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PflichtteilspfändungPflichtteilspfändung: So funktioniert es mit den neuen Zwangsvollstreckungsformularen (Teil 1)

Abo-Inhalt01.01.2024124 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| Auf Grundlage von § 852 ZPO kann ein Pflichtteilsanspruch gepfändet werden, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Dieser Beitrag greift die Voraussetzungen unter vollstreckungspraktischer Sicht im Hinblick auf die seit dem 22.12.22 neu eingeführten Zwangsvollstreckungsformulare auf. |

1. Die Grundsatzentscheidung des BGH

In seiner Grundsatzentscheidung vom 26.2.09 hat der BGH (VII ZB 30/08) die Pfändbarkeit eines Pflichtteilsanspruchs entgegen § 852 ZPO unter folgenden Voraussetzungen zugelassen:

Merke | Da sich die Beschränkung der Vollstreckung in einen Pflichtteilsanspruch unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, ist daher der Gläubiger nicht verpflichtet, die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO in seinem Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses darzulegen. Gleiches gilt für das Vollstreckungsgericht. Im Hinblick auf den missverständlichen Wortlaut des § 852 Abs. 1 ZPO empfiehlt es sich allerdings, bereits im Pfändungsantrag einen verständlichen Hinweis dahin gehend aufzunehmen, dass die Verwertung erst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO erfolgen darf. Die Folge: Der Pfändungsbeschluss ergeht dann mit diesem Hinweis.

  • Ein Pflichtteilsanspruch kann bereits vor vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingter Anspruch gepfändet werden. Der Anspruch ist dann ohne Einschränkung mit einem Pfandrecht belegt, darf aber erst verwertet werden, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen.
  • Der Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses und dieser Beschluss müssen keine Angaben dazu enthalten, ob vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit vorliegen. Im Hinblick auf die missverständliche Formulierung des § 852 Abs. 1 ZPO wird den Vollstreckungsgerichten bis zu einer gesetzlichen Regelung empfohlen, in den Pfändungsbeschluss in allgemein verständlicher Form einen Hinweis aufzunehmen, dass die Verwertung des Anspruchs erst erfolgen darf, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Der gepfändete Pflichtteilsanspruch darf dem Gläubiger erst zur Einziehung überwiesen werden, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen. Der Gläubiger kann in entsprechender Anwendung von § 836 Abs. 3 ZPO insoweit Auskunft vom Schuldner verlangen.
  • Schuldner und Drittschuldner können mit der Erinnerung nach § 766 ZPO geltend machen, dass die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO für die Überweisung zur Einziehung nicht vorliegen.

2. Notwendige Unterscheidung

Vor einer Antragstellung müssen Gläubiger Folgendes beachten:

  • Der Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und eines Überweisungsbeschlusses kann gleichzeitig erfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen.
  • Ein Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und eines Überweisungsbeschlusses muss getrennt voneinander erfolgen, wenn nicht zugleich die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen.
  • Pfändet der Gläubiger zunächst den Anspruch des Schuldners, kann er, um die Voraussetzungen der späteren Überweisung zu schaffen, den Schuldner gem. § 836 Abs. 3 ZPO zur Auskunft zwingen.

3. Muster: Pfändung eines Pflichtteilsanspruchs, wenn die Voraussetzungen nach § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen

Schritt 1: Einträge in Anlage 4 gem. §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1 Nr. 3 ZVFV

Antrag_Pfändungsbeschluss_VE3-23_Seite1-1.eps (© IWW Institut)
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Antrag_Pfändungsbeschluss_EE-12-23_Seite2-1.eps (© IWW Institut)
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Anlage zu Modul K

auf Auszahlung des Pflichtteils des Schuldners gegen den Drittschuldner nach dem am … in … verstorbenen Erblasser … (Name), zuletzt wohnhaft in … (Anschrift).

Anlage zu Modul M

  • Dem Schuldner wird aufgegeben, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben (§ 836 Abs. 3 ZPO; BGH 26.2.09, VII ZB 30/08).
  • Dem Schuldner wird aufgegeben, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu geben (§ 2314 BGB; BGH 26.2.09, VII ZB 30/08).

Anlage: Hinweis zu Modul K

Die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO liegen vor.

( ) Der Drittschuldner hat den Pflichtteilsanspruch durch Vertrag vom … gegenüber dem Schuldner dem Grunde nach anerkannt.

Beweis: Kopie des Vertrags vom …

( ) Der Schuldner hat im Rahmen seiner Auskunftsverpflichtung nach § 836 Abs. 3 ZPO gegenüber dem Gläubiger/Gerichtsvollzieher erklärt, dass er den Pflichtteilsanspruch beim AG/LG …, Az. …, mittels Klage gerichtlich anhängig gemacht hat.

Beweis: Kopie der Auskunftserklärung des Schuldners vom …

Beachten Sie | Vorstehende Formulierung muss erfolgen, weil nur dadurch für das Gericht zu erkennen ist, dass die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen. Dadurch kann direkt – ohne zeitraubende gerichtliche Zwischenverfügung – ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen werden.

Schritt 2: Einträge in Anlage 5 gem. §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1 Nr. 3 ZVFV

Entwurf_Pfändungsbeschluss_VE-05-23_Seite3-1.eps (© IWW Institut)
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Entwurf_Pfändungsbeschluss_EE-12-23_Seite4-1.eps (© IWW Institut)
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Das Formular beinhaltet getrennte Texteingabefelder für maximal drei Drittschuldner. Zu beachten ist dabei, dass jedem Drittschuldner in der vorhandenen Klammer eine Ziffer zugeordnet wird. Dies ist u. a. wichtig, wenn im Modul M verschiedene Anordnungen nach § 836 Abs. 3 ZPO ergehen. Es ist dann nämlich möglich, jedem Drittschuldner die entsprechende Anordnung zuzuordnen.

Bei Verwendung des vom BMJ auf der Homepage zur Verfügung gestellten PDF-Formulars gilt: Ab dem vierten Drittschuldner ist das Kontrollkästchen in dem entsprechenden Rahmen

Entwurf_Pfändungsbeschluss_VE-05-23_Seite4-2.eps (© IWW Institut)
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zu markieren. Im Antragsformular der Anlage 4 (Seite 2) ist dann auf die Anlage hinzuweisen. Auch hier muss jedem weiteren Drittschuldner eine Ziffer zugeordnet werden. Bei Nutzung des software-integrierten Formulars gilt: Es kann der Text einschließlich des Rahmens für die Angabe des zweiten Drittschuldners mehrfach verwendet werden (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a) ZVFV). Dann entfällt der Hinweis auf eine Anlage.

Module K, L und M

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Praxistipp | Reicht der Platz im Modul K und M nicht aus, ist es bei softwareintegrierten Formularen zulässig, den Umfang entsprechend zu erweitern (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ZVFV) oder bei Verwendung der vom BMJ auf seiner Homepage zur Verfügung gestellten Formulare eine Anlage zu verwenden. In diesem Fall ist im Pfändungsantrag (Anlage 4) darauf hinzuweisen.

Schritt 3

Es ist zwingend die Forderungsaufstellung der Anlage 7 bzw. 8 gem. § 1 Abs. 4 Nr. 2a, b, § 2 Abs. 4 Nr. 2, 3 ZVFV einzureichen.

Weiterführender Hinweis
  • Der zweite Teil des Beitrags in der nächsten Ausgabe von EE befasst sich mit dem Pfändungsantrag, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO noch nicht vorliegen.

AUSGABE: EE 1/2024, S. 7 · ID: 49766244

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