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VermächtnisNachteilige „Nebenwirkungen“ bei einem Supervermächtnis – und wie man sie vermeidet

Abo-Inhalt24.07.2024865 Min. LesedauerVon RA und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

| Das gemeinschaftliche Testament nach § 2265 ff. BGB erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit, auch wenn es bedeutsame steuerrechtliche Nachteile aufweist. Das – richtig ausgestaltete – sog. „Supervermächtnis“ bietet die Möglichkeit, ein steuereffizientes Vererben unter Beibehaltung der zivilrechtlichen Vorzüge des gemeinschaftlichen Testaments zu ermöglichen. Der Beitrag soll aufzeigen, dass dieses Gestaltungsinstrument mit Bedacht zu verwenden ist, die hierbei zu berücksichtigenden Fallstricke und Optimierungsmöglichkeiten erläutern sowie die steuerliche Bedeutung des Supervermächtnisses verdeutlichen. |

1. Das Berliner Testament: Ausgangslage und Nachteile

Eine in der Gestaltungspraxis beliebte gegenseitige Einsetzung der Ehegatten zu Alleinerben im ersten Erbfall unter Berufung der Abkömmlinge zu Schlusserben, sei es als gemeinschaftliches Testament oder als Erbvertrag, ist häufig mit nicht unerheblichen Nachteilen unter verschiedenen Gesichtspunkten, vor allem der Erbschaftsteuerbelastung, verbunden. Zudem besteht Ungewissheit bei der Beantwortung insbesondere folgender Fragen:

  • Wie wird sich das Vermögen entwickeln?
  • Wird künftig ein wesentlich höherer Lebensbedarf entstehen?
  • Wie werden sich gesetzliche steuerliche Rahmenbestimmungen ändern?
  • Wie werden sich die Kinder – auch unter Einfluss von Schwiegerkindern – entwickeln?

Um diese Probleme zu lösen, bedient sich die Gestaltungspraxis der Anordnung eines Zweckvermächtnisses mit Drittbestimmungsrecht des beschwerten, länger lebenden Ehegatten (§ 2151 ff. BGB). Wegen der Kumulierung von Wahlrechten wird diese Gestaltung vielfach als „Supervermächtnis” bezeichnet. Gängige Formulierungen lauten im Kernbereich etwa wie folgt:

Musterformulierung / Supervermächtnis

Der Erstversterbende beschwert seinen Erben mit folgendem Zweckvermächtnis gemäß §§ 2151 ff., 2156 BGB zugunsten der gemeinsamen Kinder A, B, C und deren Abkömmlingen. Zweck des Vermächtnisses (§ 2156 BGB) ist es,

  • allen oder einzelnen Vermächtnisnehmern eine Abfindung dafür zu gewähren, dass sie beim ersten Erbfall lediglich Ersatzerben sind,
  • eine möglichst gerechte und wirtschaftlich sinnvolle Vermögensverteilung zu erreichen und
  • dem länger Lebenden und den Bedachten das Ausnutzen der erbschaftsteuerlichen Freibeträge zu ermöglichen.

Dem Beschwerten steht das Bestimmungsrecht zu. Er ist berechtigt,

  • die von ihm geschuldete Leistung nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 2156 BGB) sowie festzulegen,
  • wer aus dem vorstehend festgelegten Kreis der Vermächtnisnehmer etwas erhält (§ 2151 BGB),
  • ob er etwas erhält und was und wann der jeweils Bedachte etwas erhält (§§ 2151, 2156 BGB).

Der Beschwerte kann bei der Übertragung von Gegenständen auch Ausgleichszahlungen festlegen. Insoweit wird der jeweilige Empfänger mit einem bedingten Untervermächtnis zugunsten des durch die Ausgleichzahlung Begünstigten beschwert. Auch diesbezüglich steht dem länger Lebenden ein Bestimmungsrecht zu. Begünstigter kann nur der länger Lebende von uns oder ein anderer Vermächtnisnehmer sein.

Das Vermächtnis fällt mit dem Tod des Erstversterbenden an. Der Zeitpunkt der Erfüllung ist jedoch gemäß § 2181 BGB in das freie Belieben des Beschwerten gestellt. Er kann das Vermächtnis auch mittels mehrerer zeitlich auseinanderfallenden Einzelleistungen erfüllen. Die Erfüllung hat aber spätestens gemäß folgender Maßgabe zu erfolgen: Auf den Todeszeitpunkt des Erstversterbenden ist aus den dann aktuellen Sterbetafeln des statistischen Bundesamtes die dem länger Lebenden noch verbleibende durchschnittliche Lebenserwartung zu ermitteln. Der Zeitpunkt der Ausübung des Bestimmungsrechts und der Erfüllung ist spätestens ein Jahr vor Ablauf des so ermittelten statistisch zu erwartenden Todeszeitpunktes.

