Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Okt. 2024 abgeschlossen.
WahlleistungenZwei Standorte – ein Wahlarzt: Wie kann die persönliche Leistungserbringung funktionieren?
| Wenn ein Chefarzt standortübergreifend eine Abteilung in zwei Betriebsstätten eines Krankenhauses leitet, dann stellt sich die Frage nach der persönlichen Leistungserbringung. Denn niemand kann an zwei Orten zugleich sein. Wie die Vertretung des Wahlarztes und die Delegation von Wahlleistungen am jeweils anderen Standort geregelt werden können, zeigt dieser Beitrag. |
Inhaltsverzeichnis
Selbst Chefärzte können nicht an zwei Orten zugleich sein ...
Wie bereits verschiedentlich im CB veröffentlicht (CB 07/2024, Seite 16 ff.), zeichnet sich die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen dadurch aus, dass sich der Patient die persönliche Betreuung und Leistungserbringung durch einen bestimmten Arzt, den Wahlarzt, hinzukauft. Der Patient ist bereit, für die Behandlung durch den Wahlarzt ein zusätzliches Honorar zum Pflegesatz zu zahlen, weil er sich eine besondere Sachkundige und sorgfältige ärztliche Behandlung durch den Wahlarzt erhofft. Zudem will sich der Patient die persönliche Zuwendung und besondere Qualifikation sowie Erfahrung des von ihm gewählten Arztes – unabhängig von der Art und Schwere der Erkrankung – sichern. Damit liegt der wesentliche Unterschied zur ärztlichen Behandlung im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen nicht in der Art der ärztlichen Leistung, sondern in der Kontinuität in der Person des behandelnden Arztes – in Abgrenzung zum jeweils diensthabenden Arzt.
Eben diese Kontinuität in der Behandlung wird über zwei oder mehrere Standorte mit nur einem Wahlarzt nicht eingehalten werden können. (Ausnahme-)Regelungen, die diese Besonderheit berücksichtigen, existieren nicht, sodass nur mit dem bekannten „Werkzeugen“ gearbeitet werden kann, wenn nicht für jeden Standort ein Wahlarzt benannt wird.
Persönliche Leistungserbringung, Delegation, Stellvertretung: Das schreibt die GOÄ vor
Wenngleich aus der Wahlarztvereinbarung der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung folgt, hat der Wahlarzt nicht sämtliche (Teil-)Leistungen persönlich zu erbringen; so kann er bestimmte Leistungen auch delegieren und/oder sich bei unvorhersehbarer Verhinderung durch den benannten zuständigen Vertreter und bei hervorsehbarer Verhinderung im Rahmen einer individuell zu schließenden Stellvertretervereinbarung durch den dort benannten Arzt vertreten lassen.
Im Rahmen zulässiger Delegationen gelten als eigene Leistungen des Wahlarztes auch solche, die unter Aufsicht nach fachlicher Weisung des Wahlarztes erbracht worden sind – vorausgesetzt,
- es handelt sich überhaupt um delegationsfähige Leistungen, also keine Kern-/Hauptleistung,
- es handelt sich nicht um von der Delegation nach § 4 Abs. 2 S. 3 GOÄ ausgenommene Leistungen (CB 12/2023, Seite 1, Abruf-Nr. 49787406),
- der Wahlarzt beherrscht die delegierte Leistung und
- er hat an der Leistungserbringung eigenverantwortlich mitgewirkt.
Das bedeuten die rechtlichen Vorgaben für die Erbringung von Wahlleistungen an zwei Standorten
Für die standortübergreifende Erbringung wahlärztlicher Leistungen bedeuten die o. g. Vorgaben
- in schneidenden Fächern: Die Operation ist die Haupt-/Kernleistung, die nicht delegiert werden kann. Entweder erbringt der Wahlarzt die Leistung persönlich oder mit dem Patienten wird – möglichst gleichzeitig mit der Wahlarztvereinbarung – die Stellvertretung des Wahlarztes vereinbart, mit der sich der Patient mit der Leistungserbringung durch einen Stellvertreter einverstanden erklärt.Leistungen aus schneidenden Fächern sind ortsgebunden ...
- in nicht schneidenden Fachrichtungen: Insbesondere die Therapieplanung gehört zur Kernleistung, die der Wahlarzt standortübergreifend durchführen kann.... nicht schneidende Leistungen nicht!
Und was ist mit eingeschränkt delegierbaren Leistungen?
Problematisch sind in der Praxis regelmäßig die nur nach § 4 Abs. 2 S. 3 GOÄ eingeschränkt delegierbaren Leistungen, wie allgemeine und spezielle Beratungen und Untersuchungen des Abschnitts B des Gebührenverzeichnisses, sowie Visiten, das Anlegen und Wechseln von Verbänden, Blutentnahmen, Injektionen etc., die nur auf den ständigen ärztlichen Vertreter, also den leitenden Oberarzt der Abteilung, delegiert werden können.
Diese also nur beschränkt delegationsfähigen Leistungen könnte also am jeweiligen Standort der in der Wahlarztvereinbarung als ständiger Vertreter des Wahlarztes benannte leitende Oberarzt grundsätzlich erbringen; problematisch bleibt jedoch insoweit – und auch bei allen weiteren delegierbaren Leistungen – die Frage nach der Ausübung der Aufsicht seitens des Wahlarztes, da diese nach überwiegender Auffassung eine Delegation im Einzelfall – in Abgrenzung zur Substitution – und eine – persönliche – Erreichbarkeit des Wahlarztes voraussetzt.
Im Übrigen müssten für Abwesenheiten des Wahlarztes wegen der Tätigkeit am jeweils anderen Standort tageweise Stellvertretervereinbarungen geschlossen werden, was kaum praktikabel sein dürfte.
Erbringung von Wahlleistungen nur wenn Wahlarzt anwesend? Fazit | Da die Wahlarztvereinbarung, Stellvertretung und Delegation pauschal keine Lösung bieten, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Organisation der Erbringung wahlärztlicher Leistungen an die An-/Abwesenheit des standortübergreifend tätigen Wahlarztes angepasst werden kann. |
AUSGABE: CB 10/2024, S. 8 · ID: 50105311