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Haftung des TestamentsvollstreckersStrategien zur Vermeidung einer Haftung des Testamentsvollstreckers

Abo-Inhalt21.02.2024417 Min. LesedauerVon RAin Katharina Weiler, FAin Erbrecht, Testamentsvollstreckerin (AGT), Mediatorin, Linz am Rhein

| Die Rolle des Testamentsvollstreckers ist von entscheidender Bedeutung, wenn es um eine geordnete Abwicklung von Nachlässen geht. Zum Schutz des Erben, der regelmäßig aus seiner Verfügungsbefugnis verdrängt wird (§ 2211 BGB), sieht das Gesetz eine weitreichende Haftung des Testamentsvollstreckers vor. Seine Pflichten sowie daraus resultierende Haftungsrisiken wurden in EE 24, 23 eingehend erläutert. Der vorliegende Beitrag soll Testamentsvollstreckern sowie deren Beratern dabei helfen, mögliche Haftungsrisiken durch bewährte Strategien zu minimieren. |

Bei seiner Tätigkeit steht der Testamentsvollstrecker vor der Herausforderung, den Willen des Erblassers bestmöglich umzusetzen und alle seine Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Von einer Haftung gegenüber den Erben und Vermächtnisnehmern kann der Erblasser ihn nicht befreien (§ 2220 BGB). Die Haftungsrisiken im Bereich der Testamentsvollstreckung sollten jedoch niemanden von der Übernahme dieser verantwortungsvollen Tätigkeit abhalten. Sowohl bei der Testamentsgestaltung und der Vorbereitung einer anstehenden Testamentsvollstreckung als auch noch während eines bereits laufenden Amtes können Schritte unternommen werden, um das Risiko einer Haftung zu begrenzen. Die Optionen hierfür sind vielfältiger Natur.

1. Aus- und Fortbildung

In vielen Studien- und Ausbildungsgängen und sogar im Jurastudium führt das Testamentsvollstreckungsrecht nur ein Schattendasein oder es ist überhaupt nicht vorgesehen. Dies lässt sich durch eine Ausbildung zum Zertifizierten Testamentsvollstrecker und eine regelmäßige Fortbildung auf diesem Gebiet nachholen. Außerdem wird dadurch die Aufnahme in Listen von Berufsvereinigungen wie beispielsweise in die www.testamentsvollstreckerliste.de der Arbeitsgemeinschaft für Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT) e. V. möglich. Eine gute Aus- und eine regelmäßige Fortbildung lassen den Testamentsvollstrecker bereits im Vorhinein Haftungsfallstricke erkennen und verdeutlichen nach außen hin seine besondere Kompetenz.

2. Hinzuziehung sachkundiger Personen

Verfügt ein Testamentsvollstrecker selbst nicht über das erforderliche rechtliche, wirtschaftswissenschaftliche oder technische Spezialwissen, muss er sich fachliche Unterstützung holen. Dabei kann er die entstandenen Aufwendungen regelmäßig mit Mitteln aus dem Nachlass begleichen.

3. Vereinbarungen mit den Erben oder Vermächtnisnehmern

a) Haftungsbegrenzungsvereinbarungen

Eine Haftungsbegrenzungsvereinbarung mit dem Erblasser ist aufgrund des Verbots in § 2220 BGB nicht möglich, mit den Erben dagegen sehr wohl. Im Falle einer Miterbengemeinschaft müssen alle Miterben zustimmen (§ 2040 Abs. 1 BGB). Dies kann problematisch sein, wenn minderjährige oder betreute Miterben vorhanden sind. Eine Haftungsbegrenzung oder ein Haftungsausschluss kann umfassend oder durch Einholung der Zustimmung zu Einzelmaßnahmen erfolgen. Es ist ratsam, das Thema möglichst zu Beginn der Testamentsvollstreckung anzusprechen.

Musterformulierung / Haftungsbegrenzungsvereinbarung

Der Testamentsvollstrecker haftet den Erben nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Im Falle einer vorherigen Zustimmung der Erben zu einer Maßnahme des Testamentsvollstreckers wird dieser von jeglicher Haftung befreit.