Der länger Lebende ist befugt, sich einen Nießbrauch an einzelnen oder allen Vermächtnisgegenständen vorzubehalten, bei dem er alle Kosten zu tragen hat. Er kann den Nießbrauch auf eigene Kosten an nächstoffener Rangstelle im Grundbuch zur Eintragung bringen. Er kann sich auch einen bedingten Anspruch auf Rückübertragung vorbehalten für den Fall

  • der Verfügung des Vermächtnisnehmers über den Vermächtnisgegenstand zu Lebzeiten des länger Lebenden von uns ohne dessen vorherige Zustimmung,
  • des Vorversterbens eines Vermächtnisnehmers vor dem Tode des länger Lebenden von uns,
  • der Zwangsvollstreckung in den Vermächtnisgegenstand, ohne dass die Maßnahme innerhalb von drei Monaten wieder aufgehoben worden ist,
  • der Insolvenz des Vermächtnisnehmers oder der Ablehnung mangels Masse.

Der Beschwerte ist befugt, sich zur Sicherung des bedingten Rückübertragungsanspruchs bei Grundbesitz eine Auflassungsvormerkung an nächst offener Rangstelle im Grundbuch auf eigene Kosten eintragen zu lassen.

Eine erste Bewertung dieser Gestaltung könnte dazu verleiten, das Supervermächtnis als „Allzweckwaffe“ in jeden Testamentsentwurf eines gemeinschaftlichen Testaments oder Ehegattenerbvertrages aufzunehmen, getreu dem Motto, dies könne keinesfalls schaden, sondern nur nutzen. Bei näherer Betrachtung ist diese Bewertung jedoch deutlich einzuschränken. Im Einzelfall kann die Anordnung eines Supervermächtnisses durchaus sinnvoll sein. Allerdings können manches Mal auch unerwünschte und oftmals übersehene nachteilige Nebenwirkungen auftreten, die nachfolgend exemplarisch an einigen Beispielen aufgezeigt werden.

2. Umgehung der Bindungswirkung oder Aushöhlung

Gem. § 2153 BGB kann der Erbe bestimmen, welche Anteile die einzelnen Vermächtnisnehmer am Vermächtnis erhalten sollen. Räumt die Vermächtnisanordnung diese Befugnis dem Erben ein, besteht die Gefahr, dass er eine ihn treffende Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments für den Schlusserbfall unterläuft. Zwar hat der Erbe nicht die Möglichkeit, die Schlusserbeneinsetzung als solche abzuändern. Er kann aber durch Einwirkungen auf den Nachlasswert im Schlusserbfall die bindend gewordene Schlusserbeneinsetzung wirtschaftlich entwerten.

Wird der Nachlass des Erstverstorbenen auf dem Vermächtniswege z. B. nur auf einen Begünstigten übertragen, verhindert dies nicht nur einen entsprechenden Vermögenszuwachs beim Erben, sondern die anderen Schlusserben gehen leer aus. Insofern kann das Supervermächtnis sowohl dahin gehend ausgenutzt werden, dass eine bindende Gleichbehandlung von Stämmen unterlaufen wird oder Generationen übersprungen werden. Beides ist auch kumulativ möglich. Eine bindend gewordene Schlusserbeneinsetzung würde sich dann trotz formalen Fortbestands der Bindungswirkung im wirtschaftlichen Ergebnis lediglich auf das originäre Eigenvermögen des länger lebenden Ehegatten beziehen.

3. Entwertung von Pflichtteilsstrafklauseln

Pflichtteilsstrafklauseln haben die Aufgabe, die im ersten Erbfall nicht zu Erben berufenen Abkömmlinge davon abzuhalten, gegenüber dem länger Lebenden pflichtteilsrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Die Schlusserbeneinsetzung wird bindend ausgestaltet, der länger Lebende jedoch in die Lage versetzt, diejenigen Abkömmlinge und (deren Abkömmlinge) von der Erbfolge auszuschließen, die pflichtteilsrechtliche Ansprüche geltend machen. Die Überlegung, dass der Wert der Schlusserbschaft durch die Kumulierung des Vermögens in Händen des länger Lebenden Ehegatten regelmäßig höher ausfallen dürfte als die Summe von Pflichtteilen nach dem zuerst versterbenden und länger lebenden Elternteil, dürfte die Abkömmlinge häufig motivieren, im ersten Erbfall keine entsprechenden Ansprüche geltend zu machen. Wird jedoch der länger Lebende durch das Supervermächtnis in die Lage versetzt, die Erwerbsaussichten trotz der bindend gewordenen Schlusserbeneinsetzung wirtschaftlich teilweise, wenn nicht sogar vollständig zu beseitigen, entfällt diese Motivation. Damit wird der Pflichtteilsstrafklausel im Regelfall die praktische Wirksamkeit entzogen. Stattdessen wird der wirtschaftliche Vergleich von Schlusserbschaft einerseits und Pflichtteil nach Vater und Mutter andererseits häufiger zugunsten des Pflichtteils ausfallen.

