zu den Auswirkungen der DNotV-E 2025
Am besten können die Änderungen anhand eines Beispiels nachvollzogen werden, in dem die Auswirkungen der Vergütungstabellen von 2000 und 2025 gegenübergestellt werden.
Beispiel |
Ein Testamentsvollstrecker wird für die Abwicklung und Auseinandersetzung eines Nachlasses mit einem Brutto-Nachlasswert von 260.000 EUR eingesetzt. Im Nachlass befinden sich eine kleine Unternehmensbeteiligung und Wertpapiere. Die Erbengemeinschaft ist zerstritten und dominiert von widersprüchlichen Interessen. Dies fordert den Testamentsvollstrecker zusätzlich und verbraucht mehr Zeit als im Standardfall. |
Schaut man sich nun die Berechnung nach den ursprünglich geltenden Empfehlungen des DNotV aus dem Jahre 2000 an, ergibt sich diese Berechnung:
Berechnung nach den DNotV-Empfehlungen 2000 | |
Grundbetrag: 4 % von 250.000 EUR (Vorstufe) | 10.000 EUR |
Zuschlag für komplexe Nachlasszusammensetzung (kleines Unternehmen im Nachlass): 6/10 von 10.000 EUR | 6.000 EUR |
Zuschlag für komplexe Erbauseinandersetzung (zerstrittene Erben): 4/10 von 10.000 EUR | 4.000 EUR |
Gesamtvergütung | 20.000 EUR |
Zzgl. Umsatzsteuer (19 %) | 3.800 EUR |
Zzgl. Auslagenerstattung (z. B. Notar-/Rechtsberatungskosten) | 2.000 EUR |
Endsumme nach DNotV 2000 | 25.800 EUR |
Die überarbeitete Tabelle von 2025 mit ihrer geänderten Staffelung der Grundvergütung sowie der differenzierten Regelung für Zuschläge wirkt sich in unserem Beispielsfall hingegen so aus:
Berechnung nach den DNotV-Empfehlungen 2025 | |
Grundbetrag: 5 % von 260.000 EUR | 13.000 EUR |
Zuschlag für komplexe Nachlasszusammensetzung (hier: Unternehmensbeteiligung): 6/10 von 13.000 EUR | 7.800 EUR |
Zuschlag für zerstrittene Erbengemeinschaft (Erben mit divergierenden Interessen, langwierige Streitigkeiten): 4/10 von 13.000 EUR | 5.200 EUR |
Gesamtvergütung | 26.000 EUR |
Zzgl. Umsatzsteuer (19 %) | 4.940 EUR |
Zzgl. Auslagenerstattung (z. B. Notar-/Rechtsberatungskosten) | 2.000 EUR |
Endsumme nach DNotV 2025 | 31.940 EUR |
4. Analyse und Konsequenzen für die Praxis
Die DNotV-E 2025 bringen für Testamentsvollstrecker die lang erwartete Anpassung an die wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre. Sie sorgen für mehr Transparenz und gerechtere Vergütungssätze, die dem jeweiligen Arbeitsaufwand entsprechen. Während die Grundvergütung nach der alten Tabelle mit 4 % für Nachlasswerte bis 250.000 EUR angesetzt wurde, erfolgt nun eine Anhebung auf 5 % für die erste Stufe bis 350.000 EUR und auf 4% für die zweite Stufe bis 700.000 EUR. Dies führt insbesondere bei kleineren bis mittleren Nachlässen zu einer höheren Vergütung.
Die DNotV-E 2025 führen zudem eine stärkere Berücksichtigung von Erschwernissen ein. Der Zuschlag für eine komplexe Nachlassstruktur wurde beibehalten, aber durch eine differenziertere Bewertungsmethodik ergänzt. Personenbezogene Besonderheiten wie etwa zerstrittene Erben lassen sich nun mit einem eigenen Zuschlag erfassen.
Zwar müssen die meisten Erblasser und Erben nun bei kleineren und mittleren Nachlässen mit einer möglicherweise höheren Vergütung des Testamentsvollstreckers rechnen. Dieser Nachteil lässt sich jedoch durch eine individuelle letztwillige Gestaltung abmildern. Die Testamentsvollstrecker hingegen können ihre Vergütungssätze besser und individueller begründen und ihre Vergütung nach dem tatsächlichen Aufwand im Einzelfall berechnen.
AUSGABE: EE 3/2025, S. 44 · ID: 50325557