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ErsatzerbeSo gelingt eine zielführende Bestimmung von Ersatzerben

Abo-Inhalt21.03.202474 Min. LesedauerVon RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a. D., Vallendar

| In der komplexen Landschaft des Erbrechts stellt die Bestimmung von Ersatzerben eine wesentliche Säule der vorausschauenden Nachlassplanung dar. Sie ermöglicht es Erblassern, für den Fall vorzusorgen, dass der ursprünglich benannte Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr in der Lage oder nicht mehr bereit ist, das Erbe anzutreten. Dieser Beitrag stellt die wesentlichen Voraussetzungen, Möglichkeiten und Überlegungen bei der Bestimmung von Ersatzerben dar. |

1. Allgemeines

Nach der Legaldefinition des § 2096 BGB kann ein Ersatzerbe vom Erblasser für den Fall eingesetzt werden, dass ein Erbe vor oder nach dem Erbfall wegfällt. Die Bestimmung eines Ersatzerben wird in der Praxis bei eigenhändigen Testamenten oft mit der Anordnung der Vor- und Nacherbschaft verwechselt. Dann ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, was der Erblasser tatsächlich gewollt hat. Eine eindeutige Verwendung der Begriffe kann dies vermeiden.

Außerdem wird in der Praxis die Bedeutung der Bestimmung eines Ersatzerben oftmals vernachlässigt, weil der Erblasser nicht daran denkt, dass ein eingesetzter Erbe vor oder nach dem Erbfall wegfallen kann. Die Folge eines solchen Wegfalls bedeutet, dass bei Miterben Anwachsung (§ 2094 BGB) eintritt und ansonsten die gesetzliche Erbfolge (§§ 1924 ff. BGB) zur Anwendung kommt (Ausnahme: es handelt sich bei dem eingesetzten und weggefallenen Erben um einen seiner Abkömmlinge, § 2069 BGB). Will der Erblasser dies verhindern, muss er einen oder mehrere Ersatzerben bestimmen.

2. Vielfältige Optionen zur Bestimmung von Ersatzerben

Ersatzerben werden durch eine Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) bestimmt. In der Bestimmung des Umfangs der Ersatzerbschaft ist der Erblasser frei (Staudinger/Otte, BGB, 2016, § 2096 Rn. 8), so kann er z. B.

Merke | Kraft gesetzlicher Vermutung sind im Zweifel als Ersatzerben

  • die Abkömmlinge eines vom Erblasser eingesetzten Abkömmlings (§ 2069 BGB)
  • und der eingesetzte Nacherbe (§ 2102 Abs. 1 BGB) berufen.
  • von einer gewillkürten Erbeneinsetzung absehen und einen Ersatzerben nur für den Wegfall eines gesetzlichen Erben (MüKo, BGB, 9. Aufl., § 2096 BGB Rn. 5) bestimmen;
  • mehrere Ersatzerben nebeneinander oder nacheinander bestimmen;
  • anstelle eines Nacherben einen Ersatzerben bestimmen;
  • anstelle eines bedingt Berufenen einen Ersatzerben bestimmen,
  • nur für den Fall des Vorversterbens eines Schlusserben einen Ersatzerben bestimmen.

3. Gründe für den Wegfall von Erben antizipieren

Für eine vorausschauende Nachlassplanung ist es wichtig, sich die möglichen Optionen eines Wegfalls von Erben vor Augen zu führen, um auf dieser Basis zielführend im Sinne des Erblasserwillens Ersatzerben bestimmen zu können. Die folgende Checkliste hilft dabei:

Checkliste / Wegfall von Erben

Vor dem Eintritt des Erbfalls kann ein Wegfall z. B. eintreten durch

  • einen Erb- oder Zuwendungsverzichtsvertrag (§§ 2346 Abs. 1, 2352 BGB),
  • die Nichtigkeit der Erbeinsetzung (Staudinger/Otte, 2019, BGB, § 2096 Rn. 6),
  • das Nichterleben einer aufschiebenden Bedingung (§ 2074 BGB),
  • den Eintritt einer auflösenden Bedingung vor dem Erbfall,
  • die Totgeburt der als Erbe eingesetzten Leibesfrucht (§ 1923 Abs. 2 BGB) und
  • spätere Ehescheidung (§ 2077 Abs. 1 BGB).