Beachten Sie | Die Anordnung eines Supervermächtnisses ist u. U. geeignet, die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem erstversterbenden Elternteil zu provozieren. Diese nicht beabsichtigte Folge wird durch den Umstand verschärft, dass nach den üblichen Formulierungsvorschlägen dem Erben häufig lange Zeiträume eingeräumt werden, teilweise sogar ohne eine Fristbestimmung, um die Entscheidung zu treffen, ob und ggf. wie er von den Wahlmöglichkeiten des Supervermächtnisses Gebrauch macht. Pflichtteilsrechtliche Ansprüche verjähren allerdings regelmäßig bereits innerhalb von drei Jahren.

4. Steuerliche Auswirkungen

Da das entsprechend ausgestaltete Supervermächtnis zivilrechtlich wirksam ist, ist es auch erbschaftsteuerlich zu beachten. Selbst zivilrechtlich unwirksame Vermächtnisse sind steuerlich anzuerkennen, wenn sie tatsächlich vollzogen werden und sie auf dem nach außen erkennbaren Willen des Erblassers beruhen. Dies gilt auch für das Supervermächtnis.

a) Zulässigkeit und Gestaltungsmissbrauch

Durch das Supervermächtnis wird das „billige Ermessen“ des Bestimmungsberechtigten gem. § 2156 BGB davon geleitet sein, eine tunlichst steuereffiziente Vermächtniszuweisung vorzunehmen, damit das gemeinsame Vermögen möglichst ungeschmälert auf die Abkömmlinge als Schlusserben übertragen werden kann. Diese steuerliche Zielsetzung wirft die Frage auf, ob das Supervermächtnis als Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO, konkret als Umgehung des § 6 Abs. 4 ErbStG anzusehen ist, wonach beim Tod des Beschwerten fällige Vermächtnisse der Nacherbschaft gleichstehen. Nach § 42 Abs. 2 AO liegt ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten allerdings nur dann vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Der Steuervorteil an sich ist auch hier noch kein Missbrauchsindiz. Ausgangspunkt ist, dass nach § 6 Abs. 4 ErbStG nur solche Vermächtnisse mit der Nacherbschaft gleichgestellt werden, die „beim Tod des Beschwerten fällig“ werden. Bei entsprechender Ausgestaltung des Supervermächtnisses ist dies jedoch gerade nicht der Fall.

Sofern die Erfüllung „dem freien Belieben des Beschwerten“ überlassen wird, gilt nach § 2181 BGB zivilrechtlich zwar grds. die Vermutung, dass die Beschwer erst mit dem Tod des Beschwerten fällig wird, weil der Beschwerte eine ihm am wenigsten belastende Fälligkeit wählen werde. Sofern jedoch explizit angeordnet wird, dass der Überlebende das Vermächtnis innerhalb einer bestimmten Frist nach dem ersten Erbfall ausüben muss, handelt es sich nicht um eine Umgehung der Fälligkeit beim Tod des Beschwerten.

Gegen einen Missbrauch sprechen auch die beachtlichen außersteuerlichen Gründe i. S. d. § 42 Abs. 2 S. 2 AO, die durch die Anordnung des Supervermächtnisses verfolgt werden. Die subjektive Veranlassung, ein Supervermächtnis anstelle von unzweifelhaft steuerlich abziehbaren unbedingten Vermächtnissen anzuordnen, liegt im Wesentlichen darin, die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis des überlebenden Ehegatten möglichst lange aufrechtzuerhalten. Dies ist insbesondere bei jungen Familien von großer Bedeutung, damit die Ausübung des Vermächtnisses an die ggf. veränderte, jeweilige Vermögenssituation des Überlebenden und die der Kinder angepasst werden kann.

