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SonderrechtsnachfolgeWirkung der Testamentsvollstreckung an einem durch Erbfall übergegangenen KG-Anteil

Abo-Inhalt24.07.2024111 Min. LesedauerVon RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a. D., Vallendar

| Der BGH hat sich damit befasst, inwieweit sich ein ererbter Gesellschaftsanteil, der einer Dauertestamentsvollstreckung unterliegt, mit dem bereits bestehenden Gesellschaftsanteil des Erben vereinigen kann. |

Sachverhalt

Die Parteien eines Rechtsstreits – Kläger sowie die Beklagten zu 1 und 2 – haben als Kommanditisten um die Gültigkeit von auf Gesellschafterversammlungen einer GmbH & Co. KG gefassten Beschlüssen gestritten. Der Kläger und die Beklagte zu 1 sind Kommanditisten der Kommanditgesellschaft. Deren weitere Kommanditistin war die während des zweiten Rechtszugs verstorbene Beklagte zu 2, die von dem Kläger beerbt worden ist. Hinsichtlich ihres Kommanditanteils hat die Erblasserin (Beklagte zu 2) Dauertestamentsvollstreckung angeordnet, die im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft zugelassen war.

Nach dem Tod der Beklagten zu 2 hat deren Prozessbevollmächtigte die Aussetzung des Verfahrens in der zweiten Instanz beantragt, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2 gerichtet hat. Das Berufungsgericht hat das Verfahren gemäß § 246 Abs. 1 Alt. 2 ZPO ausgesetzt und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Der Kläger wendet sich gegen den Beschluss zur Aussetzung und hat Rechtsbeschwerde eingelegt. Der BGH (12.3.24, II ZB 4/23, Abruf-Nr. 241087) hat die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

Leitsatz: BGH 12.3.24, II ZB 4/23

Ein im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangener Kommanditanteil unterliegt auch dann der Dauertestamentsvollstreckung, wenn der Erbe bereits Gesellschafter ist (Abruf-Nr. 241087).

Entscheidungsgründe

Zur Begründung hat der BGH im Wesentlichen ausgeführt, dass der Aussetzung des Rechtsstreits nicht das Verbot des Insichprozesses infolge der Beerbung der Beklagten zu 2 durch den Kläger entgegenstehe, weil der Kommanditanteil der Dauertestamentsvollstreckung unterliege. Demzufolge sei der Testamentsvollstrecker zur Aufnahme des Verfahrens (§§ 246 Abs. 2, 239, 243 ZPO) berufen.

Weder die Beerbung der Beklagten zu 2 durch den Kläger noch der Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft stünden der Aussetzung entgegen. Ein im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangener Kommanditanteil unterliege auch dann der Dauertestamentsvollstreckung, wenn der Erbe – wie hier – bereits Gesellschafter (Kommanditist) gewesen sei. Die gesellschaftsvertraglich zugelassene Anordnung der Testamentsvollstreckung durch die Erblasserin verhindere die uneingeschränkte Vereinigung des Kommanditanteils der Beklagten zu 2 mit dem Anteil des Klägers.

Mit der h. M. im Schrifttum sei der der Testamentsvollstreckung unterliegende Gesellschaftsanteil als abspaltbares Sondervermögen zu sehen. Der das Recht der Personengesellschaften beherrschende Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft stehe dem nicht entgegen, weil sich der der Testamentsvollstreckung unterliegende Gesellschaftsanteil angesichts der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über die im Gesellschaftsanteil verkörperten Rechte nicht uneingeschränkt mit einem bereits zuvor gehaltenen Gesellschaftsanteil des Erben vereinige. Auch die klageweise Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit von Gesellschafter- beschlüssen obliege deshalb ebenfalls dem Testamentsvollstrecker (§ 2212 BGB), es sei denn, dass dieser selbst unzulässigerweise anstelle der Erben mitgestimmt habe und insoweit seine Verwaltungsbefugnis beschränkt sei.

Relevanz für die Praxis

Die Dauertestamentsvollstreckung ist für die Kommanditbeteiligung dann zulässig, wenn sie entweder im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist oder die anderen Gesellschafter zugestimmt haben. Sie ist auf Antrag ins Handelsregister einzutragen.

Bei den Personengesellschaften (GbR, OHG und KG) hält ein Gesellschafter – anders als bei der GmbH oder AG – nur einen Anteil, gleich wie groß seine Beteiligung im Einzelfall ist. Dazu erworbene Anteile verschmelzen grundsätzlich zu einem neuen, größeren Anteil. Insoweit spricht man von der „Einheitlichkeit der Mitgliedschaft“. Die Ausnahme von dieser sonst strikten Regel hat der BGH in seiner Entscheidung (erneut) zu Recht für den Fall der Anordnung der Testamentsvollstreckung betreffend eines Kommanditanteils bestätigt. Damit vereinigen sich der Anteil des Erben (Klägers) und der ererbte Anteil bei Anordnung der Testamentsvollstreckung ausnahmsweise nicht.

Die Folge ist: Der Erbe ist zwar rechtlich (§ 1922 BGB) Inhaber der beiden Anteile, aber der ererbte Anteil unterliegt der Verwaltung des Testamentsvollstreckers (§§ 2205 S. 1, 2209 BGB) und der Erbe ist von jeglicher Verfügung über den Anteil ausgeschlossen (§ 2211 BGB).

Für den Testamentsvollstrecker bedeutet dies: Er kann

Merke | Die Anordnung der Dauertestamentsvollstreckung über einen Kommanditanteil kann verhindern, dass der Anteil des Kommanditanteilerbens sich mit dem ererbten Kommanditanteil vereinigt.

  • anstelle des Erben (auch wenn dieser das nicht will) den Rechtsstreit aufnehmen,
  • nicht unentgeltlich über den Kommanditanteil verfügen und er darf keine persönliche Haftung des Erben begründen,
  • die Gesellschaftsrechte ausüben und die Fehlerhaftigkeit von Gesellschafterbeschlüssen geltend machen.

AUSGABE: EE 8/2024, S. 129 · ID: 50055797

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