Nach dem Eintritt des Erbfalls kann ein rückwirkender Wegfall des eingesetzten Erben z. B. eintreten durch

  • die Ausschlagung des eingesetzten (§ 1953 BGB) oder des Erbeserben (§ 1952 BGB),
  • eine Erbunwürdigkeitserklärung des zunächst berufenen Erben (§ 2344 BGB),
  • eine erfolgreiche Anfechtung der Erbeinsetzung (§§ 2078, 2079 BGB), sofern sie nicht auch die Ersatzerbeneinsetzung umfasst (MüKo, BGB, 9. Aufl., § 2094 Rn. 3),
  • das Nichterleben des Eintritts einer aufschiebenden Bedingung des zunächst berufenen Erben (§ 2074 BGB).

4. Rechtsstellung des Ersatzerben

Ist der zunächst berufene Erbe vor dem Erbfall weggefallen, so tritt der Ersatzerbe sofort mit dem Erbfall an seine Stelle. Im Unterschied zur Nacherbschaft darf der zunächst berufene Erbe nicht Erbe geworden sein. Wurde der zunächst Berufene unter einer aufschiebenden Bedingung eingesetzt, deren Ausfall beim Tod des Erblassers schon feststeht, tritt der Ersatzerbe mit dem Erbfall ein, sofern nicht auch seine Berufung aufschiebend bedingt und die Bedingung noch nicht eingetreten ist (MüKo, BGB, 9. Aufl., § 2096 Rn. 9).

Vor Eintritt des Erbfalls und dem Wegfall des Erstberufenen hat der Ersatzerbe keinerlei schützenswerte Rechtspositionen inne, da er nur nachrangig berufen und die Berufung zum Ersatzerben eine bedingte Erbeinsetzung ist (Staudinger/Otte, BGB, 2019, § 2096 Rn. 2). Erst mit dem Erbfall erlangt der Ersatzerbe ein Anwartschaftsrecht (dies ist indes umstritten, vgl. Staudinger/Otte, a. a. O., Rn. 14). Ob alle näheren Bestimmungen, unter denen der erstberufene Erbe eingesetzt war, auch für den an seine Stelle tretenden Ersatzerben gelten, ist grundsätzlich im Einzelfall zu prüfen. Es wird allerdings insoweit vermutet, dass

  • er wie der erstberufene Erbe mit Vermächtnissen und Auflagen beschwert ist (§§ 2161, 2192 BGB),
  • auf ihn eine den erstberufenen Erben treffende Ausgleichungspflicht übergeht (§ 2051 Abs. 2 BGB) sowie
  • Teilungsanordnungen für ihn gelten.

Ein dem Erben zugewendetes Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) fällt dem Ersatzerben nur dann an, wenn der zunächst Berufene auch als Vermächtnisnehmer wegfällt und eine ausdrückliche oder stillschweigende Ersatzberufung des Ersatzerben auch hinsichtlich des Vermächtnisses (§ 2190 BGB) vorliegt (vgl. OLG Kiel OLGE 34, 283).

Der Voraus des Ehegatten (§ 1932 BGB) steht als solcher dem Ersatzerben nicht zu, da dieser nicht die persönlichen Voraussetzungen des § 1932 BGB erfüllt (Grüneberg/Weidlich, BGB, 82. Aufl., § 2096 Rn. 7).

5. Ersatzerben nach ergänzender Auslegung der Verfügung von Todes wegen

Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht und fällt dieser nach der Errichtung des Testaments weg, so ist im Zweifel anzunehmen, dass dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden (§ 2069 BGB). Diese Auslegungsregel, bei der Abkömmlinge des erstberufenen Erben als „Ersatzerben“ bei dessen Wegfall an seine Stelle treten, ist auf andere Personen als Abkömmlinge wie z. B. nahe Verwandte oder sonst nahestehende Personen nicht anwendbar (Grüneberg/Weidlich, a. a. O., § 2069 Rn. 8).

Ist in solchen Fällen ein Ersatzerbe nicht ausdrücklich bestimmt, kann die Verfügung von Todes wegen lückenhaft und im Wege der ergänzenden Auslegung auszulegen sein (vgl. OLG München FamRZ 16, 2154; KG ZEV 20, 485; OLG Düsseldorf ZEV 18, 140; vgl. Kroiß ZErb 23, 321, 328). Dies setzt voraus, dass sich im Testament ein Anhalt dafür findet, dass der Erblasser hypothetisch die Einsetzung bestimmter Ersatzerben gewollt hätte.

