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CBChefärzteBrief

Sektorenübergreifende VersorgungG-BA vereinheitlicht Qualitätsanforderungen in der ASV

Abo-Inhalt19.01.2024213 Min. LesedauerVon RA, FA MedR, Mediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund

| Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) hat sich bundesweit etabliert und ist in vielen Krankenhäusern ein fester Bestandteil sektorenübergreifender Versorgung. Der für die weitergehende Ausgestaltung der ASV zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 08.11.2023 einen neuen Beschluss gefasst, mit dem die bisher bundesweit recht unterschiedlich überprüften Qualitätsanforderungen schrittweise vereinheitlicht werden sollen (online unter iww.de/s10059). Der Beschluss tritt zum 01.03.2024 in Kraft. Dieser Beitrag stellt die damit einhergehenden Neuerungen vor. |

Der G-BA legt die Kriterien für die Teilnahme an der ASV fest

Die ASV ist eine ambulante Versorgungsform, die sowohl niedergelassenen Vertragsärzten als auch Krankenhausärzten die Behandlung von Patienten mit entsprechenden Krankheitsbildern und dadurch neue Optionen und extrabudgetäre Verdienstmöglichkeiten eröffnet. Das generelle Merkmal der ASV besteht in der ambulanten Versorgung von Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen durch ein interdisziplinäres Team, wobei ungeachtet dessen jeder Leistungserbringer letztlich autark tätig bleibt und abrechnet.

In den sog. Konkretisierungen zur ASV-Richtlinie (ASV-RL) legt der G-BA die Voraussetzungen in personeller und sachlicher Hinsicht fest, die ein Team für die Behandlung des jeweiligen Krankheitsbildes vorhalten muss. Konkretisierungen bestehen für eine Vielzahl von Krankheitsbildern, u. a. für diverse onkologische Entitäten, rheumatologische Erkrankungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Multiple Sklerose etc.

Um im Rahmen der ASV tätig zu werden, ist eine Anzeige beim zuständigen Erweiterten Landesausschuss (eLA) notwendig. Das Anzeigeformular ist umfangreich, das Anzeigeverfahren braucht eine längere Vorbereitung, sodass eine entsprechende Vorlaufzeit eingeplant werden sollte. Erfahrungswerte liegen – je nach Region – bei mindestens vier bis sechs Monaten.

Mit dem Beschluss übt der G-BA seine Befugnis aus, die bestehenden Qualitätssicherungsvorgaben zu ersetzen

Die ASV-RL enthält zunächst in einem vorangestellten „allgemeinen Teil“ einige Vorgaben, etwa zur Evaluation, Dokumentation, zu Leistungsberechtigten oder auch zum sektorenübergreifenden Kooperationserfordernis bei der Versorgung onkologischer Patienten.

Da die ASV insbesondere die Versorgung von Patienten mit schweren bzw. seltenen Erkrankungen zum Gegenstand hat, sind verständlicherweise auch hohe Ansprüche an die Qualität der Versorgung verankert. In der ASV-RL wurde bislang hinsichtlich der Qualitätssicherungsvorgaben vorgesehen, dass die Qualitätssicherungsvereinbarungen (QSV) nach § 135 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V so lange entsprechend gelten, bis der G-BA diese durch eine „QS-Anlage zur entsprechenden Übertragung der Anforderungen der Regularien des § 135 Absatz 2 SGB V“ zu dieser Richtlinie ersetzt (vgl. § 3 Abs. 5, § 4 Abs. 2 und § 12 ASV-RL). Von ebendieser Befugnis hat der G-BA nun Gebrauch gemacht.

Hintergrund: Qualitätssicherungsvereinbarungen und „entsprechende Anwendung“ in der ASV

Nach § 135 Abs. 2 SGB V können die Partner der Bundesmantelverträge (KBV und GKV-Spitzenverband) für ärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Dies ist für eine Vielzahl von ärztlichen Leistungen geschehen, etwa für Ultraschalluntersuchungen, radiologische Verfahren, Koloskopie, Langzeit-EKG, Schmerztherapie etc.

Vertragsärzte (bzw. ermächtigte Ärzte), die solche Leistungen erbringen und abrechnen möchten, müssen zuvor eine entsprechende Genehmigung bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) einholen. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens werden abhängig von der jeweiligen Leistung Mindestmengen, bestimmte apparative Voraussetzungen oder auch eine Überprüfung der Qualifikation durch Vorlage der Weiterbildungszeugnisse und Logbücher oder auch mittels eines Kolloquiums geprüft.

