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Nachfolgeklauseln für den GesellschaftsvertragDer Eintritt von Erben in eine KG mittels erbrechtlicher Nachfolgeklausel
| Die Vereinbarung einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel kann vor allem für Gesellschafter interessant sein, die ihre Erbfolge wegen der Bindungswirkung von Erbvertrag oder gemeinschaftlichem Testament nicht mehr ändern können. Die in diesen Fällen entstandene erbrechtliche Bindungswirkung kann durch die Vereinbarung einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel umgangen werden, wobei die von der Rechtsprechung definierten Grenzen im Rahmen der Gestaltung berücksichtigt werden müssen. |
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkungen
Durch das MoPeG werden – bis auf die Änderung der Verweisungsnormen – in Bezug auf den Tod der Gesellschafter einer KG keine Veränderungen hervorgerufen. Es wird also weiterhin gelten: Bei der KG ist zwischen dem Tod des persönlich haftenden Gesellschafters (dem Komplementär) und dem Tod des beschränkt haftenden Gesellschafters (dem Kommanditisten) zu unterscheiden.
a) Tod eines Komplementärs
Soweit keine abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung vorliegt, führt der Tod eines Komplementärs gemäß § 161 Abs. 2 i. V. m. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB (§ 161 Abs. 2 i. V. m. § 130 Abs. 1 HGB n. F.) zu dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft. Die Erben des Komplementärs werden damit nicht Gesellschafter und die Gesellschaft wird mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Der Anteil des verstorbenen Gesellschafters wächst den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile an.
Die Erben des verstorbenen Gesellschafters haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 1967 Abs. 1 BGB erbrechtlich persönlich, weil die Haftung des Erblassers für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft eine Nachlassverbindlichkeit ist. Dies gilt auch für den Fall, dass die Abfindung der Erben im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen wurde.
Merke | Die Haftung der Erben unterliegt allerdings der Enthaftung nach §§ 161 Abs. 2 HGB i. V. m. 137 Abs. 1 HGB n. F., d. h., es kommt zu einer automatischen Enthaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fünf Jahre nach Eintragung seines Ausscheidens im Handelsregister unter den dort genannten Voraussetzungen. Darüber hinaus können die Erben ihre Haftung erbrechtlich auf den Nachlass beschränken. |
Für Verbindlichkeiten, die nach dem Tod des Komplementärs begründet wurden, haften die Erben grundsätzlich nicht, weil diese Verbindlichkeiten nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft begründet worden sind. Es kommt allerdings eine Haftung nach § 15 Abs. 1 HGB in Betracht, wenn das Ausscheiden des Verstorbenen nicht in das Handelsregister eingetragen wird.
b) Tod des Kommanditisten
Die Gesellschaft wird beim Tod eines Kommanditisten nicht aufgelöst und der Kommanditist scheidet anders als der persönlich haftende Gesellschafter nicht aus der Gesellschaft aus, sondern die Gesellschaft wird mangels abweichender vertraglicher Bestimmungen mit den Erben fortgesetzt (§ 177 HGB).
Bei einer Mehrheit von Erben erwerben die Erben den Anteil des verstorbenen Kommanditisten nicht zur gesamten Hand, sondern jeder Miterbe erwirbt den Anteil direkt mit seiner Erbquote (sog. Sondererbfolge).
Diese Sondererbfolge wurde von der Rechtsprechung entwickelt. Ab dem 1.1.24 wird für die rechtsfähige Gesellschaft mit § 711 Abs. 2 S. 2 BGB die von der Rechtsprechung entwickelte und auf Personengesellschaften angewandte sog. Sondererbfolge gesetzlich normiert. Ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass im Fall des Todes eines Gesellschafters der Gesellschaftsanteil auf die Erben übergeht, bestimmt § 711 Abs. 2 S. 2 BGB: Der Anteil des Verstorbenen steht kraft Gesetzes jedem Erben entsprechend seiner Erbquote zu. Es wird ausdrücklich angeordnet, dass die Vorschriften über die Erbengemeinschaft keine Anwendung finden (§ 711 Abs. 2 S. 3 BGB). Im Fall des Kommanditisten ergibt sich der Übergang des Anteils des Verstorbenen nicht aus dem Gesellschaftsvertrag, sondern aus dem Gesetz (§ 177 HGB), sodass sich die Frage stellt, ob § 711 Abs. 2 S. 2 BGB analog über die Verweisungsnormen der §§ 161 Abs. 2, 160 Abs. 1 HGB anwendbar ist.