b) Zeitpunkt der steuerlichen Wirkung

Nach Ansicht des BFH (27.8.03, II R 58/01, ZEV 04, 35 mit Anm. Meincke) entsteht die Erbschaftsteuer für betagte Ansprüche, die zu einem bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt fällig werden, bereits im Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Solche Ansprüche sind ggf. mit ihrem nach § 12 Abs. 3 BewG abgezinsten Wert anzusetzen (BFH, a. a. O; Keim ZEV 16, 6). Die Erbschaftsteuer für betagte Ansprüche, bei denen der Zeitpunkt des Eintritts des zur Fälligkeit führenden Ereignisses unbestimmt ist, entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG erst mit dem Eintritt des Ereignisses (BFH, a. a. O.). Daraus folgt, dass korrespondierend die angestrebten steuerlichen Wirkungen der steuerlichen Entlastung beim länger lebenden Ehegatten erst und nur dann eintreten, wenn dieser tatsächlich in Erfüllung des Supervermächtnisses Vermögenswerte auf eines oder mehrere Kinder überträgt. Ein solcher Schwebezustand existiert beim Supervermächtnis zwischen dem Tod des erstversterbenden Ehegatten und der Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Überlebenden. Denn bis dahin ist jedenfalls ungewiss, welcher Vermächtnisnehmer tatsächlich ein Vermächtnis erhält und in welcher Höhe. Erst mit Ausübung des Bestimmungsrechts tritt somit die steuerliche Entlastung des erbenden Ehegatten ein. Der Erbschaftsteuerbescheid des überlebenden Ehegatten hat insoweit vorläufig (§ 165 AO) zu ergehen und ist bei Ausübung des Bestimmungsrechts abzuändern.

5. Optimierungsmöglichkeiten

Den aufgezeigten unerwünschten Nebenwirkungen kann durch sachgerechte Ausgestaltung der Vermächtnisanordnung und Anpassung an die konkreten Umstände des Einzelfalls entgegengewirkt werden. Zudem sollten weitere Optimierungsmöglichkeiten in Erwägung gezogen werden.

a) Zweckbestimmung

Häufig sehen Musterformulierungen u. a. als Zweckbestimmung die (flexible) Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge vor. Streng genommen werden somit Maßnahmen nicht erfasst, die zu einer Überschreitung der Freibeträge führen. Eine Überschreitung kann aber mit Blick auf die Abmilderung der Progression der Steuersätze oder der Verhinderung einer zu starken Kumulation von Vermögen steuerlich durchaus ebenso zweckmäßig sein. Daher sollte die Vermächtnisanordnung entsprechend klarstellend ergänzt werden. Über die Ausnutzung der Freibeträge hinaus sollte zumindest auch die Steueroptimierung als Zweck angegeben werden.

b) Gleichbehandlung nach Stämmen oder Köpfen

Wie oben ausgeführt kann durch ein Supervermächtnis nach üblicher Formulierung die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments (zumindest teilweise) unterlaufen werden. Eine Gleichbehandlung der Stämme – wie nicht selten von Erblassern gewünscht – sollte aber von ihm ausdrücklich angeordnet werden. Dies kann geschehen, indem die Ausübung der Wahlrechte nur zulässig ist, wenn hierdurch alle Stämme eine (wertmäßig) gleichmäßige Behandlung erfahren, ggf. unter Berücksichtigung von jeweiligen Vorempfängen. Lassen sich Ungleichbehandlungen durch Ausübung der Wahlrechte nach dem ersten Erbfall nicht vermeiden, lässt sich dies im Schlusserbfall wieder korrigieren, indem entsprechende (Voraus-)Vermächtnisse auf die Wertdifferenz angeordnet werden. Bei dieser Lösung sollte allerdings ausdrücklich geregelt werden, ob und ggf. in welchem Umfang die Vorausvermächtnisnehmer Sicherung verlangen können. Auch ist bei dieser Lösung zu erwägen, die Ausübung der Wahlrechte im ersten Erbfall so zu beschränken, indem es jedenfalls überwiegend wahrscheinlich erscheint, dass der Nachlass des länger Lebenden ausreicht, um die Vorausvermächtnisse auch zu erfüllen. Ansonsten könnte die Gleichstellungsregelung durch eine weitgehende Ausübung der Wahlrechte wirtschaftlich wertlos sein.