In der ASV war die in der ASV-RL vorgesehene „entsprechende“ Anwendung insbesondere für Krankenhausärzte teils unglücklich, da die Nachweise der QSV nach jahrzehntelanger Tätigkeit am Krankenhaus oft nicht oder nur mit großem Aufwand zu organisieren waren. Zum Beispiel wurden bestimmte Mindestmengen, die heute in einer QSV für bestimmte Leistungen überprüft werden, früher nicht in den Weiterbildungszeugnissen dokumentiert. Wie sollte nun der Nachweis über die Mindestmengen geführt werden? Auch gab es zwischen den einzelnen erweiterten Landesausschüssen keine einheitliche Verwaltungspraxis zur Prüfung der QSV. Teils genügte es, in den Anzeigeformularen die jeweilige Erfüllung zu „versichern“. Teils wurde eine vollständige Prüfung entsprechend den Vorgaben der regionalen KV durchgeführt für jede betroffene Leistung bei jedem Teammitglied.

§ 4a ASV-RL (neu) legt nun die Qualitätsanforderungen fest

Im neu eingefügten § 4a ASV-RL sind angepasste übergeordnete allgemeine Tatbestände verankert. In den Anhängen zu § 4a ASV-RL werden ferner leistungsspezifische Qualitätsanforderungen definiert. § 4a ASV-RL sieht vor, dass die Voraussetzungen einer QSV entweder durch eine entsprechende Abrechnungsgenehmigung der KV, durch das Vorliegen einer Weiterbildungsberechtigung in dem Gebiet oder durch die Erfüllung der Kriterien in der Anlage zu § 4a ASV-RL nachgewiesen werden können. Auch wird geregelt, wie mit den Nachweisen bei einer institutionellen Nennung bei den hinzuzuziehenden Fachärzten umzugehen ist. Der Anhang zu § 4a wird vom G-BA nun schrittweise um entsprechende Leistungen, die einer Qualitätsvorgabe bedürfen, ergänzt. Daraus ergibt sich zugleich, wie der Nachweis für die „Berechtigung“ geführt werden kann gegenüber dem zuständigen eLA.

Beispiel: Diese Folgen hat der Beschluss für das Langzeit-EKG

Der Beschluss wirkt sich auf die Qualitätsanforderungen für zahlreiche Leistungen der ASV aus, wie z. B. auf das Langzeit-EKG.

Langzeit-EKG: Diese Qualifikationsnachweise sind im Rahmen der ASV gefordert

  • Facharzt im Gebiet Innere Medizin oder
  • Facharztbezeichnung im Gebiet Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunktbezeichnung Kinder-Kardiologie oder
  • (sonstige) Facharztbezeichnung und selbstständige Durchführung von mindestens 100 kontinuierlich aufgezeichneten Langzeit-EKG-Untersuchungen und Erbringung des Langzeit-EKG in einer Organisationseinheit für Innere Medizin, für Kardiologie, für Kinder- und Jugendmedizin oder für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendkardiologie.

Zur Begründung verweist der G-BA darauf, dass der Erwerb von Handlungskompetenzen zum Langzeit-EKG Bestandteil der Weiterbildung im Gebiet Innere Medizin sowie im Gebiet Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunktbezeichnung Kinder- und Jugend-Kardiologie sei, sodass Fachärzte mit der entsprechenden Bezeichnung die erforderlichen fachlichen Anforderungen erfüllen und keine zusätzlichen Anforderungen im Rahmen der QSV gestellt werden.

Fachärzte mit anderer Bezeichnung können die erforderliche Kompetenz durch die selbstständige Durchführung von 100 kontinuierlich aufgezeichneten Langzeit-EKG-Untersuchungen nachweisen. Dieser Wert wurde normativ aus der zugrunde liegenden Qualitätssicherungsvereinbarung nach § 135 Absatz 2 SGB V übernommen. Zur Sicherstellung der erforderlichen Qualität an die Aufzeichnung und Auswertung des Langzeit-EKGs hat in diesen Fällen die Anlegung bzw. Durchführung des Langzeit-EKGs in einer entsprechenden fachlichen Organisationseinheit zu erfolgen, da die Durchführung eines Langzeit-EKGs hier im Rahmen der regulären Patientenversorgung erfolgt und von einer entsprechenden Strukturqualität ausgegangen werden kann.

Fazit | Im Sinne einer bundeseinheitlichen Handhabung zur Prüfung und Sicherung der Qualität ist der Vorstoß des G-BA nachvollziehbar. Konsequent wurde sodann auch zunächst eine Qualitätsvorgabe für wohl weitgehend „unstreitige“ Leistungen und Therapien verankert, nämlich für Strahlendiagnostik und -therapie, Langzeit-EKG und Koloskopie. Kritisch anzumerken ist, dass auf diese Weise eine weitere Instanz – nun der eLA – mit Prüfungen im Bereich der Qualitätssicherung beauftragt wird. Es hätte nahegelegen, hier die ohnehin vorhandenen Stellen bei den regionalen KVen einzubinden. Inwieweit die Anpassungen zu einem Abbau der nach wie vor überbordenden Bürokratie im Rahmen der ASV-Anzeigeverfahren führen, bleibt abzuwarten. Insoweit hegt der Verfasser erhebliche Bedenken.

AUSGABE: CB 2/2024, S. 16 · ID: 49834515

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