Zur Abwendung der gesetzlich vorgeschriebenen Folge des Todes des Kommanditisten kann im Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel vereinbart werden, dass die KG ohne die Erben des Kommanditisten unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird. Die Mitgliedschaft des verstorbenen Gesellschafters wird nicht vererbt, sondern sie erlischt.
2. Musterformulierung und Anmerkungen
Eine rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel kann sowohl für den Fall des Todes eines Kommanditisten als auch für den Fall des Todes eines Komplementärs vereinbart werden. Soll eine solche Klausel in den Gesellschaftsvertrag einer KG aufgenommen werden, dann könnte sie folgenden Wortlaut haben:
Musterformulierung / Rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel bei einer KG |
§ … Tod eines Gesellschafters
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a) Anmerkungen zu Nr. 1 der Musterformulierung
In der Regel wird eine rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel nicht für alle Gesellschafter aufgenommen, sondern nur für einzelne Beteiligungen vereinbart. Es besteht also zunächst die Möglichkeit, es bei den o. g. gesetzlichen Regelungen zu belassen bzw. diese zwecks Klarstellung zu wiederholen. Ferner können auch abweichende Regelungen getroffen werden, wie z. B. eine Fortsetzungsklausel auch für die Komplementäre:
Musterformulierung / Fortsetzungsklausel |
Stirbt ein Gesellschafter, wird die Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Der Anteil des verstorbenen Gesellschafters wächst den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile an. |
b) Anmerkungen zu Nr. 2 der Musterformulierung
Die Nr. 2 der Musterformulierung ist die eigentliche rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel.
Der Eintritt des im Gesellschaftsvertrag benannten Nachfolgers erfolgt bei der rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel außerhalb des Erbrechts. Es handelt sich um eine aufschiebend bedingte Anteilsübertragung unter Lebenden auf den Todesfall, welche wegen § 2301 Abs. 2 BGB aufgrund des gleichzeitigen Vollzugs der Zuwendung unter Lebenden formfrei möglich ist.
Eine Beteiligung eines Dritten an der Gesellschaft nach dem Tod eines Gesellschafters allein durch dessen Benennung im Gesellschaftsvertrag ohne dessen Beteiligung am eigentlichen Gesellschaftsvertrag wird von der Rechtsprechung als unzulässig angesehen, weil es sich dabei um eine nicht zulässige Verfügung zugunsten Dritter und zulasten Dritter handelt. Zulässig ist aber eine rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel, wenn der Nachfolger bereits – wie im Muster vorgesehen – bei der Vereinbarung der Klausel beteiligt ist (BGH 10.2.77, II ZR 120/75).
Merke | Der im Muster vorgesehene Satz, dass es einer Erbeinsetzung des Nachfolgers nicht bedarf, dient dazu, Verwechslungen mit erbrechtlichen Nachfolgeklauseln zu verhindern. |
Beachten Sie | Der Nachfolger muss den Gesellschaftsvertrag mit unterschreiben!
c) Anmerkungen zu Nr. 3 der Musterformulierung
Gesellschaftsrechtliche Abfindungsansprüche der Erben kommen im Fall einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel nicht in Betracht, da wegen der Anteilsübertragung ein Abfindungsanspruch nicht entsteht. Die Gesellschaftsbeteiligung fällt wegen der Klausel nicht in den Nachlass, sondern wird daran vorbeigesteuert. Die Erben haben – sofern der Übergang der Anteile zumindest teilweise unentgeltlich erfolgt – allenfalls Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß §§ 2325 ff. BGB oder, wenn der Nachfolger gleichzeitig Miterbe ist, erbrechtliche Ausgleichsansprüche nach §§ 2050 ff. BGB.
AUSGABE: EE 3/2024, S. 47 · ID: 49913161