c) Ausgleichsleistungen, Rückforderungsrechte und sonstige Bindungen

Einige Formulierungsvorschläge sehen für den Fall, dass Grundstücke zum Gegenstand des Vermächtnisses gemacht werden, die Möglichkeit vor, Ausgleichsleistungen anzuordnen und Nutzungsrechte vorzubehalten. Das ist sinnvoll, weil Grundbesitze häufig große Vermögenswerte im Nachlass darstellen und in der Regel nicht sinnvoll teilbar sind. Allerdings ist es nicht verständlich, aus welchem Grund eine Beschränkung auf Immobilien erfolgt. Denn mit Ausnahme der Übertragung von Geldforderungen kann bei der Übertragung eines beliebigen Vermögenswerts dieselbe Interessenlage entstehen. Die Anordnung der Ausgleichsleistung erfolgt hierbei als Untervermächtnis. Da die Möglichkeit, Untervermächtnisse auszusetzen, insbesondere bei Nachlässen, die nicht in natura teilbare Vermögensgegenstände aufweisen, die Handlungsmöglichkeiten erweitert, sollte deren Anordnung durch die letztwillige Verfügung ausdrücklich zugelassen werden.

In einigen Formulierungsvorschlägen finden sich auch „Rückforderungsrechte“, etwa für Fälle des Vorversterbens des Vermächtnisnehmers. Diese Regelung ist sorgfältig zu bedenken. Häufig wird es dem Wunsch des Bestimmungsberechtigten eher entsprechen, z. B. bei dem Vorversterben des Vermächtnisnehmers, eine Weitergabe an dessen Abkömmlinge sicherzustellen, als den Vermächtnisgegenstand zurückzufordern. Dies wäre aber nicht möglich, wenn nur „Rückforderungsrechte“ vorbehalten werden. Neben der Rückforderung sollte daher dem überlebenden Ehepartner auch gestattet werden, bei der Ausübung des Wahlrechts zu bestimmen, dass im Falle des Vorversterbens des Vermächtnisnehmers dessen Abkömmlinge das Vermächtnis erhalten, anderenfalls das Rückforderungsrecht zum Tragen kommt.

Eine weitere Möglichkeit ist von Fall zu Fall die Anordnung von (bedingten) Nachvermächtnissen. Hierdurch kann der Kreis der Begünstigten ausgeweitet werden, womit u. U. eine sinnvolle Vermögenszuweisung innerhalb der Familie, aber auch der Gleichbehandlung von Stämmen erreicht werden kann. Um eventuelle Rechtsunsicherheiten auszuräumen, sollte die Vermächtnisanordnung die Zulässigkeit (oder Unzulässigkeit) solcher Nachvermächtnisse ausdrücklich regeln.

d) Pflichtteilsrechte der Vermächtnisnehmer

Hat die Vermächtniserfüllung innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist für Pflichtteilsansprüche zu erfolgen, sollte die Erfüllung mit einem entsprechenden Pflichtteilsverzicht verknüpft werden. Dies kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung zur Voraussetzung machen. Aber auch dann, wenn eine entsprechende Regelung fehlt, sollte der Erbe erwägen, die entsprechende Ausübung seiner Bestimmungsrechte von einem Pflichtteilsverzicht abhängig zu machen. Diese Handhabung begründet für sich genommen keinen „Ermessensfehlgebrauch“, wenn als Zweck des Vermächtnisses – wie üblich – u. a. auch die Erreichung einer sinnvollen Vermögenszuweisung innerhalb des Kreises der Begünstigten angeordnet ist.

e) Mehrfaches Supervermächtnis

Im Regelfall wird das Supervermächtnis lediglich für den ersten Erbfall betrachtet. Es sollte aber auch über ein Supervermächtnis für den Schlusserbfall nachgedacht werden. Die Interessenlage der Beteiligten ist ähnlich wie im ersten Erbfall. Die (meist bindende) Schlusserbeinsetzung der Kinder führt zu denselben Effekten hinsichtlich der erbschaftsteuerlichen Freibeträge, der Progression der Steuersätze sowie bei der sinnvollen Vermögenszuweisung innerhalb der Familie. Es sollte daher erwogen werden, auch für den Schlusserbfall ein Supervermächtnis anzuordnen, zumindest zugunsten der eigenen Abkömmlinge des jeweiligen Schlusserben.

6. Fazit

Bei sorgfältiger Formulierung ist die Anordnung und Durchführung eines Supervermächtnisses ein taugliches Mittel zur Einwirkung auf die erbschaftsteuerliche Belastung. Die in der Praxis anzutreffenden Formulierungsvorschläge sind stets auf den konkreten Einzelfall unter Abwägung aller Aspekte, insbesondere den Wünschen des Erblassers und der Zusammensetzung der Erbmasse, anzupassen. Es ist wichtig, mit Umsicht an die Formulierungen heranzugehen, um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden.

AUSGABE: EE 8/2024, S. 139 · ID: 50084589

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