Die Andeutungstheorie begrenzt allerdings die Möglichkeiten der ergänzenden Testamentsauslegung. Nach allgemeiner Meinung muss der im Wege der Auslegung gefundene Wille des Erblassers einen, wenn auch nur geringfügigen Niederschlag in der letztwilligen Verfügung gefunden haben (vgl. Kroiß ZErb 23, 321, 323). Die Rechtsprechung geht aber davon aus, dass die erforderliche Andeutung meist schon in der Berufung des zunächst eingesetzten Erben liegt (vgl. KG ZEV 21, 756 und ZEV 20, 485). Diese Annahme ist sehr weitgehend und eröffnet vielfach das Tor zur hypothetischen Willenserforschung. Der hypothetische Wille des Erblassers ist dann aus den Gesamtumständen zu erschließen und diesem Willen ist Geltung zu verschaffen. Näheres kann nur der Einzelfall erschließen.

Angenommen wurde bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte im Wege der ergänzenden Auslegung eine Ersatzerbenberufung u. a. (vgl. Grüneberg/Weidlich, a. a. O., § 2069 Rn. 10) bei der Einsetzung

  • naher Angehöriger, wie des Ehegatten (BayObLG 88, 165; OLG Frankfurt NJW-RR 96, 261);
  • eines Kindes des vorverstorbenen Ehegatten (OLG München NJW-RR 17, 907);
  • gleichmäßig bedachter Geschwister und anderer Verwandter (OLG München FamRZ 19, 620; KG ErbR 21, 800);
  • der Schwägerin (OLG Frankfurt ErbR 13, 87);
  • je eines Verwandten des Ehemannes und der Ehefrau als Schlusserben zu gleichen Teilen, die noch Kinder sind (OLG München FamRZ 08, 306);
  • der Lebensgefährtin bei tiefgreifender und auf Dauer angelegter Beziehung (OLG Düsseldorf NJW-RR 12,1357; str.);
  • der Tochter der Geliebten (BayObLG NJW-RR 93, 459);
  • der Tochter der Lebensgefährtin (BayObLG FamRZ 91, 865).

6. Musterformulierungen

a) Ersatzerbenbestimmung

Musterformulierungen / Ersatzerbenbestimmung

  • Zu meinem Alleinerben setze ich … ein. Fällt der als Erbe eingesetzte … vor oder nach Eintritt des Erbfalls weg, so bestimme ich den … als Ersatzerben. Fällt auch … vor oder nach Eintritt des Erbfalls weg, bestimme ich … als Ersatzerben.
  • Zu meinem Alleinerben setze ich … ein. Fällt der als Erbe eingesetzte … vor oder nach Eintritt des Erbfalls weg, bestimme ich als Ersatzerben in folgender Reihenfolge …, … oder … .

Möglicher Zusatz: Diese Bestimmungen haben Vorrang vor allen gesetzlichen oder sonstigen Auslegungs-, Vermutungs- oder Ergänzungsregelungen.

b) Ersatzerbenbestimmung bei Vor- und Nacherbfolge

Musterformulierung / Ersatzvorerbe

Zu meinem Alleinerben setze ich … ein. Dieser ist jedoch nur Vorerbe. Zum Nacherben setze ich den … ein. Für den Fall, dass der Vorerbe … vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls wegfällt, bestimme ich den … zum Ersatzvorerben.

Möglicher Zusatz: Diese Bestimmungen haben Vorrang vor allen gesetzlichen oder sonstigen Auslegungs-, Vermutungs- oder Ergänzungsregelungen.

Musterformulierung / Ersatznacherbe

Zu meinem Alleinerben setze ich … ein. Der … ist jedoch nur Vorerbe. Zum Nacherben setze ich … ein. Für den Fall, dass der Nacherbe vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls wegfällt, bestimme ich … zum alleinigen und ausschließlichen Ersatzerben.

Mögliche Zusätze:

  • Diese Bestimmungen haben Vorrang vor allen gesetzlichen oder sonstigen Auslegungs-, Vermutungs- oder Ergänzungsregelungen.
  • Diese Ersatznacherbenbestimmung schließt die Vererbung der Nacherbenanwartschaft aus.

Musterformulierung / Ersatzvermächtnisnehmer

Dem … wende ich ein Geldvermächtnis in Höhe von … Euro zu. Sollte … vorversterben, auf das Vermächtnis verzichten oder das Vermächtnis ausschlagen, setze ich … als Ersatzvermächtnisnehmer ein.

AUSGABE: EE 4/2024, S. 61 · ID: 49710037

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