(Vgl. auch das ausführliche Muster bei Rott/Kornau/Zimmermann, Praxishandbuch Testamentsvollstreckung, 3. Aufl. 2022, Muster 24.21, S. 611 ff. (614))

b) Entlastung des Testamentsvollstreckers

Einen Anspruch auf Entlastung gibt es nicht. Zudem werden oftmals erst später bekannt werdende Tatsachen streitig, während die Entlastung des Testamentsvollstreckers nur für bereits bekannte Sachverhalte gilt. Empfehlenswert ist deshalb ein resoluter, aber zugleich vertrauensvoller Umgang mit den Erben. Wird keine Entlastung erteilt, besteht die Alternative darin, dass der Testamentsvollstrecker eine vorsorgliche Feststellungsklage über die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Pflichten erhebt. Eine konkludent erklärte Entlastung kann unter Umständen in der vorbehaltlosen Zahlung der Vergütung und des Honorars durch die Erben gesehen werden. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn der Testamentsvollstrecker die Vergütung selbst entnimmt.

Musterformulierung / Entlastung

Dem Testamentsvollstrecker wird für sein gesamtes Handeln durch die Erben für den Zeitraum ab dem Erbfall bis zur Beendigung der Testamentsvollstreckung umfassend Entlastung erteilt.

(Vgl. auch das ausführliche Muster bei Rott/Kornau/Zimmermann, Praxishandbuch Testamentsvollstreckung, 3. Aufl., 2022, Muster 24.32, S. 627 ff. [630f.])

c) Schiedsgerichtsbarkeit

Der Testamentsvollstrecker kann außerdem mit den Miterben oder den Vermächtnisnehmern eine Schiedsgerichtsvereinbarung schließen. Dies ist sogar bei einem bereits anhängigen Klageverfahren gemäß § 1032 Abs. 3 ZPO noch nachträglich möglich. Stets ist jedoch dabei die Schriftform des § 1031 BGB zu beachten. Dadurch lassen sich regelmäßig Kosten und Zeit einsparen.

4. Haftpflichtversicherung

Eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung ist unabdingbar. In den meisten Berufshaftpflichtversicherungen der Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ist die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker regelmäßig mit umfasst. Dies sollte jedoch nicht dazu verleiten, sich darauf ohne Überprüfung zu verlassen. Ggf. muss zusätzlich eine spezielle Testamentsvollstreckerhaftpflichtversicherung abgeschlossen werden, insbesondere bei einer hohen Versicherungssumme. Die Veräußerung von Nachlassgegenständen sowie Spekulationen sind jedoch oftmals nicht inbegriffen, obwohl gerade diese regelmäßig zum Kerngeschäft eines Testamentsvollstreckers gehören. Auch die steuerliche Haftung gemäß § 69 AO ist im Regelfall ausgeschlossen. Problematisch ist zudem, ob die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers auf der Grundlage einer vom Erblasser erteilten trans- oder postmortalen Vollmacht ebenfalls mitversichert ist. Für diese Fälle gibt es jedoch Spezialversicherungen. In Zweifelsfällen sollte man bei seiner Versicherung nachfragen.

5. Testamentsvollstrecker – Due Diligence

Vor der Übernahme einer Testamentsvollstreckung sollte man eine genaue Due-Diligence-Analyse durchführen. Neben einem Blick auf die Wirksamkeit und den Umfang der Testamentsvollstreckungsanordnung in der letztwilligen Verfügung sowie auf die Beteiligtenstruktur im konkreten Fall sollte der angehende Testamentsvollstrecker insbesondere die Faktoren Arbeit-Zeit-Relation, aber auch die Vergütung, das Haftungsrisiko und das Reputationsrisiko bewerten. Fällt die Analyse negativ aus, sollte er sich nicht davor scheuen, ein ihm angebotenes Amt auch einmal abzulehnen.

EE-03.2024_Grafik_Due-Diligence-Analyse.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

6. Fazit

Die Rolle des Testamentsvollstreckers ist komplex und erfordert ein hohes Maß an Sorgfalt und Verantwortung. Ein bestimmter und vertrauensvoller Umgang mit den Erben und Vermächtnisnehmern, der Abschluss risikomindernder Vereinbarungen, eine ausreichende Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Fortbildung können das Haftungsrisiko minimieren. Zu Beginn jeder Testamentsvollstreckung sollte zudem eine genaue Analyse der Chancen und Risiken vorgenommen werden.

AUSGABE: EE 3/2024, S. 44 · ID: 49905006

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